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Artikel
1998
Normtest
Contax 159 MM
Acht Wege führen zum Ziel
Elektronik beherrscht die Kamera von heute. Beherrschen ihre Konstrukteure, an die traditionell mechanischen Ursprünge der Kamera gewohnt inzwischen die Elektronik? In der Contax 159 MM steckt eine Antwort!
Der "kluge Kopf" in dieser Kamera steckt in einem winzigen Chip, einer N LSI-C-MOSCPU". Die Auflösung dieses "Kürzel-Wurms": LSI steht für
Large Scale Integration, es bedeutet, daß auf dem winzigen Platz des Chips besonders viele Funktionen, mehr als üblicherweise auf einer so kleinen Fläche unterzubringen, realisiert wurden und die Fähigkeit zur Intelligenz somit höher sein kann. C-MOS steht für die Technologie selbst, in der dieser Chip hergestellt ist. CPU schließlich ordnet den Chip als "Central Processing Unit", als "Rechenwerk" ein. Das Zentrum eines
Computers also. Wichtiger als ein Blick in die Technologie eines Kameracomputers scheint jedoch die Betrachtung der Denkweise", die ihm für die Contax 159 MM (Multi Mode) verliehen wurde. Hierbei ist festzustellen, daß gerade bei der Contax seit Jahren eine geradlinige Entwicklung verfolgt wird. Es wird auf den Konzepten der Vergangenheit aufgebaut, ein Konzept, das für richtig erkannt wurde, dem seine Erweiterungsfähigkeit anzusehen ist, die sich in der Contax 159 MM unter Beweis stellt.
Die Ähnlichkeit der Logikdiagramme ist verblüffend - auf den ersten oberflächlichen Blick ist kaum ein Unterschied zu Kameras wie beispielsweise der Contax 137 festzustellen. Informationsquellen werden genutzt, wie die Eingabe der Filmempfindlichkeit (zwischen 12 ASA und 3200 ASA), zwei SPD-Dioden für die Belichtungsmessung (eine davon für die TTL-Blitzmessung) und Belichtungskorrektur. Alles analoge Werte, die in einer integrierten Schaltung aufbereitet werden, bevor sie der "Central Processing Unit" zur Verfügung stehen.
Im Zentrum sitzt die CPU, sie verarbeitet alle Informationen und gibt ihrerseits im Moment der Auslösung zum Beispiel die exakten Steuerbefehle für den Verschluß aus. Wie genau der Verschluß dadurch funktioniert, dokumentiert sich im NORMTEST-Diagramm der Verschlußzeiten. Bis zur 125stel-Sekunde entsprechen die gemessenen Zeiten den Vorgaben. Bei der 250stel-Sekunde sind Abweichungen von einer Drittelblende festzustellen - eine Konzession an die Synchronzeit, die sich bereits "eingebürgert" hat. Die Abweichungen bei noch kürzeren Zeiten bleiben unterhalb einer Zehntelblende.
Mit der Contax 159 MM sind acht Betriebsarten möglich. Bei manueller Betriebsart kann eine Zeit zwischen einer Sekunde und der 4000stel Sekunde sowie der Blende vorgewählt werden. Die Belichtung wird in diesem Augenblick anhand einer LED-Kette im Sucher angezeigt und man kann auf Grund dieser Messung entweder die Blende oder die Zeit bis zur korrekten Belichtung anpassen.
Als zweite Betriebsart steht die Zeitautomatik zur Verfügung.
Sie arbeitet über den großen Bereich der Belichtungszeiten von der 4000stel Sekunde bis zu sechzig Sekunden gut.
Die Contax 159 MM bietet drei Programm-Automatik-Funktionen. Eine als "Normal-Programm" bezeichnete Programmautomatik (P). Bis zu einer Belichtungszeit von ]/8 Sekunde (bei einem Objektiv mit der größten Blende 1,4) wird in diesem Fall die größte Blende beibehalten. In kontinuierlichem Verlauf werden dann sowohl Blende als auch Zeit nachgeführt. Danach folgt bei kleinster Blende wieder eine Anpassung an die korrekte Belichtung mit der Zeit. Während bei schlechten Lichtverhältnissen die Automatik aus den verwacklungsgefährdeten langen Zeiten herauszukommen versucht, wird also im Bereich "mittelmäßiger" Lichtverhältnisse der optimale Kompromiß zwischen Blende und Zeit gesucht.
Die zweite der Programmautomatik-Funktionen ist als "Low-Speed-ProgramN bezeichnet. Ihr Steuerprogramm benutzt bis zur 60stel Sekunde die offene Blende. Bei besseren Lichtverhältnissen wird diese Zeit beibehalten und nur die Blende geregelt. Nach Erreichen der kleinsten Blende wird die anschließende Zeitenreihe zur Regelung benutzt. In dieser Betriebsart wird das Schwergewicht somit auf größte Schärfentiefe gelegt. Im Gegensatz dazu gibt es als dritte Programm-Automatik-Betriebsart
die "High-Speed-Programm"-Automatik. Mit ihr wird der größte Wert auf eine möglichst kurze Zeit (Schwerpunkt 1/1000 s) gelegt, um schnelle Bewegung, wie beispielsweise in der Sportfotografie, sicher aufnehmen zu kennen.
Wird ein Blitz verwendet, so sind analog zu den bisher angesprochenen Funktionen ein manueller Blitzmodus, eine TTL-Blitz-Programmautomatik
und eine TTL-Blitzautomatik bei manueller Blendenvorwahl verfügbar. Zumindest die Blitz-Programmautomatik und Blitzautomatik erfordern natürlich einen auf dieses System speziell angepaßten Blitz.
Um in dieser Contax eine Programmautomatik (Blendensteuerung) zu realisieren, wurde es nötig, die Objektive anzupassen. So verbindet jetzt ein neues Element Kamera und die neuen Objektive. Daraus folgt, daß die neuen Objektive zwar an älteren Kameramodellen verwendbar sind, ältere Objektive jedoch nicht an der Contax 159 MM, wenn alle Funktionen (auch die Programm-Automatik-Funktionen) voll benutzbar sein sollen. Wer seine älteren Contax-Objektive dennoch an dieser Kamera weiter verwenden will, der muß sie dann in der manuellen Betriebsart oder bei Zeitautomatik benutzen.
Bei aller Vielfalt der möglichen Betriebsarten ist der Contax 159 MM eine erfreuliche Bescheidenheit an Bedienungselementen nachzusagen.
An einem Knopf werden die Zeiten oder die Automatikfunktionen eingestellt. An einem zweiten Knopf wird die Filmempfindlichkeit und die Belichtungskorrektur eingestellt. Der Hauptschalter ist als "Ring mit Nase" um den Einstellring für die Filmempfindlichkeit in unmittelbarer Nähe des Auslösers gelegt. Wer schnell ein Bild schießen will, muß also nicht lange an irgendeiner Stelle der Kamera suchen und kann mit dem Finger auf den Auslöser bei kürzester Distanz wechseln.
Ein ebenso leicht erreichbarer Schalter, als Ring um den Auslöser gelegt, fungiert als "AE-Lock", mit dem die Belichtungswerte fixiert werden können. Alle weiteren Bedienungselemente gehören zu den seltener benutzten Einrichtungen. Unterhalb des Schnellspannhebels ist eine kleine Hebelnase zu sehen. Zieht man sie nach hinten und betätigt dabei den Schnellspannhebel, so wird nur der Verschluß gespannt ohne den Film zu transportieren. Doppelbelichtungen werden somit möglich. Die versehentliche Betätigung ist praktisch unmöglich.
Auf der Rückseite ist eine Anschlußbuchse für einen einfach konstruierten (elektrischen) "Drahtauslöser" zu finden.
An der Vorderseite der Kamera ist hinter einer Abdeckkappe ein Synchronanschluß zu finden, der den Anschluß unterschiedlicher Blitzgeräte erlaubt die nicht über den Sucherschuh anschließbar sein müssen. Der Sucherschuh, mit drei Kontakten, ist allerdings der komfortablere Anschluß für systemgerechte Blitzgeräte, die die Vorteile der TTL-Blitzautomatik vollständig nutzen.
Außerdem auf der Vorderseite zu finden: Der Selbstauslöser und eine Abblendtaste.
Vergleicht man einzelne Betriebsarten der Kamera anhand der NORMTEST-Messungen und Diagramme, so fallen auf den ersten Blick einige deutliche Unterschiede auf. Die Steuerung der Zeiten funktioniert sehr genau. In der Betriebsart "Zeitautomatik" sind die Abweichungen von der korrekten Belichtung minimal.
Die Programmautomatik ergibt zwischen EV0 und EV4 größere Abweichungen, die einer Unterbelichtung von bis zu 2/3 Blendenstufen entsprechen. Bei hohen Lichtwerten (EV 15) ist mit einer Überbelichtung von bis zu 1/3 Blendenstufe zu rechnen. Alle Abweichungen bleiben innerhalb der Toleranzgrenzen. Die "Low-Speed-Program"-Automatik hat bis EV 8 eine Neigung zur Unterbelichtung, ab EV 11 eine Neigung zur Überbelichtung. Wenn hier bei den höheren Lichtwerten auch die Neigung zur Überbelichtung mit bis 'ZU ]/2 Blendenwert stärker ist bleibt die Kamera auch in dieser Betriebsart in den Toleranzgrenzen. Ähnliches gilt für die High-Speed-Program-Automatik. Hier setzt sich die Neigung zur Unterbelichtung bis zum EV-Wert 11 fort, ab EV 14 wird sie genauer und zeigt eine Tendenz zur Überbelichtung von maximal 1/6 Blendenwerten.
Fazit
Elektronische Perfektion und Präzision verwöhnt. Wer sich eingehender mit den Testergebnissen beschäftigt, wird feststellen, daß dies auch bei den Programmautomatik-Funktionen
gilt, denn sie bleiben innerhalb der Toleranzen. Trotzdem wäre es wünschenswert, wenn die Belichtungseigenschaften vom niedrigsten bis zum höchsten EV-Wert etwas dichter, etwas genauer an die exakte Vorgabe herankämen.
Ohne einen Vergleich ziehen zu wollen, stellte die Contax 159 MM sich jedoch als empfehlenswerte Kamera heraus.
+ Großer Verschlußzeitenbereich
+ TTL-Blitzautomatik, TTL-Blitz-Programmautomatik
+ Feststellbarer AE-Lock (Meßwertspeicher)
- Belichtungsgenauigkeit der Programmautomatik-Funktionen könnte etwas besser sein.
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