← Zurück

Artikel

1998

Der Alexander Borell-Kommentar

Olympus OM-4

Die neue Olympus OM-4 ist eine OM-7

Die neue Olympus OM-4 erlaubt es, sowohl dank der normalen Zeitautomatik unbeschwert zu fotografieren, als auch dank der Spotmessung, wohlüberlegt schwierigste Lichtverhältnisse zu meistern.

Wenn die Rechnung 1 + 2 + 4 = 7 stimmt, ist die neue Olympus OM-4 eine OM-7; denn sie vereinigt in sich die manuelle OM-1, die seit 8 Jahren bewährte OM-2 mit ihrer autodynamischen Belichtungsmessung in der Filmebene und nach Art mittenbetonter Integralmessung in einem Zeitautomaten, und schließlich bietet die neue OM-4 zusätzlich eine (Mehrfach)-Spotmessung, einen Meßwertspeicher und einiges anderes, z. B. Dioptrien-Einstellung am Sucherokular, oder licht- und schattenbetonte Messung. Trotzdem ist sie keine elektronisch verspielte Kamera mit hochgemotzten Kinkerlitzchen.

Gezielte Belichtungemessung-Spotmesser inklusive

Äußerlich hat sich an der OM-4, verglichen mit der OM-2, kaum etwas geändert, sie hat die gleichen Maße und wiegt nur 20 Gramm mehr, welches Übergewicht sie vermutlich dem nun fest eingebauten Blitzschuh für das T 32-Blitzgerät verdankt, das ebenso wie bei der OM-2 kameraseitig mit Messung auf dem Film gesteuert wird. Die OM-4 ist ein reiner Zeitautomat geblieben, allerdings mit der einmaligen Blitzsteuerung, derentwegen sich manche Fotografen die OM-2 zugelegt haben. Auch die "machbaren" und meßbaren Verschlußzeiten sind bei der OM-4 unerreicht: nicht nur hat sie jetzt auch die 1/2000 Sekunde, sie mißt mit normaler Automatik (also integral) bis 60 Sekunden (EV -5 bis 18), und mit der Spotmessung schafft sie bis 240 Sekunden (EV -7 bis 18). Das ist gut für automatisch und über Spot gemessene und belichtete Nachtaufnahmen bei schwachem Mondlicht. Nun gut, allzu oft macht man so was ja nicht, aber es zeigt, wie weit man mit dieser Kamera in den professionellen oder experimentellen Bereich gehen kann, ohne an Grenzen zu stoßen. Manche Fotografen konnten sich bisher mit der OM-2 gerade wegen ihrer stets aktiven Messung, die kein Festhalten der Werte, keine Speicherung erlaubt, nicht anfreunden. Jetzt haben sie in der OM-4 nicht nur einen Meßwertspeicher, sondern darüber hinaus eine Spotmessung, achtfach! In der Praxis heißt das, Sie können von Ihrem Motiv acht Einzelmessungen machen: die OM-4 addiert bzw. subtrahiert diese Messungen und bildet daraus den Mittelwert, den Sie selber mit Ihren Messungen festgelegt haben. Das ist die vollendetste und hochkarätigste Messung, die es je gab - es sei denn in einem eigenen Spot-Belichtungsmesser, für den Sie allein an die 1000 DM bezahlen müssen. In der OM-4 bekommen Sie ihn - abgesehen von einigen anderen Kameravorteilen - für ca. 500 DM, wenn Sie davon ausgehen, daß das OM-4-Gehäuse etwa um diesen Betrag teurer ist als das der OM-2.

Für jeden etwas oder "Technik nicht nur für Techniker"

Es könnte - vielleicht auch durch manche nicht ganz durchdachte Vorausveröffentlichungen - der Eindruck entstehen, die OM-4 sei nur für extreme Fototechniker konzipiert und für Normalverbraucher viel zu kompliziert. Man fährt ja auch nicht mit einem Formel-I-Rennwagen auf den Markt zum Einkaufen. Genau das Gegenteil ist richtig: Sie können die OM-4 jedem in die Hand geben, der noch nie fotografiert hat, und wenn er einen Esel von einem Wolkenkratzer unterscheiden kann, bringt er mit der OM-4 - einfach auf die Zeitautomatik der OM-2 eingestellt - mindestens 80% einwandfreie Aufnahmen nach Hause. Um die restlichen 20% wirklich meisterhaft beherrschen und gestalten zu können, wird man sich der Spot- bzw. der Mehrfach-Spotmessung bedienen. Da auch diese Art, ein schwieriges Motiv auszumessen (schwierig ist z. B. ein Schwan im Schnee bei Nebel; ein leuchtendes Buntglasfenster im dunklen Kirchenschiff; Bühnen- und Konzertaufnahmen usw.) mit der OM-4 so einfach und logisch durchzuführen ist, kann man das sehr schnell lernen und hat seine Freude am Erfolg. In den meisten dieser 20% komplizierter Aufnahmen genügen zwei oder drei Spotmessungen; nur selten wird man vier oder mehr benötigen, und wenn man alle 8 Messungen geschickt verteilt, erhält man natürlich das gleiche Ergebnis, wie wenn man von vornherein nur integral gemessen hätte.
Die Einstellscheiben sind, wie bei der OM-2, auswechselbar, aber alle Informationen befinden sich im Gegensatz zu OM-1 und OM-2, nicht mehr im Sucherbild, sondern darunter, und zwar deutlich ablesbar.

Das "aufgeräumte" Sucherbild: Alle Informationen auf einen Blick

Durch einen leichten Druck auf den Auslöser wird die Meßanzeige für zwei Minuten aktiviert. Sie sehen dann (wenn der Hauptschalter normal auf "Auto" steht!) die Zahlen der Verschlußzeiten von (links nach rechts) 2000 bis 1. Über diesen Zahlen, die sich weiß vom taubenblauen Hintergrund abheben, läuft ein Meßbalken, aus einzelnen Segmenten bestehend, und zeigt die jeweils von der Automatik zur eingestellten Blende gewählten Verschlußzeiten an. Das ist noch deutlicher und klarer abzulesen, als sonst bei einem Zeiger. Damit distanziert sich Olympus bereits bei dieser OM-4 von digitalem Kleingedrucktem. Selbstverständlich sind hier Verschlußzeit und Blende kreuzgekuppelt. Käme es wirklich mal zu einer Überbelichtung, blinkt es "OVER" neben der 1/2000 Es blinkt aber auch deutlich "+/-", wenn Sie einen Korrekturwert in die Kamera gegeben haben. Sobald Sie mit Spotmessung arbeiten, lesen Sie rechts an der Skala "Spot". Falls Sie den Meßwert speichern (bleibt eine Stunde gespeichert!), lesen Sie "MEMORY". Natürlich können Sie so gespeicherte Werte mittels eines Hebels löschen. Ebenso löschen sich alle Eingaben, wenn Sie das Objektiv wechseln, wodurch Aufnahmen mit falschem Meßwinkel verhindert werden.

Beleuchtung für die LCD-Anzeige auf Knopfdruck

Reicht das Außenlicht einmal nicht mehr für eine Beleuchtung der Meßdaten unter dem Sucher, drücken Sie einen kleinen Knopf und die Skalen werden 10 Sekunden beleuchtet. Natürlich leuchtet auch der Selbstauslöser rot, und ein kleines rotes Aufblitzen, oben neben dem Auslöser, signalisiert Ihnen den eingeschalteten Meßspeicher, der ja eine Stunde lang erhalten bleibt. (z. B. für umfangreiche Panorama-Aufnahmen mit diversen Brennweiten, oder damit Ihnen bei einem Festzug nicht jedesmal ein Rappe bzw. ein Schimmel den Meßwert ändert.)
Sie können mit dem Hauptschalter auch die beiden 1,5-Volt-Knopfbatterien kontrollieren, wobei der Selbstauslöser rot aufleuchtet und abstellbar - auch als Signal für einige andere Funktionen! piepst. Und schließlich können Sie den Hauptschalter auch auf "MANUAL" stellen. Dann steht es Ihnen frei, wie Sie Zeit und Blende wählen, gleichwohl zeigt Ihnen der Sucher, welche Verschlußzeit Sie eingestellt haben. Der Meßbalken wird auf eine Normalstellung eingeigelt, und zugleich werden je zwei Werte nach Unter- oder Überbelichtung markiert. Wer sich da etwas eingearbeitet hat und seine Objektive kennt, findet darin einen fast vollwertigen Ersatz für eine Blendenautomatik.

Die Suche nach einem Mangel bleibt fast ergebnislos

Fehlbelichtungen sind mit der OM-4 als Folge zu schwacher Batterien grundsätzlich nicht möglich, da die Kamera sich abschaltet, wenn der Strom für korrektes Arbeiten nicht ausreicht.
Wer suchet, so heißt es, findet auch, aber man muß schon sehr lange suchen bis man an der OM-4 irgend etwas findet, was anders oder gar besser sein könnte. So geniert man sich fast, bei der Perfektion dieser Kamera z. B. die nun wirklich veralteten Ösen für den Trageriemen zu erwähnen, und lieber wäre es mir, die Filmaufwickelspule in der Kamera bestünde aus hellem Material, damit man auch im Dämmerlicht die Schlitze für den Film finden kann.
Und vielleicht hätte man auch aus dem Deckelchen für die Batteriekammer, das man schon in einem mittleren Perserteppich nicht mehr findet, einen wirklichen Deckel machen können, mit einer Halterung für die beiden Batterien. Ich erwähne das alles eigentlich nur, um Leserbriefen vorzubeugen, ich hätte das alles nicht gemerkt. Und so habe ich auch gemerkt, daß man den Auslöser der OM-4 ebenso wenig verriegeln kann, wie den der OM-2, und daß der TTL-Blitz nur mit 1/60 S synchronisiert ist.
Sie kennen nun meinen subjektiven Eindruck von dieser Kamera, die mit ihren - richtig angewendeten! - fotografischen Möglichkeiten den derzeitigen Markt übertrifft. Und da ich mich weder berufen fühle, noch Lust dazu habe, Technische Daten aufgeblasen zu reproduzieren, bitte ich Sie, alle weiteren Informationen, sachlich korrekt, den nachstehenden "Technischen Daten" von Olympus zu entnehmen. (Oder holen Sie sich einfach bei Ihrem Fotohändler den ebenso schönen wie informativen Prospekt für diese neue Olympus OM-4!)

{ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}