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Kameras
Neu: Mamiya RZ 67 Professional
Superschärfe plus Komfort im Mittelformat
Seit zwölf Jahren schon ist die Mamiya RB 67 auf dem Markt, und nach wie vor ist sie beliebt und erfolgreich. Im großen COLOR-FOTO-Praxistest aller aktuellen Mittelformat-Systeme konnte sie sich hervorragend plazieren. Jetzt kommt die neue Mamiya RZ 67: Walter E. Schön hatte das erste Exemplar aus Japan zum Test und berichtet exklusiv.
Daß ein größeres Aufnahmeformat bessere Bildqualität liefert, ist unbestritten. Viele Fotoamateure mögen sich deshalb nicht mit Kleinbildschärfe zufriedengeben, weil sich aus dem Mittelformat doch noch mehr herausholen läßt. Für den Profi ist das Mittelformat ohnehin ein Muß.
Geradezu einen Superlativ unter den Mittelformatkameras zu werden verspricht die jetzt neu vorgestellte Mamiya RZ67 Professional, Schwestermodell der weiterhin lieferbaren RB67, mit einer Vielzahl hochinteressanter Verbesserungen.
Unverändert geblieben ist der prinzipielle Aufbau aus kastenförmige Gehäuse mit integriertem Balge und Zahnstangenfokussierung (bei Maximalauszug 46 mm bringt da neue 110-mm-Normalobjektiv Abbildungsmaßstab 1:2,4!) sowie modulartig ansetzbarem Magazinen, Suchern, Mattscheiben und Objektiven. Geblieben ist das ideal proportionierte 6x7-cm-Rollfilmformat. Auch bei der RZ67 läßt sich das Rückteil von Quer- auf Hochformat drehen, insbesondere beim Fotografieren mit Lichtschachtsucher ein unschätzbarer Vorteil. Geblieben ist ferner de Zentralverschluß für Elektronenblitz-Synchronisation mit jeder Verschlußzeit.
Hier fangen aber schon die Neuerungen an: Der Verschluß ist nämlich elektronisch vom Kameragehäuse aus gesteuert und bietet deshalb höhere Genauigkeit und ferner einen erweiterten Bereich (1/400 s bis 8 s, B und T). Die Zeiteinstellung erfolgt nun an einem Drehknopf links am Gehäuse. Zwischen den Positionen für 1/400 s und B findet man das Symbol (D als Einstellmarke für den später lieferbaren AE-Prismensucher mit automatischer Zeitsteuerung nach Blendenvorwahl. Die automatische Verriegelung in dieser Position läßt sich durch die Taste in der Drehknopfachse aufheben, um wieder eine bestimmte Zeit einstellen zu können. Diese Sicherung gegen versehentliches Verstellen sollte auch umgekehrt wirksam sein, um zu verhindern, daß man ungewollt in die verriegelte AE-Position gerät.
Vielseitige Elektronik für leichtere Bedienung
12 Goldkontakte im Objektivbajonett übertragen die elektrischen Steuerbefehle und weitere Informationen, z. B. über die am Objektiv eingestellte Blende in umgekehrter Richtung zum Gehäuse für die automatische Kupplung mit dem TTL-Belichtungsmesser oder zu den Kontakten im seitlichen Aufsteckschuh für die automatische Computerblendenprogrammierung der Mamiyalite-Blitzgeräte MZ 36 R oder MZ 18 R, deren Blitzbereitschaft durch eine grüne Leuchtdiode sogar im Sucher angezeigt wird.
Elektrisch wird auch die am Wechselmagazin einzustellende Filmempfindlichkeit über das Gehäuse zum Belichtungsmesser bzw. zur Computersteuerung der genannten Mamiyalite-Blitzgeräte übertragen. Bei Magazinwechsel mit Filmen unterschiedlicher Empfindlichkeit braucht am Belichtungsmesser oder Blitzgerät keine Einstellung geändert zu werden. Das schaltet eine häufige Fehlerquelle aus.
Elektronik wird noch an vielen anderen Stellen eingesetzt, etwa für Leuchtanzeigen im Sucher zur Funktionskontrolle oder für Sperren, die Fehlbedienungen oder ihre fatalen Folgen verhindern: Das Magazin läßt sich nicht abnehmen, wenn der Magazinschieber nicht eingesetzt ist; das Objektiv läßt sich nicht abnehmen, wenn der Verschluß nicht gespannt und der Hilfsverschluß hinter dem Spiegel nicht geschlossen ist; der Auslöser ist gesperrt, wenn der Magazinschieber, für den es übrigens an der Rückwand ein praktisches Aufbewahrungsfach gibt, den Film abdeckt (rote LED-Warnanzeige) oder der Film nach der letzten Aufnahme noch nicht transportiert wurde (orange LED-Warnanzeige). Trotzdem sind absichtliche Mehrfachbelichtungen möglich, wenn zuvor ein Hebel umgelegt wurde.
Die Auslösung erfolgt bei sanftem Druck auf den Gehäuseauslöser elektromagnetisch, und dies läßt eine elektrische Fernauslösung zu, für die eine Kontaktleiste links vorn am Gehäuse (durch einen unverlierbaren Schiebedeckel geschätzt) vorgesehen ist. Auch der Empfänger der Mamiya-Infrarotfernbedienung MZ ist dort anzuschließen. In Verbindung mit dem unten am Gehäuse ansetzbarem Winder sind dann sogar kabellos ferngesteuerte Einzel- und Serienauslösungen mit einer Bildfrequenz bis etwa 1 B/s möglich, was der Kamera neue Einsatzbereiche erschließt, Natürlich ist der Winder auch ohne Fernbedienung nützlich, wenn es auf besonders schnelle Schußbereitschaft ankommt (Mode, Sport, Reportage).
Aber selbst ohne Winder ist die RZ67 erheblich schneller als die RB67. Es ist nun nach jeder Aufnahme nicht mehr zusätzlich zum Schnellschalthebei am Gehäuse noch ein Filmtransporthebel am Magazin zu betätigen, sondern alle Funktionen werden mit einem einzigen 114xGRADx-Schwenk des Gehäuse-Schnellschalthebels erledigt. Erfreulicherweise blieb trotz der automatischen Filmtransportkupplung die Drehbarkeit des Rückteils erhalten.
TTL-Integralmessung auf Spot umschaltbar
Die TTL-Belichtungsmessung des PD-Prismensuchers hat dank SPD-Sensor (Silizium-Photo-Diode) höhere Reaktionsschnelligkeit und Genauigkeit als mit CdS-Zelle. Die Meßcharakteristik ist von Integral(A=Average) auf Spotmessung (S) mit einer Meßfläche von 6% des Sucherbildes umschaltbar. So kann wie bei der Leica R4 für jede Situation die optimale Meßrnethode benutzt werden. Bei Druck auf eine seitliche Taste am PD-Prismensucher (warum nicht bei leichtem Antippen des Auslösers?) schaltet sich die TTL-Messung ein, nach 15 Sekunden automatisch wieder ab. Diese Zeit ist nach meiner Erfahrung mit der RZ67 für Inlegralmessung ausreichend, für Spotmessung mehrerer Motivdetails jedoch zu kurz (mein Vorschlag: 30 Sekunden Einschaltzeit).
Fünf Leuchtdioden rechts neben dem Sucherbild - darüber zeigt ein rot aufleuchtendes A oder S die gewählte Meßcharakteristik an - dienen zum Nullabgleich. Zeit oder Blende wird so eingestellt, daß die mittlere, grüne LED aufleuchtet. Rote Dreiecke und ein + oder - zeigen durch ihr Aufleuchten eine Über- oder Unterbelichtung von mehr als ±0,25 bzw. mehr als ±l Blendenstufe an und ermöglichen dadurch auch eine Belichtungskorrektur ohne irgendeine zusätzliche Umstellung, mit dem Vorteil, daß man anschließend nicht vergessen kann, die Korrektur wieder rückgängig zu machen. Für eine besonders wichtige Verbesserung halte ich die automatische Sucherbildmaskierung beim Drehen des Rückteils von Quer- auf Hochformat und umgekehrt. Die Mattscheibe zeigt immer den richtigen Bildausschnitt an, so daß ein Überprüfen der Rückteilposition überflüssig ist.
Die zahlreichen Verbesserungen verlangten zwangsläufig wesentliche Änderungen (z. B. elektrische Kontakte und zusätzliche mechanische Übertragungselemente) an den Anschlüssen zwischen Gehäuse einerseits und Objektiv, Rückteil, Mattscheibe und Sucher andererseits.
Trotz vieler Änderungen ein weitgehend kompatibles System
Es ist erfreulich, daß Mamiya dennoch weitgehend Kompatibilität zum RB-System erhalten konnte: alle Objektive und Sucher der RB67 können ohne Adapter, RB-Magazine und Planfilmkassetterl mit dem G-Adapter RZ an der RZ67 benutzt werden.
Das neue Objektivbajonett mit von 54 auf 61 mm vergrößerter Durchlaßöffnung sowie das um 7 mm verkürzte Auflagemaß (RB-Objektive erfordern darum an der RZ67 einen entsprechend größeren Balgenauszug) ermöglichten die Entwicklung einer neuen Objektivserie mit teilweise höherer Lichtstärke und nach Herstellerangabe -gesteigerter Abbildungsqualität. Ich kann davon nur das Mamiya-Sekor Z 2,8/110 mm aus eigener Erfahrung beurteilen: Auflösungsvermögen, Kontrast, Vignettierungs- und Verzeichnungsarmut sowie Farbneutralität sind hervorragend und die Reflexneigung trotz fast um eine Blendenstufe höherer Öffnung nur geringfügig stärker als beim RB67-Normalobjektiv 3,8/ 90 mm. In der Gesamtleistung übertrifft das neue Modell alle bisher von mir getesteten Mittelformatobjektive. Ich wünschte mir lediglich, daß der Blendenring statt in ganzen analog zur Filmempfindlichkeits-Abstufung in dritte[ Blendenstufen rastete. Dies erleichterte insbesondere dem Profi die Einhaltung höchster Genauigkeit, etwa für fein abgestufte Belichtungen kritischer Farbdias.
Softline-Design für bequemere Handhabung
Die Mamiya RZ67 sieht schlicht, ja beinahe einfach aus, weil Chromleisten und anderer unnützer Zierat weggelassen, die Bedienungselemente funktional gestaltet und scharfkantige Ecken und Vorsprünge vermieden wurden. Seitenflächen, Unterkanten, Einstellräder und andere mit der haltenden oder bedienender Hand in Berührung kommende Teile sind kunststoffverkleidet oder griffig gummiarmiert, so daß sie sich auch bei Kälte nicht eisig anfühlen und immer sicher zu handhaben sind Alle Skalen sind übersichtlich, nur die Entfernungsskala mit verwirrend vielen, den einzelnen Objektivbrennweiten zugeordneten Ablesekurven macht eine Ausnahme, Aber weil bei einer Spiegelreflexkamera normalerweise nach Mattscheibe und nicht nach Entfernungsskala fokussiert wird, fällt das kaum ins Gewicht.
Hohes Lob für eine fast perfekte Kamera
Zusammengefaßt sind die wenigen, durchaus behebbaren Mängel gegenüber den vielen guten bis hervorragenden Eigenschaften der neuen RZ67 unbedeutend. Die Bildqualität ist hervorragend, die Vielseitigkeit ist vorbildlich und die Handhabung dennoch einfach. Natürlich ist die Mamiya RZ67 Professional schon wegen ihrer formatbedingten Größe keine Kamera für "unbeschwertes" Knipsen, aber für den Könner - ob Profi oder Amateur - ein Werkzeug, mit dem auch schwierige fotografische Aufgaben mit einem Minimum an Bedienungsaufwand, einem Maximum an Betriebssicherheit und mit höchsterreichbarer Abbildungsqualität zu meistern sind.
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