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Artikel
1998
Kameras
Die Rolleiflex 3003 und ihr Wechselmagazin-System
Wechselspiel
Das Wechseln der Filmart und Filmempfindlichkeit während einer Filmlänge ist ein alter Wunschtraum der Fotografen. Im Mittelformat längst üblich, hatte dieses Prinzip beim Kleinbildfilm allerdings ein paar Geburtswehen zu bewältigen. Dafür zeigt es sich heute um so perfekter bei der Rolleiflex 3003.
"Es gibt Schwarzweiß-Momente, da wünschen Sie Ihren Farbfilm zum Teufel." Mit solch markigen Werbesprüchen möchte Rollei den Fotografen seine einzige Kleinbildkamera schmackhaft machen. Und siehe da, die Werbestrategen treffen mit dieser Aussage genau ins Schwarze, respektive ins Schwarzweiße. Denn die einzige 35-mm-Kamera des ansonsten stark mittelformatlastigen Braunschweiger Herstellers ist zugleich auch einzigartig. Keine andere Kamera des gegenwärtigen Weltmarktangebotes lobt es zu, eine Farbfilmpatrone gegen einen Schwarzweißfilm auszutauschen, wenn ersterer noch nicht zuende belichtet ist.
Zugegeben, die Idee ist nicht neu. Zeiss Ikon, ein Name aus den glorreichen Tagen der deutschen Kameraindustrie, schuf bereits Magazine zu den Kameramodellen Contaflex und Contarex, doch waren jene recht umständlich zu bedienen.
Rollei beschritt dagegen einen prinzipiell anderen Weg bei der SL 2000, als sie Mitte der siebziger Jahre konzipiert wurde. Schachtsucher und Wechselkassette deuten unmißverständlich auf eine Mittelformat-Verwandtschaft hin. Das Magazin ist daher kein bloßes Anhängsel, sondern wurde harmonisch in das Kameragehäuse integriert.
Eine Mittelformatkamera en miniature
Der gute alte Schieber verhindert auch bei der modernen Rolleiflex 3003, daß ein Bild verloren geht. Er findet im Normalbetrieb Gott sei Dank Aufnahme in einem separaten Fach, was das Verlustrisiko erheblich senkt. Hinten dran steckt noch der Power Pack, ohne den es wie beim Roulette heißt: "Nichts geht mehr". Das hat den Nachteil, daß der Fotograf seine Wechselmagazine, die mit über 300 Mark nicht gerade preiswert ausfallen, noch zusätzlich mit je einem Energiepack (ca. 70 DM) ausrüsten muß, um den Wechsel schnell mit einem Griff zu vollziehen. Die Filmempfindlichkeitseinstellung sitzt genau da, wo sie hingehört, nämlich am Magazin.
Die Vorzüge des Rollei-Würfels sind längst bekannt
Die anderen Vorzüge der Rolleiflex 3003 dürften inzwischen sattsam bekannt sein. Hervorzuheben wäre insbesondere das doppelte Suchersystem. Der Schachtsucher ermöglicht bei etwas Training und Gewöhnung an das seitenverkehrte Bild, leicht unbemerkte Aufnahmen aus Bauchhöhe. Auch für Porträtaufnahmen eignet sich der Einblick besser als der Durchblick, das angepeilte Modell kommt sich nicht ständig fixiert vor Der integrierte Motor für maximal drei Bilder pro Sekunde hilft, die richtige Pose zu erwischen oder den Schnappschuß erfolgreich zu landen. Das Einfrieren von schnellen Bewegungen gelingt mit der 2000stel Sekunde.
Wer die Vielfalt der heute gerade bei Kleinbild angebotenen Filmarten situationsgerecht nutzen und sich nicht mit Zweit- oder Drittgehäusen herumplagen will, der ist mit der Rolleiflex 3003 bestens bedient. Inzwischen gehören auch das Zubehör- und Objektivprogramm zu den üppigen der Branche. Carl Zeiss und Schneider-Kreuznach bürgen dabei für hohe Abbildungsqualität. Selbst für Spezialbereiche wie Endoskopie und Mikroskopie ist vorgesorgt. Professionellem Arbeiten mit einem Polaroid-Rückteil steht ebenfalls nichts im Wege.
Fazit: Der Tribut, den der Fotograf für die vielfältigen Möglichkeiten der Rolleiflex 3003 entrichten muß, besteht lediglich in der gewöhnungsbedürftigen Bedienung. Doch nicht zuletzt dank einer vorbildlichen Gebrauchsanweisung, freundet man sich schnell mit dieser ungewöhnlichen Kamera an.
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