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Artikel
1998
Vergleichstest
Pentax ME-Super aus Japan und Korea
Der koreanische Zwilling
Aus Korea kommen mehr fototechnische Artikel auch auf den deutschen Markt, als man gemeinhin annimmt. Angefangen von Sucherkameras über Blitzgeräte bis hin zu Wechselobjektiven bauen Koreaner alles, was für Hobbyfotografen in aller Welt bestimmt ist - oft im Auftrag japanischer Firmen. Aus Korea kommt auch die Pentax ME-Super, die wir mit einer Original-Pentax vergleichen.
Nun ist es kein ungewöhnliches Vorgehen, bestimmte Produkte in Niederlassungen im Ausland oder von ausländischen Firmen herstellen zu lassen. Rollei fertigte einst in Singapur, Leitz fertigt heute im portugiesischen Porto und läßt Objektive bei Minolta bauen, wie etwa das 35-70-mm- oder das 70-210-mm-Zoom.
Lizenzen sind üblich
Auch die Vergabe von Lizenzen ist nichts ungewöhnliches, wenngleich es selten ans Tageslicht gelangt, wer gerade wessen Erfindung gegen die Zahlung größerer Summen ausbeuten darf. Ist das Minolta AF-System tatsächlich, wie es gerüchteweise heißt, die Erfindung von Yashica/Contax? Stammt die Mehrfachspotmessung von Olympus oder von Minolta, wie ein Mitarbeiter von Minolta erzählte? Wie dem auch sei - bei Lizenzen schreibt der, der die Erfindung auswertet seinen Namen auf das Produkt und schweigt schön stille.
Ganz anders im Falle der Pentax ME super, die wir auf verschlungenen Wegen aus Korea erhielten, wo sie vom Konzernriesen Dongwon gebaut wird - Erlaubnis von Pentax.
Dongwon scheint kein Interesse zu haben, den eigenen Namen in den Vordergrund zu stellen. Die Kamera, deren Export streng verboten ist und die nur auf dem Inlandsmarkt Käufer finden soll, trägt wie das Original den Schriftzug PENTAX auf der Stirnseite des Sucherdaches und die Typenbezeichnung ME super (von vorne gesehen links) auf der Frontplatte. Rechts auf der Vorderseite künden die Buchstaben DW von ihrer koreanischen Herkunft, aber nur so lange, wie niemand den Buchstaben zu nahe kommt. DW ist nicht, wie die andere Schrift, in die Oberfläche graviert, sondern mit Reibebuchstaben aufgetragen, zu deren Entfernung es nicht einmal des Fingernagels bedarf.
Zwillinge aus verschiedenen Ländern
"Wie das Original", das ist die Formel, mit der der koreanisehe Zwilling der japanischen Pentax sich beschreiben läßt. Ein winziger Unterschied bietet sich dem forschenden Auge dar wenn man das Objektiv (in unserem Falle ein SMC Pentax-A 1,4/50 mm!) entfernt, nachdem man, wie bei Pentax üblich, den Entriegelungsknopf links unten am Bajonett (wieder von vorne gesehen) gedrückt hat. Die rote Markierung, nach der das Objektiv ausgerichtet werden muß, ist anders in das Metall getrieben - die Seitenwände sind etwas steiler, aber was macht das schon.
Natürlich ist auch das Freigabeetikett anders, als man es von den japanischen Kameras gewohnt ist. Statt der gewohnten Buchstaben JCII ist auf dem goldfarbenen, ovalen Aufkleber CHKHE zu lesen, doch schon der Vermerk PASSED ist vom japanischen Etikett kaum zu unterscheiden.
Damals neu: Tipptasten statt Einstellrad
Die Kamera, die auf den ersten Blick von einer japanischen Pentax ME super wie sie in den Schaufernstern deutscher Fotohändler steht, nicht zu unterscheiden ist, ist natürlich keine Kamera, die heute noch Furore machen könnte. Die ME super, egal ob aus Japan oder Korea, ist eine Kleinbild-Spiegelreflex der letzten Generation, obwohl sie über etwas verfügt, was in den letzten beiden Jahren erst so richtig modern wurde. Die Pentax ME super war die erste Kamera, bei der das Verschlußzeitenrad zwei Tipptasten weichen mußte. Sie sitzen an der Stelle, an der das verdrängte Rad seinen Platz zu haben pflegte.
Auch aus Korea japanische Qualität
Die Verschlußzeiten von vier Sekunden bis zur 1/2000 Sekunde werden von einem senkrecht ablaufenden Metall-Lamellen-Schlitzverschluß gebildet, der von der Kameraelektronik gesteuert wird. Wie von einem elektronisch gesteuerten Schlitzverschluß nicht anders zu erwarten, wird die Verschlußzeit über den gesamten Bereich sehr genau eingehalten - mit einer Ausnahme. Die 1/125 Sekunde, die mechanisch gesteuert wird und auch als Blitzsynchronisationszeit dient, liegt mit einer Abweichung von 0,43 Blendenstufen knapp außerhalb der Toleranz. Die tatsächliche Synchronzeit liegt bei 1/95 Sekunde und damit in einem Bereich, der - als die ME super auf den Markt kam durchaus üblich war. Beide Kameras weisen einen so parallelen Verlauf der Meßkurve auf, daß man von besser oder schlechter nicht sprechen kann. Die geringfügigen Abweichungen sind in dieser Größenordnung auch bei zwei Kameras der gleichen Serie üblich (Fertigungstoleranzen).
In der einzigen Belichtungsautomatik-Funktion (Zeitautomatik nach Blendenvorwahl) schlägt sich dieser Fehler nicht nieder. Über den gesamten Zeitenbereich werden die Bilder um 1/6 bis 1/3 Blendenstufe unterbelichtet, was sich beim Negativ/Positivprozeß gar nicht, im Umkehrprozeß kaum bemerkbar macht. Nur hin und wieder werden Dias auffallen, die etwas zu dunkel wirken. Wie schon bei den Verschlußzeiten ist eine geradezu verblüffende Ähnlichkeit zwischen der japanischen und der koreanischen Pentax zu bemerken.
Die Belichtungsmeßzonen im Sucher machen bei der Übereinstimmung zwischen beiden Kameras keine Ausnahme. Sowohl die Pentax ME super als auch die Dongwon ME super messen die Belichtung integral mit recht geringer Mittenbetonung. Bei Motiven mit einem größeren Himmelsanteil ist mit Fehlbelichtungen zu rechnen, denen aber durch Gebrauch der Korrekturfaktoren (im Bereich von +/- 2 Blendenstufen) entgegengewirkt werden kann. Daß ein Korrekturfaktor eingestellt ist, wird im Sucher angezeigt, die eingestellte Blende leider nicht. Am hellen Sucher ist weiterhin zu bemängeln, daß die Verschlußzeitenskala (mit den Hinweisen auf drohende Unter- oder Überbelichtung) ins Sucherbild ragt, was bei der Motivbeurteilung doch manchmal sehr stört.
Fazit
Während die Pentax ME super von Dongwon ein Einzelstück in Deutschland bleiben wird, gibt es die Pentax ME super immer noch zu kaufen (die sehr schöne mechanische MX leider nicht mehr). Im Zuge der Modellpflege gibt es moderne Kameras von Pentax (die A-Serie und die P30), doch ist der Oldie ME super nicht ohne Reiz. Wer auf die Programmautomatik verzichten kann, die Tipptasten nicht als zu großen Nachteil empfindet und eine sehr kleine und leichte Pentax-Kamera haben möchte, ist mit der ME super nicht schlecht bedient, zudem die Spotmessung als Ergänzung der Integralmessung bei Pentax auch in den anderen Modellen noch nicht zu finden ist. Allerdings fehlt die TTL-Blitzsteuerung, die das Blitzen mit der Super-A und Program-A denn doch einfacher macht.
Der Zwilling aus Korea ist kein Beweis dafür, daß Korea sich anschickt, eine Kameranation vom Schlage Japans zu werden. Doch die Dongwon Pentax zeigt sehr deutlich, daß man in Korea mit modernen Fertigungstechnologien umzugehen versteht.
Wenn auch noch nicht heute, so steht vielleicht morgen oder übermorgen ein neuer Anbieter von Kameras vor den Toren der restlichen Fotowelt- und dann vielleicht nicht mehr mit Lizenzbauten sondern mit Eigenentwicklungen. Warten wir's ab, die Koreaner tun viel.
PLUS
Sehr klein und leicht
Gleichmäßige Belichtung
Automatische Umschaltung auf die Synchronisationszeit mit entsprechenden Blitzgeräten
Filmeinlegen durch Magie Needles" recht einfach
MINUS
Synchronisationszeit "gemogelt"
Tipptasten statt Verschlußzeitenrad
Einstellung der Empfindlichkeit und eines Korrekturfaktors umständlich
Anzeigen im Sucherfeld
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