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Artikel

1998

Sucherkameras

Contax T

Yashica in Samt und Seide

Im Vorwort zu der deutlichen Bedienungsanleitung steht: "Die Contax T mit einziehbarem Objektiv und Lamellenverschluß ist eine kompakte AE-Kamera des 35mm-Formats, die gemeinsam von Yashica, Carl Zeiss und der Design-Gruppe Porsche entwickelt wurde". Es ist sehr bemerkenswert, was dabei herausgekommen ist!

Um es gleich vorweg zu nehmen: wenn Sie keine Liebe zu perfekter Technik haben, wenn Sie es nicht verstehen, daß man für eine Armbanduhr ein paar tausend Mark bezahlt, und wenn es Ihnen unbegreiflich ist, daß jemand kompakte Technik mit seinen Fingerspitzen erfühlt und dabei ein fast erotisches Erlebnis hat, für all' diese Leute ist die Contax T mit ihrem Preis von etwa 1000 DM eine leicht veraltete, nicht immer praktisch bedienbare Kleinbild-Sucherkamera, die ihn nach dem Aufwand ihrer Erzeuger! - höchstens zu der Frage veranlaßt: und das ist dabei herausgekommen? Es liegt in der Natur eines Juwels, daß es keinen praktischen Wert hat: mit einem ein karätigen Diamanten können Sie sich schmücken oder höchstens noch Glas schneiden, obwohl er etwa 20.000 DM kostet.

Die Contax T - ein Juwel

Dafür bekommen Sie 20 komplette Contax T, mit denen Sie fotografieren und sich obendrein schmücken können! Und weil wir gerade über den Wert einer Sache sprechen: für den Preis der Contax T bekommen Sie heute ca. 3.300 Brötchen, und Sie werden in ein paar Jahren, wenn wir die 8-Stunden-Woche haben und für ein Brötchen DM 5 bezahlen, immer noch 3.300 Brötchen dafür bekommen: Ein Zusatzaspekt, der Geldleute ansprechen dürfte.
Das Gehäuse fühlt sich an wie Seide, ist aus einem hochwertigen Metall, aber nicht, wie es gerüchteweise hieß, aus Titan. Wenn aber Freunde Sie - den Besitzer einer Contax T -fragen, sagen Sie ruhig, es sei Titan; denn erstens können die das Gegenteil nicht beweisen und zweitens verstehen diese Banausen dann auch, warum Sie 1000 DM für diese Kamera ausgegeben haben, während ihre Autofokus mit eingebautem Blitz und Motor weniger als die Hälfte gekostet hat.
Da, wo Sie die Contax T zum Fotografieren anfassen, hat sie einen weichen, sehr sympathischen Belag. Und da befindet sich auch eine kleine Taste: wenn Sie da mit dem Fingernagel darauf drücken, sparen Sie ihn oben am Decke! der Kamera, wo sie sich - wie eine Muschel - ein wenig öffnet. Nun klappen Sie den Deckel ganz auf, das Objektiv kommt heraus, so sicher und zuverlässig, wie seit Jahren bei Minox. Klug von Yashica, Zeiss und Porsche, Bewährtes beizubehalten! Ganz neue Wege geht man hingegen beim Bildzählwerk: die Flüssigkristallanzeige leuchtet nämlich erst auf, wenn der geöffnete Deckel den Stromkreis geschlossen hat; zehn Sekunden, nachdem Sie den Deckel geschlossen haben, ist die Zahl aus dem kleinen Fenster verschwunden. Technik in höchster Vollendung. Das Zählwerk zählt bis 79, damit Sie auch die zahlreichen und beliebten 72er-KB-Filme verwenden können. Ebenso weitblickend hat man den Auslöser gestaltet: er besteht aus dunkelpurpurfarbenem synthetischem Saphir! Dadurch bekommt er nicht nur keine Kratzer, sondern zeigt erst nach 1.400 Jahren ganz leichte Abnützung - bei täglich 5 Auslösungen. Dem Laien mag das überflüssig scheinen, der Kenner und Liebhaber, der voll Stolz seinen Porsche aus der Ming-Dynastie fährt, weiß auch solche Details zu schätzen.

Über das Objektiv

braucht nicht viel gesprochen zu werden: es ist ein Carl-Zeiss-Sonnar 2,8/38 mm. Es ist, wie Sie an meinen Aufnahmen sehen, in Kontrast und Schärfe eine wahre Freude, und wer auf den Gedanken kommt, mit der Contax T auch zu fotografieren, wird von ihr- was die Bildqualität betrifft - keineswegs enttäuscht.
Die Entfernung - nicht durch Autofokus natürlich! - wird am Frontring durch Drehen eingestellt. Wie Sie das bei einem künstlerisch so anspruchsvollen Design und so winziger Riffelung machen, überlassen Yashica, Zeiss und Porsche Ihnen. Man hat - vermutlich mit Recht - angenommen, daß Sie sich einer anderen Methode bedienen: stellen Sie den grünen Punkt an dem Frontring auf die grüne "Blende 8" und Sie haben Schärfe von 1,7 Meter bis er Wollen Sie's einmal ganz genau wissen, stellen Sie über den Entfernungsmesser ein, der in dämmrigen Innenräumen recht gut erkennbar ist. Ebenso die Zeitenskala im rechten Bildrand und die dazu gehörenden roten Leuchtdioden. Bei einigermaßen hellem Licht in freier Natur werden Sie bei Ihrer Bildkomposition weder von der Zeitenskala noch von den Leuchtdioden gestört: sie sind zwar da, aber man sieht sie nicht.

Sonstiges:

Statt eine Selektivmessung durchzuführen, die fototechnische Kenntnisse erfordert, drücken Sie bei der Contax T nur auf einen Knopf, wenn Sie im Gegenlicht fotografieren: dies gibt anderthalb Lichtwerte mehr, und belastet so nicht die geistige Kapazität des Industriemanagers. Er wird auch von dem vorhandenen Selbstauslöser angetan sein.
Die Filmempfindlichkeit kann von ISO 25/15xGRADx bis ISO 1000/31xGRADx eingestellt werden. Verwenden Sie jedoch einen Film von mehr als ISO 100/21xGRADx, meldet Ihnen die Contax T auch bei Blende 16 und der automatischen schnellsten Verschlußzeit 1/500 Sek. mit einer Leuchtdiode "Überbelichtung", was Sie nur wenig stört, denn Sie sehen sie zum Glück nicht. Zum Einlegen beziehungsweise Herausnehmen das Films entriegeln Sie das Gehäuse und ziehen es von der Kamera ab. Das ist viel gründlicher als jeder Scharnierdeckel. Sie klappen dann die Andruckplatte hoch, fädeln den Film in seine traditionsreiche Aufwickelspule, kontrollieren den Filmtransport, und dann schieben Sie das Gehäuse wieder auf die Kamera: so einfach ist ein Filmwechsel!

Ein Blitzgerät,

das T 14, gibt es in gleicher hoher Qualität und optisch hervorragend zur Contax T passend natürlich auch. Sie schrauben es an die Kamera an. Es kuppelt elektrisch und leuchtet desto weiter, je mehr Sie die Blende öffnen. Wenn Sie unterwegs nicht wissen, welche Blende für welche Entfernung Sie einstellen sollen, lesen Sie nur in der Bedienungsanleitung nach: dort steht es genau auf Seite 70.
Schließlich erhalten Sie noch - neben der Luxusverpackung - einen ebenso genialen Weichlederbeutel zu Ihrer Contax T-Kombination, in dem Sie wahlweise die Contax T allein oder mit angeschraubtem Blitz oder Blitz und Kamera getrennt unterbringen können. Sie bekommen außerdem noch einen Gutschein zu diesem Fotojuwel von Yashica: damit können Sie kostenlos Ihren Namen auf die Kamera gravieren lassen. Ich habe ja wirklich nichts gegen Müller, Meier oder Huber, aber ob das den Wert der Contax T erheblich steigert, erlaube ich mir zu bezweifeln. Ich selber werde mir in meine Contax T - die ich selbstverständlich haben muß! - "FRIEDERICUS II. REX" gravieren lassen, was noch mehr Diebstahlschutz bietet, als Meier, Müller oder Huber.
PS: Sie brauchen mich nicht anzurufen, ich weiß, daß es nur einen 72erKB-Film gibt - den Ilford-AutoWinder.

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