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1998
Vergleichstest
Canon F-1 & Nikon F3 & Pentax LX
Die Flaggschiffe aus dem Baukasten
Wie ein Spielzeug, Stück für Stück aus dem Baukasten zusammengesetzt, so möchten viele Fotografen eine Kamera Stück für Stück der Aufgabe anpassen können, die sie sich selbst gestellte haben oder ihnen von einem Auftraggeber gestellt wurde. Mit einer Systemkamera ist das kein Problem.
Eines gleich vorweg: Die Vorteile der Canon F-1, Nikon F3 und Pentax LX liegen nicht darin, daß man mit ihnen bessere Bilder macht, sondern auf einem anderen Gebiet. Sie sind ausbaufähiger als die anderen Kameras ihrer Hersteller, lassen sich für fast jede Aufgabe anpassen und sind - im Ernstfall doch ein bißchen robuster.
Die Sucher
Während die übrigen Kleinbildkameras mit nur einem Sucher auskommen müssen, dem eingebauten Prismensucher, der ein aufrechtstehendes und seitenrichtiges Bild liefert, kann der Besitzer einer F-1, F3 oder LX unter verschiedenen Sucher wählen. Auch der Besitzer einer Rolleiflex 3003 hat die Wahl - allerdings nur zwischen Durchsicht und Draufsicht und ohne den Sucher wirklich wechseln zu können - das sei der Ordnung halber erwähnt.
Für die Canon F-1 stehen fünf verschiedene Sucher zur Verfügung, ebenso viele für Nikon F3, während Pentax LX mit acht verschiedenen Möglichkeiten die Mattscheibe zu betrachten über die Stränge schlägt.
Canon bietet neben dem normalen Prismensucher noch den Typ AE-FN. Er macht aus der Nachführkamera F-1 eine Kamera mit Nachführmessung und Zeitautomatik. Das haben die beiden Mitbewerber nicht nötig - bei ihnen ist die Belichtungsautomatik Bestandteil des Kameragehäuses. Neben diesem Automatiksucher nimmt noch der Sportsucher zur F-1 eine Sonderstellung unter den Canon-Suchern ein. Mit ihm ist es möglich, die Mattscheibe aus bis zu 6 cm Entfernung vom Okular zu überblicken und das von hinten oder von oben, weil der Sportsucher drehbar gelagert ist. Das gilt auch für den entsprechenden Sucher der LX, der wiederum eine Besonderheit aufweist. Er ist Teil des Systemsuchers im Pentax-Sucherprogramm. Dieser besteht aus einer Basis, auf die drei verschiedene Aufsätze montiert werden können, neben dem Sportsucher zwei 45xGRADx-Einblicke, einer mit und einer ohne Lupe.
Der Sportsucher der Nikon ist nicht drehbar, bietet aber auch die zurückverlegte Eintrittspupille, die die Fokussierung und Mattscheibenbetrachtung ja sogar mit Bauarbeiterhelm möglich macht, dessen Schirm es nicht erlaubt, die Kamera ans Auge zu führen.
Zu den bisher erwähnten Suchern kommen Lichtschachtsucher in faltbarer (Nikon und Pentax) und starrer Ausführung (Canon und Pentax) und Lupensucher, die ein vergrößertes Abbild der Mattscheibe liefern und dadurch die Scharfstellung erleichtern. Aus allen drei Suchersystemen ragt das der Nikon aus einem Grund hervor - die Nikon-Sucher zeigen 100% des Diaformates, nichts von dem, was der Fotograf im Sucher sieht, wird er später auf dem Bild vermissen. Brillenträgern sei der High-Eyepoint empfohlen.
Die Mattscheiben
Der Sucher dient zu nichts anderem, als zur Betrachtung der Mattscheibe, auf die das vom Objektiv kommende Bild über den Spiegel projiziert wird. Diese Mattscheibe, beim Großteil der Spiegelreflexkameras fest eingebaut, ist bei allen drei Flaggschiffen vom Benutzer selbst wechselbar. Canon bietet die größte Zahl an verfügbaren Scheiben, genau sind es 32 Stück. Nun sind zwar alle diese Scheiben voneinander verschieden, aber der Canon-Fotograf muß sich nicht zwischen 32 unterschiedlichen Scheiben entscheiden. Die große Zahl der Mattscheiben hat ihren Grund darin, daß die F-1 verschiedene Methoden der Belichtungsmessung zur Wahl stellt - die mittenbetont-integrale, die selektive und die Spotmessung, und daß die Wahl der Meßmethode über die Wahl der Mattscheibe bestimmt wird. Es sind also nur 13 verschiedene Mattscheibentypen, von denen alle dreizehn für Integral und Selektivmessung angeboten werden, sechs Scheiben stehen darüber hinaus für die Spotmessung zur Verfügung. Den 13 Canon-Scheibentypen stehen 16 von Nikon und 9 von Pentax gegenüber.
Mattscheibenwechsel empfiehlt sich besonders, wenn extrem lichtstarke oder lichtschwache Objektive eingesetzt werden (verschieden ausgelegte Einstellhilfen), wenn Architektur auf dem Aufnahmeprogramm steht (Gitterteilung), wenn besonders große Maßstäbe angestrebt werden (Meßskalen) oder wenn Aufnahmen vom Bildschirm gemacht werden sollen, wofür Nikon eine spezielle Scheibe ("T") im Programm hat.
Sucherinformation
Wer mit einer Kamera arbeitet, die den Ruf höchster Professionalität hat, wird in der Regel daran interessiert sein, alle Aufnahmedaten übersichtlich und gut lesbar im Sucher präsentiert zu bekommen - außenliegende Informationsfelder, wie sie sich der Pentax super A, über die Canon T70 bis zur Minolta 9000 entwickelten, bietet keine der drei Flaggschiffe, obwohl diese Art der Information bei der Arbeit vom Stativ nicht zu verachten ist.
Die Canon F-1 bietet mit zwei verschiedenen Skalen für verschiedene Arten der Belichtungssteuerung - sie können einzeln aber auch gemeinsam zu sehen sein - die aufwendigste Sucherinformation und mit den filigranen Zeigern den altväterlichsten Eindruck. Zur nächsten Generation gehört zweifellos den Pentax LX, in deren Sucher bunte LED-Punkte zur Information des Fotografen beitragen, während der Nikon-Benutzer seine Kenntnisse von einem LCD-Feld bezieht. (LED = Light Emitting Diode, Leuchtdiode; LCD = Liquid Cristal Display, Flüssigkristallanzeige). Hinzu kommt in allen drei Suchern die Einspiegelung der Blende vom Blendenring des Objektivs (was bei der Canon F-1 mit den älteren Chromring-Objektiven nicht funktioniert), bei der F-1 wird auch die Verschlußzeit über ein Spiegelsystem des Automatiksuchers dem Fotografen zur Kenntnis gebracht.
Die Belichtungsmessung
Im Sucher der Nikon F3 kennzeichnet ein großer Kreis die Zone maximaler Empfindlichkeit bei der Belichtungsmessung die unter besonderer Berücksichtigung dieser Zone integral (über das gesamte Bildfeld) erfolgt. Bei der Canon hat der Fotograf die Wahl, mit der Mattscheibe die Art der Belichtungsmessung zu ändern, während die Pentax LX ihrem Fotografen nur die mittenbetont integrale Belichtungsmessung anbietet, die allerdings in zwei Varianten. Die Belichtung kann über einen Sekundärspiegel gemessen werden, der hinter dem Teildurchlässigen Schwingspiegel angebracht ist, bei kurzen Verschlußzeiten über ein Muster auf dem ersten Verschlußvorhang und bei längeren Verschlußzeiten über die Filmoberfläche.
Obwohl durch den Mattscheibenwechsel etwas umständlich, ist die Vielfalt der Varianten nicht zu verachten, die Canon bietet. Zur Spotmessung würde eine Meßwertspeicherung sehr gut passen, die dem F-1-Fotografen indes vorenthalten wird. Auch der LX-Fotograf kann den Belichtungsmeßwert nicht speichern, während die F3 ihrem Benutzer diesen nützlichen Komfort bietet.
Die Meßbereiche (bezogen auf 100-ASA-Filme und eine größtmögliche Blendenöffnung von 1:1,4) sind bei allen drei Kameras der praktischen Arbeit angemessen, bei der Pentax sprengt er die unteren Grenzen (bis -6.5), was eine längste Verschlußzeit von 125 Sek. bedeutet, allerdings nur bei automatischer Zeitensteuerung - die bei der LX neben der manuellen Einstellung von Zeit und Blende zur richtigen Belichtung führt. Dieselbe Kombination bietet auch die F3, wie bei der LX ist auch hier die Automatikfunktion mit dem Gehäuse allein gewährleistet. Anders bei der Canon, die in der Grundausstattung nur Nachführmessung, mit dem Automatiksucher Zeitautomatik und mit Motor ober Winder Blendenautomatik bietet.
Bei keiner Profikamera ist der Fotograf den Launen des Gerätes ausgeliefert - in schöner Eintracht bieten alle drei die Möglichkeit, Belichtungskorrektur-Faktoren von +2 bis -2 Blendenwerten einzustellen.
Ebenfalls Gleichklang herrscht, wenn es um die kürzeste Belichtungszeit geht, die durchweg bei der 2000stel liegt - zumindest nominell. Während die 2000stel der Canon sogar etwas kürzer ist - die Messung ergab eine um 1/10 Blendenstufe zu knappe Belichtung - und die 2000stel der Nikon nur ein wenig zu lang ausfällt, was sich in einer zu reichlichen Belichtung von etwa 2/10 Blendenstufen niederschlägt, hat die Pentax ganz offensichtlich Probleme mit der sehr kurzen Zeit. Bei nur einem von vier Modellen blieb die 1/2000 sowohl bei Automatik als auch bei Manuellbetrieb innerhalb der (recht weiten) DIN-Toleranzen, aber auch hier wird der gewährte Spielraum bei Motoraufzug sehr stark strapaziert. Merkwürdigerweise ergeben sich bei der Pentax Unterschiede in den Verschlußzeiten wenn einmal der Motor den Verschluß spannt, das andere Mal der Daumen.
Sieht man von diesem Ausreißer ab, sind die Verschlußzeiten aller drei Kameras nicht zu bemängeln. Das trifft auch für die Zeitautomatik der drei Prüflinge zu. Die Nikon freilich kann hier beinahe als Referenzkamera gelten, so vorbildlich richtet sie sich nach der Ideallinie. Die Canon belichtet etwas knapp, bei Blendenautomatik bis auf die offene Blende dagegen reichlicher. Auch die Pentax gibt sich weitgehend linientreu, nur die extrem langen Zeiten geraten ungenau. Es fällt auf, daß bei der Canon und der Pentax
die langen Verschlußzeiten elektronisch gesteuert werden (batterieabhängig!) die kurzen aber mechanisch (sie können auch bei leeren Batterien, wenn auch ohne Belichtungsmessung, eingesetzt werden). Die elektronisch gesteuerten Verschlußzeiten liegen näher an der Ideallinie als die mechanisch gesteuerten. Bei der Canon stehen ohne Strom noch zur Verfügung die 1/2000 bis 1/90 Sek. (letzteres die Synchronisationszeit) bei der Pentax die 1/2000 bis zur 1/75 Sek. auch hier ist die Synchronzeit die Grenze zwischen Elektronik und Mechanik. Die Nikon bietet als Notbehelf in batterielosen Zeiten die mechanisch gesteuerte 1/60 Sek., die über einen Not-Auslöser abgerufen werden muß. Die Synchronisationszeit der Nikon F3 liegt bei der 1/80 Sek.
Motorischer Filmtransport
Obwohl die Probanden schon vor fünf bzw. vier Jahren vorgestellt wurden (die F-1 ist die jüngste im Trio) standen schon Motoren zur Verfügung, die an Schnelligkeit nichts zu wünschen übrigließen - wobei das Sondermodell Canon F-1 High Speed, das ohnehin neueren Datum ist, ausgeklammert werden soll: Es schafft (für gute 20000 DM) 10 Bilder pro Sekunde. Aber auch die 6 B/Sek. die die Nikon F3 mit arretiertem Spiegel schaffen soll, sind nicht von schlechten Eltern, und mit 5 B/Sek., die die Canon und Pentax anbieten, können sich sehen lassen. Leider konnten wir die Nikon-Höchstleistung nicht überprüfen (das notwendige NC-Energieteil fehlte), mit dem Batterieteil, gefüllt mit frisch geladenen Akkus, hochgeklapptem Spiegel und einer Verschlußzeit von 1/2000 Sek., d. h. mit optimalen Voraussetzungen, wurden "nur" 3.9 B/Sek. erreicht.
Der Canon Motor blieb mit 4.9 B/Sek. nur um 1/10 Bild hinter der versprochenen Höchstleistung zurück.
Während der Nikon-Besitzer zum schweren und teueren Motor greifen muß, wenn er schaltfaul ist, kann sich der Canon-Fotograf auch mit einem kleineren Winder die Schnellschalthebelei ersparen, der 2 B/Sek. schafft. Über die Leistung der motorischen Pentax-Transporteinheiten läßt sich kein Urteil abgeben, da der Motor nach dem ersten Meßlauf beim Zurückspulen den Geist aufgab, und der Winder beim Versuch, ihn mit ganz normale Batterien zu betreiben, ebenfalls den Dienst quittierte.
Die motorische Rückspulung bieten die Motoren und der Pentax Winder.
Eine ganz besondere Einnahmequelle hat sich auf diesem Gebiet Nikon erschlossen. Nur mit einer speziellen Rückwand wird der Film nicht ganz in die Patrone transportiert.
Langflilmmagazine und Datiereinrichtungen
Wenn der Motor 5 B/Sek. durchzieht, ist ein 36er Film in guten sieben Sekunden belichtet. Wenn Vorgänge mit dieser Bildfrequenz belichtet werden sollten, die länger dauern, steht für jede der Profikameras ein Langfilmmagazin zur Verfügung - mit 100 Bildern Fassungsvermögen für die Canon, mit je 250 Bildern Fassungsvermögen für die Nikon und die Pentax. Das Pentax-Magazin bietet im Gegensatz zu den beiden anderen keinen separaten Auslöser, was die Handhabung etwas erschwert, dafür kann der extralange Film (wieder im Gegensatz zu den beiden anderen) auch per Schnellschalthebel transportiert werden.
Datenrückteile sind aus der Fotografie in Wissenschaft und Technik nicht wegzudenken, doch auch "kreativen Profis bedürfen hin und wieder dieser Gedächtnisstützen.
Das Datum, Buchstaben- und Ziffernkombinationen erleichtern es dem Canon-Besitzer, seine Bilder auseinanderzuhalten, der Nikon-Fotograf kann das Datum, Zahlen und die Anzeige einer Digitaluhr ins Bild einblenden. Für die Pentax stehen zwei Datenrückwände zur Verfügung, von denen die eine Datum, Zahlen, Buchstaben bietet, die andere eine Analoguhr, für die allerdings ein Feld aus dem Foto ausgespart werden muß - und dies einen ganzen Film lang.
Fernsteuerungen
Nicht immer ist es angeraten, daß der Fotograf an der Kamera bleibt, während die Aufnahmen gemacht werden (Experimente), manchmal ist es nicht nötig (Dokumentation von langsam fortschreitenden Vorgängen). Für alles ist vorgesorgt. Im Zubehörkatalog für die Profikameras stehen Fernsteuerungen und Steuergeräte. Die klassische Fernsteuerung ist der Fernauslöser, ein langes Kabel, an dessen einem Ende die Kamera, an dessen anderem Ende der Fotograf zu finden ist ihn gibt es für alle drei Kameras jedoch ist die so überbrückte Entfernung nie allzu groß.
Drahtlos funktionierende Fernsteuerungen lassen größere Distanzen zwischen Kamera und Fotograf zu, bei Canon setzt man auf Infrarot, bei Nikon auf modulierten Licht bzw. Funk, bei Pentax arbeitet man ebenfalls mit Infrarot.
Mit einem Gerät können bei Canon drei Kameras gesteuert werden (mit je einem Empfänger natürlich), bei Nikon des gleichen mit der Funkfernsteuerung, mit dem Modulite-Gerät zwei Kameras. Für die unbemannte Fotografie werden Steuergeräte angeboten, denen niemand ansieht, daß sie Pate standen für die neuen, flachen Steuerrückwände, die an moderne KB-Kameras problemlos angesetzt werden können. Es gibt sie vielleicht in der nächsten Generation.
Blitzfotografie
Wenn das Licht zur Neige geht sind die Profikameras eingebettet in die entsprechenden Blitz-Systeme - speziell abgestimmte Blitzgeräte gibt es nur für die Nikon F3, doch nur aus einem Grund: Die Nikon hat einen speziellen Zubehörschuh über der Rückspulkurbei, was nicht stört, wenn mit Motor gearbeitet wird, weil die Rückspulung mit seiner Hilfe erfolgt, was sehr stört, wenn von Hand zurückgespult wird, wobei der Blitz deutlich im Wege ist.
Die Canon F-1 ist die einzige Kamera, die keine TTL-Blitzmessung bietet, ein Manko, das auch das Canon Auto-Tuning-System nicht ganz auszugleichen vermag.
Standard ist, daß mit den passenden Blitzgeräten die Synchronisationszeit automatisch eingestellt, die Blitzbereitschaft im Sucher angezeigt wird und bei TTL-Betrieb Rückmeldung über korrekte Blitzbelichtung erfolgt.
Spezialgeräte machen die künstliche Beleuchtung noch einfacher, Makroblitze in allen drei Fällen, ein Stroboskop-Gerät im Falle der Nikon.
Fazit
Wer sich für eines der drei Systeme entscheiden soll, steht vor einer schweren Aufgabe. Die Canon F-1 hat den deutlichen Vorteil, daß die Belichtungsmeßmethoden gewählt werden können, und daß neben der Zeitautomatik noch die Blendenautomatik zur Verfügung steht. Was das System angeht, hat die Nikon ein bißchen die Nase vorne, sie bietet TTL-Blitzsteuerung und ist, was die Genauigkeit der Belichtung angeht, ein klein wenig besser, als die Canon. Die Pentax schließlich leidet in diesem Vergleich unter dem Zusammenbruch von Motor und Winder und darunter, daß die 1/2000 Sek. nicht immer so funktionierte, wie sie sollte. Angenehmen an dieser Kamera: die TTL-Blitzmessung die superlangen Verschlußzeiten und der Systemsucher, dessen 45xGRADx-Einblick für manche Aufnahmesituationen (besonders Makro) wie geschaffen ist.
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