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Artikel
1998
Kameras
Yashica Mat 124 G
Jung geblieben
Einst beherrschten die zweiäugigen Spiegelreflexkameras die Fotoszene, heute sind sie fast ausgestorben. Die Yashica Mat 124 G ist einer der letzten Vertreter dieser Gattung - aber diese Kamera ist weit davon entfernt, zum alten Eisen zu gehören. Im Gegenteil - ein sehr interessanter Preis ist der richtige Anreiz für "Einsteiger" und all jene, die sich von der Zweiäugigen nicht trennen mochten.
Engagierte Hobbyfotografen träumen immer häufiger nicht vom Super-Tele oder Super-Weitwinkel zur bestehenden Kleindild-Ausrüstung, sondern von einer Mittelformat-Ausrüstung. Daß dieser Traum nicht in Erfüllung geht, liegt dann in den meisten Fällen schlicht und einfach am Preis. Es fragt sich allerdings, ob es denn eine ganze Ausrüstung sein muß - bei deren Anschaffung Möglichkeiten mitbezahlt werden müssen, die später nicht genutzt werden können wenn es auch anders geht.
Für ca. 450 DM wird die Yashica Mat 124 G angeboten, eine zweiäugige Spiegelreflexkamera, die auf eine lange Ahnenreihe (siehe Kasten rechts) zurückblicken kann. Diese Kamera bietet sich für den Einstieg ins Mittelformat geradezu an und sie ist bestens geeignet, eine KB-Ausrüstung zu ergänzen. Verglichen mit dem technischen Niveau jüngster Kameragenerationen ist die 1,1 kg schwere Yashica Mat 124 G eher schlicht ausgestattet und mutet für Fotografen, die gewohnt sind, mit einäugigen Spiegelreflexkameras zu arbeiten, vielleicht altväterlich an.
Belichtungsmessung mit CdS-Zellen
Der (immerhin vorhandene) Belichtungsmesser arbeitet noch mit CdS-Zellen und ist separat am Gehäuse untergebracht - die Messung erfolgt also nicht durchs Objektiv (TTL), von Belichtungsautomatik ist ohnehin keine Rede. Je nach eingestellter Filmempfindlichkeit (ISO 25/15xGRADx bis ISO 400/ 27xGRADx), gemessener Helligkeit und vorgewählter Verschlußzeit (1 Sekunde bis 1/500 Sekunde) schlägt im Belichtungsmesserfeld oberhalb der Objektive ein Zeiger aus durch Nachführen der Blende wird die Belichtung abgeglichen (im Belichtungsmesserfenster wird eine Kelle mit dem Meßzeiger in Übereinstimmung gebracht). Natürlich kann auch eine bestimmte Blende (der Bereich erstreckt sich von 3,5-32) vorgewählt und die Zeit nachgeführt werden.
Blende und Verschlußzeit werden über Rändelräder gewählt, die rechts und links zwischen den Objektiven angebracht sind und bequem mit den Daumen bedient werden können.
Die Entfernung wird an einem angenehm dimensionierten Knopf auf der linken Kameraseite eingestellt. Die Mindesteinstellentfernung beträgt 1 m, kann aber durch Vorsatzlinsen unterschritten werden. Je kürzer aber der Aufnahmeabstand, desto deutlicher macht sich ein Nachteil der "Zweiäugigen" bemerkbar: die Sucherparallaxe. Das Sucherobjektiv 1:2,8/80 mm "sieht" etwas anderes, als das Aufnahmeobjektiv 1:3,5/80 mm (der Lichtstärkenvorteil des Sucherobjektives kommt der Einstellgenauigkeit zugute). Und so stimmt das Sucherbild nicht immer mit dem Bild überein, das auf den Film gelangt. Apropos Sucherbild: auch hier wird vom kleinbildverwöhnten Fotografen Umgewöhnung verlangt. Die Yashica Mat 124 G ist mit einem Faltlichtschachtsucher ausgestattet, der das Motiv zwar aufrechtstehend aber seitenverkehrt wiedergibt. Zumindest in der ersten Zeit wird es dem ungeübten Mittelformatler schwer fallen, auf Anhieb den richtigen Ausschnitt zu finden.
Der Umlernvorgang muß auch einige andere Dinge mit einbeziehen. Das fängt an beim handwerklichen Umgang mit der Kamera, etwa dem Einlegen des ungewohnten Rollfilms (er kann in 120er Konfektionierung für 12 Bilder bzw. in 220 er für 24 Bilder verwendet werden) oder dem Rollei-liken Doppelschwung mit der Kurbel auf der rechten Kameraseite. Man muß sich auch erst wieder daran gewöhnen, daß man sich Zeit lassen sollte beim Fotografieren Kamera hochreißen und abdrücken ist hier nicht die richtige Methode. Auch das Fehlen der Wechselobjektive wird anfänglich unangenehm auffallen, bis man wieder gelernt hat, daß es oft besser ist, sich dem Motiv zu nähern, statt es per Zoom heranzuholen, daß es dem Bild zustatten kommt, wenn man das Motiv von mehreren Seiten betrachtet und dann erst abdrückt (der Auslöser könnte ruhig etwas weniger hakelig sein).
Die Umstellung auf das quadratische Sucherformat
Auch das Aufnahmeformat fordert vom Kleinbildfotografen eine Umstellung: das quadratische Bild widersetzt sich der angewöhnten Sehweise in Hoch- und Querformaten. Es sei denn natürlich, man wählt den exakten Bildausschnitt erst im eigenen Labor und nutzt das größere Format nur der besseren Qualität wegen, die dank der neuen Kleinbildfilme erst bei größeren Formaten oder starker Ausschnittvergrößerung deutlich wird. Die Yashica Mat 124 G verfügt über einen Zentralverschluß, wie er in der Mehrzahl aller Mittelformatkameras zum Einsatz kommt. Ein Vorteil dieses Verschlusses ist, daß Elektronenblitzgeräte mit allen Zeiten, auch den kürzesten, eingesetzt werden können.
Fazit
Die Yashica Mat 124 G ist sicher keine Allroundkamera mehr aber sie liefert gestochen scharfe Bilder in einem Format, bei dem für viele die ernsthafte Fotografie erst beginnt. Für alle, die sich wieder einmal mit viel Ruhe und Bedacht ihrem Hobby Fotografie widmen möchten, die die höhere Qualität des größeren Formates wünschen, ohne gleich etliche Tausender ausgeben zu müssen, ist diese Kamera nur zu empfehlen.
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