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1998

Der Alexander Borell-Kommentar 

Toyo-Field 45A

Professionelle Bilder im Großformat

Eine Großformatkamera zu erschwinglichem Preis - das ist neu. Die Toyo-Field 45 A kostet - im Rohzustand - unter 2000 Mark. Was sie kann, erfahren Sie in diesem Bericht.

In COLOR FOTO 4/83 habe ich Ihnen eine Großformatkamera vorgestellt, die zwar einerseits fast alle Verstellmöglichkeiten bietet, andererseits noch als "Handkamera" (mit eingebautem E-Messer usw.) zu verwenden ist, und die auch dementsprechend kostet. Wenn das Großformat ab 9 x 12 cm auch für viele Leser uninteressant ist, so zeigt sich andererseits vielleicht auf die Übersättigung mit KB-Multi-Automaten mit narrensicherer Erfolgsgarantie ab Werk? - doch ein immer deutlicher anwachsender Trend zu weniger Quantität und dafür mehr Qualität. Damit steigt das Interesse am Mittelformat, aber auch zur optimalen Lösung, dem Großformat.
Was manchen davon abhält, sich mit Plänen in dieser Richtung überhaupt zu beschäftigen, liegt zum großen Teil an der Vorstellung, großformatige Studiokameras müßten nahezu unerschwinglich sein. Und tatsächlich ist ja die von mir seinerzeit beschriebene Toyo Super-Graphic mit rund DM 4000,- keine Ausgabe zwischen Brotzeit und Mittagessen. Für alle aber, die seitdem einen gewissen Perfektions-Virus in sich tragen, oder die ganz einfach lieber weniger, dafür in exzellenter Qualität fotografieren wollen, habe ich heute einen erschwinglichen und wohlbekömmlichen Leckerbissen bereit: die Toyo-Field 45 A.
Auch sie ist noch eine Laufboden- bzw. Klappkamera und daher leicht zu transportieren. Mit ihren (zusammengeklappt!) 102 x 188 x 209 mm und bei nur 2,8 kg Gewicht kann man sie leicht mitnehmen, meistens sogar in der Tasche, die sonst für eine gute KB-Ausrüstung verwendet wird.
Was sofort besticht, ist die ebenso stabile, wie gut aussehende Verarbeitung dieser Kamera, mit der man wirklich auch komplizierte professionelle fotografische Aufgaben perfekt lösen kann:
Die Frontstandarte erlaubt vier verschiedene Verstellungen, nämlich hoch und tief, seitliche Verschiebung, Neigen und seitliches Schwenken.
Das Rückteil läßt sich herausziehen, um den Gesamtauszug zu verlängern, es läßt sich zudem neigen und schwenken.
Objektive sind von 65 mm Weitwinkel bis zu 300 mm verwendbar. Und hier kommt ein ganz besonderer Vorteil für den Fotografen, der für die Toyo-Field 45 A allein keine DM 2000,- anlegen muß: die Objektivplatte kann alle handelsüblichen Objektive für dieses - oder ein noch größeres! - Format aufnehmen, und solche Objektive bekommt man preiswert, evtl. sogar auf dem Flohmarkt mit dranhängender alter 9 x 12-Kamera. Sollten Sie aber gar nicht wissen, wohin mit Ihrem Geld, können Sie an der Field 45 A natürlich auch die modernsten elektronischen Objektive verwenden, die einiges mehr kosten, als die ganze Kamera.
Der Laufboden läßt sich max. bis auf 320 mm ausziehen, mit einem Objektiv von 150 mm Brennweite erzielt man Aufnahmen im Abbildungsmaßstab 1:1.
Sie können an der Toyo-Field 45 A verschiedene Arten von Material verwenden, je nach den Aufgaben, die Sie sich stellen.
Zunächst werden Sie die Kamera auf ein solides Stativ mit kräftigem Kugelkopf (günstiger zum Ausnivellieren als ein Kino-Neiger)! nehmen, dann werden Sie - bei geöffnetem Objektiv! - auf der Mattscheibe scharf einstellen und hier ein wenig umlernen müssen, weil das Bild auf dem Kopf steht. Auch kann es möglich sein, daß die Abdeckklappen nicht gegen das Licht von außen reichen, so daß Sie mit einem gewissen Vergnügen wieder unter das schwarze Tuch schlüpfen, das anno dazumal den Fotografen charakterisierte.
Haben Sie das alles fertig, schieben Sie in das "internationale Rückteil" entweder eine Einzel- oder eine Doppelkassette, geladen mit einem oder zwei Planfilmen. Vermutlich fotografieren Sie dann zuerst mal auf den Kassettenschieber, bis Sie es gelernt haben, ihn vorher zu ziehen. Und dann ist Ihre erste Aufnahme kaputt, weil Sie zwar die Kassette geöffnet, das Objektiv aber nicht vorher geschlossen hatten. Man macht solche Fehler anfangs, später nicht mehr.
Sie können sich das Leben auch erleichtern. So gibt es z. B. einen Spiegelkasten mit Lupe, der nicht nur die Mattscheibe abdunkelt, sondern auch das Bild aufrecht stehend und etwas vergrößert zeigt, was das Einstellen erleichtert. Oder Sie gehen noch einen Schritt weiter zum Komfort: Sie besorgen sich einen Schieber, der als Rückteil angesetzt wird, und einerseits aus Mattscheibe, andererseits aus einem Rollfilm-Magazin besteht. Schieber runter: Magazin schließt sich automatisch, scharfstellen auf der Mattscheibe im Spiegelkasten, Schieber rauf: Magazin wird vorgeschoben und automatisch geöffnet. So arbeitet man schnell, mit viel Vergnügen und ohne Fehler. Das muß aber nicht sein, das sind sozusagen "Nachundnach-Folgekosten". Es wäre keineswegs sinnlos, so ausgerüstet ins Gelände zu ziehen und jährlich ein oder zwei Dutzend Aufnahmen zu machen, die sich überall sehen lassen können. Aber der eigentliche Sinn dieser Kamera fängt doch erst da an, wo man die ganzen Verstellmöglichkeiten anwendet, um Bilder zu machen, die jeder KB- und allen üblichen Mittelformatkameras versagt bleiben: Aufnahmen mit gewollt und gekonnt manipulierter Perspektive. So entstehen viele jener Aufnahmen, die Sie in sehr teuren Zeitschriften, hin und wieder auch hier in Color-Foto finden, und die Ihnen das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen, und wo Sie sich wünschen, einmal auch "sowas" fotografieren zu können.

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