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Artikel
1998
Kameras
Leica R4s Mod. 2
Zweitauflage
Die Leica R 4s hat sich in den zwei Jahren nach ihrem Debüt einen großen Freundeskreis erobert. Vier von zehn Leitz-Spiegelreflexkunden entscheiden sich für das abgespeckte Einsteigermodell, das im Vergleich zur R 4 ohne Programm- und Blendenautomatik auskommen muß. Grund genug für Leitz, dem Publikumsliebling ein paar Schwächen abzugewöhnen und ihn fortan MOD. 2 zu taufen.
Modellpflege ist eine ebenso lobenswerte wie typische deutsche Tugend. 50 Jahre VW Käfer beweisen dies zumindest im Automobilbau. Daß dies auch für unsere Kameraindustrie gilt, dafür sorgen seit Jahrzehnten Rollei und Leitz. Gerade die Leica M-Serie wurde in den letzten Jahren behutsam weiterentwickelt und bis zur M 6 perfektioniert. Was der M-Leica recht ist sollte der R-Leica billig sein, dachten sich wohl die Leitz-Ingenieure und schufen eine modifizierte R 4s, genannt MOD. 2, bei der sie ein paar Bedienungsschwächen konsequent ausmerzten. Dabei fiel gleichzeitig ein bißchen Schönheitspflege ab.
Der Erfolg der R 4s lohnt die Mühe, denn immerhin entscheiden sich vierzig Prozent der R 4-Käufer für die Magerstufe und beschränken sich auf das Wesentliche. Gerade der Verzicht auf die Programmautomatik kam vielen ambitionierten Leica-Fotografen entgegen, die mit diesem Knipser-Zugeständnis ohnehin nichts im Sinn haben.
Zwar mußte auch die Blendenautomatik dran glauben, doch scheint dies Fotografen, die sich der kreativen Bildgestaltung verschrieben haben, nicht sonderlich zu stören. Nicht zuletzt der Preisunterschied von rund 500 Mark macht den Konsumverzicht in Sachen Automatikprogramm attraktiv, denn ansonsten bietet sowohl die alte als auch die neue Leica R 4s alles, was man braucht.
Was ist neu, was ist anders?
Der Rändelschalter für die Programmwahl bekam eine zusätzliche Rastung für mehr Bedienungssicherheit. Beim Umschalten von selektiver auf integrale Meßmethode verhindert eine Sperre daß der Fotograf versehentlich in den Manuell-Modus gelangt. Erst durch erneutes Niederdrücken des Entriegelungsknopfes kann er diese Blockade umgehen. Das Risiko, falsch belichtete Aufnahmen zu kassieren, ist damit gering.
Bislang ärgerten sich R 4s-Benutzer über die etwas umständliche Bedienung des winzigen Override-Hebels. Die Entriegelungstaste für die Plus/Minus-Korrektur mußte der manipulierwillige Fotograf festhalten und den Wert mit einem ebenso praxisfremd-zierlichen Knopf einstellen. Diese Prozedur entfällt beim MOD.2. Nach Entriegeln der Sperrtaste hat der Leica-Fan eine Hand frei und kann deutlich die Nullstellung erfühlen wenn er dabei durch den Sucher sein Motiv kontrolliert, der übrigens jetzt bei manuellem Abgleich & la R4 über die eingestellte Zeit informiert.
Dennoch wird gerade der Leica-Fotograf von der Override-Einrichtung wenig Gebrauch machen müssen.
Dank der beiden Belichtungsmethoden Großfeld-Integralmessung und Selektivmessung über den zentralen Mikroprismenkreis im Sucher ist er auch für Gegenlichtsituationen und kontrastreiche Motive bestens gewappnet. Ja, er wird dabei sogar von einer Meßwertspeicherung unterstützt. Sie erlaubt es, in Kombination mit der Selektivmessung, bildwichtige Partien anzumessen, die außerhalb des Sucherzentrums liegen.
Obwohl bereits die Japaner heftig in die Leitz-Domäne der umschaltbaren Belichtungsmeßmethode einbrachen (Olympus OM-2 S/P, OM-3, OM-4, Canon F-1, T70, T90, Nikon FA, Minolta 9000, Chinon CP 5s) überzeugt gerade die Leitz-Lösung durch Einfachheit und Schnelligkeit. Das auffälligste an der Leica R 4s MOD. 2 ist neben der Gravur im Sucherschuh, die sicherlich wieder alle 3000 Sammler weltweit auf den Plan rufen wird, der neugeformte Schnellschalthebel. Er wirkt wie aus einem Guß und faßt sich sympathisch an. Auch die Rückspulkurbel fiel größer und damit griffgerechter aus. Die Fassung des Sucherokulars bietet Zubehör nun durch eine zusätzliche Nut besseren Halt bei der Verwendung von Augenmuschel und Korrekturlinsen. Das neue Okular gönnten die Leitzianer übrigens als einzige Neuerung auch der R 4. Dies nährt die Spekulation, zur photokina sei eventuell eine R 5 zu erwarten.
Fazit
Die Modellpflege hat aus der einen sehr guten eine noch bessere Kamera gemacht und die Qual der Wahl zwischen R 4 und R 4s noch erhöht, obwohl sich Leitz die Kosmetikstunde mit rund 100 Mark Aufpreis bezahlen läßt und die Preisdifferenz zum Topmodell damit ein wenig schrumpft. Mancher mag bedauern, daß MOD. 2 noch ohne DX-Abtastung und TTL-Blitzsteuerung auskommt, doch Modellkonstanz ist ebenfalls eine deutsche Tugend.
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