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Artikel
Erfahrungsbericht
Pentax ME-F
Optimal bei Sonnenschein
Bereits in Heft 12/81 konnten wir Ihnen die neue Pentax ME-F und ihr TTL-Autofokus-System vorstellen soweit es die technische Seite betraf. Inzwischen konnten wir mit dieser Kamera und dem Autofokus-Zoom 2,8/35-70 mm arbeiten und wissen nun, wie sie sich in der Praxis bewährte. Red.
Es war einmal - und es klingt wirklich wie ein Märchen - eine Zeit, da wurde die Möglichkeit, die Belichtung durch das Objektiv messen zu können als Sensation bejubelt. Es folgte die Zeit der Glaubenskriege. Die einen glaubten, eine Belichtungsautomatik könne nur bei Blendenvorwahl nutzbringend eingesetzt werden, während andere die Belichtungsautomatik nach Vorwahl der Zeit zum einzig vernünftig verwendbaren System erklärten. Dieser Streit scheint endgültig begraben - dafür sorgten die Multiautomaten und die Programmautomatik, die nun auch dem "ernsthaften Amateur" als Alternative angeboten wird. Allerdings zeichnet sich für die "engagierten Hobbyfotografen" nun eine neue Möglichkeit am Horizont ab, sich die Köpfe heiß zu reden; das Thema lautet: "Wer hat das bessere SLR-Autofokus-System?!"
Bislang standen zwei SLR-Autofokus-Objektive zur Debatte: eines von Ricoh (ein 1:2/50 mm-Standardobjektiv) und ein 1:4/35-70 mm-Zoom von Canon - beide mit in das Objektivgehäuse integrierter AF-Meß- und Steuereinrichtung. Während Ricoh und Canon so auch den Besitzern älterer Kameramodelle mit entsprechendem Anschluß die Möglichkeit geben, am Segen des Fortschritts teilzuhaben, geht Pentax einen anderen Weg. Die AF-Meß- und Steuereinrichtung wurde in den Kamerabody der Pentax ME-F eingesetzt, während das SMC-Pentax AF 2,8/35-70 mm Zoom nur mehr mit dem Fokussiermotor "belastet" ist. Die Pentax-Autotokus-Einrichtung funktioniert darüber hinaus (natürlich ohne motorische Fokussierung) als Einstellhilfe auch mit allen Objektiven mit K-Bajonett oder (über Adapter) mit M-42-Anschluß und größter Blendenöffnung von mindestens 1:5,6. Man bietet diese Möglichkeit nicht nur aus warmherziger Mitmenschlichkeit - man schafft so natürlich auch ein Potential an möglichen Käufern. Und somit ist das Pentax-TTL-Autofokus-System nicht nur eine interessante technische Innovation, sondern wohl auch eine sehr lukrative Angelegenheit, insbesondere wenn man bedenkt, daß das K-Bajonett die Nachfolge des legendären M-42-Gewindes als Universalanschluß angetreten hat und so eine Vielzahl von Objektiven mit der Pentax ME-F eingesetzt werden können. Doch für uns ist nicht interessant, wie dieses System sich in den Bestellblocks der Pentax-Vertreter bewährt, sondern beim praktischen Einsatz.
Ich nehme an, daß es Ihnen nicht anders geht als mir, und daß Sie sich gleich - wenn schon, denn schon für die Pentax ME-F plus SMC Pentax AF 2,8/35-70 mm Zoom-Objektiv interessieren. Diese Kombination liegt dank des Objektivbauches, der neben dem Fokussiermotor dessen Stromversorgung in Form von vier Alkali-Mangan Mikro-Batterien (Typ AAA) enthält, gut in der Hand. Dieses Objektiv läßt vergessen, daß auf dem Kamerasektor die Twiggy- und Minimode immer noch im Schwange ist, d. h. die Kameras immer leichter (und oft genug ausstattungsmäßig magerer) und die Objektive immer kürzer werden, und man oft genug nicht weiß, was man mit den Fingern anfangen soll, die man nicht am Gehäuse oder Objektiv unterbringt. Das Gehäuse der ME-F gleicht auf den ersten Blick dem der bekannten ME-Super, erst bei genauerem Hinsehen entdeckt man den kleinen Unterschied. So erlaubt auch bei der ME-F der Betriebsartenschalter folgende Einstellungen: L (= Auslöser blockiert, Strom abgeschaltet), Auto (= Zeitautomatik bei Blendenvorwahl), M (= manuelle Zeiteneinstellung bei Nachführmessung), 125 X (= Blitzsynchronisationszeit und mechanisch gesteuerte Zeit bei Batterieausfall) und B (= Langzeitbelichtung). Nur die Einstellung auf "Auto" ist arretiert. Links davon, und ebenfalls bequem mit dem Zeigefinger der rechten Hand zu erreichen, die beiden Impulstasten, die bei manueller Zeiteneinstellung das Verschlußzeitenrad ersetzen. Links vom Prisma dann zwei Schalter, die bislang an keiner Pentax zu finden waren. Der vordere, der sogenannte Apertur-Schalter, dient dazu, die Autofokus-Meßeinrichtung auf Objektive mit größter Anfangsöffnung von 2,8 oder größer (Grün) oder zwischen 2,8 und 5,6 (Rot) einzustellen oder die AF-Einrichtung zu desaktivieren. Der zweite neue Schalter scheint mir fast noch wichtiger zu sein: man kann mit ihm das enervierende Gepiepse abstellen, mit dem ansonsten jede erfolgte Fokussierung gemeldet würde. Der Ring, mit dem Filmempfindlichkeit und Belichtungskorrektur eingegeben werden können, entspricht wieder der ME-Super, von der auch Bildzählwerk, Filmtransportkontrolle und die Anzeige, ob der Verschluß gespannt ist oder nicht, übernommen wurden. Die Bedienungselemente am AF-Zoom beschränken sich auf zwei Auslöser für den Fokussiermotor, von denen einer bei normaler Kamerahaltung immer bequem zu ertasten ist, und auf den On-Off-Schalter, der vom offensichtlich etwas gestörten Verhältnis der Pentax-Designer zur Farbenpsychologie zeugt. Am AF-Zoom bedeutet nämlich Grün "Off" und Rot "On", wohingegen im Sucher Grün für "freie Fahrt" und Gelb und Rot für "Achtung" oder "Stop" stehen, so wie wir das gewohnt sind und Japaner (ihren Ampel-Anlagen zufolge) sicher auch. Um beim Sucher zu bleiben - er unterrichtet Sie über die manuell oder automatisch eingesteuerte Zeit, drohende Ober- bzw. Unterbelichtung, M-Einstellung und Belichtungskorrektur. Neu sind drei Leuchtdioden (zwei rote Pfeile und ein grünes Sechseck) unten im Sucher, die leider - wie auch die Zeitenskala ins Sucherbild hineinragen. Wenn Sie es sich angewöhnt haben, die Belichtungsautomatik Ihrer Kamera hin und wieder zu korrigieren, um bei schwierigen Lichtverhältnissen optimale Ergebnisse zu erlangen, so werden Sie auch mit der Autofokus-Steuerung bestens zurechtkommen. Keine Automatik der Welt kann wissen, was Sie fotografieren möchten, weicher Teil des Motivs bildwichtig ist und deshalb scharf abgebildet werden soll. Sie müssen dem Autofokus-System also auf die Sprünge helfen, und das ist denkbar einfach. Der Schnittbildentfernungsmesser zeigt im Sucher genau den Teil des Motivs, auf den die Automatik - stur wie nur eine Automatik es sein kann - scharfeinstellt. Liegt der bildwichtigste Teil des Motives in der Bildmitte, so brauchen Sie nichts weiter zu tun, als den Auslöser anzutippen was den Belichtungsmesser und den Entfernungsmesser aktiviert - und auf einen der beiden Auslöser am Objektiv zu drücken. Das Objektiv wird jetzt - je nach Kontrast mehr oder weniger schnell - scharf einstellen. Während dieser Zeit leuchtet einer der beiden roten Pfeile im Sucher; ist die Scharfeinstellung erfolgt, so leuchtet die grüne Leuchtdiode auf und Sie können getrost auslösen, auch wenn die beiden Schnittbildhälften nicht exakt übereinstimmen. Anders liegt der Fall, wenn Sie die Hauptsache des Motivs außerhalb der Mitte plazieren wollen. Berühmtes Beispiel: Sie wollen Ihre Frau und Ihre Tochter fotografieren, die links und rechts im Bild stehen. Die Autofokus-Einrichtung würde nun zwischen Ihnen hindurchmessen und den Hintergrund scharf abbilden, worauf Sie natürlich aus begreiflichen Gründen keinen Wert legen. Um das zu erreichen, was Sie eigentlich wollten, nämlich Frau und Tochter scharf abbilden, messen Sie ganz einfach eine der beiden an, warten die Scharfstellung ab, nehmen den Finger vom Auslöser des Fokussiermotors und können nun das Bild komponieren. Ähnlich verfahren Sie, wenn ein Teil des Vordergrundes in das Meßfeld ragt und so eine Fehlfokussierung bewirken würde. Ist dieser Vordergrund eine Baumkrone, ein Strauch oder ein ähnlich "wirres" Gebilde, so werden Sie mit manueller Fokussierung am besten (und schnellsten) zurechtkommen. Auch wenn waagerechte Strukturen Ihr Motiv bestimmen, werden Sie nicht umhinkönnen, der Automatik zu helfen. Halten Sie die Kamera einfach hochkant, damit eine waagrechte Linie den jetzt senkrecht ausgerichteten Schnittkeil schneidet und fokussieren Sie dann. Besonderen Spaß macht es, mit der ME-F und dem AF-Zoom ein bewegtes Motiv zu verfolgen, denn die Schärfe regelt sich - sofern die Bewegung nicht zu schnell ist -automatisch nach. Allerdings muß das Motiv zwangsläufig im Zentrum des Bildes verbleiben und die Arbeit mit Winder oder Motor wäre zwar gar zu schön, ist aber leider nicht möglich.
Ab und zu - wahrscheinlich öfter als es Ihnen lieb ist - werden beide Pfeile im Sucherdisplay aufleuchten bzw. flackern. Das bedeutet dann, daß zu wenig Licht oder zu wenig Kontrast vorhanden ist, um die Entfernung automatisch zu ermitteln. Das kann, je nach Motivkontrast bereits bei 1/60 Sek. und Blende 2,8 (bei 19-DIN-Film) der Fall sein, aber auch erst bei 1/8 Sek. und Blende 2,8. Sie können dann immer noch bequem auf die herkömmliche Weise scharfstellen, also unter Zuhilfenahme des Schnittbildindikators, des Mikroprismenrasters oder der Mattscheibe. Damit Sie das Blinken und Flackern der Leuchtdioden nicht nervös macht, empfiehlt es sich dann, den Apertur-Schalter auf die Position ..Off" zu stellen, womit die Autofokus-Einrichtung außer Betrieb gesetzt wird, aber auch der Objektivmotor nicht mehr arbeitet. Das Scharfstellen ohne Autofokus ist also problemlos möglich und somit sind Sie nicht aufgeschmissen, wenn er sich nicht mehr auf eine korrekte Einstellung einigen kann. Aber: ist damit nicht das Autofokus-System ad absurdum geführt? Eigentlich sollte man ja von einem solchen System verlangen können, daß es gerade dann arbeitet, wenn man mit der herkömmlichen Fokussierung nicht weiter kommt, dann also, wenn es zu dunkel ist, um exakt scharfstellen zu können oder wenn bei lichtschwächeren Objektiven die Schnittbildkeile abdunkeln. Genau dann hilft Ihnen die Automatik der ME-F aber auch nicht weiter. Was die größte Blendenöffnung angeht, so schränkt Pentax selbst die Tauglichkeit des Systems auf eine Mindestöffnung von 1:5,6 ein, was in der Praxis bei durchaus normalen Lichtverhältnissen schon zu langwierigen Spielereien führt, bis die grüne Leuchtdiode ihr "o.k." signalisiert. Sie kommen, wenn Sie nicht fehlsichtig sind und Ihre Brille vergessen haben, auf dem normalen Weg schneller ans Ziel. Dies sind Nachteile, die allerdings im Zusammenhang mit dem Entwicklungsstand der Autofokus-Technik zu sehen sind. Es wäre falsch und ungerecht, aus den negativen Erfahrungen bei schlechten Lichtverhältnissen und der Verwendung lichtschwächer Objektive einen Verriß dieses Autofokus-Systems ableiten zu wollen. Wer mit der Pentax ME-F und dem AF-Zoom oder einem anderen Objektiv arbeiten will und bereit ist, für Kamera und AF-Zoom um die 1600 DM auszugeben, der muß eben wissen, wann er diese Automatik einsetzen kann und wann nicht.
So gibt Pentax mit der ME-F und dem AF-Zoom dem interessierten Fotografen eine Ausrüstung in die Hand, mit der er unter normalen Bedingungen, das heißt dann, wenn ca. 95% aller Amateuraufnahmen entstehen, sehr schnell und absolut sicher arbeiten kann, wenn er nicht das Denken der Automatik überlassen will. Der Weg, den Pentax jetzt eingeschlagen hat, wird mit Sicherheit nicht mit der ME-F und diesem einen AF-Objektiv enden, sondern über kurz oder lang Möglichkeiten der automatischen Fotografie bieten, die bislang nicht zu verwirklichen waren. Ich denke dabei an die Tierfotografen, die ihre Kamera fernbedienen müssen, und bis heute darauf angewiesen sind, daß das Tier sich in den vorbestimmten Schärfenbereich begibt. Wenn es erst einmal möglich ist, auch den Fokussiermotor in die Fernsteuerung einzubeziehen, wird sich die Zahl der Ausschußbilder in diesem Bereich drastisch reduzieren. Doch das ist noch Zukunftsmusik Gegenwart ist eine Kamera, mit einem Autofokus-System, das noch mit der einen oder anderen Kinderkrankheit behaftet ist, aber mit Sicherheit - und nicht ohne Grund viele Freunde finden wird.
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