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Stichwort: Meßcharakteristik
Charaktersache
Die TTL-Belichtungsmessung gehört zu den wesentlichsten Fortschritten der Spiegelreflexfotografie. Sie löste viele Probleme. Aber sie brachte auch neue mit sich, die es vorher nicht gab.
Der eigentliche Siegeszug der Spiegelreflexfotografie begann mit der Einführung der Belichtungsmessung durch das Objektiv, der sogenannten TTL-Messung. Die drei Buchstaben TTL stehen dabei für den entsprechenden englischen Ausdruck "through the lens". Das bedeutet praktisch, daß das gesamte auf dem Film erscheinende Motiv gemessen wird, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Es wird nicht mehr wie zuvor bei der Lichtmessung mit Handbelichtungsmessern ein Großteil der Umgebung mit berücksichtigt. Darin liegt der wesentliche Fortschritt der TTL-Messung. Natürlich ist es auch viel bequemer, wenn man nicht mit einem zusätzlichen Gerät arbeiten muß. Schneller geht's außerdem. Aber auch mit der TTL-Messung bleiben noch genug Probleme bei der Belichtungsmessung bestehen. Diese werden gerade von Anfängern mit keiner oder wenig Erfahrung oft übersehen. Dazu hat sicher auch in nicht geringem Maße die Werbung vieler Hersteller beigetragen, die besonders bei Automatikkameras so tut, als würde die Belichtungsautomatik dem Fotografen nicht nur die Arbeit, sondern auch das Denken abnehmen. Das ist natürlich nicht der Fall. Wer mit diesem Glauben fotografiert, wird zwar heute dank des großen Spielraumes, den die Fotochemie bietet, in der Mehrzahl der Fälle zu brauchbar richtig belichteten Fotos kommen. Es gibt aber genügend Fälle, in denen das nicht mehr der Fall ist, und es sind oft gerade die reizvollsten Motive, bei denen die Lichtverhältnisse vom Üblichen abweichen.
Denn auch wenn mit der TTL-Messung nur das Motiv selbst erfaßt wird, treten noch genügend Probleme auf, sobald dies sehr kontrastreich ist. Der vorhandene Motivkontrast wird oft unterschätzt, da das menschliche Auge selektiv sieht und sich der Helligkeit der gerade anvisierten Stelle anpaßt. Das kann der Film nicht. Er muß den vorhandenen Motivkontrast im Rahmen seines Belichtungsspielraumes verarbeiten. Bei der einfachen TTL-Messung "sieht" das lichtempfindliche Element das Motiv mit seinen hellsten Lichtern und tiefsten Schwärzen. Es wirft alles in einen Topf und bildet einen Durchschnittswert, den wir dann vom Meßzeiger oder der Automatik angezeigt bekommen. Hat das Motiv nun größere Flächen, die besonders hell oder dunkel sind oder auch nur eine extrem helle Lichtquelle, so wird diese natürlich entsprechend mitgemessen, obwohl sie für das Bild nicht wichtig ist. Dadurch wird dann aber das Hauptmotiv über- oder unterbelichtet.
Ausgehend von der Überlegung, daß die bildwichtigen Motivdetails in der Mehrzahl aller Fälle in der Bildmitte liegen, wurde die integrale TTL-Messung bald mit einer sogenannten Mittenbetonung verfeinert. Sicher eine amateurgerechte Verbesserung. Da viele Aufnahmen draußen gemacht werden, kam ein kluger Kopf noch auf die Idee, den Schwerpunkt der Mittenbetonung etwas in die untere Bildfeldhälfte zu verlegen, damit ein heller Himmel nicht zu einer unterbelichteten Landschaft führt.
Mittenbetonte Messung
Diese Meßcharakteristik ist heute die am weitesten verbreitete. Damit ist auch schon viel gewonnen. Allerdings wird die Definition "mittenbetont" sehr weit ausgelegt.
Daher ist diese Meßcharakteristik für eine ganze Reihe fotografischer Aufgabenstellungen noch unzureichend. Um dem abzuhelfen, verfügen einige Spiegelreflexmodelle über die interessante Messung mit extrem starker Mittenbetonung, die dann auch genau definiert ist. Bekanntester Vertreter dieser Charakteristik ist Nikon. Hier wird der innerhalb des Schnittbild/Mikroprismenkreises liegende Motivbereich mit 80% betont. Eine ähnlich konzentrierte Mittenbetonung findet sich beispielsweise auch in der Praktica B 200 und der Leica R4. Die Bezeichnung für diese Art der Messung ist übrigens nicht einheitlich. Was der eine Hersteller "teilselektiv" nennt, heißt beim anderen schon "Spot". Das ist aber nicht zu verwechseln mit der 1xGRADx-Spotmessung echter Punktbelichtungsmesser, wie sie von verschiedenen Herstellern angeboten werden.
Der Vorteil solch enger begrenzter Meßcharakteristik liegt darin, daß mehr oder weniger kleine Motivdetails ganz gezielt angemessen werden können. Diese Meßrnethode erfordert aber eine gewisse Erfahrung und, wenn man sie optimal nutzen will, das Wissen um die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten des verwendeten Films. Wer nicht weiß, daß man sich bei Diafilmen mit der Belichtung bei kontrastreichen Motiven nach den Lichtern richtet, bei Negativmaterial, gleich ob in Color oder Schwarzweiß, aber nach den Schatten, der sollte lieber die Finger von einer Spot- oder Selektivmessung lassen. Auch kann sich der Vorteil der Messung eines kleinen Motivdetails leicht in einen Nachteil verwandeln, wenn der weniger erfahrene Fotograf vor lauter anmeßbaren Details gar nicht mehr weiß, was er nun messen soll.
Eine Alternative
So stellen natürlich Kameras mit veränderlicher Meßcharakteristik eine ideale Lösung dar. Leider gibt es davon derzeit nur zwei, die Leica R4 und seit neuestem die Canon F-1. Bei beiden kann im Normalfall mit der mittenbetonten lntegralmessung gearbeitet werden, bei Bedarf aber auch mit Selektiv- bzw. Spotmessung. Bei der Leica wird die Meßcharakteristik vom eingestellten Automatikprogramm bestimmt, die neue Canon F-1 bietet teilselektive und Spotmessung Über austauschbare Mattscheiben.
Aber selbstverständlich können Sie auch mit einer nur integral oder mittenbetont integral messenden SLR nicht ganz einfachen Lichtverhältnissen Herr werden, wenn Sie das Denken nicht der Kamera überlassen. Ist viel Himmel im Bild, dann neigen Sie die Kamera eben gegen den Boden, messen die Landschaft ohne Himmel und belichten mit dem so gefundenen Wert. Oder Sie führen bei einem Gegenlicht-Porträt einfach eine Nahmessung des Gesichts des Modells durch, nach der Sie belichten. Oder Sie begrenzen den Meßwinkel Ihrer Kamera, in dem sie mit einem Teleobjektiv das für Sie wichtigste Detail anmessen, obwohl Sie die Aufnahme dann mit dem Standard- oder Weitwinkelobjektiv machen. Wenn Sie also "nur" eine Kamera mit lntegralmessung besitzen, sollten Sie anfängliche Mißerfolge bei schwierigeren Lichtverhältnissen nicht zur Resignation, sondern zum Selber-Denken veranlassen.
Contax137
Cosina CT7
Konica FS-1
Leica R4 (1)
Leica R4 (2)
Mamiya ZE/ZE-2
Olympus OM-2
Olympus OM-1
Praktica B-200
Rollei SL 2000
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