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Artikel
1998
Kameras
Chinon CP 5
Es muß nicht immer teuer sein
Es ist weitgehend unbekannt, daß die japanische Firma Chinon zu den großen Herstellern des Weltmarktes gehört. Mit der neuen Spiegelreflexkamera CP 5 und interessantem, vielseitigem Zubehör soll das geändert werden.
Vielleicht glauben Sie, Chinon sei ein neues Produkt auf dem Markt der Alteingesessenen. Chinon ist ein alter, längst unter den Größten etablierter Kamerahersteller, nur bisher nicht unter eigenem Namen. Selbst große Konzerne mit weltweitem Vertrieb ließen Chinon für sich arbeiten und verkauften solche Kameras unter dem Konzernnamen.
Das bedeutet: Da große Handelsfirmen mit eigenen "Handelsmarken" - sprich Chinon - dem übrigen Markt technisch nicht nachhinken dürfen, war man bei Chinon stets auf dem letzten Stand der Technik, manchmal sogar schon etwas weiter. Außerdem hat man es gelernt, preisgünstig gute Arbeit zu leisten, weil man in der Endkalkulation nicht 30% für einen illustren Namen draufschlagen konnte; und schließlich muß man mehr bieten, - technisch und vom Preis her! - als die Etablierten, um überhaupt in den Markt hineinzukommen. Wenn man nun gar für sein Geld noch einen hohen praktischen Gegenwert bekommt, sollte man bei Chinon zugreifen.
Höchstkomfort mit fünf Einheiten
Nicht mit fünf Automatiken - von denen Sie in der Praxis selten mehr als zwei wirklich brauchen! - will ich Ihnen den Komfort schmackhaft machen, sondern mit fünf Einheiten, die - zusammengebaut - eine Fotografiermaschine ergeben, an der Sie in jedem Detail Ihre Freude und - wenn Sie wollen - sogar praktischen Wert haben. Es sind dies:
Kamera CP-5 Twin Programm;
Winder PW 600;
Autofocus Zoomobjektiv 35/70;
Data-Rückwand "lnfo-Back-2";
Blitzgerät Auto S-360.
Das alles zusammen wiegt (mit den nötigen Batterien) reichlich zwei Kilogramm, wobei Sie für jedes Gramm rund eine Mark bezahlen müssen. Ganz abgesehen vom Können der einzelnen Bestandteile dieses Aggregats: rechnen Sie die Preise mal anderswo nach! Im Detail:
Die Kamera: Das Wichtigste vorweg: die CP-5 hat neben manueller Einstellmöglichkeit drei Programme. "A" ist normale Zeitautomatik, also die Verschlußzeit wird von der gewählten Blende eingestellt. Dann haben Sie "P-1 " und "P-2". Bei Programm "P-1" wählt die Kamera die jeweils kürzeste Verschlußzeit, nach der sich dann die Blende richtet. Bei "P-2" hat die jeweils kleinstmögliche Blende den Vorrang. So wird man für Sport, Schnappschuß usw. P-1 wählen, für Landschaft, Architektur usw., wo es auf Schärfentiefe ankommt, P-2.
Im - sehr ordentlichen - Sucher haben Sie links eine Skala mit den Verschlußzeiten von 8 Sek. bis 1/1000. Der Unfug dieser Skala, die Sie bei schwachem Licht oder dann nicht sehen, wenn links im Bild das Motiv dunkel ist, wird nur dadurch gemildert, daß Sie ihn auch anderswo für wesentlich mehr Geld vorfinden.
Dafür erkennen Sie die Leuchtdioden (LEDs) neben der Skala recht gut: von 1000 bis 30 leuchten sie grün, dann gelb, Über- bzw. Unterbelichtung werden rot signalisiert, ebenso wie Blitzbereitschaft, und grün leuchtet auch die Einstellung einer P-Automatik. Gleichmäßig wenn die Objektivblende auf den kleinsten Wert eingestellt ist, wie das so sein soll, und es flackert das grüne "P", wenn Sie versehentlich noch von einer "A"-Aufnahme die Blende weiter geöffnet haben.
So hilft ihnen die CP-5 nicht nur, leicht zu korrekten Bildern zu kommen, sie sorgt auch dafür, daß Sie keine Fehler machen. Wenn Sie es wollen, kommentiert die CP-5 Ihre Einstellung jeweils mit Tönen, deren sie mehr zur Verfügung hat, als Beethoven für die ersten Takte der 5. Sinfonie brauchte. Immerhin kann man das auch abstellen.
Das Gehäuse liegt ausgezeichnet in der Hand, vor allem wegen des angebauten Griffstückes, das im angenehmen Gegensatz zu ähnlichen "Innovationen" nicht nur Luft enthält, sondern auch drei Batterien (AAA-1,5 V), die den nötigen Strom liefern. Dieses Griffstück nimmt man ab, wenn man mit Winder arbeitet, und dann übernimmt dieser auch die Stromversorgung der Kamera. Das griffige Einstellrad blockiert in Stellung "L" alles. In Stellung "M" fotografieren Sie rein manuell, wobei sich im Sucher zwei LEDs zeigen: die eine steht ruhig auf der Zeit, die für die gewählte Blende korrekt wäre, die andere blinkt und meldet die eingestellte Zeit. Über eine Taste neben dem Einstellrad verändern Sie manuell die Verschlußzeit, entweder nach Gusto oder solange bis sich die beiden Dioden decken. Wer glaubt, mit dieser prachtvollen Kamera auch noch manuell einstellen zu müssen, soll etwas dafür tun!
Schließlich stellen Sie noch "X" ein, wenn Sie mit Fremdgeräten blitzen wollen, und haben damit immerhin 1/10O Sek. zur Verfügung. Beim Chinon-Blitz stellen Sie gar nichts ein, weil der alles in A-Stellung selber macht. Zuletzt können Sie sogar noch auf "B" einstellen, dann bleibt der Verschluß offen, solange Sie drücken, und wenn die Musik noch zusätzlich "on" ist, glauben Sie das Zeitzeichen zu hören.
Der vertikal ablaufende Metallschlitzverschluß arbeitet manuell von der 1/10OO bis zu einstellbaren 8 Sekunden; im "A"-Automatikbetrieb schafft er - je nach Blende und Filmempfindlichkeit - bis 30 volle Sekunden, einen Wert über dem Durchschnitt. Für Liebhaber von Nacht-Experimental- und Makro-/Mikro-Aufnahmen ist das ein Plus. Die Belichtungsmessung erfolgt nach der undefinierten Methode , "integral-mittenbetont" - warum sollte die CP-5 da besser sein, als wesentlich teurere Modelle? Der Belichtungsbereich von EV 1 bis 19 kann sich ebenfalls sehen lassen, erst recht, weil er bei Korrektur nach oben oder unten noch jeweils um einen Wert zusätzlich erweitert werden kann. Auch da kommt nicht alles mit, was teurer ist.
Den Meßwert kann man mit der CP-5 speichern, eine oft nötige Möglichkeit, die selbst neuesten Kreationen gelegentlich mangelt. Allerdings ist die Betätigung merkwürdig: für einen Rechts-Geiger womöglich kein Problem, für uns mit fünf Fingern an der Rechten kaum zu bewerkstelligen: dann lieber mit der Linken über die Kamera den "M"-Knopf betätigen, während der rechte Zeigefinger den Auslöser halb niederdrückt. Damit ist der Wert gespeichert, Ihre Linke können Sie anderweitig einsetzen. Das Einspulen des Films ist konventionell, offensichtlich in Zusammenarbeit mit Pentax - oder umgekehrt! - entstanden: die "magischen Nadeln" halten den Film bei der CP-5 fest. Das ist besser, als bei schlechtem Licht einen dunklen Schlitz in einer schwarzen Spule suchen zu müssen.
Selbst Mehrfachbelichtungen sind kein Problem: ein griffiger Schalter vor dem Schnelltransporthebel macht sie möglich. Das ist schon was anderes, als sich mit Hilfe der Rückspulkurbel und des Rückspulfreilauf-Knopfes eine - unpräzise - Doppelbelichtung andrehen zu lassen.
So haben Sie mit der Chinon CP-5 - mit Standardobjektiv etwa 700 DM - eine Kamera, die kaum etwas schlechter, aber manches besser kann, als einige Konkurrenzmodelle. Für einige Fotofreunde mag sie nur einen Fehler haben: es steht halt nun mal weder Canon, Leitz oder Nikon drauf, noch Contax, Minolta oder Pentax.
Der Power-Winder PW 600
Nachdem ich in den 50er Jahren an meiner "Robot"-Kamera erfahren habe, wie großartig es manchmal ist, blitzschnell einen zweiten Schuß zur Verfügung zu haben, vertrete ich den "Winder", der ebenfalls den schnellen Nachschuß ermöglicht. Daher gehört er für mich zum fotografisch sinnvollen Komfort. Weit über das Können normaler Winder hinaus (so einen gibt es preiswert bei Chinon auch) geht das Modell PW 600.
Dieser Winder - der zugleich über vier normale AA-1,5-V-Batterien auch den Kamerastrom liefert - hat an seiner Rückseite drei Schalter: einmal "Ein/Aus", sowie Einzelbild oder Serie; zum zweiten eine Bildzahl-Vorwahl, mit der Sie - ohne abgelenkt zu werden - auf 4 bis 24 Bilder pro Serie vorauswählen können; und drittens können Sie auch noch die Intervalle der Aufnahmen - ob einzeln oder Serie - zwischen 0 und 30 Sekunden einstellen. Eine rote deutliche LED zeigt Ihnen weithin an, ob der Winder eingeschalter ist.
Das Autofokus-Zoom-Objektiv
Jedes Zoomobjektiv dient fotografischem Komfort, für den man noch vor zwei, drei Jahren Abstriche an der Bildqualität in Kauf nahm. Inzwischen hat man es gelernt, auch Zoom-Objektive mit einer Qualität zu bauen, die normalen Ansprüchen genügen, sie teilweise sogar übersteigt. Daher ist es nicht nur verständlich, sondern eine logische Folge dieser Entwicklung, daß man lieber zwei Zoom-Objektive mitnimmt, als vier Einzelbrennweiten. Da als Standardbrennweite immer noch ca. 50 mm gelten, muß ein "Standardzoom" um diese Brennweite herumgebaut sein. Das "Auto Chinon-Zoom" erfüllt mit seiner Brennweite 35-70 mm diese Bedingung, wobei auch noch die ausreichende Lichtstärke 3,3 - 4,5 wichtig ist. In der Praxis macht ein normaler Hobbyfotograf mindestens 80% seiner Aufnahmen in diesem Bereich. Gönnen Sie sich also - nach dem Mono wenn schon, denn schon - statt eines einzelnen Standardobjektivs gleich dieses Zoom, zumal es ja noch viel mehr kann: es stellt sich selber scharf ein! Dazu braucht es allerdings Energie, die es aus drei eigenen Batterien (Typ AAA, 1,5 V) holt.
Das Ganze ist natürlich ein Klotz, der etwa 100 Gramm mehr wiegt, als die Kamera, aber es ist - vor allem für den "schnellen" Fotografen - eine Quelle ungetrübten Vergnügens. Es wird wie jedes andere Objektiv an die CP-5 über das "K"-Bajonett (alle Objektive mit K-Bajonett sind an der CP-5 verwendbar!) angeschlossen, kuppelt über elektrische Kontakte mit der Kamera und arbeitet über ein aktives Infrarot-System selbst dann noch präzise, wenn Sie im Sucher nichts mehr sehen.
Selbst mit schweren Sehfehlern können Sie ohne Brille mit diesem Objektiv gestochen scharfe Bilder machen, wenn Sie nur im Sucher erkennen, ob Sie die Pyramide oder das Kamel im Bild haben. Einmal steuert sich diese Autofokus-Einrichtung über den Auslöser der Kamera, bzw. des Winders, wobei die Auslösung erst nach der Scharfstellung erfolgt, oder Sie können am Objektiv selber die Autofokus-Einrichtung betätigen, z. B. für Schnappschüsse, ehe Sie die Kamera ans Auge heben.
Die Einstellung geschieht von 1 m bis unendlich, und zwar viel schneller, als Sie das jemals mit der Hand fertig bringen. Auf der Oberseite zeigen rote und grüne LEDs den Vorgang an, und zwei Schalter gibt es außerdem: am einen schalten Sie das ganze Objektiv ein oder aus, - ausgeschaltet können Sie manuell scharfstellen - und mit dem zweiten Schalter können Sie die Musik um einen weiteren Pieps bereichern.
Damit haben Sie jetzt schon ein Fotografier-Gewicht in Händen, mit dem Sie auch 1/4 Sekunde kaum noch verwackeln können, und Ihr Fotografier-Komfort ist nur noch mit dem letzten Zusatzgerät zu steigern, mit einer Data-Rückwand.
Info-Back-2
Damit fügen Sie Ihrer Kamera auch noch eine elektronische Schreibmaschine hinzu. Sie wechseln dazu einfach nur die Rückwand aus und vergessen, was ich diesmal unter "Ubrigens . . ." über solche Data-Rückwände geschrieben habe. Sie können nämlich damit nicht nur die üblichen Daten, Zeit, Datum oder Zahlen in Ihren Film belichten, sondern bis zu 30 Schriftzeichen, also ganze Sätze. Das klingt im ersten Augenblick völlig verrückt und überflüssig, aber wie toll werden Ihre Reiseberichte, bzw. Ihre Diavorträge, wenn Sie mir Originaldias Titel hinzufügen können.
Etwa so: Als erstes Dia den Petersdom, Schrift: "Rom im August 1984". Zweites Dia: Ihr Auto vor Ihrer Wohnung, dazu die Familie und das Gepäck, Text: "ABREISE FREITAG 3. 8., 10 UHR". Nach einer Reihe von Reisedias kommt "Stau am Brenner". Sie ahnen nicht, wie spannend Ihr Diabericht mit solchen Zwischen- und Haupttiteln wird. Dabei ist das wirklich einfach: Sie tippen den Text, auf einem Display lesen Sie ihn mit, Falsches können Sie korrigieren, und Sie haben ständig vor Augen, wieviel Zeichen Ihnen noch zur Verfügung stehen. Das alles geschieht, während ein Schalter auf "Input" steht. Ist Ihr Text in Ordnung, stellen Sie den Schalter auf "Memory", dann bleibt alles gespeichert, wird nun aber nicht ständig mit eingedruckt. Erst wenn Sie es bei einer bestimmten Aufnahme wollen, drücken Sie nach der Belichtung den Knopf "Imprint", und dann haben Sie Ihren Text unten im Bild. Das ist so einfach und macht solchen Spaß, daß Sie sich vor einer Übertitelung hüten müssen. Oder Sie opfern gleich vier oder mehr Dias für eine ganze Story.
Auch diese Rückwand hat natürlich ihre eigene Batterie, einen 9-Volt-Block und sie steht so weit ab, daß man mit Brille das Motiv gerade noch richtig in den Sucher bringen kann, die Scharfeinstellung besorgt ja das Objektiv. Mit Batterie hängen dann nur noch etwa 300 Gramm mehr an Ihrer Kamera, und sie haben mit ihr den "Dampfereffekt" erreicht: ein Ruderboot kippt, wenn Sie auf die Bordwand treten, ein Dampfer spürt das nicht.
Das Blitzgerät Auto S-360
. . . macht nun das Kraut auch nicht mehr fetter, aber es rundet Ihre fotografische Potenz nach oben ab. Es hat - sehr beachtlich - neben dem schwenkbaren Hauptblitz einen zuschaltbaren kleinen Blitz nach vorne, es hat die Leitzahl 36, was völlig ausreicht, und Sie können - über die Kamera gesteuert - je nach Filmempfindlichkeit drei Automatikblenden einstellen. Der Blitzbereich wird über leuchtende Zahlen angezeigt. Manuell schaffen Sie mit blende 4 bei ISO 400/27xGRADx eine Reichweite von 18 Metern; auch das können Sie ablesen.
Das allgemeine Blitzgeschäft liefe besser, wenn alle Blitzgeräte so vernünftig und überschaubar zu bedienen wären, wie dieses Chinon Auto S-360.
Fazit
Die CP-5 ist eine wirklich empfehlenswerte Kamera; aber das ganz große Erlebnis wird sie erst, wenn man sie mit mindestens vier Teilen (Gehäuse, Winder, Autofokus-Zoom und Data-Rückwand) besitzt, und die komplett weniger kostet, als eine Spitzenkamera der Oberklasse, die nur fotografieren und nichts als fotografieren kann.
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