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Normtest

Contax RTS II Quartz

SLR ohne Minuspunkte

In diesem Jahr kam - wie inzwischen üblich bereits vor der photokina erstmals vorgestellt - das lange erwartete Nachfolgemodell der 1974 eingeführten Contax RTS auf den Markt, die Contax RTS II Quartz. Nach dem Alexander Borell-Kommentar in Color Foto Heft 5/82 setzt sich diesmal das Unabhängige Physikalische Testinstitut NORMTEST mit dieser Kamera auseinander, die sich äußerlich kaum von ihrer Vorgängerin unterscheidet. Was sich unter dem eleganten (Porsche-)Design verbirgt, lesen Sie in diesem Bericht.

Die deutsch-japanische Kooperation der Häuser Zeiss und Yashica hat das vierte Modell einer Spiegelreflexkamera mit altem deutschen Namen hervorgebracht. Nach der Contax RTS im Jahre 1974 kamen 1979 die Contax 139 Quartz und 1980 die Contax 137 MD Quartz heraus, beide Ergänzungen des Contax/Yashica-Systems, beide aber nicht der erwartete Nachfolger der RTS. Der kam nun in diesem Jahr - weit weniger spektakulär, als das von vielen erwartet worden war.
Wer einen Multiautomaten ä la Canon, Fuji oder Minolta oder gar einen Multiautomaten mit variabler Meßcharakteristik ä la Leitz erhofft hatte, sah sich enttäuscht. Sogar eine im eigenen Haus erprobte Neuerung wie der integrierte Motor der 137 MD Quartz blieb ihr vorenthalten. Man hat sich darauf beschränkt, das Flaggschiff der Zeiss-Yashica-Kameraflotte zu überholen und zu modernisieren, dabei das vervollkommnet was man aus dem ff beherrscht und ohne ein Risiko einzugehen.

Zeitautomat mit allem, was dazugehört

Bei der Contax RTS II Quartz handelt es sich um eine einäugige Spiegelreflexkamera für das Kleinbildformat 24x36 mm, deren Sucher nicht wechselbar ist, deren Einstellscheiben aber vom Benutzer selbst gewechselt werden können. Letzteres ist ein Vorteil, den besonders die zu schätzen wissen, die mit Objektiven extremer Brennweite und entsprechend schwacher Lichtstärke arbeiten oder die sich auf besondere Aufnahmebereiche (Astrofotografie, Mikrofotografie) spezialisiert haben.
Die Contax RTS II Quartz bietet neben der automatischen Belichtungssteuerung mit Blendenvorwahl auch die Möglichkeit des manuellen Belichtungsabgleichs und TTL-Blitzbelichtungssteuerung (mit den Geräten TLA 20, TLA 30 und RTF 540 + Adapter), wobei in diesem Fall das von der Filmoberfläche reflektierte Licht während des Belichtungsvorganges gemessen wird.
Die Ausstattung der RTS II läßt im praktischen Bereich kaum Wünsche offen, wenn sich auch der "Umsteigar" von einer anderen SLR an einige Besonderheiten gewöhnen muß. So befindet sich etwa der griffige Knopf für die Filmempfindlichkeitseinstellung und für die Einstellung der Belichtungskorrektur rechts neben dem Sucherprisma, da also, wo man den Verschlußzeitenring vermutet. Dieser hingegen ist links auf der Gehäuseoberseite untergebracht. Er kann auf alle vollen Zeiten-Stufen zwischen 4 s und 1/2000 s, auf "B", auf "X" (Blitzsynchronisation für normale Blitzgeräte) und "A" (Zeitautomatik) eingestellt werden, wobei er in "X" und "A"-Einstellung arretiert ist.
Ebenso ungewohnt ist es, daß neben dem "normalen" Auslöser ein Extra-Einschalter für den Belichtungsmesser (an der Kameravorderseite unterhalb des Auslösers) vorhanden ist. Natürlich wird der Belichtungsmesser auch durch Druck auf den Auslöser aktiviert, da der aber extrem leichtgängig ist, erfolgt (bei gespanntem Verschluß) praktisch im gleichen Augenblick die Auslösung, und bei Automatikbetrieb wird die vom Kameracomputer für richtig befundene Zeit eingesteuert, ohne daß eine Beeinflussung möglich wäre.
Anders, wenn der Belichtungsmesser über den speziell für diesen Zweck vorgesehenen Knopf aktiviert wird. Er arbeitet dann 16 s lang und in dieser Zeit kann die Belichtung kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert werden. Dazu kann entweder die Blende verändert, ein Korrekturfaktor eingegeben oder die gewünschte Belichtung durch eine Ersatzmessung eingestellt und gespeichert werden. Für diese letzte Möglichkeit verfügt die RTS II über einen Memory-Lock. Der vom Belichtungsmesser festgestellte Belichtungswert wird in dem Moment gespeichert, in dem man den mit dem Belichtungsmeßknopf kombinierten Schalter betätigt (der Belichtungsmeßknopf muß nicht eigens gedrückt werden!). Interessant ist in diesem Zusammenhang noch, daß der Meßwert nur durch das Ausschalten des Hauptschalters oder der Speichertaste gelöscht wird, nicht aber durch eine zwischenzeitliche Auslösung. Für die Praxis ist das etwa dann von Bedeutung, wenn mit arretiertem Spiegel gearbeitet wird, was in der Makro-, Mikro- oder auch Astrofotografie wichtig sein kann.
Auch nach der Meßwertspeicherung kann zum Zweck der BiIdgestaltung (Schärfentiefe, Bewegungsunschärfe) durch Veränderung der Blende die Zeit/Blendenkombination verändert werden, mit der dann die Belichtung erfolgt.
Sowohl die Einstellung eines Korrekturfaktors wie auch die Meßwertspeicherung werden angezeigt, es sollten also keine Fehlbelichtung durch Vergessenes Rückstellen vorkommen (siehe auch Abschnitt "Sucher"). Obwohl (mit einer Ausnahme) nur dann Energie verbraucht wird, wenn einer der beiden Auslöser betätigt wird, verfügt die Contax RTS II Quartz über einen Hauptschalter. Ist die Kamera abgeschaltet (rote Markierung sichtbar), so ist der Auslöser blockiert - versehentliche Blindaufnahmen sind also nicht möglich. Die Ausnahme ist die Meßwertspeicherung. Ist der Meßwertspeicher in Betrieb und die Kamera nicht, ausgeschaltet, so wird permanent Strom verbraucht und die Batterien sind eher verbraucht. Bei normalem Einsatz der Kamera ist der Energieverbrauch angesichts der vielen Anzeigen als recht gering zu bezeichnen.
Weitere Ausstattungsmerkmale der Contax RTS II Quartz sind: elektronischer Selbstauslöser mit ca. 10 s Vorlaufzeit und LED-Anzeige (ohne Piepton); Spiegelfeststellung für Aufnahmen, bei denen jede Vibration der Kamera ausgeschaltet sein muß; Abblendtaste, kombiniert mit Auslöser für die mechanisch gesteuerte Verschlußzeit 1/50 s; Anschlußbuchsen für Synchronkabel (X-Kontakt), für normalen Drahtauslöser (nur damit ist mechanischer Verschlußablauf bei B-Einstellung möglich) und für Contax-Sonderzubehör wie Kabelfernauslöser, Infrarotfernauslöser u.a.
Das Filmeinlegen ist durch eine modifizierte Mehrschlitzspule vereinfacht. Um zu vermeiden, daß bei Einstellung auf Automatikbetrieb und aufgesetztem Objektivdeckel eine lange Verschlußzeit nach dem Auslösen abläuft, wird automatisch 1/60 s gesteuert, bis das Zählwerk auf "1" steht.
Zum umfangreichen Contax-System gehören Winder, Motordrives, externe Energieteile, Datier-Rückwände und vieles mehr. Eine der Kamera beiliegende Liste gibt Auskunft, welche Zubehörteile mit der Contax RTS, mit der RTS II Quartz und welche mit beiden Kameras eingesetzt werden können.

Zeitautomatik mit großer Präzision

Für diesen NORMTEST stand der Kamerabody mit der Nummer 146878 und das Carl Zeiss Planar T* 1,4/50 mm mit der Nummer 6437915 zur Verfügung.

Verschlußzeiten: Die Verschlußzeiten können, wie bereits oben erwähnt, in vollen Stufen von 112000 s bis 4 s am Verschlußzeitenrad eingestellt werden, bei Automatikbetrieb werden sie stufenlos im Bereich von 112000 s bis 16 s gesteuert. Neben diesen elektronisch gebildeten Zeiten steht die mechanisch gebildete Zeit 1/50 s (Meßwert 1/53 s) zur Verfügung, darüber hinaus B. Die X-Synchronisationszeit beträgt 1/60 s (Meßwert 1/64 s). Alle Zeiten werden sehr präzise eingehalten, wofür die Quarzstabilisierung verantwortlich ist. Der größte Fehler lag bei etwa 1/4 Blendenstufe und ist in der Praxis vernachlässigbar.
Die am Verschlußzeitenrad eingestellte Zeit wird im Sucher durch eine blinkende LED angezeigt, während die vom Belichtungsmesser zur vorgewählten Blende ermittelte Zeit durch eine stetig leuchtende LED dargestellt wird. Zum manuellen Belichtungsabgleich müssen Zeit und/ oder Blende verändert werden, bis nur noch die blinkende LED zu sehen ist. Da allerdings die Automatik die korrekte Belichtungszeit zu einer bestimmten Blende rascher einstellt, als dies manuell möglich ist, wird man die Zeit nur dann von Hand nachfahren, wenn man die Belichtung beeinflussen möchte.

Zeitautomatik: Bei Zeitautomatikbetrieb wird das Verschlußzeitenrad in der Position "A" verriegelt. Je nach vorgewählter Blende, Filmempfindlichkeit und Lichtverhältnissen steuert die Kamera eine Zeit zwischen 1/2000 S und 16 s stufenlos ein. Zeiten zwischen 1/2000 und 4 s werden dabei exakt im Sucher angezeigt, Zeiten zwischen 4 s und 16 s werden nur noch durch die ständig leuchtende LED "B" signalisiert. Bei der Messung stellte sich heraus, daß auch die Belichtungsautomatik der Contax RTS II Quartz sehr genaue Ergebnisse liefert, die Abweichungen lagen bei maximal ± 1/6 Blendenstufen, sind für den Fotografen in der Praxis also ohne Bedeutung.

Belichtungsmesser: Die Belichtungsmessung bei der RTS II erfolgt durch das Objektiv (TTL) über eine Silizium-Fotodiode. Der Meßbereich erstreckt sich bei Verwendung eines 100-ASA-Filmes und eines Objektivs mit größter Blende von 1,4 von EV 1 bis EV 19 (das entspricht 8 s und Blende 1,4 bis 112000 S und Blende 16). Die Filmempfindlichkeit läßt 'sich von 12 ASA/1 2 DIN bis 3200 ASA/36 DIN einstellen, die Meßcharakteristik ist integral mittenbetont. (Die Belichtung wurde fotoelektrisch in der Filmebene gemessen).
Sucher: Der Sucher der Contax RTS II Quartz ist sehr übersichtlich und zeigt (fast) alle Daten, die für den Fotografen von Interesse sind. Rechts neben dem Sucherbild werden durch numerische LED die Verschlußzeiten Von 1/2000 bis 4 s angezeigt, wobei die Anzeigen 1 S, 2S und 4S die ganzen Sekunden, die Zahlen ohne "S" die Sekundenbruchteile angeben. Oberhalb der Verschlußzeitenskala die Anzeige "Over" als Überbelichtungswarnung und ein Blitzsymbol als Blitzbereitschaftsanzeige (konstantes Leuchten) und Rückmeldesignal (Blinken) bei korrekt erfolgter Blitzbelichtung mit TTL-Blitzgerät. Unterhalb der Verschlußzeitenskala die Anzeige "B", die als Unterbelichtungswarnung im Automatikbetrieb und bei manueller Einstellung auf "B" blinkt und die konstant leuchtet, wenn eine Verschlußzeit zwischen 4 s und 16 s gesteuert wird. Unterhalb des Sucherbildes wird die Blende digital angezeigt, und zwar in halben Stufen. Wird ein Objektiv mit einer Anfangsöffnung von 1:5,6 oder kleiner oder Zubehör ohne Koppelungsautomatik (Balgengerät, Mikroskopadapter) verwendet, so wird als größte Blendenöffnung 1,4 angezeigt, was aber keinen Einfluß auf die Belichtung hat.
Ebenfalls unterhalb des Sucherbildes warnt eine LED in Form eines "+" bzw. eines "-" bei Einstellung eines Korrekturfaktors. Auch die Benutzung des Meßwertspeichers wird angezeigt. In diesem Fall blinkt die Verschlußzeiten-LED, die dem gespeicherten Meßwert zugeordnet ist, Der Batterieprüfung dienen alle LED des Sucher-Displays. Wird die Energie zu gering, so wird dies frühzeitig gemeldet: LED, die normalerweise stetig leuchten sollten beginnen zu blinken, sollte die LED normalerweise blinken, so verändert sich das Blinkintervall.
Die LED-Anzeigen passen sich in zwei Helligkeitsstufen der Helligkeit des Sucherbildes an. Als Scharfstellhilfe bietet die RTS II einen Mikroprismenfleck in der Standardausführung, die Sucherscheiben können aber, wie bereits erwähnt, ausgetauscht werden. Insgesamt stehen 8 verschiedene Einstellscheiben zur Verfügung, die mit denen der RTS nicht kompatibel sind.

Durchdacht und ausgereift

Nachdem man bei der Contax RTS noch einige (kleine) Mängel fand, ist die RTS II Quartz eine gut durchdachte und ausgereifte Kamera - bezogen auf das was sie können soll. Sie mit einem Multiautomaten auf die Waagschale zu stellen hieße, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Wer auf Bedienungskomfort und große Genauigkeit bei der Belichtung Wert legt, wird mit der RTS II Quartz zufrieden sein. Daß es sich bei dieser Kamera um eine der schönsten des Marktes handelt, wird dabei nicht stören!

Plus und Minus

Plus

Hohe Genauigkeit der Belichtung
Sehr gute Sucherinformation
TTL-Blitzlichtsteuerung

Minus

-

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