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Artikel

1998

Kameras

Minolta X-500

Weniger ist auch nicht schlecht

Als Minolta die X-700 vorstellte, war klar, daß es sich um den ersten Baustein eines neuen Kamerasystems handelte. Es war nur noch nicht klar, ob das System zunächst mit einer X-800 oder einer X-600 ergänzt werden würde. Jetzt steht die Antwort fest: die Neue heißt X-500 und ist ein Zeitautomat.

Wenn ein Filmstar von 130 Kilo auf 85 Kilo abspeckt, jubelt die Regenbogenpresse. Wenn VW neben dem 110-PS-starken GTI noch Golf-Versionen mit weniger PS unter der Haube im Lieferprogramm hat, stört das niemanden. Wenn ein Kamerahersteller ein Modell auf den Markt bringt, das weniger kann, als das "Zugpferd" aus demselben "Stall", rümpfen viele Hobbyfotografen die Nase über das Schrumpfmodell.
Ein solches "Schrumpfmodell" der X-700 (bitte überlesen Sie die Anführungszeichen nicht!) bringt Minolta jetzt mit der X-500 auf den Markt.
Auch wenn die X-500, wie die Bezeichnung es schon aussagt, ausstattungsmäßig unterhalb der X-700 angesiedelt ist, so ist sie doch keine unterentwickelte kleine Schwester, sondern wirbt mit ihren eigenen Reizen um die Gunst der Fotografen.
Da aber niemand mit der puren Kamera (sprich: dem Kamera-Body) allein glücklich werden kann, sei der auch noch so anziehend, stelle ich Ihnen gleich noch zwei schöne "Assecoires" vor, die aus dem Gehäuse eine einsatzbereite, schlagkräftige Einheit machen: das MD-Zoom 3,5-4,5/35-105 mm und das Blitzgerät Auto-Electroflash 360 PX.

Im Mittelpunkt: die Kamera

Würde man den X-500 Schriftzug abdecken, so hätte wohl manch einer Schwierigkeiten, sie von der X-700 zu unterscheiden. Von vorne sind beide sich ähnlich wie Zwillinge.
Erst ein Blick auf die Oberseite der Kamera zeigt augenfällig die Änderungen.
Die Wichtigste: Das Verschlußzeitenrad zeigt neben den manuell einstellbaren Zeiten (1 s - 1/1000 s) und B nur noch die orangerote Markierung A - das grüne P, das bei der X-700 für die Einstellung auf Programmautomatik diente, fehlt. Somit fehlt bei der X-500 auch die Programmautomatik, die Neue von Minolta präsentiert sich als Zeitautomat nach Blendenvorwahl.
Das Fehlen der Programmautomatik mag manchen stören, der alles der Automatik überlassen möchte. Andererseits ist die X-500 gerade dadurch für Sie interessant, wenn Sie die Belichtung beeinflussen möchten - sei es durch die Vorwahl einer zu Brennweite und Motiv passenden Zeit, zu der die Kamera die passende Blende (in den allermeisten Fällen richtig) einstellt, sei es durch die manuelle Einstellung von Zeit und Blende, was durch die Nachführmessung der X-500 auch möglich ist.
Wird im Automatikbetrieb im Sucher die automatisch ermittelte und eingestellte Zeit durch eine konstant leuchtende LED neben der entsprechenden Zahl angezeigt, so blinkt im Manuellbetrieb zusätzlich neben der eingestellten Zeit eine Leuchtdiode. Allerdings: Sie werden die Nachführmessung kaum dazu verwenden, die Zeit manuell einzustellen, die die Automatik ohnehin einsteuern würde - Sie werden eher eine individuelle Belichtung wünschen. Durch die Anzeige
beider, sowohl der vom Belichtungsmesser ermittelten als auch der eingestellten, Zeiten, ist der Grad der Abweichung zwischen der laut Automatik korrekten und der gewünschten Zeit gut zu erkennen. Außer der Möglichkeit, die Zeit einzustellen, die Sie möchten, können Sie die Belichtung noch durch den Meßwertspeicher beeinflussen. Für diesen Fall ist es praxisgerecht, daß der Belichtungsmesser nicht nur durch leichten Druck auf den Auslöser aktiviert werden kann, sondern auch durch den Druck auf die Meßwertspeichertaste, griffgünstig unterhalb des Auslösers gelegen. Lassen Sie die Taste gleich wieder los, arbeitet der Belichtungsmesser wie gewohnt 15 Sekunden lang, ehe er aus Gründen der Stromersparnis automatisch abgeschaltet wird. Lassen Sie den Finger auf der Taste, so ist damit der zum Zeitpunkt des Niederdrückens ermittelte Belichtungswert gespeichert und Sie können in Ruhe das Bild komponieren.
Ein weiterer Unterschied zur X700 ist, daß der Hauptschalter für die Position OFF, ON und ON))) (= mit Piepton bei Zeiten über '/30 S) nach links neben das Sucherdach gewandert ist, was zwar unlogisch ist, aber nicht mehr zu ändern scheint. Wichtiger ist, daß auf die Möglichkeit verzichtet wurde, Korrekturfaktoren einzugeben. Das heißt: natürlich können Sie immer noch Korrekturfaktoren einstellen, indem Sie die Filmempfindlichkeit verändern, aber auf diese altväterliche Art der Eingabe wird im Sucher nicht hingewiesen.
Alles in allem präsentiert sich die Minolta X-500 als sauber konzipierte und durchdachte Kamera, mit der es sich angenehm und präzise arbeiten läßt.
Folgende Details sollen noch stichpunktartig erwähnt werden, um das Bild abzurunden: Filmempfindlichkeitseinstellung (von 12 - 3200 ASA entspricht 12 - 36 DIN) arretierbar, Selbstauslöser mit 10 Sekunden Vorlaufzeit, Memohalter auf der Rückwand mit Umrechentabelle der Filmempfindlichkeiten (ASA -DIN), integrierter Minihandgriff, Anzeige für Vorwärts- und Rückwärtstransport des Filmes, der Ablauf des Selbstauslösers wird durch eine blinkende LED optisch (und falls gewünscht durch Piepton auch akustisch) angezeigt, im Sucher Unter- und Überbelichtungswarnung, Anzeige für Langzeiten zwischen 1 und 4 Sekunden, Anzeige für B-Einstellung, Anzeige für Blitzbereitschaft sowie erfolgte Umschaltung auf Synchronzeit und korrekte Blitzbelichtung mit entsprechenden Geräten (auf eines wird zurückzukommen sein), austauschbare Rückwand (Multifunktionsrückwand der X-700 kann verwendet werden), Abblendtaste zur Beurteilung der Schärfentiefe, Anschluß für Winder und Motor.

An der Peripherie: Objektiv und Blitzgerät

Das Objektiv, von dem hier kurz die Rede sein soll, gehört zu einer Gruppe der Zoomobjektive, die sich anschicken, das Normalobjektiv zu verdrängen. Mit einem Brennweitenbereich von 35-105 mm vereint es das bis vor wenigen Jahren unbestrittene Standard-Weitwinkel mit dem Porträt-Tele (und kombinieren Sie es mit einem guten 2x-Konverter, so erschließen Sie sich auch noch den Telebereich bis 210 mm). Zudem bietet es eine erweiterte Naheinstellung (landläufig als Makroeinstellung bekannt), die Aufnahmen bis zu einem Aufnahmemaßstab von 1:4 erlaubt. Das ersetzt zwar (wie auch andere Objektive mit ähnlicher Ausstattung) nicht das Makroobjektiv, das speziell für diesen Bereich gerechnet wurde, aber es kann vielen Hobbyfotografen, die nur dann und wann einem Schmetterling oder ähnlichem Kleingetier auf die Pelle rücken wollen, zu guten Aufnahmen verhelfen, ohne daß eine Extraausgabe den Geldbeutel und das Hobbybudget belastet. Ansonsten ist dieses Objektiv hervorragend dazu geeignet, gute, kontrastreiche und scharfe Bilder einzufangen - es bleibt nur dem Fotografen überlassen, sie auch zu sehen.
Der zweite Zusatz zum Kamerabody, den ich Ihnen vorstellen möchte, ist das Auto-Electroflash 360 PX.
Auf die besondere Blitztechnik, die mit der Kombination X-500 plus PX 360 möglich ist, komme ich gleich noch zu sprechen, zuvor erst die üblichen Details.
Das PX 360 ist ein aufsteckbares Blitzgerät, die Leitzahl beträgt (bezogen auf 100 ASA und Entfernungsangabe in Meter) 36. Sie können, wenn Sie das noch gelernt haben, als es keine Computerblitzgeräte gab, mit der Leitzahlrechnung arbeiten und dabei die Blitzbelichtung durch entsprechende Blendeneinstellung beeinflussen, wie es Ihnen paßt. Dazu stellen Sie den Betriebsartenwähler auf "M". Sie können im normalen Blitzcomputerbetrieb arbeiten, wozu Ihnen drei von der Filmempfindlichkeit abhängige und auf der Rechenscheibe durch rote LED angezeigte Blitzblenden zur Verfügung stehen, bei 100 ASA sind das 2,8, 5,6 und 11 mit Automatikarbeitsbereichen von 0,7 bis 2,5, 5 und 10 m. Dazu stellen Sie den Betriebsartenwähler auf eine der drei "Auto"-Positionen. Und Sie können die Steuerung des Blitzgerätes der Belichtungsautomatik der Kamera überlassen, die das Blitzlicht TTL (durch das Objektiv) mißt. Dazu stellen Sie den Betriebsartenwähler auf das grün markierte "TTL". Sie können weiterhin mit dem 360 PX mit 9 verschiedenen Energiestufen (von "Full" bis "1/16") arbeiten, wobei 1/16 gleichzeitig die Winderstufe darstellt, Sie können die Rechenscheibe beleuchten, einen Probeblitz abschießen und die korrekte Blitzbelichtung an einer grünen LED ablesen.
Jetzt aber zur Besonderheit: Nehmen wir an, Sie möchten eine Langzeitbelichtung machen, das Motiv aber durch den Blitz aufhellen. Oder Sie möchten durch eine Langzeitbelichtung ein bewegtes Motiv in der Bewegung (also verwischt) wiedergeben, das Objekt aber gleichzeitig scharf abbilden. Das war bislang auch möglich, erforderte aber blitztechnisches Fingerspitzengefühl. Mit der X-500 plus 360 PX gestaltet sich das einfacher. Sie halten die gewünschte Langzeit mit dem Belichtungsmeßspeicher fest und blitzen dann TTL. Mit Hilfe des Kameracomputers werden natürliches Licht und Blitzlicht für ein korrekt belichtetes Bild zusammengefaßt.
Vielleicht werden Sie von dieser Möglichkeit, die natürlich an viel mehr Motiven eingesetzt werden kann, nicht allzu oft Gebrauch machen. Aber wenn, dann werden Sie Spaß daran haben, wie auch an der kompletten Ausrüstung mit der X-500 im Mittelpunkt.

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