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Artikel

1998

Normtest

Olympus OM40

Zielgerecht?

Die "kleinen schwarzen Kästen", die nach außen wenig vorgeben, innerlich jedoch sehr viel zu halten vermögen, sind "in". Der Olympus-Vorschlag zu diesem Thema heißt OM40.

Im nicht-europäischen Ausland können Sie dieser Kamera unter der Bezeichnung Olympus OM-PC begegnen. Erstaunlich in einer Zeit, in der alle Welt unter "PC" den Personal Computer versteht. Ein "Personal Camera Computer" steckt trotzdem in dieser Kamera. Dies zeigt sich bei näherer Betrachtung bestimmter Funktionen wie ESP oder der Steuerung des Blitzgeräts. Zumindest ESP, die Elektronisch Selektive Punktmessung, ist in ihren Auswirkungen wohl nur im ausführlichen Intensivtraining zu begreifen. Da ESP jedoch für die von dieser Kamera zu erwartende Leistung von ausschlaggebender Wichtigkeit ist werden wir uns an dieser Stelle ausführlich damit beschäftigen. Die Olympus OM40 besitzt ein Minimum an Bedienungselementen. Unter der Rückspulkurbel findet sich der Zentralschalter - ohne "Off"-Position, denn sicherheitshalber sorgt die Elektronik der Kamera für wirtschaftlichen Umgang mit dem Stromvorrat selbst. Zwei Knopfzellen oder eine einzelne Lithium-Batterie (3 Volt) ist an gewohnter Stelle am Kameraboden einzulegen.
Der Hauptschalter bietet drei Rasterstellungen zur Auswahl der Belichtungsfunktionen. Eine weitere Position dient zur Batterieprüfung - eine Federung sorgt dafür, daß nicht versehentlich auf Dauerbetrieb geschaltet werden kann.
In der Schalterstellung "Manual" ist die manuelle Einstellung von Blende und Zeit möglich. Im Kamerasucher wird in diesem Augenblick die "richtige" Zeit "empfohlen ". In der praktischen Anwendung sieht das wie folgt aus: Man wählt eine Zeit vor, die man sich merken muß, und dreht so lange am Blendenring, bis ein Wert angezeigt wird, der dem (gemerkten) Wert entspricht.
In der Position "Auto" bietet diese Kamera eine Zeitautomatik. Das heißt, nach vorgewählter Blende steuert die Kamera die korrekte Zeit. Nach dem Autodynamik-Prinzip der Olympus Kameras bedeutet dies natürlich, daß während der tatsächlichen Belichtung noch eine Änderung der Belichtungszeit vorgenommen wird, sofern sich die Lichtverhältnisse ändern.
Die dritte Wahlposition ist unter dem Symbol "P" der Programmautomatik vorbehalten. Im Grunde versucht diese Programmautomatik bei offener Blende zuerst auf eine "sichere" Zeit zu kommen, bevor sie von der sechzigstel-Sekunde an Blende und Zeit praktisch gleichberechtigt nachführt. Bei der Voreinstellung auf die kleinste Blendenöffnung läuft das Programm wie eben geschildert ab - stellt man jedoch andere Blendenwerte am Objektiv ein, so ist für besondere Effekte eine gewisse Beeinflussung der Programmautomatik möglich.
Jeder der drei Wahlmöglichkeiten läßt sich ESP zuschalten. Ist ESP ausgeschaltet, so ist davon auszugehen, daß die Charakteristik der Belichtungsmessung mittenbetont integral entspricht.

Zwei Meßfelder für den ESP-Modus

Bei eingeschalteter ESP-Messung werden einige Entscheidungen getroffen bevor eine Belichtung festgelegt wird. Zuerst einmal werden zwei Meßfeldzonen im Bildfeld unterschieden. Vereinfacht gesagt, die Kamera unterscheidet nach "Mittelfeld" und "Umfeld".
Bei der Auswertung beider Meßinformationen wird nach dem Unterschied im Kontrast entschieden. Wird eine gleichmäßig beleuchtete Szenerie angemessen, so erkennt die Elektronik der Kamera dies und benutzt die Ausgleichsfunktionen des ESP-Modus nicht. In diesem Fall wird auch das ESP-Signal im Sucher nicht angeschaltet.
Wird ein korrekturwürdiger Unterschied festgestellt, so wird eine kleine grüne LED-Anzeige links unten im Sucher eingeblendet. Je nach Motivkontrast läuft nun der Entscheidungsprozeß im ESP-System. Ist das Bildzentrum dunkel, das Umfeld jedoch wesentlich heller (laut Olympus darf die Sonne sogar ins Bild mit einbezogen werden, was jedoch nach ersten Versuchen nur für eine gedämpfte Abendsonne gelten dürfte), so wird die Messung auf die Schattenpartie im Zentrum ausgerichtet, was praktisch eine "automatisierte Gegenlichtkorrektur" bedeutet. Werden die Kontrastverhältnisse umgekehrt, wird also ein helles Zentrum und ein dunkles Umfeld anvisiert, so wird die Belichtung auf das "helle Übergewicht" bezogen und fällt damit kürzer aus. Ähnlichkeiten zu einer Spotmessung sind unverkennbar.
Eine weitere Einschränkung: In den "Zwischenstadien" wird das ESP-Steuerprogramm durchaus des öfteren verlassen und die Messung nach herkömmlicher Integral- oder mittenbetonter Charakteristik vorgenommen. Es ist praktisch unmöglich, alle Ausnahmen von der Regel, die in solchen Übergangsphasen gelten, beim Beispiel zu nennen.
Neben der Betonung der Schatten in der typischen eben geschilderten Gegenlichtsituation werden unter ESP Eingriff noch weitere Ausnahmen gesteuert. Zwei "Steuerprogramme" berücksichtigen bei Motiven mit hohem Kontrast die Werte der mittenbetonten Messungen. Beide unterscheiden sich in den Eigenschaften "helles Motiv und dunkler Hintergrund" bzw. "dunkles Motiv und heller Hintergrund". Daran anschließend geht Olympus davon aus, daß es sich bei der nächsten Gruppe von Motiven um Ansichten mit schwächeren Kontrasten handelt. Die Messung ist jetzt mittenbetont. Je dunkler die Aufnahmesituation wird und je ausgeglichener die Kontraste sind, um so eher werden normale Messungen - mittenbetonte bzw. mittenbetont integrale angewendet. Erst bei Nachtaufnahme - Situationen, bei Aufnahmen am frühen Abend oder bei Innenaufnahmen kann davon ausgegangen werden, daß die mittenbetont integrale Messung praktisch überwiegend benutzt wird. Auch hier gilt die Ausnahme von der Regel: Beziehen Sie sehr helle Lichtquellen in das Bildzentrum ein, so geht die ESP-Logik von einer an deren Aufnahmesituation aus.
Bei Betrachtung des Leistungsangebotes unter ESP-Eingriff dürfen die Beispiele nur als ungefähre Anhaltspunkte gewertet werden. Ein Porträt vor einer grell erleuchteten Schaufensterscheibe bei Nacht wird somit von der Kamera mit Gewißheit nicht als "Nachtaufnahme" sondern als "Gegenlichtsituation unter schwachen Lichtverhältnissen" eingestuft und dementsprechend auf die Schatten bezogen belichtet.

Blitz und Automatik

Bei Verwendung eines Blitzgeräts mit der OM40 kann die Belichtung unter manueller Vorwahl, aber auch unter Steuerung der Programme erfolgen. Voraussetzung dafür ist freilich ein Olympus- bzw. systemgerechtes Blitzgerät. Generell zündet die Kamera den Blitz nur unter der Voraussetzung, daß die sechzigstel-Sekunde oder eine längere Zeit als diese eingestellt ist. Während die Programm Automatik anhand der ermittelten Zeit/Blende-Kombination selbst entscheidet, wann der Blitz eingesetzt wird (vorausgesetzt, die Programmautomatik wird sinngemäß ohne Begrenzung des Arbeitsbereichs über eine Blendenvorwahl benutzt), ist bei der Zeitautomatik wesentlich, ob durch die vorgewählte Blende eine ausreichend lange Synchronzeit erreicht wird. Somit ist es möglich, bei Zeitautomatik gut gezielt auch bei Tageslichtsituationen z. B. einen Aufhellblitz zu planen, der unter Umständen von der Programmautomatik vermieden worden wäre. Wenn eine Olympus Kamera zum Test ansteht, so darf stets von Besonderheiten ausgegangen werden. So finden Sie auch in diesem Test einer Olympus-Kamera zwei Diagramme für Sie Belichtungsmeßzonen. Die Verteilung der Meßempfindlichkeit wurde als integral mit schwach ausgeprägter Mittenbetonung festgestellt. Diese Charakteristik gilt bei angeschalteter ESP. Im ESP-Modus werden abhängig von Kontrast und Helligkeit Korrekturfaktoren benutzt.
Die Anzeigen im Sucher sind gut bewertbar und auch recht gut zu sehen. In leuchtenden LED-Feldern sind die Werte für Zeiten zwischen der Tausendstel-Sekunde und 1 Sekunde zu erkennen. Eine Warnung vor Überbelichtung geschieht durch die blinkende Zahl " 1000" eine Warnung vor einer möglichen Unterbelichtung ist jedoch leider nicht vorgesehen.
Die Betriebsarten der Kamera werden durch Leuchtsymbole angezeigt - "P" für Programmautomatik, "M" für manuelle Einstellung - ein Symbol für die Zeitautomatik ist nicht vorhanden. Im unteren Sucherbereich zeigt ein Symbol an, wann ESP aktiv in die Messung eingreift. Ein Blitzsymbol leuchtet nur bei Blitzbereitschaft und gibt durch Blinken nach der Aufnahme bekannt, daß die Belichtung ausreichte. Ein +/- Symbol dient als Signal für eine vorgewählte Belichtungskorrektur. Die Batterieprüfung wird bei ausreichender Stromversorgung durch ein (nicht abstellbares) Pfeifen und vier der genannten Leuchtsymbole im Sucher quittiert.
Die übrigens fest eingebaute Mattscheibe besitzt einen Mikroprismenring und Schnittbildindikator. Das mattierte Umfeld der Mattscheibe ist ziemlich grob strukturiert (körnig).
Die Einstellung der Filmempfindlichkeit, die Wahl eines Korrekturfaktors und die Umschaltung auf automatische Erkennung DX-codierter Filme wurde von Olympus zu einem einzigen Knopf zusammengefaßt. Keine besonders glückliche Lösung, denn wer Korrekturfaktoren zu benutzen beabsichtigt verläßt den Komfort der DX-Erkennung und muß auf die herkömmliche manuelle Einstellung von Filmempfindlichkeit und Korrekturfaktor zurück greifen. Wer DX sagt und sicher viel Geld in die Integration dieser Komfortstufe investiert sollte zeigen, daß er mit dieser Philosophie mehr anzufangen weiß. Der ESP-Modus ist jedoch Anlaß, diesen Kritikpunkt abzumildern.
Der Selbstauslöser kann durchaus lobend erwähnt werden er erlaubt zwar nicht einen "verlustfreien" Abbruch einer Aufnahme jedoch die Befreiung vom "Spiegelschlag" da erden Spiegel gleich zu Anfang hochklappt. Dabei wird der Sucher automatisch gegen Fehllicht abgedichtet.
Der Schnellaufzug wie er uns mit der getesteten Kamera angeboten wurde, ist stark überholungsbedürftig. Er läuft rauh und hart, was sich bei der praktischen Arbeit störend bemerkbar macht. Wer einen Winder an dieser Kamera einsetzt kann sich jedoch vom unangenehmen Schnellaufzuggefühl befreien.

Fazit

ESP - die elektronisch selektive Punktmessung - ist das wesentliche, technisch hochinteressante Angebot in dieser Kamera. Während die Messungen, die sich auf die Zuverlässigkeit der Belichtung beziehen, der Kamera gute Eigenschaften bescheinigen können, ist der volle Umfang der Auswirkung der ESP-Philosophie nur in ausführlicher praktischer Erprobung nachzuweisen. Dabei kann heute noch nicht gesagt werden, ob der allgemein gute Eindruck sich noch verstärken wird, oder ob dieses "Rezept für Tausende möglicher Belichtungssituationen" noch Lücken aufweist.
Mit geringer Korrektur am Schnellschalthebel und einer etwas besseren Mattscheibe im Sucher können Pluspunkte vergeben werden, die heute schon reserviert sind. Zum Thema "DX-Codierung" gibt jedoch auch die Olympus OM40 nicht die Antwort, die diese Idee vom Kamerakonstrukteur erwartet.

+ Wählbare automatische Belichtungskorrektur durch ESP (Elektronisch Selektive Punktmessung) 
+ TTL-Blitzautomatik
Minus

- Schnellschalthebel mechanisch rauh 
- Grobkörnige Mattscheibe

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