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Artikel

1998

Kameras

Mamiya 645 Super

Muß man sie unbedingt haben?

Das "kleine" Mittelformat 4,5x6 cm ist nicht zuletzt dank Mamiya wieder zu Bedeutung gelangt. Mit der "645", die 1975 auf den Mark; kam, traf Mamiya auf das Interesse aller, denen Kleinbild allmählich zu klein wurde, der Sprung ins Mittelformat 6x6 cm oder 6x7 cm aber zu groß war. Die 645 wurde im Laufe der Jahre zu einer Kameraserie mit verschiedenen Modellen ausgebaut, doch es tat sich nichts grundlegend Neues, die erwartete Nachfolgerin der Mamiya 645 ließ auf sich warten, bis jetzt.

Seit mehr als einem halben Jahrzehnt kenne ich die Mamiya 645, vor fünf Jahren schrieb ich - weil von Kamera und System sehr angetan - das Buch "Die Mamiya M 645", und etwa ebenso lange höre ich immer wieder die Frage, ob es diese Kamera nicht auch mit einem auswechselbaren Filmmagazin gäbe. Und ich schrieb seinerzeit in meinem Buch, wie ich seitdem jedem Interessenten erkläre: die M 645 braucht kein Magazin! Drei Gründe gab es hierzu für mich: erstens war das Modell "J" (Junior) kaum teurer als anderswo ein Magazin allein, und man habe damit zugleich die Zweitkamera für alle Fälle; zweitens haben wir- Hobbyfotografen selten Fotomodelle vor der Kamera, denen wir DM 2000,- pro Stunde bezahlen und deshalb die Filmmagazine blitzschnell wechseln müssen, und drittens: wer wechselt denn schon ständig seine Filmsorten? Und wenn es wirklich mal nötig sein sollte: wieviel Filme kann ich - halb belichtet! - durchdrehen und wechseln, ehe ich damit die Kosten für ein Magazin erreiche? Diese Argumente haben für mich bis heute noch Gültigkeit, aber nun ist sie doch da, die Mamiya M 645 Super, mit dem Wechselmagazin! Manche Fotografen wird das mächtig freuen, vor allem, weil sie so lange darauf gewartet haben und sich an der neuen Kamera auch alle alten Objektive schon immer für ihre besonders hohe Qualität geschätzt! - daran verwenden lassen.

Das Magazin

Es ist vor allem ein vernünftiges praxisgerechtes Magazin, fast so groß wie der Kamerakörper. Es läßt sich - auch mit Prismensucher - ebenso leicht ansetzen wie abnehmen. Es läßt sich auch öffnen und mit dem Filmhalter allein laden - wie ehe dem die drei Vorgängermodelle. Wer das so macht- und ich schätze, in der Praxis werden das viele Hobbyfotografen tun! - hätte sich auch gleich die 1000-S kaufen können. Immerhin fehlt der Einschub für die Filmlasche ebensowenig wie die Übertragung der Filmempfindlichkeit vom Magazin auf die Kamera, und der notwendige Kassettenschieber hat einen weiteren Einschub, um ihn aufzubewahren! Magazine, die einen mit dem Schieber in der Hand allein lassen, sind schon immer eine Ungezogenheit des Herstellers.
Was man allerdings an diesem Magazin schon bemerkt, und was sich auf die ganze M 645 Super samt AE-Prismensucher erstreckt: hier haben wieder einmal "Designer" ihr Unwesen getrieben! Designer sind hochbezahlte Leute, deren hauptsächlicher Wert darin besteht daß sie zwischen einem Gebrauchsgegenstand und einem Schmuckstück nicht unterscheiden können, und so wurde auch die neue M 645 Super ein Schmuckstück, mit winzigen Schaltern und Hebelchen, alle hochelegant sich in die seifenglatte Kamera einfügend. Wer die gute, alte M 645 kennt, trauert der griffigen Belederung nach. Jede Manipulation, ohne Absicherung mit dem Trageriemen am Hals, läuft schon nach dem ersten Sturz der Kamera ins Geld.

Am Gehäuse selber 

hat sich nicht allzu viel geändert. Immer noch sitzt die - nahezu ewig brauchbare! - 6 Volt-Batterie im Boden; immer noch kann man auf Mehrfachbelichtung schalten, und den Spiegel kann man ebenfalls noch hochklappen. Der kleine Batterie-Testknopf liegt so, daß Sie ihn beim Fotografieren fast immer versehentlich drücken, was jedoch die Aufnahme nicht weiter beeinflußt. Manche Interessenten werden sich fragen, warum die "Super" nur 4 Sekunden schafft,, während es bei der alten "1000" doch 8 Sekunden waren, warum die Blitzsynchronisation immer noch bei 1/60 Sek. liegt, wie bei der Vorgängergeneration, und warum man die Einstellscheiben nicht mehr so rasch und einfach wechseln kann, - von einem TTL-Blitz ganz zu schweigen.

Der Motorgriff

macht diese neue Mamiya 645 Super erst zum wahren Vergnügen. Er ist klein, leicht, handlich und ohne lange Anleitung zu montieren und zu bedienen. Hier hat Mamiya wirklich etwas geschaffen, was nicht nur sinnvoll ist, sondern auch Spaß macht und die Kamera so schnell und handlich wie eine KB-Kamera werden läßt. Mit dem Griff an der Seite vergißt man die übrige glipschige Glätte. Hieße ich Mamiya, würde ich versuchen, dieses Griffstück allein nach Schweden zu exportieren!

Der AE-Prismensucher

ist ebenfalls ein Meisterwerk, wenn auch ein zu glattes; wechseln Sie ihn nur über dem Tisch! Aber das Ansetzen geht leicht und schnell, nichts kann klemmen, keine Fummelei. Man hat neben der hervorragenden Einstellscheibe im Sucher links in leuchtenden LED's alle Anzeigen, die man als Fotograf braucht. Vor allem aber kann man - auf dem Sucher und neben der Korrektureinstellung die Art der Belichtungsmessung selber wählen: Integral, Integral mittenbetont oder Spot!
Gewiß, man braucht sie nicht unbedingt, diese neue Mamiya Super, und kein Besitzer der Vorgängermodelle hat jetzt nur noch Schrott. Aber man will sie haben, diese "Super"-Kamera, man will sie ganz unbedingt haben, und ich bin davon überzeugt, man wird mit ihr sehr glücklich sein. 
PS. Bitte lesen Sie auch den Vorausartikel im COLOR FOTO 2/86!

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