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Artikel
1998
Vergleichstest
Spotmessung
Messen - auf den Punkt
Die Spotmessung ist die sicherste Art, auch unter komplizierten Lichtverhältnissen zu richtig belichteten Bildern zu kommen - vorausgesetzt, der Fotograf scheut sich nicht, mitzudenken. Wir zeigen Ihnen, was es mit der Spotmessung auf sich hat, und stellen die Spiegelreflexkameras vor, die diesen Komfort bieten.
Die Spotmessung ist keine Erfindung unserer Tage, doch erst mit der jüngsten Kamerageneration kommt diese Art, die Belichtung zu messen, in dem Maße zu ihrem Recht, wie ihr das gebührt.
Weshalb dieses Interesse an der Spotmessung, die vom Fotografen Mitdenken verlangt, in einer Zeit, da immer mehr Automatikfunktionen in einer Kamera das Fotografieren immer leichter und immer sicherer machen sollen und tatsächlich leichter und sicherer machen, wenn...
Motive, die der Norm entsprechen
Dieses "wenn" ist der Grund dafür, daß die Spotmessung immer mehr Freunde findet und immer häufiger angeboten wird. Die Belichtungsautomatik ist auf die korrekte Arbeit des Belichtungsmessers angewiesen, der seinerseits auf ein bestimmtes Normmotiv geeicht ist das - so die Vorgabe - ebensoviel Licht reflektiert, wie eine graue Fläche mit 18% Reflexionsvermögen. Bei den meisten Motiven ergänzen sich die hellen und die dunklen Partien zu einem Mischwert, der diesen ominösen 18% entspricht.
Wenn diese Motive im Ganzen zur Belichtungsmessung herangezogen werden, kann eigentlich nichts schiefgehen.
Probleme kommen dann ins Spiel, wenn die Helligkeitsverteilung im Motiv der Normvorgabe entgegenläuft, wenn das Motiv also ganz hell oder ganz dunkel ist, oder wenn die wichtigste Partie im Motiv viel heller oder viel dunkler ist als der Rest.
In den beiden ersten Fällen hilft auch die Spotmessung allein nicht weiter - es hilft nur, überzubelichten, um ein helles Motiv vor dem Vergrauen zu bewahren, oder unterzubelichten, um ein dunkles Motiv so auf den Film zu bannen, wie es vor der Kamera steht.
Hohe Kontraste verlangen Spotmessung
Die Stunde der Spotmessung schlägt, wenn große Helligkeitsunterschiede das Bild bestimmen, wenn der Kontrastumfang sehr groß ist.
Spätestens jetzt stellt sich die Frage: Was ist Spotmessung?
Im Gegensatz zur weiter verbreiteten Integralmessung wird die Belichtung nicht über die ganze Bildfläche gemessen und gemittelt, sondern die Belichtungsmessung erfolgt in einem sehr kleinen Abschnitt des Bildfeldes.
Das hat den Vorteil, daß das Motivteil gezielt angemessen werden kann, das für das Bild wichtig ist: Das Gesicht beim Porträt im Gegenlicht, die weiße Blüte auf dem dunklen Untergrund oder der Schneeanzug des Skihaserls, das einsam in einer großen, gleißenden Schneefläche seine Spuren zieht.
Allerdings: Die Spotmessung sorgt in diesen Fällen nicht dafür, daß das ganze Bild optimal belichtet ist - es kann sogar sein, daß das angemessene Hauptmotiv trotz des Spots falsch belichtet ist.
Im ersten Fall, Porträt im Gegenlicht, wird das Gesicht richtig belichtet sein, denn die Haut helhäutiger Menschen ist in ihrem Reflexionsvermögen nicht allzuweit von der Graukarte entfernt. Da das "dunklere" Gesicht aber eine reichlichere Belichtung braucht als der helle Hintergrund, wird der zu hell erscheinen.
Nur "Weiß" täuscht auch den Spot
Die weiße Blüte vor dem dunklen Hintergrund liegt da etwas anders. Wenn nur weiß vom Belichtungsmeßfeld erfaßt wird, irrt die Spotmessung ebenso, wie die Integralmessung bei einem ganz weißen Motiv: die Belichtung wird zu knapp gehalten und das Weiß wirkt grau. Anders, wenn ein bißchen vom dunklen Hintergrund mit ins Meßfeld gelangt: Dann wird die Belichtung in Richtung "reichlich" verändert - die Blüte wird korrekt belichtet auf dem Bild erscheinen, der dunkle Hintergrund ein bißchen zu dunkel, aber das macht ja nichts.
Ob das Bild mit dem Mädchen im Schnee richtig belichtet wird hängt schließlich davon ab welches Reflexionsvermögen der Skianzug hat. Entspricht er in etwa der Graukarte, so steht dem guten Ergebnis nichts mehr im Wege - wobei der Schnee ein bißchen zu hell wegkommt- ist der Skianzug rabenschwarz, so wird er im Bild vergraut wirken und der Schnee viel zu hell.
Zusammenfassung: Entspricht das Hauptmotiv mit seinem Reflexionsvermögen dem Normmotiv, so ist alles in Butter - auf Kosten der nicht ganz korrekt belichteten Umgebung.
Soll das ganze Bild, trotz hoher Kontraste, richtig belichtet werden und nicht nur ein sehr wichtiger Teil, so verhilft auch hier die Spotmessung zum Ziel - ohne aber dem Fotografen das Denken abnehmen zu können.
Einmal ist es möglich, eine Ersatzmessung vorzunehmen. Vielleicht ist ja in dem kontrastreichen Motiv eine Stelle, die von mittlerer Helligkeit ist und in ihrem Reflexionsvermögen der 18%-Vorgabe entspricht. Wird die mit dem Spot angemessen ist die Aufnahme gerettet- das Ganze wird richtig belichtet, allerdings werden die hellen Partien ein bißchen zu hell, die dunklen ein bißchen zu dunkel erscheinen.
Mit Spotmessung den Kontrast messen
Das gleiche Ergebnis kann erzielt werden, auch wenn keine normalgraue Stelle im Motiv zu finden sein sollte. Man mißt einfach (wieder mit Spot) die hellste Stelle an, dann die dunkelste (oder umgekehrt) und bestimmt den Mittelwert. Befindet die Kamera nach der Messung der dunklen Stelle Blende 2.8 und 1/30 Sek. für richtig, und schlägt sie für die Belichtung der hellsten Stelle Blende 22 und 1/30 Sek. vor, so bringt ein Mittelwert von Blende 8 und 1/30 Sek. eine Belichtung, die dem gesamten Motiv gerecht werden dürfte. Es steht auch einer dritten Spotmessung nichts im Wege, um aus drei gewonnenen Werten einen Mittelwert zu bilden, mehr Messungen sind selten sinnvoll, da schließlich nichts anderes erreicht wird, als eine (umständliche) Integralmessung. Die Mittelwertbildung muß inzwischen nicht mehr unbedingt im Kopf durchgerechnet werden - es gibt Meßsysteme, die diesen Komfort mit einschließen.
Das Meßfeld für Spotmessung sitzt in allen Kameras, die Spotmessung zulassen, in der Mitte des Bildfeldes - im Sucher mehr oder minder deutlich ausgewiesen.
Was aber, wenn der spot-werte Motivteil nicht in der Mitte des Bildes angeordnet sein soll? Dann muß es möglich sein, den per Spot ermittelten Belichtungswert festzuhalten, zu speichern, das Bild nach der Messung neu aufzubauen und dann mit dem richtigen Wert zu belichten. Um die Werte bis zum Auslösen hinüberzuretten, gibt es zwei probate Mittel: man stellt Blende und Verschlußzeit von Hand ein oder bedient sich - soweit vorhanden - des Meßwertspeichers, der häufig auch in einer englischen Gewandung als "Auto-Exposure-Lock" oder kurz AEL daherkommt.
Erst die beiden Möglichkeiten machen die Spotmessung praxisgerecht, wobei der Meßwertspeicher den Vorteil größerer Schnelligkeit bringt: Die Automatik bleibt in Betrieb, und es ist nicht nötig, Blende oder Verschlußzeit nachzuführen.
Eine praxisgerechte Ergänzung der Spotmessung ist auch die Möglichkeit, auf Knopfdruck reichlichere oder knappere Belichtung abzurufen - um den Spot auch einsetzen zu können, wenn das Motiv ganz hell oder ganz dunkel ist. Es muß in diesem Fall aber in Betracht gezogen werden, daß auf Knopfdruck nur ganz bestimmte Werte zur Verfügung stehen und daß es von Fall zu Fall günstig sein kann, die Korrektur über die manuelle Einstellung, Korrekturfaktor oder die Verstellung der Filmempfindlichhkeit einzugeben.
Kleinste Meßwinkel mit langen Teles
Bleibt noch ein wichtiger Punkt: Das Meßfeld nimmt einen bestimmten Raum des Bildfeldes ein, der immer gleich bleibt, egal welches Objektiv verwendet wird. Daß heißt, daß der Meßwinkel analog zum Bildwinkel größer und kleiner wird, der engste Meßwinkel wird mit langen Teleobjektiven erzielt.
Es kann also schwierig sein, mit einem Weitwinkelobjektiv die Spotmessung optimal einzusetzen, wenn das Weitwinkel wichtige Motivteile sehr klein abbildet, der Meßwinkel aber recht groß ausfällt.
In diesem Fall hilft weiter, was auch den Fotografen zu empfehlen ist, deren Kamera keine Spotmessung anbietet: ans Motiv herangehen, bis die Belichtung dort gemessen wird, wo sie ein richtiges Ergebnis verspricht, die Belichtung messen, speichern, wieder zurückgehen und dann fotografieren. Wer ein Zoom hat, kann sich eventuell den Fußweg sparen: Vielleicht genügt es, auf längste Brennweite zu zoomen, um das Meßfeld dem Ziel der Spotmessung anzupassen.
Derzeit gibt es neun Spiegelreflexkameras, die alle die Spotmessung erlauben. Um keine Eifersucht aufkommen zu lassen, werden sie in der Reihenfolge vorgestellt, die das Alphabet vorschreibt.
Zusätzliche Informationen vermitteln Ihnen die Sucherdiagramme, die von Normtest ermittelt wurden. Eingezeichnet sind jeweils die Linien gleicher Empfindlichkeit, um die Meßzone zu definieren. "-1" heißt in diesem Fall, daß ein Punkt auf dieser Linie gegenüber einem gleich hellen Punkt in Mitte um eine Blende unterbelichtet würde, oder anders ausgedrückt daß dieser Punkt nur noch zu 50% bewertet wird - im Vergleich zum gleich hellen Punkt in der Mitte der Meßzone. "-2" heißt, daß die Punkte auf dieser Linie nur noch zu 25% Beachtung finden, die Punkte auf der Linie " -3" werden nur noch mit 12,5% in die Wertung mit einbezogen. Ein weiteres Kriterium für die Wirksamkeit des Spotmessers ist, wie eng diese Linien angeordnet sind: je enger, desto drastischer fällt die Meßempfindlichkeit ab.
In einigen Fällen sind die Linien bis zum Wert "-5" eingezeichnet, während andere fehlen. Das wurde gemacht, weil sonst die Linien praktisch zusammengefallen wären. Und nun zu den einzelnen Kameras.
Neun Kameras bieten Spotmessung
Canon T70
Kamera mit eingebautem Motor, Tipptasten statt Einstellringen, Anzeige über LCD-Display. Die Spotmessung wird über einen Schiebeschalter vorgewählt und ist mit der Meßwertspeicherung kombiniert - Antippen des Auslösers genügt.
Canon F-1 (Neu)
Ausbaufähige Systemkamera mit Wechselsuchersystem. Eine Besonderheit dieser Kamera ist, daß die Spotmessung nur mit speziellen Einstellscheiben möglich ist, daß also nicht per Knopfdruck zwischen Integral- und Spotmessung gewechselt werden kann. Der Meßwert kann nicht gespeichert werden, so daß für die Spotmessung sinnvollerweise nur die Nachführmessung mit manueller Einstellung von Blende und Zeit eingesetzt wird.
Chinon CP-5s Twin Program
Kamera konventioneller Bauart. Die Spotmessung wird über einen Schalter angewählt, der gemessene Wert wird durch Antippen des Auslösers gespeichert. Die Spotmessung kann mit automatischer Mittelwertbildung - mit der Integralmessung verbunden werden.
Leica R4 und Leica R4s
Kameras, die sich nur in den Belichtungsautomatiken unterscheiden - beide bieten die Zeitautomatik, die R4 darüber hinaus die Blenden- und Programmautomatik. Bei Zeitautomatik und manueller Nachführmessung ist die Spotmessung möglich, im Automatikbetrieb wird der Meßwert durch Antippen des Auslösers gespeichert.
Minolta 9000
Die 9000 ist das jüngste Kind aus der Minolta Autofokus-Familie. Die Spotmessung wird über einen Extraschalter aktiviert und kann mit einer schatten- oder lichterbetonenden Korrektur verbunden werden, letzteres nur in Verbindung mit dem Meßwertspeicher. Die Belichtungsdaten werden über einen speziellen Schalter gespeichert. Mit der Rückwand "Super-90" ist die Kombination von acht Spotmessungen mit automatischer Mittelwertbildung möglich.
Olympus OM-2 Spot/Program
Die erste Olympus Spiegelreflexkamera mit Programmautomatik. Die Spotmessung ist (nur) mit dem manuellen Belichtungsabgleich gekoppelt und damit wird der Meßwertspeicher entbehrlich.
Olympus OM-3 und Olympus OM-4
Die beiden Kameras unterscheiden sich darin, daß die OM-4 eine Automatikkamera ist, die OM-3 aber nur die manuelle Belichtungseinstellung erlaubt. Bei beiden Kameras wird die Spotmessung über einen eigenen Knopf eingeschaltet, beide Kameras erlauben die licht- bzw. schattenbetonende Spotmessung und beide bieten den Komfort, acht Spotbelichtungsmessungen mit automatischer Mittelwertbildung zu kombinieren.
Fazit
Alle neun Kameras bieten durch die Spotmessung die Möglichkeit, sicherer zu richtig belichteten Bildern zu kommen wenn die Belichtungsverhältnisse schwieriger werden. Nur die Canon F-1 bietet die Spotmessung pur, alle anderen stellen die Integralmessung zur Wahl, die für einfache Motive den Vorteil hat, schneller zu sein. Am konsequentesten setzt Olympus die Spotmessung um und gibt ihr die Licht- und Schattenkorrektur mit sowie die Mehrfachmessung. Acht Messungen ist zwar ein bißchen viel des Guten, aber jeder Fotograf hat es in der Hand, davon Gebrauch zu machen oder sich zu beschränken.
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