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1998
Normtest
Olympus OM-30
Schärfe schnell und sicher
Ein Druck auf das Knöpfchen genügt und mit roten und grünen Leuchtdioden-Signalanzeigen im Sucher leitet diese Kamera den Benutzer an die perfekte Einstellung der Schärfe.
Was heute noch als Zauberei anmutet, wird der Standard der Zukunft sein, doch was die Kamera jetzt schon beherrscht, mußte sie auf dem Prüftisch des unabhängigen physikalischen Testinstituts NORMTEST unter Beweis stellen.
Zwei rote Pfeile und ein grünes Quadrat - das ist die neue Symbolik wenn es um Autofokus oder Schärfe-Einstellhilfen nach dem Prinzip des "Zero In Focus", wie es bei Olympus heißt, geht. Ohne Zweifel ist diese zusätzliche elektronische Hilfseinrichtung der Schlager in dieser Kamera. Ein weiterer Baustein auf dem Weg zu zukünftigen die Schärfe bewertenden Systemen. Ein elektronischer Baustein, in dem nun verteilt auf eine Länge von etwa zehn Millimeter allein 96 Sensorpunkte die Rolle eines Bildempfängers zu spielen haben. Je nach erforderlicher Empfindlichkeit werden diese Sensoren in Gruppen ab- oder hinzugeschaltet und die Signale der Empfänger an elektronische " Rechenkreise" weitergeleitet, die endgültig den Kontrast bewerten und die Entscheidung zwischen scharf und unscharf zu treffen haben. Irren bleibt auch hier "menschlich" obwohl im Gegensatz zu bislang bekannten Systemen diese Sensorzeile bislang ungewohnte Empfindlichkeit und Genauigkeit unter Beweis stellte.
Elektronischer Schärfe-Indikator - nahezu perfekt!
Lobenswert ist der Zuwachs an Empfindlichkeit in diesem System zu erwähnen. Das erweitert den Arbeitsbereich des Schärfe-Indikators weit in die Dämmerung beziehungsweise in den Bereich kontrastarmer Motivdetails hinein.
Die Möglichkeit, daß die Elektronik sich in der Bewertung der Schärfe-Ebene irrt, beschränkt sich im wesentlichen auf fein strukturierte Motivdetails, die zudem noch parallel verlaufende Linien aufweisen. Hier kann es auch bei unscharfer Einstellung sich deckende verschobene Teilbilder geben, die die Elektronik zu täuschen vermögen. Ähnliches gilt beispielsweise bei einer Scharfeinstellung auf kurze Distanz wenn das Sucherbild nun eine "fleckige" Licht-/ Schattensituation in der Ferne (Nahe bei Unendlich) zu sehen bekommt. Olympus setzt jedoch erfreulicherweise immer noch darauf, daß die Beteiligung des Fotografen nicht ganz ausgeschlossen ist - die Feinarbeit sollte er dann der Elektronik überlassen. So betrachtet ist mit der Schärfe-Einstellhilfe "Zero In Focus" eine extrem genaue Einstellung möglich. Dem Anwendungszweck entsprechend kann dies zum Vorteil geraten aber auch nachteilig scheinen. So ist im Makrobereich die extrem genaue Einstellbarkeit durch den Schärfeindikator zu begrüßen. Sobald es um Aufnahmen auf mittlere Distanz geht und die Lichtverhältnisse auch als ausreichend zu bezeichnen sind, darf man sich durch den schnellen Wechsel der Anzeige nicht irritieren lassen. Die Elektronik hat zwar Recht, daß in diesem Augenblick die absolut exakte Einstellung der Entfernung (im Millimeter- oder Zentimeterbereich) verlassen wurde, doch der Anwender darf dies immer dann nicht zu eng sehen, wenn in Abhängigkeit von der gewählten Blende der dazugehörige Schärfentiefe-Bereich den Toleranzbereich des "Zero In Focus"-Systems sowieso um ein mehrfaches überschreitet.
Die Olympus OM30 ist eine einäugige Spiegelreflexkamera für das Kleinbildformat. Neben der Möglichkeit der manuellen Einstellung bietet sie eine Zeitautomatik mit Blendenvorwahl, wobei im autodynamischen Meßprinzip auch Veränderungen während der Belichtung durch Anmessen der Filmoberfläche und Steuerung der tatsächlichen Belichtungszeit nach einem "Real-Time"-Prinzip für die Voraussetzung der größtmöglichen Belichtungsgenauigkeit gesorgt wurde. Während unter normalen Aufnahmebedingungen (bei durchschnittlichem Tageslicht und durchschnittlich empfindlichen Film) kaum extrem starke oder gleichzeitig extrem schnelle Lichtänderungen zu erwarten sind, darf gerade derjenige Fotograf mit großer Sicherheit darauf setzen, ein korrekt belichtetes Bild zu erhalten, der unter Kunstlichtbedingungen beispielsweise durch einen Fremdblitz gestört wird. Hier bricht die Elektronik der Kamera den Belichtungsvorgang zwecks Vermeidung einer Überbelichtung rechtzeitig ab. Die Kamera arbeitet selbstverständlich auch bei Tageslicht nach diesem Prinzip, nur es ist wie gesagt etwas unwahrscheinlich, daß unter normalen Aufnahmebedingungen innerhalb einer kurzen Belichtungszeit der Himmel sich in entsprechender Schnelligkeit und Intensität verdunkelt oder erhellt.
Der elektronisch gesteuerte Tuchschlitzverschluß kann im manuellen Betrieb der Kamera auf Belichtungszeiten zwischen der 1/1000-Sekunde und einer Sekunde eingestellt werden. Im Automatikmodus erweitert sich dieser Bereich bis auf die längste vom Hersteller garantierte Zeit von zwei Sekunden. Während die Belichtungszeiten allein - nach manueller Einstellung wieder einmal die extrem hohe Genauigkeit elektronisch gesteuerter Verschlußzeiten durch eine maximale Abweichung von 1/10-Blendenwerten unter Beweis stellte, sind in der Betriebsart "Automatik" maximale Abweichungen von +1/3 Blende feststellbar gewesen. Auch diese maximale Abweichung liegt weit innerhalb des nach der DIN-Vorschrift zulässigen Bereiches. Abweichungen von dieser Regel waren nur bei der Synchronzeit und im Automatikmodus bei den längsten Verschlußzeiten festzustellen. Die Synchronzeit, die in diesem Fall mit der 1/60 Sekunde angegeben ist, ist reichlicher also länger als angegeben - eingestellt. Eine Eigenart, die sich mit den Messungen vieler anderer elektronischer Schlitzverschlußkameras deckt und die im Normalfall bei Blitzaufnahmen ohne intensive Dauer-Grundbeleuchtung keine Rolle spielt.
Vor einer Unterbelichtung wird nicht gewarnt
Im Automatikbetrieb zeigten die Belichtungszeiten von 1 Sekunde und länger größere Abweichungen, so daß zu einer bewußten Verwendung dieses Zeitenbereichs nicht geraten werden kann. Da im Anzeigefeld innerhalb des Suchers auf der Leuchtdiodenkette zwar eine Warnung vor möglicher Oberbelichtung, jedoch keine Warnung vor einer möglichen Unterbelichtung vorgesehen ist, ergibt sich sogar eine zweite Begründung, die Vorsicht bei der Verwendung der längsten Belichtungszeiten angebracht erscheinen läßt.
Die Anzeige im Sucher wird durch eine Kette roter Leuchtdioden vorgenommen. Über den Bereich der auch manuell wählbaren Zeiten hinaus ist nur noch eine Warn-LED für den Fall der Überbelichtungsgefahr vorgesehen. Oberhalb dieser Anzeige sorgt eine weitere Leuchtdiode für die Information über Blitzbereitschaft (einschließlich Rückmeldung nach der Aufnahme), die neben einem schwarzen Blitzsymbol und der Zahl "60" für die Synchronzeit untergebracht ist. Auf der Seite der Elektronik ist dabei nur die automatische Umstellung auf die Synchronzeit, jedoch keine TTL-Blitzautomatik, verwirklicht, die durch Verbindung der Kamera mit einem Blitzgerät im Sucherschuh vorgenommen wird.
Viele Anzeige-LEDs, doch der Sucher ist übersichtlich
Trotz der zusätzlichen drei Leuchtdioden-Symbole (Pfeil links, Pfeil rechts und grün leuchtendes Quadrat für korrekte Einstellung) für die "Zero In Focus"-Elektronik erscheint der Sucher nicht mit "Anzeigen überladen". Dafür zeichnet natürlich in erster Linie die saubere Trennung der beiden LED-Anzeigefelder verantwortlich. Im Zentrum des Mattscheibenbildes ist ein Mikroprismenring und ein Schnittbildindikator mit waagerechter Trennlinie zu finden. Dieses Schnittbild-Zentrum ist identisch mit dem Meßfeld der elektronischen Schärfe-Einstellhilfe "Zero In Focus". Während der Suchereinblick nur einem Brillenträger geringfügige Probleme das volle Format zu überblicken bereitet, war der Schnittbildindikator in keinem Einblickwinkel abgeschattet und unbeschränkt brauchbar.
Die Elektronik der Kamera wird von der ungewöhnlichen Anzahl von fünf Knopfzellen, die unter einem großen Batteriedeckel auf der Vorderseite der Kamera untergebracht werden, versorgt. Die Verriegelung dieses Batteriefachs erfordert "spitze Finger" und etwas Fingerspitzengefühl, das man ersatzweise mit einem kleinen Hilfsmittel (Streichholz) bereitstellen kann. Die Größe des Batteriefaches darf nicht zur Suche nach einer anderen Batterietype verleiten, denn durch drei Batterie-Abgriffe werden der Kameraelektronik unterschiedliche Spannungen zur Verfügung gestellt. Zwei der Batterien werden für die übliche Kameraelektronik (Belichtungsmessung und Steuerung) verwendet, während drei zusätzliche Zellen für die Zero In Focus-Elektronik notwendig wurden. Die zwei unteren Knopfzellen sind der üblichen Kameraelektronik zugeordnet und während des Prüfvorgangs (Batterie-Check) werden nur diese beiden Zellen belastet.
Der Zentralschalter für die Kamerafunktionen Check, Auto, Off, Manual und B ist unterhalb der Rückspulkurbel angeordnet. Obwohl die Kamera ein sparsamer Stromverbraucher ist, muß angeraten werden, diesen Hauptschalter in den Aufnahmepausen, zumindest in längeren Aufnahmepausen, in die "OFF"-Position zu bringen und damit alle Stromverbraucher zu trennen. Die Steuerung der Belichtungszeiten funktioniert trotzdem, so daß ein schneller Schnappschuß nicht durch die Abschaltung verloren gehen muß. Intensive Stromverbraucher wie die LED-Anzeigen und der (abschaltbare) Piepser sind jetzt jedoch nicht in Aktion.
Batterie-Check mit rastendem Schalter
Der größte Stromverbrauch ergab sich übrigens während der Batterieprüfung in der Check-Position des Hauptschalters mit einem Wert von 39 Miniampere. Im Gegensatz zur Olympus OM-2n ist diese Check-Position nicht mit einer Rückholfeder ausgerüstet, so daß man die Prüfposition versehentlich eingeschaltet lassen kann. Um das an sich sparsame Stromkonzept nicht in Unordnung zu bringen, soll empfohlen sein, es sich zur Angewohnheit zu machen, den Hauptschalter wann immer nötig und möglich in die "OFF"-Stellung zurückzuführen. Die Prüfung der Batterie kann man jedoch nicht auszuschalten vergessen, wenn der Piepser eingeschaltet ist. Er bestätigt mit einem Dauerton den einwandfreien Zustand der Batterien und ist doch so durchdringend, daß man ihn gar nicht überhören kann. Die zweite Bestätigung für einwandfreien Batteriezustand wird durch eine LED an der Vorderseite der Kamera vorgenommen, die sehr hell leuchtend mit Dauerlicht betrieben wird solange die "Check"-Position gewählt wurde. Dieselbe LED wird als "Action"-Signal während des Ablaufs des Selbstauslösers benutzt, diesmal blinkt sie jedoch mit unveränderter Frequenz bis zum Auslösen der Kamera. Der Selbstauslöser wird durch einen kleinen Hebel hinter dem Auslöser eingeschaltet und stellt sich nicht nach der Aufnahme selbständig zurück. Sofern der Piepser eingeschaltet ist, begleitet er mit einem Piepser die LED-Anzeige.
Für Filme zwischen 25 und 1600 ASA
Der Einstellbereich der Belichtungsmessung berücksichtigt Filmempfindlichkeiten zwischen 25 ASA und 1600 ASA. Er ist damit für die heute auf dem Markt erhältlichen Filme ausreichend großzügig ausgelegt und bietet selbst dem noch genügend "Luft", der den neuen 1 000-ASA-Film zu pushen gedenkt. Die Einstellung der Filmempfindlichkeit wird an einem kombinierten Drehring in dem Bedienungsbereich vorgenommen (rechts) in dem Auslöser, Selbstauslöser-Schalter, Schnellspannhebel und Filmzählwerk zusammengefaßt sind. Die Verstellung der Filmempfindlichkeit ist nur möglich, wenn der kleine Drehring angehoben wird. In rastenden Stufen ist es möglich, eine Belichtungskorrektur einzustellen, wobei in Drittelstufen zwischen +2 und -2 Blendenstufen zur Korrektur herangezogen werden können. Der Anschlag dieser Korrektur variiert mit der vorgewählten Filmempfindlichkeit, so daß über den Bereich 25 ASA hinaus keine verlängernde Belichtungskorrektur, über 1600 ASA hinaus keine verkürzende Belichtungskorrekur möglich ist. Da der Kombi-Knopf an dieser Kamera die Position eingenommen hat, an der man üblicher
weise die Einstellung der Belichtungszeiten erwartet, wurde die manuelle Einstellung der Zeiten verlegt. Sie ist in Objektivnähe zu finden und besitzt auf der linken Kamera-Body-Seite eine Skala von 1 bis 1/1000 Sekunden.
Am Kameraboden sind die Anschlüsse für den Winder mit Kontakten für die Elektronik und einer mechanischen Kopplung untergebracht. Ferner ist am Boden der Schalter für den Piepser zu finden. Eine Steckbuchse an der Kameravorderseite nahe der Rückspulkurbel ist für ein Kabel vorgesehen, mit dessen Hilfe (und der Hilfe des Winders) es möglich sein wird, nach Voreinstellung der "Zero In Focus"-Elektronik auf eine gewünschte Distanz Aufnahmen automatisch auslösen zu lassen.
Fazit
Mit der Olympus OM30 kam eine robuste aber handliche Kamera auf den Markt, die mit dem elektronischen "Zero In Focus"-Schärfeindikator eine Besonderheit bietet, die sie von anderen Kameras unterscheidet. Sieht man von dieser Besonderheit ab, so ist sie als gute Aufnahmeerfolge versprechendes Handwerkszeug zu bezeichnen. Geringfügige Einschränkungen, die sich aus Abweichungen von der korrekten Belichtung ausschließlich im Bereich der längsten Zeiten ab eine Sekunde im Automatikmodus ergeben, trüben nicht den insgesamt positiven Eindruck dieser Kamera.
Der elektronische Schärfe-Indikator, gedacht für Leute mit "Sehproblemen" aber auch für Aufnahmesituationen bei schlechten oder diffizilen Licht- und Kontrastverhältnissen, hat eine ernst zu nehmende Qualität erreicht. Vorteile dieser Elektronik im echten Makrobereich kamen dabei in bisherigen Bewertungen dieser Kamera sogar viel zu kurz.
Die LED-Anzeige des elektronischen Schärfe-Indikators könnte ruhiger arbeiten, jedoch muß dies als Kompromiß betrachtet werden, in dem zu Gunsten einer hohen Meßgenauigkeit entschieden wurde. Die hohe Genauigkeit der Verschlußzeiten aber auch die nahezu eben so hohe Genauigkeit der Belichtungsautomatik im üblichen Anwendungsbereich verdient besonders hervorgehoben zu werden.
Da die Kamera die Verwendung einer großen, gut eingeführten Objektiv- und Zubehör-Palette bietet, kann sie als empfehlenswerter Einstieg in ein System-Kamera-Angebot gewertet werden.
+ Sehr hohe Genauigkeit der Verschlußzeiten
+ Hohe Genauigkeit der Belichtungsautomatik
+ Wirksame Schärfe-Einstellhilfe mit dem "Zero In Focus"-System
+ Große Objektiv- und Zubehör-Palette
- Längste Zeiten ab 1 Sekunde nur bedingt brauchbar
- Geringe Abschattung des Sucherformats für Brillenträger
- Umfangreicher Batteriesatz (elektronisch bedingt)
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