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Artikel

1998

Praxisvergleich 

Nikon FA / Olympus OM-40

Reife oder Jugend?

Man weiß, daß Vergleiche häufig gehbehindert sind, und so wird auch ein Vergleich ein wenig hinken, den man zwischen den Qualitäten einer vollreifen Freundin und den Reizen eines eben geschlüpften Teenys anstellt. Eins steht jedoch fest: mit der klugen, reifen Freundin kann man mehr anfangen, sie stellt aber auch höhere Ansprüche an den, der einiges von ihr erwartet!

Vor fast zwei Jahren (COLOR FOTO 11/83) berichtete ich über die damals brandneue Nikon FA! Bei der gegenwärtig geradezu rasanten Entwicklung der Kameratechnik ist das eine lange Zeit, in der sich einiges getan hat. Wer jedoch innere Werte zu schätzen weiß, wird auch heute noch mit seiner Nikon FA glücklich sein und kaum auf den Gedanken kommen, sie gegen das längste Kind von Olympus, die OM-40, einzutauschen; zumal gesagter Fortschritt sich bei Olympus noch nicht erkennen läßt. Immerhin ist die OM-40 von NORMTEST gerade erst (COLOR FOTO 7/85) ausführlich geprüft und besprochen. für die neuen, DX-codierten Filme eingerichtet, was die Enttäuschung über einen fehlbelichteten Film ausschließt.

Was sie beide nicht können

Bereits vor Jahren bewies die Konica F-Reihe, daß man weder einen "Schnellschalthebel" braucht, noch den Film in eine Spule mit Schlitzen fummeln muß; im Winter und mit Handschuhen ein ganz besonderes Vergnügen. Canon hat das mit der T-50 und der T-70 endlich aufgegriffen, und die sensationelle Minolta 7000 hat sich dieser Neuerung angeschlossen. Keine der beiden Kameras, weder die Nikon FA noch die OM40, kann das. Beide können auch den Film nicht automatisch transportieren, bzw. rückspulen, und keine kann auf diesen langsamen und fossilen Schalthebel verzichten, es sei denn, man kauft sich einen Winder dazu.

Rein äußerlich

unterscheiden sich die beiden Kameras kaum in der Größe. Das FA-Gehäuse wiegt ca. 140 g mehr. Wo Gewicht eine Rolle spielt, mag noch hinzukommen, daß die Olympus-Objektive ebenfalls leichter sind als die meisten Nikon-Linsen. Griffig sind sie beide, zumal sich Olympus entschlossen hat, der OM-40 wenigstens die Andeutung von fingergerechten Griffstücken mitzugeben. Da man auf der Oberseite der FA wesentlich mehr einstellen kann (und gelegentlich auch muß!), wirkt sie aus der Sicht auch längst nicht so aufgeräumt wie die OM-40, deren praktisch nur zwei Automatikeinstellungen jeder Brillenträger, der ohne Brille fotografiert, vornehmen kann.

Beim Blick durch den Sucher

werden Unterschiede sehr deutlich. Die Einstellscheibe der FA ist - bei gleichen Blenden - heller, das Sucherbild klarer, als auf der "Mattscheibe" der OM-40. Beide haben den üblichen, waagerechten Schnittbild-Entfernungsmesser, der bereits ab Blende 4 zum Abdunkeln neigt. Hier sollten sich beide Hersteller mal von Canon oder Minolta zeigen lassen, wie man gute Einstellscheiben macht.
Die FA informiert den Fotografen über die Belichtungsdaten mittels einem Display links über dem Sucherbild, das man jedoch nur deutlich erkennen kann, wenn man bei der Aufnahme nach links oben schielt. Bei der OM-40 leuchten die nötigen Angaben links vom Sucherbild in hellem Grün, bei schlechtem Licht vom Auge deutlich erfaßbar. In sonniger Landschaft sind die winzigen grünen Zeichen nur schwer zu erkennen. Belichtungskorrekturen werden von beiden Kameras unübersehbar angezeigt! Das Sucherokular kann bei der FA mit einem Hebelchen verschlossen werden, um Belichtungsfehler durch Fremdlicht zu vermeiden. Die OM-40 braucht das nicht, weil bei den OM-Kameras Fremdlicht durch den Sucher nicht wirksam werden kann.

Der Verschluß

läuft bei der FA vertikal, bei der OM horizontal, was beim Fotografieren keine Rolle spielt. Was aber die Verschlußzeiten betrifft hat die FA erheblich mehr zu bieten: von 1 sek bis 1/4000! Dazu noch ohne Batterien eine 1/250 sek und eine Synchronisationszeit von 1/250 Sekunde! Hingegen liegt die Synchronisationszeit bei der OM-40 nur bei der 1/60 Sekunde die Verschlußzeiten reichen im Automatikbetrieb) von 2 sek bis 1/1000. Dies überrascht bei Olympus, weil gerade die OM-Kameras (OM-2, OM-4) durch ihre extreme Langzeitbelichtung vorbildlich waren. Der Standard liegt heute, selbst bei preiswerten Kameras, etwa bei 8-16 Sekunden.
TTL-Blitz-Belichtungs-Steuerung ermöglichen beide Kameras mit den entsprechenden systemgerechten Blitzgeräten.

Die Belichtungsmessung

der beiden Rivalinnen weist gewisse Ähnlichkeiten in der Praxis auf, die beiden Systeme sind jedoch grundverschieden.
Die Nikon FA hat seinerzeit großes Aufsehen erregt durch eine Teilung des Meßfeldes in fünf Segmente: eins in der Mitte, vier außen herum. Jedes Feld wird einzeln gemessen und daraus ein optimaler Wert gebildet. Was tatsächlich passiert, ist leicht erklärt: Sie haben eine grüne Wiese im Sucher, in der rechten Ecke steht ein weißes Schaf. Also meldet das System viermal die gleiche Belichtungskombination, einmal - das Schaf! -etwas kürzer. Da wir jedoch eine komplette Aufnahme haben wollen und nicht fünf korrekt belichtete Segmente, gibt es einen Mittelwert, wie ihn jede Kamera mit integraler Messung auch liefert. Allerdings bescheinige ich der FA aus der Praxis gern, daß sie zuverlässig und praxisgerecht belichtet, wenigstens in ca. 80% aller Aufnahmesituationen. Für den Rest, wo es auf eine präzise Messung eines Motivausschnittes ankommt, kann man "mittenbetont" messen, indem man einen Knopf (rechts am Objektivsockel) eindrückt. Diese Methode kommt nahe an eine echte Spotmessung heran, ist aber noch keine. Mehrfachbelichtungen sind möglich, was bei der OM-40 nicht der Fall ist, und bei beiden Kameras läßt sich der Meßwert nicht speichern. Das Meßsystem der OM-40 ist grundsätzlich ähnlich, funktioniert jedoch anders. Normalerweise - und ebenfalls für ca. 80% aller Aufnahmen geeignet, mißt diese Kamera "mittenbetont integral". Für die 20%, die eine sehr genaue Messung der bildwichtigen Teile eines Motivs nötig machen, hat Olympus das "ESPN erfunden, die "Elektronisch Selektive Punktmessung". Zum Umschalten muß ein Drehknopf (links unterhalb des Sucherprismas) mit spitzen Fingern gedreht werden; Gitarristen werden hier die geringsten Schwierigkeiten haben. In der ESP-Stellung mißt die OM-40 deutlich mittenbetont fast (!) selektiv, - wenn sie will. Sie orientiert sich nämlich am Motiv, und wenn ihr dies gleichmäßig beleuchtet scheint, mißt sie trotz ESP-Zuschaltung normal, also integral mit Mittenbetonung. Erst wenn die Kamera glaubt, ein besonderer Kontrast sei zu überwinden - was der "Weißen Braut vor schwarzem Kirchentor", bzw. dem "Kaminkehrer im Schnee" entspricht, entschließt sie sich zur selektiven Mittenbetonung. Ob und wann Sie das tut, wissen Sie selten vorher, aber die Kamera signalisiert es Ihnen: Wenn Sie ESP macht, leuchtet ein grünes Zeichen links unten am Sucherrand auf.

Belichtungsprogramme

Die Nikon FA bietet Ihnen deutlich mehr: Programm-, Blenden- und Zeitautomatik neben "manuell". Die Olympus begnügt sich mit "Programm" und Zeitautomatik, neben manueller Einstellung, was für die Praxis auch reicht. Während der Meßbereich bei der FA die Werte von EV 1-20 bei ISO 100/21xGRADx umfaßt, reichen sie bei der OM-40 von 0-18, was praktisch keinen großen Unterschied bedeutet. Beide Kameras werden entweder von zwei 1,5-V-Knopfbatterien oder von einer 3-V-Lithium-Batterie mit Strom versorgt.

Fazit

Mit beiden Kameras kann man korrekt belichtete Aufnahmen machen. Für denjenigen, der gern tüftelt und auch Lust hat - sich mit Fototechnik intensiv zu beschäftigen, lohnt sich auf alle Fälle die Anschaffung der etwa doppelt so teuren Nikon FA durchaus. Er bekommt mehr Schalter und Knöpfe für sein Geld, und zusätzlich noch die 1/4000 sek. sowie die Blitzsynchronisationszeit von 1/250 sek. beides hochinteressante fotografische Möglichkeiten.
Wer es einfacher, aber nicht simpel will, ist mit der OM-40 entschieden besser dran, weil sie alle Vorteile der Spiegelreflexfotografie erschließt, dies aber unkompliziert und leicht verständlich anbietet, wobei Sie obendrein noch sehr preiswert ist.

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