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Artikel
1998
Normtest
Canon T70
Schrittmacher für die Kamera von morgen?
Einen Schritt weiter in die Zukunft ging Canon mit der neuesten SLR-KameraT70. Perfektion bereits heute - für den Kamerastandard von morgen? Ansatzpunkte sind erkennbar, aber sie müssen sich bei einer gewissenhaften Prüfung Lob und Kritik gefallen lassen.
Die Fotografie erreicht das Computerzeitalter, das behauptet Canon zumindest in den Prospekten, in denen die T 70 vorgestellt wird. Eine Diskussion über den Begriff Computer könnte damit reizvoll sein, doch wir wollen uns im NORMTEST nur mit dem technischen Angebot dieser Kamera und der zu erwartenden Leistung, beschäftigen.
Das Design der Canon T 70 lehnt sich an das der Canon T50 an. Ein neues Gesicht einer Markenkamera "beginnt, sich zu stabilisieren". Die Abkehr von bisherigen, überwiegend aus Metallen fabrizierten Kamera-Bodies zu einer Produktion aus hochwertigen Kunststoffen ist in diesem Fall ein Zeichen dafür, daß diese Technologie für anspruchsvolle Qualitätsprodukte beherrschbar wurde.
Die Mittel zum Zweck, ein gutes Bild und eine hohe Ausbeute guter Fotografien heimzutragen, lassen sich auf einen einfachen Nenner bringen: Viel Elektronik bei weitgehendem Verzicht auf Bedienungselemente - Mechanik nur dort, wo sie wirklich unverzichtbar ist und dennoch von Batteriestrom abhängig angetrieben wird. In der Canon T 70 ist der Kontakt des Besitzers mit mechanischen Funktionen auf das Einlegen des Films und den Wechsel von Batterien oder Objektiven reduziert. Sobald die (mechanisch zu öffnende und austauschbare) Rückwand geöffnet wurde, der Film eingelegt ist und die Rückwand wieder geschlossen wird, bekommt man das elektronische Innenleben der Kamera zu spüren. Der Film wird motorisch angetrieben transportiert. Computerzeitalter, denn die Elektronik der Kamera "weiß" zu diesem Zeitpunkt genau, daß bis zur ersten Aufnahme viermal ausgelöst und transportiert werden muß - egal, ob ein Film in der Kamera ist, oder nicht.
Symbole zur Überprüfung der Funktionen
Im Anzeigefeld der Kamera - einem LCD-"Schau-Fenster" mit Symbolen für Betriebsart, Batteriekontrolle, Filmempfindlichkeit und Filmzähler - wird jedoch ein Symbol verwendet, um den tatsächlichen Filmlauf anzuzeigen. Während die Kamera den Film transportiert, bewegen sich drei Striche der Flüssigkeitskristall(LCD-) Anzeige aus der Richtung einer Symbol-Filmpatrone. Ohne Film ist diese Anzeige nicht zu sehen, und sobald ein Film eingelegt ist, dieser aber den Transport blockiert, ist höchstens einer der Striche in der Anzeige zu sehen.
Sobald das Filmende erreicht wurde, kann es - unabhängig vom Stand des Zählwerks zum Blockieren des Filmtransports kommen. Der Transport ist darauf eingerichtet und trennt den Antrieb in kurzer Frist. Die Gefahr einer Filmbeschädigung besteht somit nicht. Ein akustisches Warnsignal ertönt und die Anzeige für Filmtransport und Zählwerk wird auf Blinken umgeschaltet, das anhält bis der Film zurückgespult wird.
Das motorische Rückspulen - es genügt, einen Sicherungshebel am Boden der Kamera zu bewegen und einen kleinen Knopf zu drücken, um diese Funktion einzuschalten - wird ebenfalls vom Filmtransport-Symbol in der Anzeige begleitet. Die Kamera spult den Film vollkommen in die Patrone zurück. Danach bleibt als Blinken das Filmpatronen-Symbol in der Anzeige erhalten. Erst die Filmentnahme bringt es zum Erlöschen.
Während der Batterieprüfung kommt den drei Strichen, die sonst den Filmlauf anzeigen, eine weitere Bedeutung zu. Sie geben in drei Stufen Auskunft über den Leistungszustand der Batterien.
Fünfzehn Informationen vermag diese kleine LCD-Anzeige zu vermitteln. Im Sucher selbst sind am rechten Rand fünf Informationen abzulesen, denen zum Teil Doppelfunktionen zugeordnet sind.
Sieben Drucktasten und ein Schiebeschalter mit vier Raststellungen sind zur Bedienung der Kamera vorgesehen. Doppelfunktionen sind gegeben, sobald beispielsweise zwei Tasten gleichzeitig benutzt werden. Bei Verwendung der "MODE"-Taste, zum Einstellen der Betriebsart wie "Manuell" oder "Programmautomatik", muß als zweite Taste auf der rechten Kameraseite "UP" oder "DOWN" gedrückt werden, um die Umstellung zu erreichen.
Es bleibt fraglich, ob mit der Mehrdeutigkeit der Anzeigefelder und der Ausweitung der "Knopfdruck"-Philosophie auf den "Kombinations-Knopf-Druck" das Ziel einer einfach bedienbaren Kamera erreicht wurde. Der Eintritt in das Computerzeitalter findet somit in den bisher angesprochenen Bereichen sicher erst in der Zukunft statt und die Vorstellung vom "Erfolgserlebnis auf Knopfdruck" muß beim Computer wie bei der Kamera, auf einen realistischen Maßstab umgesetzt werden
"Intelligenz" und "abgeschaltete Automatik"
Um so wichtiger ist es, sich mit der in den einzelnen Betriebsarten angebotenen "Intelligenz" auseinanderzusetzen. Die Kamera bietet eine manuelle Einstellbarkeit. Hierzu muß der Blendenring am Objektiv in irgendeiner Blendenvorwahl-Stellung (jedoch nicht in der Endstellung, beispielsweise im Automatiksymbol) stehen. Ferner muß über den "MODE"-Knopf die manuelle Einstellbarkeit der Zeiten gewählt worden sein. Diese Position wird durch ein negatives "M" (weißes Symbol auf schwarzem Grund) und das Zeichen "Tv" im LCD-Feld angezeigt. Die Aufgabe des Benutzers in der manuellen Betriebsart der Kamera, die Canon übrigens interessanterweise "abgeschaltete Automatik" nennt, verteilt sich auf das Ablesen zweier Anzeigen. Im Sucher ist die Blendenanzeige zu sehen. Dieser Wert muß auf den Blendenring des Objektivs übertragen werden. Außerhalb des Suchers ist auf der LCD-Anzeige die von Ihnen vorgewählte Zeit zu sehen. Sollte im Sucher die größte Blendenzahl hastig blinken und dazu noch auf der LCD-Anzeige die Zeit langsam blinken, so will das System auf eine zu erwartende Unterbelichtung aufmerksam machen. Blinkt der Wert für eine kleinste Blende (27 oder 32) im Sucher und dazu wieder die Zeitanzeige außerhalb, so ist eine Überbelichtung zu erwarten. Lassen Sie sich nicht verwirren - das System arbeitet so genau, daß Ihnen auch Blenden-Zwischenwerte im Sucher angezeigt werden, deren Existenz andere Kameras zumeist verschweigen. Die dritte Anzeige, der rot leuchtende und blinkende Buchstabe "M" im Sucher soll darauf hinweisen, daß man im "Modus der abgeschalteten Automatik" arbeitet.
Die NORMTEST-Messungen der Belichtungszeiten entsprachen den hohen Erwartungen an die elektronische Verschlußzeitensteuerung. Erst ab der 1/125-Sekunde gibt es geringe Abweichungen, die unterhalb einer Zehntelblende bleiben.
In Verbindung mit Canon-FD-Objektiven stellt die Kamera eine Blendenautomatik und drei unterschiedliche Programm-Automatik-Betriebsarten zur Verfügung. Hinzu kommt eine Blitzbelichtungsautomatik. Um den Arbeitsbereich dieser Kamera über einen größtmöglichen Arbeitsbereich zu messen, wurde in den NORMTEST-Messungen das Standardobjektiv mit der Lichtstärke 1,4 verwendet.
Blendenautomatik: Ober den Blendenbereich des Objektivs (1,4 bis 22) hinaus wird durch Zeitnachregelung richtig belichtet. Lediglich bei voller Öffnung ist eine um eine halbe Blende zu knappe Belichtung zu erwarten. Die ist darauf zurückzuführen, daß bei voller Öffnung des Objektivs durch Vignettierung und Abweichungen bei der Anfangsöffnung nicht die volle Öffnung für die Belichtung des Films wirksam wird. Ab Blende 2 ist in den dazugehörigen Diagrammen eine minimale Überbelichtung festzustellen, die jedoch unter 1/6-Blendenwert bleibt und ab Blende 22 zwischen 1/6 und 1/3-Blendenwert beträgt.
Programmautomatik: Alle Automatikprogramme arbeiten sehr genau. Das gilt, obwohl die Programmautomatik in mindestens drei deutlich unterscheidbare Aufgaben zu unterteilen wäre. Mit Ausnahme der durch das Objektiv bedingten Abweichungen bei der Anfangsöffnung ist für die Standard-Programmautomatik eine Abweichung von höchstens 1/6-Blendenwert abzulesen (minimale Überbelichtung). Vergleichbares gilt für die Auswahl "Programmautomatik wide". Etwas größer wurden die Abweichungen in der Position "Programmautomatik tele". Die Messung erbrachten bis zum EV-Wert (Lichtwert) 10 eine Neigung zur Unterbelichtung von höchstens 1/2-Blendenwert und oberhalb des EV-Wertes 10 die Neigung zu einer Überbelichtung, die jedoch die Grenzen von 1/6-Blendenstufe nicht überschreitet.
Partielle und integrale Messung: Nicht nur das allgemeine Verhalten der Belichtungsautomatiken in den unterschiedlichen Betriebsarten, sondern auch mögliche Unterschiede zwischen der Integral- und der partiellen (Spot-) Messung der Kamera interessierten bei der Auswertung der NORMTEST-Messungen. Erfreulicherweise lautet auch hier das Urteil: Keine nennenswerten Unterschiede. So sind zwar seitliche Verschiebungen (von Lichtwert zu Lichtwert, siehe Diagramm), jedoch Reine Verschiebungen in den (wichtigen) Spitzenwerten zu erkennen. In beiden Meßarten darf von praktisch identischem Verhalten ausgegangen werden.
Sucherbild: Das Mattscheibenbild besteht aus den Standardelementen, die heute üblich sind: Im Zentrum ein Schnittbildindikator mit waagerecht liegender Trennung, anschließend ein Mikroprismenring, der wiederum bis zu den Bildrändern von einem feinmattierten Mattscheibenfeld umgeben ist. Ein etwas größerer Mattscheibenring um das Mikroprismenfeld dient als Orientierung bei der partiellen Messung. Das Meßfeld für die Integralmessung ist größer und mittenbetont. Es konzentriert sich auf das Bildzentrum, bleibt rechteckig und dehnt sich nicht bis an den Rand einer der begrenzenden Seiten aus.
Soweit die Betrachtung der für ein korrekt belichtetes Bildergebnis wichtigen Eigenschaften der Kamera. Es bleiben einige Besonderheiten der Kamera zu erwähnen Eigenschaften, die zumeist von sekundärer Bedeutung sind. So ist es begrüßenswert, daß die im Sucher sichtbare LCD-Anzeige der Umgebungshelligkeit angepaßt wird. Hier ist ein "elektronischer Dimmer" am Werk, der als Reaktion auf Kritik an stets zu hellen oder zu dunklen Anzeigen dieser Art in anderen Kameras gewertet werden kann. Bei Aufnahmen mit dem Selbstauslöser legt die Automatik die Belichtung erst im Augenblick der Auslösung fest. Das Sucherokular sollte dabei gegen Fremdlicht abgedichtet sein. Meßwertspeicherung ist auch für Serienaufnahmen möglich.
Bei Zeitaufnahmen ("B"-Modus: manuell, Anzeige: bulb) werden in der LCD-Anzeige die Sekunden mitgezählt. Bis zu zwei Minuten kontrollierte Belichtung sind dadurch möglich - wenn es länger dauert, muß man selbst zählen. Da die Anzeige nicht beleuchtbar ist, mutet die Idee wesentlich besser an als die Ausführung.
Vom Hersteller versprochene Leistungsdaten (z. B. 50 Filme mit je 36 Aufnahmen pro Batteriesatz) können im NORMTEST bestätigt werden. Obwohl es über den Verlauf von mehreren Tagen möglich war, wesentlich mehr als fünfzig Filme mit einem Batteriesatz zu verarbeiten, sollte diese für vernünftiges Strom-Verbrauchs-Konzept sprechende Eigenschaft der Kamera nicht auf lange Zeit übertragen werden, da hier der Eigenverlust der Batterien eine Rolle spielt.
Fazit
Die technische Seite der Fotografie bekommt mit der CanonT70 eine neue Dimension. Diese Kamera stabilisiert den guten Eindruck, der durch den Einzug der komplizierten Elektronik sich immer wieder unter Beweis stellen ließ. Wer Slogans über das "Computerzeitalter" nicht zu wörtlich nimmt und eher auf elektronische Präzision als auf den einzigen, alles entscheidenden Knopfdruck zu beziehen vermag, ist "reif" für Canons Kameracomputer. Wer die Automatikangebote nutzt, kann sich zu den glücklichen, schöpferischen Fotografen zählen, für die Technik zweit- oder drittrangig ist. Und er kann darauf vertrauen, daß auch diese "Camera obscura computera" ihm das Denken nicht abnehmen will - Korrekturfaktoren lassen sich nämlich z. B. nur über den Umweg der Filmempfindlichkeitseinstellung erreichen, die Abblendtaste trägt nicht als zusätzliche zu drückendes Knöpfchen auf und absichtliche oder unabsichtliche Doppelbelichtungen sind gegen jeden Trick (wie mit der festgehaltenen Rückspulkurbel gesichert, nicht möglich.
+ Sehr hohe Verschlußzeiten-Genauigkeit
+ Präzise Belichtung in allen Betriebsarten der Automatik
+ Gute Einspul-Automatik zum Filmeinlegen
- Keine Mehrfachbelichtungen möglich
- Keine Abblendtaste vorhanden
- Motor nicht auf Einzelbild umstellbar
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