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Artikel

1998

Kameras 

Fuji AX-Multiprogram

Ein neuer Anlauf

Fuji, als Hersteller hochwertiger Spiegelreflexkameras eher weniger bekannt, versucht mit der Fuji AX-Multiprogram im neuen Design, sich auch in diesem Marktsegment einen Namen zu machen.

Fuji ist in unseren Gefilden keine unbekannte Firma. Die Filme in der grünen Verpackung erfreuen sich großer Beliebtheit (nicht zu Unrecht), Audio- und Videobänder sorgen für Umsatz, und daß die Autofokuskompaktkamera Fuji 200 DL gut ist, ist spätestens seit unserem Vergleichstest in Heft 6/85 bekannt. Aber Spiegelreflexkameras, die auf den Namen der Firma Fuji hören?
Auch wenn ihr Bekanntheitsgrad nicht an den der Canon- und Minolta-Spiegelreflexe heranreicht - es gibt sie. Canon und Minolta sind nicht von ungefähr genannt; Fuji brachte seinerzeit, als Minolta mit der XD-7 als erstem Multiautomaten für Furore sorgte und Canon mit der A-1 konterte, die AX-5 auf den Markt, Spitzenmodell einer ganzen Riege von Spiegelreflexkameras, die sich hinter vergleichbaren Modellen der Mitbewerber nicht zu verstecken brauchten, aber nie so recht den Absprung schafften.
Doch nicht die Vergangenheit ist Anlaß für diesen Artikel, sondern die neue AX-Multiprogram und mit ihr, so hofft man bei Fuji, eine erfolgreiche Gegenwart und Zukunft. Beginnen wir damit, was die Kamera nicht hat: Sie bietet weder Autofokus, noch eingebauten Motor, weder Spotbelichtungsmessung, noch manuellen Belichtungsabgleich, weder TTL-Blitzsteuerung noch die ultrakurzen Zeiten von 1/2000 oder 1/4000 Sekunde. Hat die Fuji AX-Multiprogram sich deshalb gleich disqualifiziert? Natürlich nicht. Sicher ist sie kein Spielzeug für den Technikfreak, sie ist auch keine Kamera für den Nostalgiefan, der an der Nachführmessung seine reine Freude hat. Die Fuji AX-Multiprogram soll ein Fotoapparat für alle sein, die gerne fotografieren möchten, ohne viel Geld auszugeben, ohne sich viel um Technik zu kümmern, ohne eine prestigeträchtige Kamera spazierenzutragen und ohne das Wissen, ein riesiges System (das sie ohnehin nicht brauchen) im Hintergrund zu haben. Und für diesen Käuferkreis bietet die Fuji einiges.

Belichtungssteuerung während der Belichtung

Die Belichtungsmessung erfolgt per Siliziumdiode in der Filmebene. Entweder wirft ein Muster auf dem ersten Verschlußvorhang das Licht zur Meßzelle oder die Oberfläche des Films. Diese, anderswo als autodynamisch apostrophierte Meßmethode, macht es möglich, daß die Belichtungssteuerung auf Lichtwechsel während des Verschlußablaufes reagiert.
Die Belichtungssteuerung kann auf drei Wegen erfolgen, die sich allerdings nicht prinzipiell unterscheiden. Alle drei Arten der Belichtungssteuerung bestimmen Verschlußzeit und Blende. Sie als Fotograf haben weder die Möglichkeit, über die exakt vorbestimmte Verschlußzeit Bewegungsunschärfen oder das Einfrieren einer Bewegung zu bestimmen, noch können Sie über eine bestimmte Blende eine bestimmte Schärfentiefe einstellen.
Dennoch sind Sie nicht auf Gedeih und Verderb einem Standardprogramm ausgeliefert, obwohl es natürlich zur Verfügung steht. Wie für diese Programme üblich, wird bei wenig Licht die Blende ganz geöffnet und die längste Verschlußzeit gewählt. Bei einem ASA-100-Film ist die Kombination Blende 1.9 und 1/2 Sekunde bei Lichtwert 2. Dann wird mit zunehmender Helligkeit die Zeit bei immer noch ganz offener Blende verkürzt, wodurch schnellstmöglich die Zeit/Blenden-Kombination erreicht wird mit der Normal- und Weitwinkelobjektive aus freier Hand einzusetzen sind: die 1/30 Sekunde bei größter Blendenöffnung. Ab diesem Punkt wird die Verschlußzeit gekürzt und die Blende geschlossen, um mit immer mehr Licht fertig zu werden, bis die Grenze von 1/1000 Sekunde und Blende 16 erreicht ist. Dieses Programm ist für viele Motive gut, nicht aber wenn es auf kleine Blenden zwecks größtmöglicher Schärfentiefe ankommt, was beim Einsatz von Weitwinkelobjektiven immer interessant ist, bei Teleobjektiven nur dann, wenn ein Stativ die langen Verschlußzeiten stabilisiert. Diesem Bedürfnis nach Schärfentiefe kommt das Programm "DP" nach, so benannt nach dem englischen Ausdruck für Schärfentiefe: "Depth of Field". Wenn das Programm-Wählrad (etwas klein, aber immer noch gut zu bedienen) in dieser Position steht wird wieder ab der 1/2 Sekunde bei Blende 1.9 die Zeit bis zur 30stel verkürzt, dann aber wird zunächst die Blende bis 16 geschlossen, während die Zeit in kleinsten Schritten bis zur 1/60 Sekunde beschnitten wird. Erst wenn mit Blende 16 ein Maximum an Schärfentiefe erreicht ist, wird die Zeit verkürzt.
Das Normalprogramm ist aber auch dann nicht der Weisheit letzter Schluß, wenn kurze Verschlußzeiten not tun, um Bewegungen einzufrieren, die des Motivs, oder die eigene, die zum Verwackeln führen würde. Entsprechend steht als Alternative zu "P" und "DP" das Programm "HP" zur Verfügung,
"H" für "High-Speed", schnelle, d. h. kurze Verschlußzeit. Hier bleibt die Blende auf Kosten der Schärfentiefe ganz offen, bis die 1/500 Sekunde erreicht ist. Erst jetzt, wo nur noch nach kräftezehrenden Bergwanderungen Verwackelung droht, wird die Blende geschlossen, um größerer Helligkeit Herr zu werden.

Die drei Programme garantieren gute Bilder

Ersetzt dieses Programm-Trio Zeit- und Blendenautomatik oder die manuelle Einstellung? Nein! Wer aber die Schärfentiefe nicht exakt festlegen will, die 500stel als Verwackelungsversicherung akzeptiert und nicht darauf aus ist, einem vorbeisausenden Radler die richtige Unschärfe mitzugeben, kommt mit diesen Programmen glänzend aus.
Von der Genauigkeit der Belichtung her, sind alle drei Programme gut genug, um richtig belichtete Dias zu garantieren. Wo die Automatik in schwierigen Situationen versagen muß (z. B. Gegenlicht, sonnenbeschienene Schneelandschaft, engbegrenzte Lichtflecken im Dunkel) kann ihr über die Korrekturmöglichkeit im Rahmen von +2 Blendenstufen auf die Sprünge geholfen werden. Die Meßwertspeicherung, als schnellere und oft unkompliziertere Methode der Einflußnahme auf die automatische Belichtung, wird leider nicht angeboten.
Und dabei sind wir bei den Dingen, die das bisher positive Bild der Fuji AX-Multiprogram trüben. Wohl ist die DX-Einstellung zur automatischen Filmempfindlichkeitsübernahme von entsprechenden Filmpatronen positiv, daß keine Filmempfindlichkeit manuell eingestellt werden kann ist weniger schön, und der DX-Bereich von ASA 50 bis ASA 1600 ist zwar gerade ausreichend, aber nicht eben üppig. Der Sucher ist nicht gerade ein Ausbund an Helligkeit (mit dem 1.9/50 mm Objektiv betrachtet) und die Informationen sind dürftig. Die Anzeige der Betriebsart ist im Sucher schlicht überbewertet, die Warnung vor Über- und Unterbelichtung sowie Verwackelung dürfte deutlicher sein - zumindest hätte man die zurückhaltende Anzeige durch den Piepston (abschaltbar) ergänzen sollen, der so nur dazu dient, den Selbstauslöserablauf anzuzeigen. Das Auslösegeräusch erscheint mir etwas laut, aber das ist Geschmacksache. Der elektronisch gesteuerte Verschluß (1/2 bis 1/1000 Sekunde), der Piepser, die kleinen LED im Sucher - das alles braucht Strom. Leider muß der aus einer 6V-Batterie kommen, die beim Wechsel den Geldbeutel belastet. Zudem ist das Türchen zum Batteriefach nicht mit Scharnieren befestigt und wird dem ungeübten Batteriewechsel im Winter erst einmal in den Schnee fallen.

Fazit

Die Minuspunkte können zwar nicht mit Schweigen übergangen werden, aber es überwiegt doch ein positiver Gesamteindruck. Wer willens ist, sich drei Programmautomatiken zu unterwerfen (positiv gesehen: ihnen alle Arbeit aufzuhalsen und sich nur ums Motiv zu kümmern) erhält für etwa 560 DM einen reellen Gegenwert.

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