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1998

Der Alexander Borell-Kommentar

CANON AF 35 M Il / FUJICA DL-100 / PENTAX PC 35 AF / RICOH FF-3 AF

Kompakte im Vergleich

Autofokus-Kompaktkameras erfreuen sich größter Beliebtheit bei einer großen Zahl von Hobbyfotografen. Alexander Borell nahm vier "Kompakte" genau unter die Lupe; was diese Kameras leisten und in welchen Bereichen sie sich sinnvoll einsetzen lassen, erfahren Sie im folgenden Bericht.

Das "AF" ist inzwischen bekannt, es steht für "Auto Fokus" und bedeutet, daß AF-Kameras die Entfernung, und damit die Schärfe, selber automatisch einstellen. Eine Ausnahme macht hier nur Fuji: man hat das AF weggelassen, obwohl auch die DL-100 eine Autofokuskamera ist. Ebenso sieht man es den drei anderen an, daß sie ein integriertes Blitzgerät haben, die Fuji DL-100 hat's auch, aber man sieht es nicht von außen. Und schließlich unterscheidet sich die eigenwillige Fuji DL-100 noch rein äußerlich dadurch, daß man bei ihr einen ziemlich unförmigen Schutzdeckel abnehmen und irgendwo verwahren muß, während bei den anderen drei ein Obiektiv-Schutz eingebaut ist, der zugleich den Auslöser sperrt. Das tut der Fuji-Deckel nicht, so daß versehentlich Fehlauslösungen in den Deckel möglich sind. Das zeugt nicht gerade von fortschrittlich-konstruktivem Denken. Vermutlich hat man dieses bei Fuji an anderer Stelle, beim Filmeinlegen, erschöpft.
Kompakt sind sie ja alle, wer sie jedoch unbeschwert in eine Jackentasche steckt, sieht darin nicht mehr gut aus. Am flachsten in der Tasche ist die Ricoh, der die Canon dicht folgt. Die Pentax allein wäre zweifellos die kleinste - ohne den angesetzten Winder. Da jedoch die drei anderen den Winder eingebaut haben, muß sich die Pentax den Vergleich mit angesetztem Winder gefallen lassen, und wird damit an Umfang und Gewicht nur noch von der Fujica übertroffen.

Das Öffnen der Rückwand 

geschieht bei Canon, Fuji und Ricoh über einen Schiebeschalter, bei der Pentax zieht man die Rückspulkurbel heraus, wie eh und je seit Generationen. So ist es auch mit dem Rückspulen des belichteten Films: bei Canon, Fuji und Ricoh erfolgt das Rückspulen mittels Schalter motorisch, bei der Pentax muß man, wie eh und je, mit der Hand an der winzigen Kurbel drehen.

Das Einlegen des Films

erfolgt bei Canon und Ricoh automatisch: man zieht den Film nur ein Stück aus der Patrone und schließt die Kamera. Eine Auffangautomatik nimmt sich des Films an, man löst nur aus, bis die "1" im Zählwerk erscheint. Pentax vertreibt die PC 35 AF als "Die lachende Kamera" jedoch muß man hier den Film in die Aufwickelspule - wie eh und je - einfädeln, man hat dieser Spule nicht einmal die sonst bei Pentax längst üblichen "magic needles" gegönnt. Beim Filmeinfädeln lacht sie vielleicht, der Fotograf tut das bestimmt nicht. Und was darüber hinaus passieren kann, lesen Sie später.
Eine ebenso originelle wie praxisfreundliche Lösung hat sich Fuji einfallen lassen: Sie schieben einen Schieber auf dem Kameraboden nach "open" und die Rückwand springt ein Stück auf, gerade so weit, daß Sie die Filmpatrone in die Kamera schieben können. Der Abschnitt gleitet in eine Führung, Sie schließen die Rückwand, und der Motor zieht den Film bis zum 1. Bild. Diese Fuji-Lösung ist genau das Gegenteil von der Pentax-Lösung, und daher für Leute besonders geeignet, die nervös sind und beim Fummeln immer noch nervöser werden.

Die Sucher 

sind bei allen Kameras praktisch gleich, es sind die sogenannten "Leuchtrahmensucher" Sehr deutlich, auch bei schwachem Licht - und für Brillenträger ein Genuß! - ist der Canon-Leuchtrahmen; weniger gut, aber immer noch ausreichend zu erkennen, ist er bei den anderen drei Kameras. Im Sucher erhält man auch Informationen über die Funktionen der Kamera.

Bei der Canon 

blinkt links im Sucherbild ein rotes Licht, wenn das Aufnahmelicht nicht mehr reicht und man besser blitzen sollte. Auf einer Symbolskala am unteren Bildrand zeigt ein grüner Zeiger nach (!) der Aufnahme, auf welche Entfernung der Autofokus eingestellt hat. Das ist besser als nichts, aber noch besser wäre eine Anzeige vor der Aufnahme. Aktivierung erfolgt durch leichten Druck auf den Auslöser, der verriegelt ist, wenn Objektiv Belichtungsmeßzelle gesichert sind.

Bei der Fuji

erkennen Sie schon vor der Aufnahme, nach leichtem Druck auf den Auslöser, rechts am Bildrand über drei rot leuchtende Symbole, worauf der Autofokus mißt. Auch hier signalisiert ein rotes Licht - außerhalb des Suchers in der Rückwand gut erkennbar - wann geblitzt werden sollte.

Bei der Pentax

warnt ebenfalls ein rotes Licht (über dem Sucherbild) vor zu wenig Licht; für blinde Fotografen piepst sie dann auch noch. Die Symbolskala am unteren Bildrand ist gut zu erkennen, der Zeiger meldet vor (!) der Aufnahme die vom Autofokus eingestellte Distanz.

Bei der Ricoh 

sind diese Informationen am ausführlichsten und am deutlichsten. Bei Druck auf den Auslöser melden sich die Entfernungssymbole - ohne Zeiger einzeln rot aufleuchtend unterhalb (!) des Leuchtrahmens. Wenn's zu dunkel wird, blinkt daneben ein roter Blitz, und wenn das Entfernungssymbol für den Nahbereich blinkt, sind Sie zu nahe an Ihrem Motiv. In der Praxis eine zuverlässige Möglichkeit, bei Nahaufnahmen so formatfüllend wie möglich zu fotografieren.

Die Autofokus-Systeme

sind bei allen vier Kameras im Prinzip gleich: es sind "aktive" Systeme. Das heißt, es wird nicht auf einen oft nicht vorhandenen! - Kontrast des Motivs gemessen, sondern die Kamera selbst sendet einen Meßstrahl aus und mißt dann dessen Reflex. Das ermöglicht ein Messen auch bei schwachem Licht, bzw. bei völliger Dunkelheit, also in Situationen, wo das passive Kontrastsystem längst versagt. Aber auch für die "Aktiven" kann es Grenzen geben, etwa wenn das Motiv (Teddybär) keinen Reflex gibt, oder wenn eine Glasscheibe einen falschen Reflex erzeugt. Im Zweifelsfall macht man eine "Ersatzmessung" auf annähernd die gewünschte Distanz. Ich habe jedoch festgestellt, daß diese Kameras - alle! - auch dann noch einwandfrei funktioniert haben, wo es theoretisch nicht mehr hätte funktionieren können. Bei allen Kameras haben Sie in der Suchermitte ein genau definiertes Meßfeld, mit dem Sie Ihr Motiv anmessen. Bei allen läßt sich durch Festhalten des angedrückten Auslösers die gemessene Entfernung festhalten, "speichern" damit Sie auch dann ein gutes Resultat bekommen, wenn Sie anders genau zwischen zwei Personen auf ~ messen würden so messen Sie nur eine an und speichern diese Entfernung.

Das Filmrückspulen

erfolgt am Filmende bei Canon, Fuji und Ricoh motorisch, bei Pentax per Handkurbel, was für Selbstentwickler ein Vorteil sein kann: man hört mit dem Kurbeln auf, wenn sich der Film aushängt, und hat so zum Entwickeln gleich den Anschnitt, während ihn die Motoren völlig in die Patrone drehen. Zudem spart die Handarbeit natürlich Strom, der ohnedies bei nur zwei 1.5 Volt-Batterien nicht im Überfluß vorhanden ist. Für 30-40 Filme ohne Blitz reicht die Energie alle! mal. Wenn Sie jede Aufnahme nur blitzen, sind Sie bei etwa sechs Filmen mit dem Saft am Ende. Immerhin: wer macht schon auf einem Fest hintereinander über 200 Blitzaufnahmen?

Die Einstellung der Filmempfindlichkeit 

erfolgt bei allen vier Kameras manuell, wenn Sie jedoch bei der Fujica auch einen Fuji-Film verwenden, stellen Sie einfach auf "rot" dann weiß sie's selber. Verwenden Sie "Fremdfilme" genügt dieser Kamera die wahlweise Einstellung auf 50, 100, 200 und 400 ASA, und Ihnen muß das auch genügen. Pentax wie Canon, von 25-400 ASA in Drittelstufen; die Ricoh rastet bei 25, 64, 100, 200 und 400. Alle sind also für die neuen 1000er nicht eingerichtet. 

Das Blitzen 

ist mit allen vier Kameras problemlos, der Blitzer ist eingebaut und springt bei Canon, Fuji und Pentax nach oben in Arbeitsposition, bei der Ricoh bleibt er drin. Alle vier brauchen von Blitz zu Blitz im Durchschnitt zwischen 6 und 8 Sekunden. 

Einen Selbstauslöser 

haben ebenfalls alle vier Kameras; bei Canon erschrickt man, weil nach dem Auslösen sofort ein "Klack" hörbar wird und man glaubt, der Timer habe nicht funktioniert. Guckt man dann nach, löst der Verschluß urplötzlich und korrekt erst wirklich aus, und Sie haben im günstigsten Fall ein Portrait Ihrer Nase. Bei der Fuji leuchtet es rot nach vorn, erst kontinuierlich, dann flackernd; die Pentax macht das ebenso, nur piept sie noch kurz vor dem Auslösen, und bei diesen drei Kameras aktivieren Sie den Selbstauslöser durch Druck auf den Auslöser. Der Ricoh-Selbstauslöser läuft beim Einschalten los und blinkt und piept sofort.

Folgende Objektive stehen 

zur Verfügung: Canon 2,8/38 mm, von 0,9 bis x, Fuji 2,8/38 mm, von 0,9 bis unendlich; Pentax 2,8/35 mm, von 0,7 bis unendlich, und die Ricoh 3,2/35 mm von 1 m bis unendlich Alle vier Kameras messen von EV 6-17, was in der Praxis ausreicht, zumal man es ja mit dem Blitzen so leicht hat.

Gemeinsames: 

Alle vier Hersteller verbieten ausdrücklich die Verwendung von aufladbaren NC-Akkus! Das ist ein gleichmäßig verteiltes Ärgernis für alle Verbraucher: erstens wirft man leere Batterien bekanntlich achtlos weg und zweitens zwingt man uns, ständig neue Batterien zu kaufen, statt Akkus nahezu kostenlos aufzuladen. Hier sollte man den Herstellern endlich mal geharnischte Proteste ins Haus schicken, womöglich mit einem Anschreiben bundesdeutscher Verbraucher-Schutz-Organisationen. Schließlich könnten auch Kamerahersteller damit anfangen, umwelt- und verbraucherfreundlich zu konstruieren.

Die Bildqualität

schließlich läßt bei allen vier Kameras nichts zu wünschen übrig. Man kann mit diesen Kameras aufgenommene Dias fast immer in Serien mischen, die mit einer Spitzen-SLR entstanden sind, und so werden diese praktischen Kompaktkameras für uns zu guten Begleitern, wenn wir mal unbeschwert fotografieren wollen und - vor allem! - mal nicht schleppen möchten. Ebenso gut kann man diese Kameras, ohne sich schämen zu müssen, Bekannten und Verwandten schenken, ja, sogar guten Freunden.
Einige Vergleichsaufnahmen sollen diesen Kommentar abrunden, wobei sich allerdings ein betrübliches Ergebnis nicht verschweigen läßt:
Ich habe in meinem Leben viele tausend Filme in einige hundert Kameras eingelegt. Es ist mir nach anfänglichen Pannen - zur Gewohnheit geworden, den richtigen Filmtransport anfangs zu kontrollieren, was man ja meistens am Mitdrehen der Rückspulkurbel erkennt. Das habe ich auch bei diesen vier Kameras so gemacht. Als ich aber die Filme zum Entwickeln herausnahm, war der Film in der Pentax nicht transportiert: ich hatte alles auf den Anfang geschossen! Was war passiert?
Die Rückspulkurbel ist bei der Pentax PC 35 AF versenkt, sie kann sich gar nicht drehen. Daß sich auch die kleine Achse in der Kurbel nicht gedreht hatte, weiß ich erst jetzt: damals achtete ich ausgerechnet darauf nicht. Dafür sah ich, wie sich der auffällig geschlitzte Rückspulknopf drehte; und als auch noch das Bildzählwerk munter mitmachte, (nur bei der Canon zählt es nicht, wenn der Film nicht transportiert wird!), machte ich mir um den Filmtransport keine Sorgen mehr. Als ich den Film dann nach der 36sten Aufnahme rückspulen wollte und die Bescherung merkte, war mir, als hörte ich diese Pentax lachen. Vielleicht wäre mir soviel einfältige Nostalgie aufgefallen, wenn ich diese Kamera nicht zusammen mit den anderen, hochmodernen Systemen zur Hand genommen, sondern die Bedienungsanleitung gründlicher studiert hätte. Da steht es nämlich: "Wenn Sie nun am Filmtransportrad drehen, achten Sie bitte darauf, daß der Film ordnungsgemäß aufgewickelt wird..." Und das, wenn's - wie die anderen längst beweisen - auch ohne was "zu beachten" geht?
Ich versichere Ihnen aber, daß die Pentax - wie ich aus anderen Aufnahmen weiß - sehr gute Bildqualität liefert.

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