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Artikel
1998
Kameras
Nikon FG-20
Ein guter Anfang
Mit der FG-20 präsentiert Nikon die dritte Kleinbild-Spiegelreflexkamera, die im unteren Teil der Nikon-Pyramide angesiedelt ist. Sie soll Interessenten gewinnen, die später in die Mittelklasse (FE-2, FM-2, FA) oder in die Profiklasse (F3) aufsteigen.
Lange Jahre galt Nikon als "Edel-Schmiede" auf dem Sektor der Kleinbildkameras und -Objektive. Modelle wie die Nikon F oder die Nikon F2 erlangten einen legendären Ruf und prägten im Amateurlager das Bild von "der Nikon" als Profikamera. Objektiv-Konstruktionen wie das 2,8/6 mm mit einem Bildwinkel von 220xGRADx - das heißt, daß dieses Objektiv "nach hinten" schaut - stellten das Können der Objektiv-Rechner der Nippon Kogaku unter Beweis.
Erst relativ spät erfolgte bei Nikon die "Öffnung nach unten", wurden Kameras und Objektive ins Programm genommen, die sich in erster Linie an Ein- und Aufsteiger wenden.
Die erste Kamera dieser neuen Generation war die Nikon EM, eine Kamera mit Zeitautomatik. Ihr folgte die Nikon FG, die neben der Zeitautomatik mit einer Programmautomatik ausgerüstet ist und TTL-Blitzbelichtungsmessung bietet. Die Lücke zwischen diesen beiden Einsteiger-Nikons schließt nun die Nikon FG-20, mit ungefähr 500 DM ca. 70 DM billiger als die FG und über 200 DM teuerer als die EM. Diese Preisangaben beziehen sich lediglich auf den Kamera-Body und können je nach Kalkulation des Händlers sehr stark variieren, so daß ein eigener Preisvergleich auf jeden Fall lohnt.
Bedienung: ohne Probleme
Die Nikon FG-20 ist der FG und der EM recht ähnlich. Nikon verzichtete jedoch darauf, allen drei Kameras die exakt gleichen Gehäuse zu verordnen, und so ist auch die FG-20 etwas kleiner als die Nikon FE-2, FM-2 oder FA.
Die FG-20 läßt sich bequem und sicher handhaben, alle Bedienungselemente liegen dort, wo man sie von anderen Kameras gewohnt ist und wo sie sinnvoll untergebracht sind. An gewohnter Stelle zu finden: Die Filmempfindlichkeit. Die Filmempfindlichkeit wird an einem Rändelrad links vom Sucher eingestellt, das sich durch Anheben aus seiner Verriegelung lösen läßt. Der Einstellbereich erstreckt sich von ISO 25/15xGRADx bis ISO 3200/36xGRADx. Markierungen für ISO 64/19xGRADx, ISO 100/21xGRADx und ISO 400/27xGRADx und damit für die Empfindlichkeiten der meistverwendeten Filme sind hervorgehoben; neu ist, daß auch ISO 1000/31xGRADx extra markiert sind. Immer noch links vom Dach des Prismensuchers ist ein Zeichen angebracht (-O-), das manchem Einsteiger Kopfzerbrechen abnötigt. Es ist die Filmebenen-Markierung, auf die sich die Enffernungseinstellung bezieht. Auf den ersten Blick eine äußerst verzichtbare Markierung, bietet die Nikon FG-20 doch Einstellhilfen im Sucher, die das Fokussieren einfach machen. Die Nikon-Ingenieure aber trauen den Nikon-Fotografen zu, daß sie über das kleine Foto 1x1 hinausgehen und sich zum Beispiel für die Makro-Fotografie mit Balgengerät und Objektiv-Kopf entscheiden.
Eine solche Anordnung macht bei vollem Balgenauszug, der nötig ist, um ein vergrößertes Abbild des Motivs zu erlangen, den Sucher dunkel, vielleicht sogar die Einstellhilfen unbrauchbar. Hinzu kommt erschwerend, daß die Schärfentiefe im Makrobereich sehr gering ist. In diesem Fall kann es ratsam sein, die exakte Entfernung zwischen Motiv und Filmebene mit einem Lineal zu bestimmen und die Enffernungseinstellung entsprechend vorzunehmen. Auf dem Dach des Sucherprismas ist der "Hot shoe", der "heiße Blitzschuh" untergebracht, in dem zwei Kontakte der "Kommunikation" zwischen Blitzgerät und Kamera dienen.
Ausstattung: sinnvoll und durchdacht
Rechts vom Prismensucher umgibt die Einstellscheibe für die Verschlußzeiten sowie Automatikbetrieb mit und ohne Akustik-Warnsignale den Auslöser und den Drehpunkt des Aufzughebels.
Der Schnellaufzughebel ist mit einem Scharnier versehen. Bei Nichtgebrauch liegt er über dem Kamerabody und es besteht keine Gefahr, daß der Hebel sich in der Knopfleiste eines Hemdes oder einer Bluse verhakt. Im Gegensatz zu anderen Nikon-Modellen wird der Belichtungsmesser nicht mehr durch Abklappen des Schnellschalthebels in Bereitschafts-Position eingeschaltet, sondern durch Druck auf den Auslöser bis zu einem deutlich ertastbaren Druckpunkt. Preßt man den Knopf über den Druckpunkt hinweg, wird ausgelöst. Der Auslöser ist mit einem Anschlußgewinde für einen ganz normalen Drahtauslöser ausgestattet.
Langzeitbelichtung über Selbstauslöser
Der Einsatz eines Drahtauslösers empfiehlt sich immer dann, wenn die Kamera bei langen Verschlußzeiten auf ein Stativ gesetzt wird und erschütterungsfrei ausgelöst werden soll. Bei der FG-20 ist aber auch der "Selbstauslöser-Trick" möglich: Man startet den Selbstauslöser, im selben Moment klappt der Rückschwingspiegel hoch und bis die Belichtung etwa zehn Sekunden später erfolgt, sind sowohl die Schwingungen ausgeklungen, die der auslösende Zeigefinger verursachte als auch die, die vom Spiegelschlag stammen.
Die Zeitenreihe auf dem Einstellrad geht von der 1/1000 Sekunde bis 1 Sek., die mechanisch gesteuerte 1/90 Sek. ist gesondert ausgewiesen, denn sie kann bei Batterieausfall weiter benutzt werden. Ebenso ist die B-Einstellung - für alle Zeiten, die länger sind als eine Sekunde - markiert.
Im normalen "Fotobetrieb" wird das Zeiteneinstellrad auf "A" oder "-))" stehen. Beide Einstellungen betreffen die Zeitautomatik, nur wird bei Einstellung auf "-))" ein Warnsignal laut, sobald die 1/30 Sek. überschritten und eine Aufnahme aus freier Hand mit großer Wahrscheinlichkeit verwackelt wird. Im Automatikbetrieb wählt der Fotograf eine Blende vor (und damit die Schärfentiefe, die von der Blende abhängt), die Kamera bildet die passende Verschlußzeit stufenlos im Bereich von 1/1000 Sek. bis 1 Sek.
In Automatikposition ist der Einstellring verriegelt, ein kleiner rechteckiger Knopf vor dem Einstellindex dient der Aufhebung der sichernden Sperre.
Zwei Bedienungselemente bleiben zu erwähnen: Der Selbstauslöser auf der rechten Kameravorderseite, der von einer Feder betrieben abläuft und nicht elektronisch gesteuert. Er blinkt nicht und piept und wirkt somit fast schon altväterlich.
Gegenlichtkorrektur um zwei Blendenstufen
Der Knopf auf der linken Kameravorderseite oben ist die "Gegenlichtkorrekturtaste", eine sinnvolle Einrichtung. Bei Gegenlichtaufnahmen reagiert der Belichtungsmesser der Kamera falsch. Er bewertet die Helligkeit der Umgebung über, stimmt die Belichtung auf diesen Wert ab und das Motiv wird zu einem Scherenschnitt degradiert. Die Betätigung der Gegenlichttaste bewirkt, daß die automatisch gebildete oder manuell eingestellte Verschlußzeit um zwei Stufen verlängert wird. Dadurch erscheint das Motiv heller, das heißt richtig belichtet, der Hintergrund wird allerdings zu hell wiedergegeben. Aus einer 1/1000 Sek. wird (problemlos) 1/250 Sek., aus 1/60 Sek. wird aber 1/15 Sek. hier droht natürlich Verwacklung.
Sucherbild: Karg - aber übersichtlich
Die Verlängerung der Verschlußzeit wird im Sucher angezeigt, der übersichtlich, aber karg ausgestattet ist. Links im Sucherbild (und damit bei einigen Motiven störend) ist die Zeitenskala zu sehen, über die sich ein Zeiger bewegt und die automatisch oder manuell eingestellte Zeit anzeigt. Bei einem - auf der linken Seite dunklen Motivteil - ist von Skala und Zeiger nicht mehr viel zu sehen. Rote Felder über- und unterhalb der Skala dienen als Über- bzw. Unterbelichtungswarnzonen, zwei Leuchtdioden (LED) ergänzen die Skala: ein "M" für manuelle Einstellung und ein Blitzsymbol, das bei Erreichen der Blitzbereitschaft (mit entsprechenden Blitzgeräten, z. B. Nikon SB 19) und damit automatisch erfolgter Umschaltung auf die Blitzsynchronisationszeit 1/90 Sek. aufleuchtet. Die eingestellte Blende wird nicht angezeigt, ebensowenig erfolgt eine Rückmeldung bei korrekt erfolgter Blitzbelichtung. Als Einstellhilfen beim Fokussieren dienen ein Schnittbildentfernungsmesser und ein Mikroprismenring. Eine kreisförmige Markierung zeigt an, in welchem Teil des Sucherbildes die Belichtungsmessung hauptsächlich erfolgt.
Fazit
Elitäre Nikon Fans fanden schon die EM als Zumutung, konnten der Nikon FG nichts abgewinnen und werden auch die FG-20 als "Nikon für den kleinen Mann" nicht mögen. Zu Unrecht. Die FG20 ist eine moderne Kamera, die ein Ausstattungsmerkmal bietet, das wichtig ist: Die abschaltbare Automatik, die aber dann zuverlässig arbeitet, wenn man sich auf sie verlassen will. Über das Nikon Bajonett steht ein umfassendes Objektivprogramm zur Verfügung und auch das Zubehör ist reichhaltig. Die FG-20 ist nicht nur Einsteigern zu empfehlen.
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