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Artikel

1998

Kameras

Nikon F-501 AF

Nikon - mal ganz anders

Wer Nikon kennt, von jeher konservativ bis eigenbrötlerisch (alles auf der Welt wird nach rechts ein-, nach links rausgedreht, nur bei Nikon-Objektiven genau umgekehrt!), wer also diese Firma kennt, wird in einer Nikon-Autofokus die beste Bestätigung dafür sehen, daß man mit Autofokus-Systemen grundsätzlich im richtigen Wind segelt.

Es werden sich über die Nikon F-501 jede Menge Nikon-Fotografen freuen, die nun mit ihren bisherigen Objektiven ebenfalls in den Genuß schneller und korrekter Entfernungseinstellung kommen. Und wenn sich auch in manchen Details die AF-Nikon und die AF-Minoltas gleichen: mit dem AF-Telekonverter, mit dem man auch die bisherigen Nikkore verwenden kann, ist Nikon weit voraus und erregt bei manchem Minolta-Fan nicht überhörbares Zähneknirschen.
Die Nikon F-501 AF ist klein, liegt sehr gut in der Hand und ist etwas schwerer, als man zunächst vermutet. Erst dann wird einem klar, daß man ja eine Motorkamera in der Hand hält, die den Film automatisch einfädelt und ihn nach jeder Aufnahme automatisch weitertransportiert, auf Wunsch mit ca. 2,5 Aufnahmen pro Sekunde. Von einem modernen "Display" ist nichts zu sehen, dafür hat Nikon seine bekannte Vorliebe für Farben beibehalten. Auf dem Drehknopf für Verschlußzeiten und die vier Automatiken leuchtet es weiß, grün rot und orange. Versunken in diese Betrachtung, stellt man fest, daß die F-501 nach unten nur 1 Sek. schafft, mit 1/125 Sek. synchronisiert ist und bei der 1/2000 Sek. aufhört. Das sind heute mittelmäßige Daten, zumal ja gerade Nikon hier schon ganz andere Werte zu bieten hat. Hier nun schweifen die Gedanken bereits ab.

Eine zulässige Abschweifung

Zum Kummer mancher Nikon-Besitzer, die stolz auf ihr elitäres Gerät waren, hat sich Nikon vor ein paar Jahren mit preiswerten Modellen auch dem breiten Volk erschlossen und damit vielleicht mehr Umsatz erzielt, mit Sicherheit aber auch am "Immitsch" verloren. Man fragt sich nun, ob diese neue F-501 der Beginn einer neuen Nikon-Technologie im Kamerabau ist, oder auch nur eine etwas bescheidenere Konzession ans breite Volk. Die Japaner lieben Zahlenspiele. Denken Sie an die Canon T 50, T-70 und T-90; oder an die Minolta 7000 und 9000. Bei Nikon hat das mit der F-301 angefangen, nun haben wir die F-501, - wie wird die F-701 aussehen, und wird es die überhaupt geben? (Ende der Abschweifung.)

Die F-501: Wahl und Qual

Natürlich können Sie, wie an Kameras vor 50 Jahren, an der F-501 Verschlußzeit und Blende manuell einstellen. Es gibt aber auch vier Automatiken bzw. drei Programme und eine einfache Zeitautomatik nach Blendenvorwahl. Dazu stellen Sie einfach auf "A", das vergißt man kaum. Aber dann haben Sie die Wahl zwischen "P DUAL", "P" und "P-Hi". Da geht es mir immer so, wie mit dem bekannten Knoten im Taschentuch: ich weiß, daß ich mich an etwas erinnern soll, aber nicht mehr woran. Nun, wer eine solche Kamera erwirbt, wird sie auch lieben, und um eine Geliebte bemüht man sich auch ein wenig. Also das einfache "P" ist halt auch nur ein einfaches Programm: die Kamera wählt eine Zeit/Blendenkombination, die ihr korrekt scheint. Bei "P-DUAL" verschiebt sie sozusagen das Programm automatisch nach schneller oder langsamer, je nach der vom Objektiv gemeldeten Brennweite, und bei "P-Hi" macht sie kürzere Zeiten als bei nur "P".
Ich kann Sie nun beruhigen: in der Praxis ist es bei 99,4 Prozent aller Ihrer Aufnahmen egal, was Sie gewählt haben, die Kamera liefert fast immer anständige Aufnahmen. Aber die Tüftler haben halt auch was.

Die japanischen Finger

Wenn nur irgend jemand den Japanern beibringen könnte daß es zwar zweihundert Millionen Menschen mit kleinen Fingerchen gibt, aber doch ein paar Milliarden mit erheblich größeren! Da müssen Sie also zunächst mit spitzen Fingern - z. B. Zahnarzt oder Stickerin! - einen Rändelring am Auslöser hochziehen, damit Sie die Gesamtverriegelung lösen und Einzelbild oder Serie wählen können. Dann stellen Sie an einem winzigen Hebelchen ein, ob Sie die Kamera schweigend oder mit Piepton haben wollen und schließlich müssen Sie an einem anderen solchen Hebel-Winzling wählen, ob Sie das an gesetzte Autofokus-Objektiv tatsächlich mit Autofokus haben wollen, oder ob die Kamera erst auslösen darf, wenn sie "scharf" in der Elektronik hat. Sie können jedoch auch "C" wählen, dann macht sie auf Wunsch sogar unscharfe Bilder. Und so ist für alles bestens gesorgt.
Rechts neben dem Objektiv finden Sie zwei weitere Knöpfe, um die gemessene Entfernung, bzw. den Belichtungswert festzuhalten. In der Praxis hat mir dazu ein langer, dünner Finger zwischen Zeige- und Mittelfinger gefehlt. Ganz anders ist da der rote Knopf darunter für den Selbstauslöser: den kann selbst ein noch per Hand arbeitender Landmann betätigen. Links vom Sucherprisma stellen Sie die Belichtungskorrektur ein, und wenn Sie keine DX-Filme verwenden oder die Empfindlichkeit selber einstellen möchten, dürfen Sie nicht Gitarre spielen, sonst fehlen Ihnen die Fingernägel zum Hochziehen des Einstellrings.
Mit einem Zehnerl lösen Sie eine kleine Schraube am Kameraboden, hinter dem sich vier Batterien vom kleinen AAA-Typ verbergen und gut auswechseln lassen. Ein Halter für die größeren AA-Batterien ist vorgesehen und dürfte sich von Anfang an empfehlen. Der belichtete Film wird manuell zurückgespult, um Strom zu sparen, und das Kurbelchen ist nach wie vor winzig.

Die Sache mit den Objektiven

Es gibt zunächst drei AF-Objektive, also mit eingebautem Autofokus: 1,8/50 mm, 3,3-4,5 Zoom 35-70 mm und 4,0/ Zoom 70-210 mm. Sie werden wie jedes normale Nikon-Objektiv (von rechts nach links drehen!) ins Bajonett eingesetzt; elektrische Kontakte in der Kamera und den Objektiven übertragen die Funktionen. Weitere zehn (!) AF-Objektive sind geplant; bis dahin ist also große Übereinstimmung mit Minoltas Start. Ob danach in der Objektiv-Lieferung eine ebensolche Ebbe eintritt, wird man abwarten müssen.
Ausgezeichnet ist der AF-Konverter TC-16 A. Setzt man ihn an die Kamera, macht er aus einer ansehnlichen Reihe bisheriger normaler Nikkore Autofokus-Objektive! Hierbei verlängert sich jedoch jede Originalbrennweite um den Faktor 1,6, und man verliert eine reichliche Blende an Lichtstärke. Auch muß man in dem auf dem Objektiv angegebenen Nahbereich manuell nachstellen ganz schafft das der AF nicht.
Aber immerhin hat man mit einem 28er-Weitwinkel ein Standardobjektiv, mit dem wundervollen 1,4/85 mm ein 1:2/136-mm-Tele usw. Viele Nikon-Besitzer werden Nikon dafür in ihr Nachtgebet einschließen. Die Belichtungsautomatiken bleiben dabei vollkommen erhalten.
Im Sucher gibt es keine störenden "Hilfsmittel" wie Schnittbild oder Mikroprismen! Die Einstellscheibe ist hell und entspricht heutigem Standard, so daß man die inzwischen bei guten Scheiben veralteten Hilfen nicht mehr braucht. Das kleine Rechteck für den Autofokus und der Ring für die Lichtmessung stören nicht. Gemessen wird mit 60 Prozent Mittenbetonung, was sich bei Nikon schon immer bewährt hat.
Links unter dem Sucherbild zeigen Leuchtdioden an, wann es wirklich "scharf" ist, rechts haben Sie die Belichtungszeiten. Ein Signal für die automatisch gewählte Blende fehlt ebenso wie die Möglichkeit von Spotmessung und Abblendung zum Schärfentiefen-Test.
In der Rückwand zeigt ein Fenster an, ob sich ein Film in der Kamera befindet, ein Streifenindikator meldet, daß der Film perfekt läuft.

Und was nun?

Es gibt für mich keinen Zweifel, daß diese F-501 eine ernstzunehmende Kamera ist, die Nikon zweifellos mehr denn je ins Gespräch - und in den Umsatz! bringen wird. Für den Besitzer ist sie letztlich angenehm und unkompliziert, wobei sie ein doch recht neues "Nikon-Gefühl" vermittelt. Wer den Mut hat, sich elektrisch zu rasieren, bringt auch den Mut auf, sich dieser Kamera anzuvertrauen, und - er wird es nicht zu bereuen haben! Über manche Details wird noch nach Bedarf zu berichten sein.

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