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Artikel
1998
Das Hobbylabor auf dem Schreibtisch
Nimslo 3D
Dias plastischer als Prints
Wer kann es dem Besitzer einer Nimslo 3D Kamera verbieten, sie zweckentfremdet mit Diafilm zu laden? Laut Gebrauchsanleitung ist sie "nur für Negativfilm" zu gebrauchen. Stimmt, wenn man 3D-Prints für Brieftasche und Fotoalbum haben will. Das pralle Stereovergnügen beginnt für den Stereoskopiker erst mit dem Dia-Bildpaar, das er vollplastisch betrachten oder projizieren kann. Für diesen Beitrag wurde die Nimslo 3D gegen den Strich mit Diafilm getestet.
Anfang September 1983 war es soweit: Die smarte Nimslo 3D hat nun endlich nach langer Odyssee auch den deutschen Markt erreicht. Als "Erlkönig" konnte man sie auf der "photokina'80" hinter Glas bestaunen: Mit 4 Objektiven (Glas-Triplets 5,6/30) fiel sie aus dem Rahmen des bei Sucherkameras üblichen. Ich habe des Unikum in COLOR FOTO 12/80 erstmals in der deutschen Fotopresse ausführlich vorgestellt und sie als die "3D-Kamera mit fairen Kompromissen" begrüßt. Auch auf den Aspekt der Nimslo Dia-Fotografie wurde dort bereits eingegangen. Auf der letzten "photokina'82" wurde sie wieder nur hinter Glas gezeigt. Inzwischen hatte sich aber eine Menge getan: die Fabrikation war von Schottland (TIMEX-Uhren) nach Japan (Sunpak/Ricoh) übergewechselt und die Spezialprinter in Atlanta/Georgia U.S.A. arbeiteten auf Hochtouren, um den amerikanischen Testmarkt (Markteinführung in Florida im April 1982) mit 3D-Abzügen zu versorgen. Unkontrollierbaren Berichten zufolge war der Nimslo-Start in den U.S.A. ein Erfolg. Auch in Old Germany konnte man die Kamera ab Herbst '82 per Post aus Atlanta ordern. Ungeduldige Stereofans bezahlten dafür inklusive Luftpost 237 Dollar (ohne Tasche und Blitz) und warteten meist drei Monate auf das Eintreffen des Exoten. Für die Ausarbeitung der Lentikular-Linsenraster-Papierbilder 8,5 x 11,5 cm mußte man damals wie heute die KB-Negativfilme an die Adresse Nimslo 3D, P.O. Box 105099, Atlanta/GA 30348, U.S.A. schicken. Heute werden die belichteten Filme von Uniphot/Ratingen zentral gesammelt, nach Atlanta weitergeleitet und auch kostenfrei zurückgeschickt. Nimslo machte es weiterspannend: Im November'82 ließ eine Meldung der Japan Trade News den Schluß zu, daß die weltweite Markteinführung bevorstand. Die Fließbänder des potentiellen japanischen Blitzherstellers Sunpak spuckten demnach 20000 Kameras monatlich, später 83000, d. h. 1 Million Einheiten pro Jahr aus. Schon seit Januar 82 hatte Sunpak exklusiv den griffigen Doppelreflektor-E-Blitz Opti-Lite gebaut.
Die Nimslo-Welle rollt nun endgültig auf uns zu und es liegt an den Fotografen, das Optimale aus dem System zu machen.
Bedeutet Nimslo den Beginn einer neuen Stereo-Ära?
Mit Prognosen sollte man vorsichtig sein. Wenn es nach den Nimslo Marketingstrategen geht, soll mit Nimslo, nach Farbfotografie und Sofortbild, ein neues Kapitel in der Geschichte der Fotografie aufgeschlagen werden. Klar, die Väter des Verfahrens müssen auch von der Zukunft ihres Produkts voll und ganz überzeugt sein. Daneben gibt es die eingefleischten Gegner von 3D, die bereits abwinken, wenn die Rede nur entfernt auf Stereo kommt. Für sie ist Nimslo von vornherein eine Totgeburt, bestenfalls ein Kamera-Kuriosum. Die Befürworter verweisen mit Recht auf den Vorsprung von Nimslo 3D gegenüber den bisherigen Stereoverfahren, die Handbetrachter oder bei Polfilterprojektion Brillen benötigten: Mit dem Streifen-Lentikular-Verfahren stellt sich der 3D Effekt ohne jedes Hilfsmittel ein. Die Leser von COLOR FOTO 9/83 konnten sich anhand des Titelbildes selbst ein Urteil darüber bilden, was in dem System wirklich steckt: Die vier Aerobic-Mädchen heben sich deutlich vom Säulenhintergrund des Münchner Monopteros ab. Man kann aber trotz der wohlgeformten Mädchen keine vollplastische Tiefenwirkung erwarten. Wie auch bei den Demonstrationsfotos in Köln baut sich das Nimslo 3D Bild kulissenartig auf. Ein Effekt, der mich lebhaft an die Mini-Guckkastenbühnen im Münchner Stadtmuseum, Abt. Theatermuseum, erinnert: Die flachen Figuren stehen wie ausgeschnitten im Raum und erzeugen erst durch Überschneidung der Konturen eine Tiefenstaffelung. Immerhin beweisen die fünf geringfügig variierten Motive auf den Titelseiten des Heftes 9/83, was ein Könner wie Klaus Hager aus Nimslo 3D herausholen kann. Was ich dagegen an Nimslo-Amateurprodukten sah, war von unterdurchschnittlicher Qualität: 70% davon würde ich weder herzeigen noch ins Album kleben. Nimslo ist nämlich nichts für das schnelle Knipsen, obwohl diese Automatikkamera zum Schnappschuß geradezu herausfordert. Das gute Nimslo Foto setzt eine neue, stereo-orientierte Seh- und Gestaltungsweise voraus. Technische Tips für die richtige Wahl der Nah- und Fernpunkte finden Sie in der Tabelle am Ende dieses Beitrags. Wer flexibel ist und umdenken kann, wird Freude am plastischen Bild haben. Also etwas für eine Minderheit? Das würde gegen einen Massenerfolg von Nimslo sprechen. Vielen wird sicher das stereoskopische Sehen durch Nimslo erstmals nahegebracht. Einer allgemeinen Rezeption steht aber m. E. ganz fatal entgegen, daß der große Sektor der Diafotografen ausgeschlossen bleiben soll. Die Gebrauchsanleitung erklärt ja kategorisch und unmißverständlich: Für Nimslo 3D ist nur Color Negativfilm zulässig.
Ich bin von Haus aus kein Bildchenfotograf, sondern bevorzuge rundherum den Diafilm. Deshalb ärgert es mich, wenn mich ein System (ähnlich Kodak disc) ausschließlich auf den Negativfarbfilm, obendrein noch auf die zwei Empfindlichkeiten 21 DIN/100 ASA und 27 DIN/400 ASA festlegen will. Für mich als Diafotografen mit Stereoerfahrung liegt klar auf der Hand, daß nur vom Stereo-Dia vollplastische Wirkung zu erwarten ist, nicht zuletzt auch vom Nimslo Dia, das es laut Hersteller gar nicht geben dürfte. Für mich ist die Nimslo 3D die ideale Stereokamera, - dies ist das überzeugend belegte Fazit meines Tests. Es reizte mich geradezu, die Nimslo 3D Kamera mit Diafilm zu laden, z. B. mit Agfa CT 21, Fujichrome 100, Revuechrome UT 21 und Ekta 400, also gegen den Strich zu testen. Die Ergebnisse sind so gut, daß ich der Vertriebsfirma nur dringend raten kann, die Nimslo Marketingstrategie auf ein zweites Bein, die Dia-Fotografie zu stellen. Nicht genug damit, daß man sie wie eine herkömmliche Stereo Kamera einsetzen kann, und hier setzt mein persönlicher Beitrag zum Nimslo System ein: Der Dia-Fotograf hat die einzigartige Möglichkeit, mit dem Stereo-Bildpaar gleichzeitig zwei weitere Kreativ-Fotos des gleichen Motivs zu gestalten. Mich würde interessieren, wie experimentierfreudige COLOR FOTO Leser meine Kreativ-Diatips aufnehmen und in die eigene Praxis umsetzen. Schreiben Sie mir doch kurz über ihre Erfahrungen mit Nimslo-Kreativ!
Das "Hobbylabor" in der Nimslo Kamera!
Sie lesen richtig: Die spezifische Bauart der Nimslo Kamera macht es möglich, den kreativen Schaffensprozeß in die Kamera zu verlegen. Zum nachträglichen Manipulieren eines Dias brauchen Sie normalerweise ein Dia-Kopiergerät. Nicht so mit der Nimslo ÖD. Nach meiner Methode können Sie Strukturen, Symbole, Farben, Weichzeichnereffekte, Silhouetten, Kornrasterfolien (Druckereizubehör),Naturformen (Blattrippen), Anreibebuchstaben (Letraset), Masken usw. schon bei der Aufnahme 1:1 auf die Dias kopieren auch ein Graustufenkeil mit zwei Abstufungen ist denkbar. Mein Kreativ-Vorschlag macht sich zunutze, daß Sie ja für das in erster Linie herzustellende Dia-Stereobilderpaar nur zwei der vier Teilbilder benötigen, vornehmlich die Teilbilder 1 und 4, weil sie die größtmögliche Stereobasis 54 mm aufweisen. Die restlichen Teilbilder 2 und 3 wären Doubletten, also praktisch unenwünschter Abfall, der die Nimslo Fotografie nur verteuern würde. Diese "Abfallbilder" 2 und 3 lassen sich für kreative Experimente, bei denen auch der Zufall mit von der Partie ist, verwenden. Hier ist mein Rezept, wie sie die Materialverschwendung beim Nimslo Dia-Fotografieren wirksam steuern können: beim Öffnen der Kamerarückwand werden sie feststellen, daß die vier Bildkanäle keine glatten Wände, sondern 3 mm tiefe, immer enger werdende "Rahmen" haben. Die letzten 22x18 mm messenden Rahmen der Bildkanäle 2 und 3 funktioniere ich zu Dia-Kopierrahmen um, indem ich je nach Gestaltungsidee Masken aus Glas oder Kunststoff einlege, also vor dem Film plaziere. Hierzu eine Reihe von Tips:
Angenommen, Sie wollen dem Dia eine schwarze Silhouette (z. B. ein Letraset-Symbol) aufbelichten. Das Anreibebild bringen Sie auf ein Glasplättchen (2,5 bis 3 mm stark) auf, welches Sie mit dem Symbol zur Filmebene in den Rahmen des Bildkanals 2 oder 3 einlegen. Ein Tip zum Selberschneiden der Glasplättchen: Erst eine Glasplatte z.B. 20x30 cm mit einem "Netz" von Schnittrillen versehen (dabei den Glasschneider in 17,5. mm bzw. 21,5 mm Abstand parallel führen) und dann erst die Plättchen reihenweise herausbrechen. Es gibt beim Glaser auch 3 mm Kunststoffplatten mit Preßornamenten (ähnlich dem sog. Kathedralglas), die man für Schlierenverfremdungen beim Dia-Direktkopieren in der Nimslo Kamera gut einsetzen kann. Mit der Laubsäge schneiden Sie mehrere 17,5x21,5 große Plättchen heraus, die Sie mit einem Lochausschnitt beliebiger Form versehen können. Dies meine Devise: Auch beim verfremdeten Dia muß ein realistisch abgebildeter, gut erkennbarer Kern (durch die Lochmaske unverzerrt kopiert) zu erkennen sein.
Masken aus Farbfolie oder aus schwarzem Kunststoff (Deckblatt der Kodak Sofortbild-Kassetten) können direkt, d. h. scharf aufs Dia kopiert werden, aber auch mit verlaufenden, weichen Rändern, wenn Sie die Folien in einem größeren Abstand zur Filmebene, z. B. im vorletzten Rahmen halten. Bitte den offenliegenden Verschluß keinesfalls berühren oder mit Feilspänen verunreinigen. Verfasser und Redaktion können keinesfalls für Schäden haften, die durch unsachgemäße Handhabung entstanden sind. Sie experimentieren mit Ihrer Nimslo 3D Kamera auf eigene Gefahr. Es versteht sich von selbst, daß Sie die Plättchen erst beim nächsten Filmeinlegen wieder wechseln können. Ich wende mich im folgenden an die sparsamen Rechner. Nimslo 3D Fotografie heißt nämlich nicht bloß halbe Bildausbeute (18 Quadruplets) auf einem 36er KB-Film. Meine Vorschläge zielen auf vollständige Verwertung des Diafilmmaterials ab.
Erst im Pentax Viewer II volle Stereowirkung
Ich würde mich scheuen, Ihnen das Nimslo Diafotografieren vorzuschlagen, wenn ich Ihnen nicht ein geschlossenes 3D Dia-System anbieten könnte. Schließlich geht nichts ohne passenden Stereobetrachter. Das ideale Betrachtungsgerät für Nimslo Dias ist längst auf dem Markt; Jahre bevor es Nimslo überhaupt gab, konnte man die mit dem Pentax Stereo Adapter auf KB-Film aufgenommenen 18x24 mm Halbbilder (ebenfalls Hochformat) plastisch betrachten. Wenn Sie zwei Nimslo Teilbilder in einem KB-Diarähmchen rahmen und in den Pentax Viewer II stecken, haben Sie vollplastische Wirkung. Die Rahmung ist denkbar unkompliziert. Gut haben sich die glaslosen 1,6 mm dicken KB-Rähmchen von Foto-Quelle (grau mit weißem Fenstereinsatz, ein Ferrania-3M-Produkt, Art. Nr. 3864), bewährt, von denen 100 Stück DM 7,95 kosten. Eine Besonderheit ist zu beachten: Die Anordnung der Dias innerhalb der Viererstreifen ist seitenvertauscht, d. h. die linken Stereoteilbilder sind rechts und die rechten links. Sie müssen also in jedem Fall die Teilbilder 1 und 4 abschneiden und zum Rahmen im KB-Rähmchen gegeneinandervertauschen. Es genügt nicht, lediglich zwei nebeneinanderliegende Dias unzerschnitten und seitenverkehrt zu rahmen. Das linke muß gegen das rechte Teilbild ausgewechselt werden. Auskünfte über den Pentax-"Nimslo"-Betrachter erteilt die Fa. Pentax Handelsges. mbH., 2000 Hamburg 54 (Lokstadt), Grandweg 64; er ist auch per Post von der Firma "fotoprofessional Versand', Rischelstr.10, 8000 München 19, Tel. 164215, für ca. DM 104,- zu beziehen.
Restdias für die Stereo-Projektion zum Verschenken oder Tauschen
Nun bleiben aber immer noch die Teilbilder 2 und 3 übrig (Basis 18 mm), falls Sie nicht den Drang zu kreativer Gestaltung (Kopieren in der Kamera, siehe oben) verspüren. Sie haben die Wahl unter mehreren Möglichkeiten. Vielleicht haben Sie an der Stereoprojektion, wie ich sie in Heft 11/83 von COLOR FOTO beschrieben habe, Gefallen gefunden, oder haben endlich auch Dias zum Verschenken, oder Sie könnten die Restdias gegen Die Stereo-Restpaare anderer Nimslo 3D-Fotografen tauschen. Auf diese Weise könnte sich eine neue Art der Stereo-Partnerschaft herausbilden.
Für die Stereoprojektion in dem dafür gut geeigneten Rollei Stereo-Projektor P 3801 (der hoffentlich noch vor Weihnachten in den Handel kommt), müssen Sie die 18x22 mm Bildchen in 18x24 Diarähmchen stecken. Außerdem brauchen Sie Polfilter-Stereobrillen, das Stück ab 1 DM und eine metallisierte Leinwand, z. B. eine Tageslicht-Projektionswand (Silberwand). Wegen der für den Stereo-Praktiker wichtigen Frage, wie man trotz Einschränkung auf 21 DIN- bzw. 27 DIN-Film auch 18 DIN und 24 DIN-Filme in der Nimslo 3D Kamera verwenden kann und trotzdem automatisch richtig belichtete Dias erhält und auch Doppelbelichtungen bzw. Nahaufnahmen mit ihr machen kann, muß ich Sie aus Platzgründen auf die nächste Folge von Hobbylabor auf dem Schreibtisch vertrösten. Wenn Sie mich fragen: Ich finde die Nimslo 3D aus verschiedenen Gründen fantastisch gut, nicht zuletzt wegen der Möglichkeit Stereo-Dias aufnehmen zu können. Ein exotischer Vogel zwar im Einheitsgrau der Kameralandschaft, aber hoffentlich ein Vogel Phönix, der sich schwungvoll aus der Asche erhebt. Für mich hat die Nimslo 3D eine gute Chance, der Fotoknüller der Mittachtziger Jahre zu werden.
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