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Artikel

1998

Kameras

Canon T90

Eine Kamera nach Maß

Canon baut scheinbar unbeeindruckt von Kameras wie der Minolta 7000 oder 9000, konsequent die Serie der Spiegelreflexkameras aus, deren Name mit einem "T" beginnt. Jüngstes Kind dieser Kamerafamilie im Canon-Programm: die Canon T90, die mit dem schnellsten in eine Großserienkamera eingebauten Motor aufwartet, mit drei Arten, die Belichtung zu messen, mit zehn Möglichkeiten der automatischen Belichtungssteuerung und mit einigem mehr - aber nicht mit Autofokus.

Seit Jahren bin ich drei Kameras treu: zwei Canon ER und einer F-1 (alt). Zwar lockte die AE- 1 zeitweilig auf Abwege, aber ich trennte mich ohne Gewissensbisse von ihr Die A- 1 reizte mit Blenden- und Zeitautomatik, die T70 mit Spotmessung, aber sie vermochten es nicht, sich zwischen mich und meine alten Canons zu stellen. Aber letzt liebäugle ich damit, die Treue zu brechen.
Der Grund für meine aufkeimende Treulosigkeit heißt Canon T90 und ich stelle sie Ihnen auf diesen Seiten vor.

Ein Gehäuse nach Maß

Wenn man sie so anschaut, die Canon T90 werden Erinnerungen an die photokina '84 wach. Damals präsentierte Canon einige Design-Studien für die Kleinbild-Spiegelreflex von Morgen. Ersonnen hatte sie Luigi Colani, der beste Showmaster unter den Designern dieser Welt. Gottlob verzichteten kluge Herren in den Chefetagen der Firma Canon darauf, eine dieser Studien in der T90 Wirklichkeit werden zu lassen.
Aber man ließ die Ideen des Herrn Colani nicht von sich abprallen, wie Regentropfen von einem Regenmantel. Man nahm die Ideen wieder auf verfeinerte sie und schliff das allzu futuristische ab Das so entstandene Gestaltungskonzept ließ man der Canon T90 zugute kommen. Ergebnis: Ein Gehäuse ohne Ecken und Kanten stromlinienförmig als sei der Automobile Cup Wert nun auch im Kamerabau eine wichtige Größe.
Der bullige Handgriff steht der schnittig-eleganten Erscheinung etwas im Weg garantiert aber dank seiner Größe, seiner handgerechten Form und dank des Gummibelags in jeder Situation wirklich sicheren Halt.

Ein Einstellrad nach Maß

Ebenso griff-freundlich ist die Sache mit dem Auslöser geworden. Er schmiegt sich oben auf dem Handgriff - genau da, wo der Zeigefinger von selbst landet, wenn man die T90 in die rechte Hand nimmt- in einer kleinen Mulde. Ein kleiner Knopf dahinter erregt Neugierde. Ist es ein Notauslöser für den Fall, daß die Stromversorgung zusammenbricht? Nein denn so etwas ist erst gar nicht vorgesehen.
Die T90 funktioniert entweder mit Batterien - oder gar nicht. Ist es die Meßwertspeichertaste? Das kommt der Sache schon näher: Über diesen Knopf bedient man sich der Mehrfach-Spotmessung.
An der avantgardistisch gestylten T90 wirkt das dritte Einstellelement im direkten Griffbereich des rechten Zeigefingers liebenswert altmodisch: Ein Einstellrad, das sich als zentrale Schaltstelle der T90 entpuppt. Es dreht sich in der Senkrechten zwischen Griff und Gehäuse und kann in jeder Situation leicht mit einem Finger bedient werden.
Es wurde Zeit, daß man sich dieser Möglichkeit erinnerte.
Tipptasten a la Canon T70 oder Minolta 7000 und Wippschalter a la Canon T80 oder Minolta 9000 sind weit davon entfernt der Weisheit letzter Schluß in Sachen Einstellelemente zu sein.
Das Einstellrad der T90 läßt sich ohne Anschlag nach beiden Seiten drehen. Ist der Verstellbereich erschöpft so bleibt der letzte Wert stehen, das Rad dreht "leer", bis man sich entschließt, es wieder in die andere Richtung zu bewegen. Jetzt "kuppelt" das Rad wieder ein, die eingestellte Größe wird sofort - ohne Anlauf - verändert.
Aber auch bei der T90 konnte es nicht vermieden werden: Für einige Einstellungen braucht man beide Hände; eine, um per Knopfdruck zu entscheiden was man ein- oder umstellen möchte, die andere, um mit dem Einstellrad den richtigen Wert zu wählen.

Die Bedienungselemente - Plazierung nach Maß

Die Vorwahlknöpfe - und einige andere, die schon alleine etwas bewirken - sind über die ganze Kamera verstreut. Was auf den ersten Blick als willkürliche und merkwürdige Anordnung erscheint, zeigt auf den zweiten Methode: Wie die Tasten einer Schreibmaschine sind die Knöpfe und Schalter nach der Häufigkeit des Gebrauchs sortiert.
Wichtig, und daher an bevorzugter Stelle untergebracht, sind fünf Knöpfe. Die beiden links vom Sucherprisma sind zu drücken, wenn man die Art der Belichtungssteuerung ändern möchte (vorne), sich für eine andere Art der Belichtungsmessung entscheiden will (hinten) oder wenn Mehrfachbelichtungen, es sind bis zu 9 auf ein Filmbild möglich, auf dem Programm stehen (beide). Der hintere Knopf wird außerdem benötigt, um die Ergebnisse der Mehrfachbelichtungsmessung zu löschen. Die anderen drei wichtigen Knöpfe sind rechts neben dem Sucherokular zu finden und können bequem mit dem rechten Daumen bedient werden, auch wenn die Kamera am Auge liegt. Es handelt sich um die beiden Tasten für die Highlight- und Shadow-Korrektur und um den Einschalter für die Sucherinformation.
Seltener gebraucht werden einige andere Tasten: der Hauptschalter, der mit " ISO" gekennzeichnete Schalter, mit dem die Filmempfindlichkeit im Bereich von ASA 6 bis ASA 6400 manuell eingestellt werden kann und die Taste für die Eingabe von Korrekturfaktoren, die mit "Exp. Comp." bezeichnet ist. Diese Taste und die "ISO"-Taste aktivieren, wenn sie gemeinsam betätigt werden, die sinnvolle Funktion "Safety-Shift". Diese Tasten findet man auf der Gehäuserückseite unten.
Eine dritte Kategorie von Knöpfen und Schaltern sind die, die seltenst gebraucht werden. Man entdeckt diese Knöpfe, wenn man die Gebrauchsanleitung liest oder eine Einkerbung an der linken hinteren "Kante" richtig als Einladung versteht, hier eine Klappe zu öffnen. Mit diesen Schaltern und Knöpfen kann man (von oben nach unten): die Sucherinformation einschalten, ausschalten oder beleuchten, die Batterien prüfen, den Film vorzeitig zurückspulen, die Transportfrequenz des eingebauten Motors und die Ablaufdauer des Selbstauslösers bestimmen.
Bleibt noch zu erwähnen: der Schalter für den Okularverschluß (links neben dem Sucherokular) und die Abblendtaste (groß und griffig links neben dem Objektiv).

Information nach Maß?

Der Sucher der Canon T90 (dessen Mattscheiben ausgewechselt werden können) ist aufgeräumt und übersichtlich. Neben den Anzeigen von Zeit Blende, Meßart, Nachführindex wird der Fotograf (mit wenigen Ausnahmen) im Sucher auch über die verbleibende Zahl an Bildern informiert. Zunächst in Fünferschritten, die letzten neun Bilder werden durch Ziffern angezeigt.
Leider wartet die T90 mit einer unerwarteten Unart auf. Die Sucherinformation ist nur zu sehen, wenn man den Auslöser antippt oder den Einschalter für die Sucherinformation mit dem Daumen betätigt. War das an dieser Prachtkamera nicht anders zu lösen...?
Viel mehr Informationen als im Sucher werden auf dem Display vermittelt, das die rechte Seite der Kamerakappe beherrscht. 39 verschiedene Daten können hier angezeigt werden, sind aber natürlich nie gleichzeitig zu sehen. Der Fotograf bekommt nur die zu Gesicht, die gerade aktuell sind.

Zubehör nach Maß

Eine Kamera wie die T90 kommt nicht ganz alleine neu daher. Interessantestes Zubehör sind die Blitze Speedlite 300TL und Macro-Ring-Lite ML 2, die beide mit Blitzlichtmessung durch das Objektiv eingesetzt werden können. Damit hat auch Canon seine Zurückhaltung gegenüber der (neben Autofokus) lobenswertesten Neuerung auf dem Fotosektor endlich aufgegeben. Über diese Blitze und zwei spezielle Rückwände zur T90 werde ich Sie in einem weiteren Beitrag detailliert informieren.
Mit der Canon T90 und ihrem System setzt sich natürlich auch Alexander Borell auseinander. Über seine ganz persönlichen Erfahrungen berichtet er in einer der nächsten Ausgaben von COLOR FOTO.

Belichtung messen nach Maß

Die Canon T90 ist die erste Kamera, bei der es möglich ist, die Belichtungsmessung in drei Stufen an das Motiv, sein Reflexionsvermögen und an die Beleuchtung anzupassen.
Die Art der Belichtungsmessung muß - es war bereits davon die Rede - zweihändig umgestellt werden. Man drückt die Taste "Metering" und wählt mit dem Einstellrad "mittenbetont integrale Messung", "Selektivmessung" oder "Spotmessung".

Integral und selektiv

Die mittenbetont integrale Messung ist die verbreitete Art der Belichtungsmessung. Sie wird dem größten Teil aller Motive gerecht, kommt aber da ins Schleudern, wo das Motiv hohe Kontraste aufweist.
Die Selektivmessung schränkt gegenüber der Integralmessung das Meßfeld ein. Wird dort das ganze Bildfeld berücksichtigt (die Mitte etwas mehr als der Rand), so werden jetzt nur etwa 13% des Bildfeldes für die Bestimmung der korrekten Belichtung herangezogen, im Sucher unübersehbar angezeigt durch einen großen Kreis. Diese Meßmethode hat bei Canon Tradition: schon mit der alten F-1 wurde sie geboten und sie fehlt auch der neuen Version dieser Kamera nicht.
Die Selektivmessung ist mit dem Meßwertspeicher gekuppelt: Solange der Auslöser angetippt wird, bleibt die Zeit/Blendenkombination im Gedächtnis der T90 - es ist also ein leichtes, ein wichtiges Detail des Motivs anzumessen, das Bild neu zu komponieren und es dann mit der Zeit und Blende aufzunehmen, die dem bildwichtigen Teil zur korrekten Belichtung verhelfen.

Spot
Spot

Auch die Spotmessung ist mit dem Meßwertspeicher gekuppelt, aber es ist jetzt noch präziser möglich, einen bestimmten Punkt im Motiv zur Belichtungsmessung anzuvisieren. Nur noch etwa 2,7% des Bildfeldes beeinflussen die Belichtungsmessung. Im Sucher werden diese 2,7% vom Mikroprismenring eingegrenzt.
Mit der Spotmessung ist allerdings mehr anzufangen, als nur einen bestimmten Punkt zur Bestimmung der Belichtung aus einem Motiv herauszupicken.
Zum Beispiel kann der Kontrastumfang eines Motivs bestimmt werden. Man mißt die hellste Stelle, tippt den Auslöser an und sieht auf einer blaugrundigen Skala rechts vom Sucherbild ein weißes Feld (ein Pfeil mit der Spitze nach links) gegenüber dem Index in der Skalenmitte, während unter dem Sucherbild Zeit und Blende durch rote numerische Leuchtdioden angezeigt werden. Nun schwenkt man - und hält dabei den Auslöser leicht angetippt über das Motiv. Zeit und Blende ändern sich nicht, aber in der blauen Skala rechts taucht ein zweites weißes Feld auf. Es zeigt im Bereich von +/- 1/2 bis +/- 4 Belichtungsstufen, um wieviel heller oder dunkler die eben angemessene Stelle ist als die, für die zuerst die korrekte Belichtung bestimmt wurde.
Bei Spotmessung, wie auch bei Selektivmessung, kann das gespeicherte Zeit/Blenden-Paar noch verändert werden, wenn Verschlußzeit oder Blende vorgewählt wurden. Die Programmautomatik läßt sich nur in engen Grenzen noch beeinflussen.

Korrekturen

Der Belichtungsmesser der Canon ist auf die Vorgabe geeicht, daß ein normales Motiv so viel Licht reflektiert, wie ein grauer Karton mit 18% Reflexionsvermögen, und da nicht alle Motive dieser Vorgabe entsprechen, kann auch der Belichtungsmesser der Canon T90 irren. Um ihm auf die Sprünge zu helfen, gibt es die Möglichkeiten, das Meßfeld einzuengen (Spot, Selektiv) und den Meßwert zu speichern, über die Highlight- und Shadowtaste in die Belichtung einzugreifen (S. 34) oder einen festen Belichtungskorrekturfaktor einzugeben, was im Bereich von +2 Belichtungsstufen vorgesehen ist. Da vergessene Korrekturfaktoren schon mehr als ein Bild verdorben haben leuchtet unter dem Sucherbild ein +/- Zeichen und im Display blinkt ein Warnsignal.

Belichtung messen Punkt für Punkt

Nachdem Olympus als erster Hersteller die Mehrfachspotmessung vorstellte und dies mit acht Meßpunkten, scheint nun bei den anderen Herstellern die Meinung zu herrschen, daß es sich mit weniger Meßpunkten gar nicht lohne, eine Mehrfachspotmessung anzubieten. Und so können auch mit der Canon T90 acht Messungen verknüpft und kann aus diesen acht Messungen ein Mittelwert gebildet werden - obwohl tatsächlich aber drei, maximal vier Meßpunkte genügen, um ein Motiv in den Griff zu bekommen.

Der Meßwertspeicher

Für die Mehrfachspotmessung kommt der kleine Knopf hinter dem Auslöser zu seinem Recht. Wird dieser Knopf gedrückt, so wird die erste Spotmessung vorgenommen, die Daten angezeigt und der Meßwert festgehalten. Im Gegensatz zur Einzelspotmessung, bei der der Meßwert gelöscht wird, wenn man den Auslöser losläßt, kann man den kleinen Knopf unbedenklich loslassen - für 30 Sekunden wird der Meßwert festgehalten. Der Meßwert wird nicht als festes Zeit/Blenden-Paar gespeichert, sondern als Lichtwert. Es ist also jederzeit noch möglich, Verschlußzeit und Blende zu verändern - die jeweils andere Größe wird automatisch so angepaßt, daß immer noch die richtige Belichtung garantiert wird - wieder mit der Einschränkung, daß mit Zeit- oder Blendenautomatik gearbeitet werden muß. Im Programmautomatik-Betrieb muß das Bild mit der einmal gespeicherten Zeit/Blendenkombination aufgenommen werden, im variablen "Shift-Program" kann durch die Wahl eines Tele- oder Weitwinkelprogramms nach Wunsch mehr Wert auf eine kurze Verschlußzeit oder kleine Blende gelegt werden.
Wieder steht ein weißes Feld dem Index der blauen Skala gegenüber. Beim Weiterschwenken über das Motiv taucht auch wieder das zweite weiße Feld auf, das ein zweites Meßergebnis signalisiert. Auf Knopfdruck wird nun auch diese Messung in den Speicher der T90 übernommen, die bei der einfachen Spotmessung ohne Einfluß auf das Ergebnis blieb. Jetzt bildet die T90 aus beiden Meßergebnissen ein neues das von den LED unter dem Sucherbild angezeigt wird, in der Skala rechts werden die beiden weißen Felder neu angeordnet. Wird ein neues Detail des Motivs anvisiert, so erscheint ein drittes weißes Feld in der rechten Skala das entsprechende Meßergebnis kann wieder per Knopfdruck übernommen und zur Mittelwertbildung herangezogen werden. Nach der achten Messung ist bei der Canon T90 Schluß, es wird nicht, wie bei Olympus, ein neuntes Ergebnis in die Rechnung einbezogen, und das erste dafür eliminiert.

Korrigieren wie Licht und Schatten es verlangen

Ebenfalls mit der Spotmessung - ob einfach oder mehrfach hängt die Highlight- oder Shadow-Korrektur zusammen die lichter- oder schattenbezogene Belichtungskorrektur. Jede durch eine Spotmessung ermittelte Zeit/Blendenkombination kann über die Highlight-Taste in halben Belichtungsstufen in Richtung reichliche Belichtung verändert werden, durch Gebrauch der Shadow-Taste ebenfalls in halben Schritten in Richtung knappere Belichtung, leider sind die entsprechenden Tasten Hinten rechts) sehr leicht zu verwechseln.
Die Verschiebung wird in der Skala rechts vom Sucherbild wieder durch die bereits bekannten weißen Felder angezeigt - im Bereich von +/- 1/2 bis +/- 4 Belichtungsstufen. Korrekturen, die darüber hinaus gehen, werden zwar nur noch durch Pfeile nach oben oder unten signalisiert, aber trotzdem exakt ausgeführt, wie ein Blick auf die Zeit- und Blendenangabe unter dem Sucherbild zeigt.
Die Highlight- und Shadow-Korrekturen sind nicht nur nötig, um ganz weiße oder ganz schwarze Motive vor dem Vergrauen zu bewahren. Auch Gegenlichtmotive oder kleine helle Motive vor dunklem Hintergrund können mit ihrer Hilfe besser belichtet ins Bild gesetzt werden.

Dualautomatik und noch mehr

Wie es sich für eine Kamera geziemt, in deren Ahnenreihe die Canon A-1 steht, wartet auch die Canon T90 mit mehr als einer Möglichkeit auf, dem Film die richtige Menge Licht zukommen zu lassen: es sind 11 Möglichkeiten (die nicht mitgerechnet, die mit dem Blitz zusammenhängen).
Für alle 11 Varianten steht ein Zeitenbereich zur Verfügung, der von der ultrakurzen 1/4000 Sekunde bis zu vollen 30 Sekunden reicht. Die 1/8000 Sekunde die schon technisch möglich sein soll, wurde hier also auch noch nicht realisiert, das andere Extrem von 30 Sekunden kennzeichnet zwar nicht die Grenzen des Machbaren, scheint aber völlig ausreichend zu sein.

Zeit- oder Blendenvorwahl das ist keine Frage

Selbstverständlich sind die Grundarten der Belichtungsautomatik - Zeit- und Blendenautomatik- im umfassenden Angebot inbegriffen. Die Vorzüge liegen auf der Hand: Die Vorwahl der Blende bei Zeitautomatik macht den Fotografen zum Herren über die Schärfentiefe, die Vorwahl der Verschlußzeit bei Blendenautomatik ermöglicht es ihm, über das Einfrieren oder Verschwimmenlassen von Bewegungen zu entscheiden oder durch die Wahl einer passenden Zeit die Gefahr der Verwackelung so gering wie möglich zu halten.
Für beide Betriebsarten bleibt der Blendenring des Objektivs in der "A"utomatik-Position verriegelt, sowohl die Verschlußzeit als auch die Blende werden über das zentrale Einstellrad in halben Schritten verändert.

Korrekturautomatik

Es kann natürlich vorkommen daß zur vorgewählten Zeit keine passende Blende eingestellt werden kann, weil es entweder für die ganz offene Blende immer noch zu dunkel oder auch für die ganz geschlossene Blende zu hell ist. ZwarwarntdieT90 in solchen Fällen ihren Benutzer aber bis der (richtig) reagiert, kann es zu spät und das Motiv über alle Berge sein. Jetzt schlägt die Stunde des "Safety Shift", der in einem solchen Fall die vorgewählte Zeit so lange verändert, bis eine richtige Belichtung gewährleistet ist. Die Funktion Safety Shift - sie arbeitet natürlich auch bei Blendenvorwahl, wenn die Zeitenreihe ausgeschöpft ist, ehe die richtige Belichtung gefunden werden konnte - sollte immer eingeschaltet sein. Bei Zeit- oder Blendenautomatik verhindert sie eventuell Fehlbelichtungen, bei Programmautomatik schadet sie nicht.

Nachführmessung und Arbeitsblendenmessung

Da die Canon T90 es dem Fotografen erleichtern soll, jeder Situation gewachsen zu sein, geht das Angebot über Zeit- und Blendenautomatik (und die auf der nächsten Seite beschriebenen Programmautomatiken) hinaus. Natürlich kann, wie bei einer Kamera wie der Canon T90 vorausgesetzt werden muß die Belichtung noch per Nachführmessung bestimmt werden. In diesem Fall muß der Blendenring des Objektivs aus der Automatik-Position gedreht und die Blende von Hand eingestellt werden. Unter dem Sucherbild wird die vorgewählte Zeit von den LED angezeigt, die Buchstaben "OP" für "Open" fordern den Fotografen auf, die Blende weiter zu öffnen bzw. die Zeit zu verlängern die Buchstaben "CL" für "Close" verlangen, daß er die Blende schließt (die Zeit kürzt), und das Zeichen "OO" zeigt ihm schließlich, daß nach Meinung der Kamera die Belichtung richtig ausfallen wird.
Bei der Nachführmessung übernimmt also das zentrale Einstellrad die Funktion des Verschlußzeitenrades - die Abstufung in halben Schritten macht präzises Arbeiten leicht.
Schließlich ist noch die Zeitautomatik nach Vorwahl der Arbeitsblende möglich - der Abblendhebel muß eingerastet sein. Durch diese Variante der Belichtungssteuerung ist gewährleistet, daß auch ältere Canon Objektive (Typ "FL") und Zubehör ohne FD-Anschluß wie Balgen und auch Spiegelobjektive mit Belichtungsautomatik an der T90 eingesetzt werden können.

Sieben auf einen Streich

An Programmautomatiken wird es dem Benutzer der Canon T90 nicht mangeln. Sieben Programme warten darauf, durch die Steuerung von Verschlußzeit und Blende die Belichtung zu bestimmen.
Unter der Bezeichnung "Programm" läuft das Normalprogramm solo, unter der Bezeichnung "P" taucht es im "Variablen Shift Program" noch einmal auf. In dieser Betriebsart ist es als Ausgangspunkt für die Wahl dreier Tele-Programme (Tele P-1 bis P-3) und dreier Weitwinkel-Programme (Wide P-1 bis Wide P-3) von Interesse.

Für Allerweltsmotive

Das Normalprogramm der Canon T90 verkürzt bei zunehmender Helligkeit, ausgehend von Blende 1,4 und 30 Sekunden, zunächst die Verschlußzeit, um mit dem Mehr an Licht fertig zu werden. Dann, ab der 1/15 Sek. und Blende 1,4, werden Verschlußzeit und Blende gleichermaßen zu kleineren Werten hin verändert, bis der gleichmäßige Programmverlauf bei Blende 16 und 1/2000 Sekunden "einen Haken" schlägt. Die nächste Station ist Blende 16 und 1/4000 Sekunde, und von hier aus wird eine immer noch steigende Lichtflut (falls vom Objektiv her möglich) durch weiteres Schließen der Blende eingedämmt.

Nicht nur für "lange Tüten"

Die Tele-Programme unterscheiden sich vom Normalprogramm dadurch, daß die Blende zugunsten kürzerer Zeiten länger offen bleibt. Unter den gleichen Voraussetzungen (ASA-100-Film, 1,4er Objektiv) erfolgt die Verkleinerung der Blende erst, wenn die 1/60 Sekunde erreicht ist (Tele P-1), ab der 1/250 Sek. (Tele P-2) und ab der 1/1000 Sek. Tele P-3). Es wird also immer mehr Wert auf kurze und kürzeste Verschlußzeiten gelegt, was - anders als der Name der Programme vermuten läßt nicht nur bei der Verwendung langbrennweitiger Objektive Sinn macht. Verwackeln ist ein sehr häufiger Fehler, und viele Bilder, die als unscharf gelten, sind zwar von der Scharfeinstellung her in Ordnung, aber eine Bewegung des Objektivs während der Aufnahme führte zum mißlungenen Bild. Deshalb empfiehlt sich das Programm Tele P-1 als Standardeinstellung, wenn man weder Verschlußzeit noch Blende vorwählen will.
Die Tele-Programme sind auch dann die richtige Entscheidung, wenn eine Bewegung des Motivs im Bild scharf wiedergegeben werden soll.

Programm für sehr viel Schärfe

Bei den drei Weitwinkel-Programmen wird im Gegensatz zu Tele P-1, P-2 und P-3 viel Wert auf eine möglichst kleine Blende und damit auf möglichst große Schärfentiefe gelegt. Deshalb wird im Programm Wide P1 bereits bei der 1/4 Sekunde begonnen, die Blende zu schließen; im Programm Wide P-2 bei der ganzen Sekunde und schon bei vier Sekunden schließlich im Programm Wide P-3.
Zu einem Programm mit der Bezeichnung "Wide" im Namen gehört also, wenn das Licht nicht strahlend hell oder die Filmempfindlichkeit nicht sehr hoch ist, ein Stativ - auch wenn das damit verbundene behäbige Arbeiten der schnellen Programmautomatik zuwider läuft. Auch denn, wenn strahlender Sonnenschein zur Sorglosigkeit verführt, ist hin und wieder ein Blick auf die LED-Zeile im Sucher angebracht, wo lobenswerter Weise auch im Programmbetrieb Zeit und Blende angezeigt werden.
Das Zeit/Blenden-Paar kann allerdings nur im variablen Shift-Programm durch Wahl einer anderen Programmstufe verändert werden. Es wird also nicht das gesamte Zeit/Blenden-Angebot eines Lichtwertes ausgenutzt. Ob es ein Verlust ist, daß die Programmautomatik sich nicht die Brennweiten-Information vom Objektiv holt und sich entsprechend entscheidet (wie von Minolta vorexerziert) ist Geschmacksache - ich begrüße es, mich auch mit einem Weitwinkel an der Kamera für ein Tele-Programm entscheiden zu Können.

Üppig motorisiert

Drei Motoren verrichten ihre Arbeit in der T90. Der stärkste Motor dient dem Filmtransport. In der schnellsten Gangart wird der Film 4,5 mal pro Sekunde um eine Bildlänge weitergeschaltet. Wenn diese Höchstgeschwindigkeit (Rekord für eine Großserienkamera mit integriertem Motor) nicht verlangt ist, können in der zweiten Geschwindigkeitsstufe immer noch zwei Bilder pro Sekunde belichtet werden. Die dritte Variante des motorischen Filmtransports ist die Einzelbildschaltung, nach jedem Auslösen wird der Film um ein Bild weitertransportiert dann schaltet der Motor ab. Damit leistet die Canon T90 fast ebensoviel wie die A-1 und die neue F-1 mit ihren ansetzbaren Motoren. Die aber sind schon für sich genommen respektheischende Geräte und machen aus handlichen Kameras (immer noch handliche) Ungetüme.

Arbeitsteilung der Motore

Dieser erste der drei Motoren hat noch eine weitere Aufgabe. Wie es sich für eine moderne Kamera gehört, braucht sich der Fotograf nicht mehr über das umständliche Filmeinlegen zu ärgern. Er zieht den Film bis zu einer orangefarbenen Marke und schließt die Rückwand. Sofort nimmt der Motor seine Tätigkeit auf und transportiert den Film bis zum ersten Bild. Sollte wider Erwarten (mir ist es nicht passiert, aber ich habe auch noch jeden Film in jede Kamera bekommen) etwas schiefgehen, wird der Fotograf gewarnt, und er kann noch mal von vorne anfangen.
Ein zweiter Motor transportiert den belichteten Film zurück in die Patrone. Er beginnt mit seiner Arbeit, sobald entweder die von der DX-codierten Patrone abgelesene Bildzahl erreicht ist, sobald ein Widerstand anzeigt, daß der Film sich nicht weiter aus der Patrone ziehen lassen will und sobald der Rückspulknopf gedrückt wird. Es dauert etwa 11 Sekunden, bis ein 36er Film in der Patrone verschwunden ist. Ein 24er Film ist in 7 Sekunden in der Patrone verschwunden, und zwar ganz. Daß kein Endchen des Films herausschaut wird die Groblabors und die Selbstverarbeiter stören, denn die Patrone muß geknackt werden, ehe der Film er Wickelt werden kann.
Ein dritter Motor schließlich ist für die Bewegung des Rückschwingspiegels, des Verschlusses und der automatischen Blendensteuerung zuständig.
Mit Muskelkraft ist an der Canon T90 nicht auszurichten. Im Fall eines Batterieausfalles oder eines Defektes muß der Film in der Kamera bleiben, bis Abhilfe geschaffen ist.

Energiekrise ausgeschlossen

Drei Motore brauchen Energie ebenso der Belichtungsmesser und die Anzeigen. Dennoch genügen vier 1.5-V-Zellen, die im Boden der T90 untergebracht sind und sehr bequem in einen Ladeschlitten eingelegt werden können. Neben den normalen Batterien sind auch NC-Akkus erlaubt. Der Deckel zum Batteriefach läßt sich selbst dann öffnen, wenn das letzte Kleingeld für Telefon, Parkuhr und Zigaretten draufgegangen ist: Statt des viel zu weit verbreiteten Münzschlitzdeckels wartet die T90 mit einem Drehverschluß mit einem großen, ausklappbaren Handgriff auf.
Apropos Batterien: Sobald die vier Batterien zu schwach sind um die Höchstgeschwindigkeit von 4,5 Bildern pro Sekunde gewährleisten zu können, schaltet die T90 automatisch einen Gang zurück. Damit die Restenergie möglichst lange reicht, wird nur noch zweimal pro Sekunde transportiert.
Die Batteriekontrolle ist gelöst wie in der T70 vorexerziert: Auf Knopfdruck werden auf dem LCD-Feld drei Dreiergruppen gezeigt, gebildet aus den Balken der Filmlaufanzeige, wenn die Batteriespannung noch ausreichend ist. Zwei oder nur eine Dreiergruppe weisen auf Nachlassen der Batteriekapazität hin. Auch wenn die Batterien nicht rechtzeitig ausgewechselt werden, ist mit fehlbelichteten Bildern nicht zu rechnen: Der Verschluß versagt einfach seinen Dienst, wenn ordnungsgemäßes Arbeiten nicht mehr gewährleistet ist.

Fazit

Ist sie nun eine Kamera nach Maß, diese Canon T90? Das ist sie. Natürlich gibt es dies und das zu bemängeln (warum braucht man zwei Hände, um die Betriebs- und Meßart umzustellen, warum bleibt die Sucherinformation nicht aktiviert auch wenn man den Auslöser losläßt, warum sind die Highlight- und Shadowtaste nicht besser zu unterscheiden), aber noch gilt auch im Kamerabau: nobody is perfect.
Aber die T90 ist nicht trotz einiger Details eine prächtige Kamera, sie ist es wegen vieler anderer. Da ist, so nebensächlich das für den einen oder anderen auch sein mag, die gelungene Form. Da ist das überaus bedienungsfreundliche Einstellrad da sind die drei Meßmethoden und die vielen Belichtungsautomatiken, die man nicht wählen muß, aber wählen kann.
Ist denn die T90 auch ohne Autofokus eine Prachtkamera? Auch das. Nur wer von dieser Kamera ein Minolta-ähnliches Autofokussystem erhoffte, wird (vielleicht) enttäuscht sein. Aber es gibt viele Fotografen, die auf die automatische Scharfstellung verzichten können und auch darauf verzichten. Autofokus ist sicher eine wunderbare Sache, aber viele, sehr viele Motive bekommt man auch ohne scharf ins Bild. Zum Beispiel mit der Canon T90.

Ein erster Vergleich

Als die ersten Gerüchte über die Canon T90 zu kursieren zu begannen, setzte das große Rätselraten ein: Kann sie mehr als die Minolta 9000, kann sie weniger und wo sind die Unterschiede zwischen diesen beiden Kameras, die in ihren "Familien" die Führungsrollen beanspruchen.
Natürlich ist der gravierendste Unterschied: Hier Autofokus dort herkömmliche Scharfstellung durch Drehen am Schärfenring des Objektivs. Entziehen sich die beiden Kameras schon allein durch diesen Unterschied im System der Vergleichbarkeit? Ja, denn die Vorteile der automatischen Scharfstellung (sehr schnell, sehr bequem) und die der manuellen Fokussierung (alle Objektive des Systems stehen, einschließlich der Exoten, zur Verfügung) lassen sich zwar objektiv feststellen, aber ebensowenig gegeneinander aufrechnen, wie die Nachteile.
Doch die Kameras lassen sich sehr wohl vergleichen, und wer weder auf Autofokus ausgesprochen Wert legt, noch die automatische Scharfstellung grundsätzlich ablehnt, hat die Wahl zwischen zwei Spitzenkameras, die den derzeitigen Stand der Technik markieren.
Die elegantere Canon T90 ist, vergleicht man sie mit dem Gehäuse der gefälligen, aber etwas kantigeren Minolta 9000, ein gutes Stock größer, trägt aber dafür einen Motor für die Höchstleistung von 4.5 Bildern pro Sekunde in sich, der - freilich um ein 1/2 Bild pro Sekunde schneller- an die Minolta angeschraubt werden muß. Dabei erhöht sich der Preis der Minolta 9000 recht wesentlich um gute 1200 DM, der Motorkomfort ist im etwa 1500 DM teueren Gehäuse (inklusive Normalobjektiv) nicht enthalten. Die Canon T90 kostet - ebenfalls mit 1,4er Normalobjektiv - ebenfalls etwa 1500 DM.
In der Bedienungsfreundlichkeit ist Gleichstand zu vermelden: das zentrale Einstellrad der Canon ist besser als der Schiebeschalter der Minolta die ihrerseits mit dem Betriebsartenrad die Nase vorne hat.
In der Vielfalt der Belichtungsautomatik gibt es ebenfalls Pluspunkte für beide Seiten: Zeit- und Blendenautomatik sowie manuelle Nachführmessung findet man hier wie dort, die Programme sind bei Canon besser abgestimmt, Minolta bietet dafür den Programm-Shift.
Wenn es um die Belichtungsmessung geht, ist die Canon T90 reichhaltiger ausgestattet. Neben Integral- und Spotmessung bietet sie die empfehlenswerte Variante "Selektiv", zudem ist die Mehrfachspotmessung mit der Canon ohne Zubehör möglich, bei der Minolta braucht man die Rückwand "super 90".
Die Verschlüsse bieten beide als längste Zeit 30 Sek. und können beide mit der 1/4000 Sek. als kürzester Zeit aufwarten. Damit verbunden sind Blitzsynchronzeiten von 1/250 Sek. bis 1/60 Sek. TTL-Blitzen ist mit beiden Kameras und ihren Blitzen möglich. Was das Zubehör selbst angeht, muß man der Canon T90 noch Zeit geben: sie bietet bislang nur Blitz, Steuer- und Datenrückwand und einen Ringblitz, auf den die Minolta-Benutzer verzichten müssen. Die Minolta 9000 hat neben zwei Blitzgeräten eine Langfilmrückwand, ein Steuerrückteil, das vom Fotografen programmiert werden kann, einen Blitzbelichtungsmesser mit Datenübertragung zur Kamera und den Power-Grip zu bieten. Auswechselbare Sucherscheiben und Fernsteuerungen sind dagegen wieder Gemeingut. Die Möglichkeiten, Daten in einer Rückwand zu speichern und über einen MSX-Computer ausdrucken zu lassen, sind bei der Canon T90 im Prinzip gegeben, es ist aber fraglich, ob wir in Deutschland davon werden Gebrauch machen können.
Auf den ersten Blick ist es schwer, einen Sieger zu küren, obwohl die Canon T90 (solange Autofokus keine Rolle spielt) wegen des eingebauten Motors, der umfangreicheren Belichtungsmeß-Ausstattung und des Preises eher überzeugen kann. Ein ausführlicher Vergleichstest wird dieser ersten Gegenüberstellung der beiden Kameras folgen.

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