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Artikel
1998
Spezialreport
DAS DISC-SYSTEM IM VERGLEICH
Fortschritt Scheibchenweise
Die Disc-Welle gab den Anstoß für die Entwicklung neuer Filmmaterialien - die sich wiederum positiv bei den herkömmlichen Aufnahmeformaten auswirken. Lesen Sie, wo sich nach dieser Erkenntnis Disc-Systeme im Vergleich einordnen lassen.
Seit Ende des Jahres '82 kann man seine Discscheiben bei jedem Fotohändler abgeben und erhält innerhalb der normalen Frist von etwa drei Tagen den entwickelten Film plus je eine Vergrößerung 7,5 x 10 cm, 9 x 11 cm oder 10 x 13 cm. Jetzt, da die Disc-Welle längst in jedem Großlabor läuft schien es an der Zeit, einmal einen Vergleich unter Normalbedingungen zu machen, wie gut die "Wunderscheiben" im Vergleich zur Konkurrenz tatsächlich sind. Dazu wurden Aufnahmen sowohl mit Disc-, als auch Pocket- und Kleinbild-(KB)-Film gemacht. Die verwendeten Kameras sollten dabei in Größe, Gewicht und Einfachheit der Bedienung den Disc-Kameras echt vergleichbar sein. So fiel die Wahl auf die Olympus XA1, da sie als einzige KB-Minikamera Fixfokus und eine (allerdings simple) Programmautomatik besitzt, Batterien müssen hier nicht mal alle fünf Jahre gewechselt werden. Die Revue Pocket 50 durfte zeigen, was man für ca. ein Drittel des Preises der derzeit billigsten Disc-Kamera erwarten darf. Die absoluten Grenzen des Pocketsystems durfte die Spiegelreflex Pocket Pentax auto 110 aufzeigen. Das Disc-System war durch die Standard Kodakkamera Disc 4000 und die Revue Disc MF vertreten. Disc-intern also der Vergleich zwischen dem vierlinsigen Objektiv von Kodak und einem schlichten Dreilinser von Quelle. Auf die alte Agfa Box aus den 30er Jahren kam ich durch die kühne Behauptung der Kodak Werbung, "das Fotografieren neu erfunden zu haben".
Die Unterschiede in Gewicht und Größe sind gar nicht so groß. Natürlich kommen bei der XA1 und der Pentax auto 110 noch die Blitze dazu, während sie bei den Disc-Kameras ebenso wie die Winder eingebaut sind. Doch während die XA1 bei Innenaufnahmen meist den Blitz benötigt, kommt die Pentax dank der flexibleren Automatik mit 27 DIN Film oft noch ohne aus. Das Reibrad der XA1 macht den Winder überflüssig, auch bei der auto 110 in der neuen Version (auto 110 Super) vermißt man ihn nicht. Auch die Anschaffungskosten differieren nicht besonders stark. Bezieht man die Billig-Disc-Kameras ein, so reicht der Preisbereich bei Disc von etwa 50 DM bis 300 DM. Der Pocketbereich beginnt bei ca. 20 DM und reicht über Motorpockets bei ca. 130 DM bis ca. 400 DM für die Pentax-Grundausstattung (Kamera und 2 Wechselobjektive). Allerdings bietet die auto 110 alle Annehmlichkeiten einer guten SLR mit Belichtungsautomatik, und man kann noch vier weitere Objektive, darunter sogar ein Zoom, dazu erwerben. Der Bereich der Minikleinbildkameras beginnt bei ca. 150 DM für ca. 350 DM kann man schon unter den raffiniertesten Automatikmodellen (incl. Autofocus) vieler Hersteller wählen. Groß sind die Unterschiede beim Filmmaterial. Allein die Preise lassen einen beim Nachrechnen staunen. Da kostet ein 8,2 x 10,6 mm Disc-Bildchen stattliche 45 Pfennige, da steigt bezogen auf die Filmfläche der Preis pro qcm von KB über Pocket zu Disc auf das 15-fache. Ein Fortschritt der keinen recht begeistern kann.
Der Unterschied im Filmformat
Auch der fotografisch bedeutsamste Unterschied ergibt sich aus den Negativformaten. Um ein gleich großes Papierbild zu erhalten, muß man Pocketfilme ca. zweimal und Discfilme ca. dreimal so stark vergrößern wie Kleinbildnegative. Woraus folgt, daß der Prüfstein unseres Systemvergleichs die Schärfe sein muß. Als Anwender kann es mir egal ein, woher meine unscharfen Fotos kommen. Doch ein echter Vergleich sollte so angelegt und ausgewertet sein, daß alle möglichen Schwächen systematisch erfaßt sind, ohne von der Praxis des normalen Hobbyfotografen abzuweichen. Was die Abbildungsschärfe des Objektivs betrifft, hängt diese von der Korrektur der Linsenfehler ab. Doch nützt die beste Korrektur nichts, wenn das Objektiv als Fixfokus zwar bei 3 m Entfernung scharf ist, aber das Zebra in 7 m Entfernung aufgrund mangelnder Schärfentiefe auch ein Esel sein könnte. Deshalb wurde im Test sowohl der Nahbereich als auch der Fernbereich überprüft.. Die schärfste Abbildung auf das Negativ nützt natürlich nichts, wenn der Film grobkörnig ist und dies nach dem Vergrößern sichtbar wird. Deshalb wurde auf den Testbildern die Wiedergabe von Details genauso wie das Korn in einheitlichen Flächen beurteilt.
Es ist übrigens abgesehen von der Schärfe nicht nur eine Geschmacksfrage, ob ein an sich blauer Himmel vor lauter Korn nach Schneesturm aussehen darf. Es wurden 2 Aufnahmeserien angefertigt. Eine Innenaufnahme mit Blitz mit Abständen von 2 - 5 m, sowie eine Außenaufnahme mit Testmotiven in 5,15 und 50 m Entfernung. Entwickelt wurden alle Filme im gleichen Großlabor und jeweils Standardkopien im Format 10 x 13 bzw. 10 x 15 cm angefertigt. Zur Sichtbarmachung der Unterschiede, wurden von den Außenaufnahmen auch ohne Vergrößerungen 20 x 25 bzw. 20 x 30 cm in einem Speziallabor angefertigt. (Die Obergrenze für Vergrößerungen von Disc beträgt zur Zeit bei den meisten Labors noch 13 x 18 cm). Die Unterschiede mit Bildausschnitt sind aufnahmebedingt, da die Kameras etwas unterschiedliche Bildwinkel besitzen. Beurteilt wurden die Bilder nach Schärfe des Vordergrundes, Schärfentiefe, Detailauflösung und Korneindruck auf einheitlichen Flächen. Dies wurde zu einer Gesamtbeurteilung der Schärfe Zusammengefaßt.
Für die Innenaufnahmen wurden bei KB und Pocket die 21 DIN Filme verwendet, da wohl niemand zu 27 DIN greift, wenn sowieso geblitzt werden muß. Was die Ausleuchtung durch den Blitz betrifft, ist das Testbild mit der XA1 wohl das beste, alle anderen Kameras blitzten ziemlich gleich gut. Lediglich die alte Box fiel raus, da sie keinen Blitzanschluß besitzt und die provisorische Verwendung des Olympusblitzes prompt starke Unterbelichtung ergab. (Das führte zu schlechter Farbe und Dichte des Testbilds.) Nachfolgend die Beurteilung der Schärfe:
XA1: noch sehr gut
Box: noch gut
Disc 4000: ausreichend
Disc MF: noch ausreichend
auto 110: noch befriedigend
Pocket 50: noch ausreichend
Am besten also KB mit der XA1, nicht schlecht die Box, deren "Weichzeichnung" nicht unangenehm wirkt. Schlecht im Vordergrund die Pentax, die im übrigen besser als die Disc-Kameras ist. Bei den Disc-Kameras ist die Kodak 4000 im Nahbereich besser als die Revue MF. Die Billigpocket Revue 50 fällt überraschenderweise kaum ab.
XA1 (27 DIN): noch gut
Box (27 DIN): gut
Disc 4000 (24 DIN): ausreichend bis mangelhaft
auto 110 (21 DIN): befriedigend bis ausreichend
Disc MF (21 DIN): ausreichend bis mangelhaft
Pocket 50 (21 DIN): ausreichend
auto 110 (27 DIN): ausreichend
Pocket 50: mangelhaft
Für die Außenaufnahmen wurde für KB 27 DIN gewählt, denn soviel braucht man hierzulande nur zu oft. Die Pockets wurden aus Fairness zu Disc, für die es nur 24-DIN-Filme gibt mit 21 und 27 DIN verwendet. Die Auswertung der Testaufnahmen ergab zur großen Überraschung einen Sieg der guten alten Box.
Der Box kommt vor allem der geringe Vergrößerungsfaktor gute. Vorausgesetzt ist allerdings daß Blende 11 und 1/30 s auch zur Filmempfindlichkeit und zu den Lichtverhältnissen passen. Der Fixfokus der XA1 ist offensichtlich mehr auf den Nahbereich optimiert, KB Minis ohne Fixfokus sind da sicher universeller verwendbar. Im Vergleich zu KB fallen Disc und Pocket deutlich ab. Hier summieren sich die Unschärfe aus Objektiv und Filmkorn. Die Schärfe der Fixfocus-Objektive liegt wohl mehr im Bereich bis 5 m. Wären z. B. die Disc-Kameras bei Blende 2.8 tatsächlich von 1,2 m bis unendlich scharf müßte man von einem Wunder sprechen. Es überrascht deshalb auch nicht, daß der Vierlinser von Kodak bei größeren Entfernungen nicht besser abschneidet als der Dreilinser von Revue. Immerhin überzeugt das Disc-System insofern, als es durch die Qualität von Film und Objektiv den Formatvorsprung von Pocket praktisch ausgleicht. Anders ausgedrückt, werden die Vorteile des Disc-Systems -beste Planlage des Films, sehr gutes Auflösungsvermögen, sehr großer Belichtungsspielraum idiotensichere Verarbeitung im Labor, bessere Nachbestellung größtenteils durch das zu kleine Negativformat wieder zunichte gemacht.
Welchen Schluß kann also ein Hobbyfotograf ziehen, der eine Zweitkamera als ständige Begleiterin sucht, der eine simple Kamera an Opa, die Freundin oder den Neffen verschenken will? Für reine Knipsbildchen ist man mit bis ca. 50 DM mit einer Billigpocket nach wie vor gut bedient.
Wer wirklich mit Komfort knipsen will, sich dabei mit 10 x 15 cm Vergrößerungen begnügt und bei Landschaften, Städteansichten u. ä. Abstriche macht, bekommt bis zu 200 DM mit einer Disc-Kamera sicher das Richtige.
Wer fotografieren will ohne viel rumzuschleppen, mit allen Möglichkeiten der Spiegelreflexkamera kann bis zu 1000 DM für eine Pentax Pocketausrüstung ausgeben. Bedingt durch das Aufnahmeformat müssen allerdings erhebliche Qualitätseinbußen in Kauf genommen werden.
Für 150 DM bis 350 DM bekommt man KB Minikameras, die auch mal ein Posterzulassen. Für jeden, der ernsthaft mit der Fotografie anfangen will, sind diese Kameras sicher keine Sackgasse.
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