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Artikel
1998
Der Alexander Borell-Kommentar
Olympus Trip AF
Noch ne Autofokus
Während es allgemein bekannt ist und immer deutlicher wird, daß der Mensch allmählich sein Gehör verliert - es wird von frühester Jugend an in Discos zerstört, tritt jetzt eine andere Degenerationserscheinung mehr und mehr zu Tage: der Mensch verlernt auch das Sehen.
Bei der Fotoindustrie wirkt sich das dahingehend aus, daß täglich neue "Autofokus-Modelle" auf den Markt kommen, zu deutsch "Selbstscharfsteller". Dabei stellt es sich weiter heraus, daß diese Kameras nicht nur einwandfrei funktionieren, sondern selbst versierte und engagierte Hobbyfotografen in eine Art von Starrkrampf versetzen, wenn sie die Aufnahmen mit solchen Kameras und von Leuten, die vorher noch nie fotografiert haben, mit ihren vergleichen.
Auch das ist der Industrie nicht entgangen, weshalb man im Herbst auf der photokina voraussichtlich einige Selbstscharfsteller bei Firmen finden wird, von denen man das eigentlich nicht erwartet hat; denn auch Profis sind nur Menschen, die lieber schnell und scharf fotografieren wollen, als langsam und unscharf.
Schnell und scharf kann man mit der neuen Olympus Trip AF durchaus fotografieren, und eigentlich unterscheidet sie sich nicht allzu sehr von der "AFL-Quick Flash", die ich Ihnen in COLOR FOTO 2/84 vorgestellt habe. Vor allem aber hat sie auch jenes grüne Lichtlein im Sucher. Aber im Gegensatz zur anderen, die damit Aufnahmebereitschaft vortäuscht, wo gar keine vorhanden ist, zeigt die Trip AF durch ihr Grünlicht nur an, daß sie grundsätzlich bereit ist, für Sie eine Aufnahme zu machen. Drücken Sie auf den Auslöser und es geschieht längere Zeit gar nichts, wissen Sie, daß es zu dunkel ist und Sie blitzen müssen. So geht in dieser Kamera kein Filmchen verloren. Einlegen müssen Sie ihren Film jedoch noch "manuell", also Film in Spule, Haken in Perforation, dreimal schalten und die Rückspulkurbel dabei beobachten. Dreht sie sich, wird der Film transportiert. Diese Methode bewährt sich seit zwei Generationen. Von Aufnahme zu Aufnahme drehen Sie den Film über ein Zahnrad weiter, auch das funktioniert sowohl bei den Paradiesvögeln, als auch bei den Pinguinen. Verwackeln kommt kaum in Frage, weil der Auslöser rot ist, dafür fehlt im Sucher die Anzeige für das Meßfeld des Autofokus: halten Sie auf das, was Sie hauptsächlich fotografieren wollen, und es wird scharf. Übrigens ist das Autofokussystem "aktiv", das heißt, daß man damit auch völlig überraschend mit ganz natürlichem Ausdruck im Gesicht auch Damen auf nächtlicher Straße gestochen scharf auf den Film bekommt.
Scharf, präzise, leicht
Mit einem Schieber kann das Objektiv schützend abgedeckt werden, zugleich ist dann keine Fehlauslösung möglich. Sie sehen, es handelt sich bei der Trip AF um eine recht kluge und - bei richtiger Anwendung! - auch sehr amüsante Kamera, die in der Hand eines guten Fotografen auch gute Bilder macht. Sie frißt klaglos jede Sorte Film, wenn er nur 100 oder 400 ASA hat, darunter, darüber oder dazwischen geht nichts. Normalerweise sollte man mit ihr "Bilder" machen, also mit Negativfilm arbeiten, der ja einen ziemlichen Spielraum hat, aber daß diese Trip AF doch recht präzise arbeitet, ist ebenso erfreulich, wie ihre Abmessungen: 115 mm breit, 66 mm hoch und 43 mm tief, wobei sie nur 210 Gramm wiegt.
Einen Fehler hat sie allerdings auch, ich bin froh, ihn gefunden zu haben: der ausgefahrene Blitz verbraucht auch dann Strom, wenn Objektiv und Auslöser gesichert sind! Nehmen Sie also immer zwei der üblichen 15-Volt-Batterien mit, die Sie - im Gegensatz zur AFL Quick Flash - spielend selber auswechseln können.
In diesem Sinne laßt uns neu formulieren: "Gelobet sei, was faul und keine Umstände macht!"
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