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Normtest

Ricoh XR-2

Ein solider Zeitautomat mit systemtreuen K-Bajonett

Seit rund vierzig Jahren fertigt Ricoh Kameras. Dem Publikum in der Bundesrepublik Deutschland war der Name bislang allerdings nur als Hausmarke eines großen Versandhandels- und Kaufhausunternehmens bekannt. Man hat sich aber vor einigen Monaten voneinander getrennt, Ricoh hat in Eschborn eine eigene Niederlassung gegründet und will ab sofort auf breiter Basis in den bundesdeutschen Fotogeschäften "mitmischen".
Die Kamerapalette besteht zur Zeit aus drei Spiegelreflex-Modellen: der preisgünstigen XR 500, der kreuzgekuppelten XR-1 und der hier getesteten Zeitautomatik-Kamera XR-2. Im weiteren Angebot findet man noch einige Sucherkameras für das Kleinbildformat 24 x 36 mm und für das Halbformat 18 x 24 mm.
Die XR-2 wiegt mit dem Objektiv Rikenon 1,7/50 mm immerhin 795 Gramm, die Abmessungen betragen 140 x 91 x 91 mm. Damit ist sie im Vergleich mit anderen modernen Spiegelreflexkameras doch noch groß und gewichtig. Die Bezeichnung "Kompaktkamera" verdient sie jedenfalls nicht.

K-Bajonettanschluß mit vielseitigen Möglichkeiten

Objektive: Die Ricoh XR-2 wird wahlweise mit drei verschiedenen Standardobjektiven geliefert: ein 1,4/50 mm mit 7 Linsen in 6 Gruppen, ein 1,7/50 mm mit 6 Linsen in 5 Gruppen und ein 2,0/50 mm mit ebenfalls 6 Linsen in 5 Gruppen.
Die beiden lichtstarken Objektive sind mehrschichtvergütet, das 2,0/50 mm ist einfach vergütet.
Die Ricoh-Spiegelreflexkameras sind mit dem K-Bajonett ausgestattet, das ja mittlerweile nicht nur von einem der großen japanischen Kamerahersteller verwendet wird, sondern auch von kleineren Produzenten (z. B. Carena). Es ist nicht abwegig zu behaupten, das K-Bajonett könnte der Nachfolger des Universal-Anschlusses M42 x 1 (Praktica/Pentax-Mount) werden. Tendenzen dahin zeichnen sich deutlich ab. Der K-Anschluß gilt als zukunftssicher. Das Objektiv rastet fest und sicher ein, geht allerdings etwas streng. Angenehm ist ein Tastknopf am Objektiv, der in offener Position dem Objektiventrieglungsknopf gegenüber steht. Zusätzliche rote Markierungen für schnellen Objektivwechsel. Blenden- und Entfernungseinstellung sind übersichtlich, der -Anschlag ist links. Kürzeste Entfernungseinstellung ist 45 cm, Filtergewinde 52 mm. Abblendknopf zur Schärfentiefenkontrolle am Gehäuse.

Belichtungsmessung: Weitgehend integrale Ganzfeldmessung mit Betonung in der Bildmitte und leichter Abflachung im Querformat oben. Das Meßsystem besteht aus drei Cadmiumsulfid (CdS)-Meßzellen, die von der Art her bedingt etwas langsamer als die moderneren Silizium-Zellen reagieren. Trotzdem spricht die XR-2 auch bei ungünstigen Lichtverhältnissen schneller an als manche andere Kamera mit CdS-Meßzellen. Die Kamera ist für Offenblendenmessung eingerichtet. Arbeitsblendenmessung bei gedrückter Schärfentiefe-Taste ist nicht vorgesehen. Der Meßbereich bzw. Belichtungsmesser-Kupplungsbereich reicht von EV 0 bis 17 (bezogen auf 21 DIN und Objektiv 1,4/50 mm).

Belichtungsmesser arbeitet auch im Manuellbetrieb

Der Einstellbereich des Belichtungsmessers reicht von 12 DIN bis 36 DIN (ASA 12 bis 3200). Die Werte sind nur in ASA angegeben, das Einstellrad ist gesichert. Die Skala ist kombiniert mit einer Belichtungs-Korrekturmöglichkeit für ± 1 oder 2 Blendenstufen, einrostend in ganzen Blendenstufen. In den beiden Endbereichen ist allerdings nur eine eingeschränkte Korrektur möglich: in der Endstellung 12 DIN nur nach Minus, in der oberen Endstellung bei 36 DIN nur nach Plus. Recht angenehm ist, daß die untere Grenze des Belichtungsmessers bei 12 DIN beginnt, so ist beispielsweise beim vielgeliebten Kodachrome 25 eine Pluskorrektur für Gegenlicht etc. möglich. Ein Warnsignal im Sucher bei Belichtungskorrektur fehlt. In die Kamerarückwand ist eine Umrechnungstabelle ASA/DIN eingeklebt. Die Kameraelektronik wird durch Niederdrücken des Auslösers bis zu einem deutlichen Druckpunkt eingeschaltet. Kein separater Ein/Ausschalter, der versehentlich eingeschaltet bleibt und am kostbaren Batteriestrom zehrt. Zur Belichtungsmessung wurden nur 8 mA Stromverbrauch gemessen. Dieser Wert gilt sowohl für Automatikbetrieb wie auch für Manuellbetrieb. Bei abgeschalteter Zeitautomatik arbeitet der Belichtungsmesser im Manuellbetrieb weiter. Ähnlich des Anzeigesystems der Nikkormat EL bzw. der Nikon FE zeigt dabei ein grüner Zeiger im Sucher die am Verschlußrad eingestellte Zeit, der schwarze Zeiger des Belichtungsmessers aber die für eine korrekte Belichtung erforderliche Zeit. Zeit oder Blende können so ganz einfach nachgeführt werden, bis beide Zeiger in Deckung sind. Durch dieses geschickte System sind im Manuellbetrieb gezielte Ober- oder Unterbelichtungen exakt kontrollierbar.

Der Verschluß: Vertikal von unten nach oben ablaufender, elektronisch gesteuerter Copal CCS-E-Metall-Lamellenverschluß. Bei Automatikbetrieb stufenlos gebildete Zeiten von ca. 8 sec bis 1/1000 sec, bei Manuellbetrieb abgestufte Zeiten von 4 sec bis 1/1000 sec. Mechanisch gebildete Zeit (auch bei Batterieausfall) X=1/90, sec und "B". In der Position "Auto" ist das Verschlußzeitenrad verriegelt. Auslösung über deutlichen, aber sehr tiefliegenden Druckpunkt. Verschlußlaufzeit 6,6 m/sec (elektronisch und bei der mechanischen Zeit). Verschlußoffenzeit bei X(=1/90 sec) 4,2 m/sec, bei 1/125 sec 1,0 m/sec. X-Kontaktverzögerung: 0 (Vorzündung). Mittlere Vorhanggeschwindigkeit 3,6 m/sec. Zwar ist auch die rot eingelegte 1/125 sec für Aufnahmen mit Elektronenblitz möglich, wegen der wesentlich längeren Offenzeit sollte aber stets mit der mechanisch definierten Zeit "X" geblitzt werden. Die manuell einstellbaren Verschlußzeiten sind sehr genau, die größte Toleranz lag bei einem Fehler von nur 0,16 Blendenstufen und ist absolut vernachlässigbar. Etwas weniger gute Werte ergeben sich bei der Belichtungsautomatik, die ermittelten Werte liegen aber ebenfalls gut innerhalb der DIN-Toleranzen.

Ein mäßig heller Pentaprismensucher

Der Sucher: Fest eingebauter Pentaprismensucher, für Brillenträger nicht mehr sehr gut überschaubar und mäßig hell. Oberhalb des Sucherbildes wird die Blende eingespiegelt, rechts die Verschlußzeitenskala mit den zusätzlichen Positionen "A" und "B-X". Der transparente grüne Zeiger signalisiert dabei stets die Position des Verschlußzeitenrades, der schwarze Zeiger zeigt bei Automatikbetrieb die von der Kamera gewählte Zeit an, bei Manuellbetrieb die Zeit, die für korrekte Belichtung erforderlich ist. Alle Werte sind außerhalb des Bildfeldes angebracht und stören somit nicht. Als Entfernungsmesser dient ein schräg verlaufender Schnittbildindikator, der von einem Mikroprismenring umgeben ist. Schnittbild und Mikroprismen sind sehr klein geraten. Die Einstellscheibe ist nicht auswechselbar, für Fehlsichtige werden Augenkorrekturlinsen einfach über das Okular geschoben. Die Ricoh XR-2 verfügt über einen Okularverschluß, Betätigung durch einen kleinen Hebel rechts vom Okulareinblick. Das Sucherfenster hat die Abmessungen 33,5 x 22,4 mm und zeigt somit 88,8% vom Filmformat bzw. 93,5% vom Diaformat. Sucherbildvergrößerung 0,88 x.

Der Auslöser: Er dient gleichzeitig als Meßwerkschalter. Weg für die Belichtungsmessung 1 mm, für die Auslösung 2 mm. Auslösedruck 3 N (300 Gramm). Da der Druckpunkt ziemlich tief liegt und zudem durch eine ringförmige Vertiefung geschützt ist, ist eine versehentliche Auslösung kaum möglich. Der Auslöser ist blockiert, wenn der Filmtransporthebel an die Kamera geklappt ist. Eine kleine Taste vor dem Auslöser dient als Batteriekontrolle, Anzeige erfolgt im Sucher. Mechanischer Selbstauslöser mit einer Vorlaufzeit von ca. 8 sec. Einrichtung für Mehrfachbelichtung.

Energieversorgung und Stromverbrauch: Zwei Silberoxidbatterien vom Typ G 13/MS 76 ä 1,5 Volt. Untergrenze der zulässigen Batteriespannung 2,4 Volt. Stromverbrauch für Belichtungsmessung 8 mA, für Verschlußbetätigung (außer X und B) 22 mA, für Batterietest 26 mA. Praktischer Batteriehalter, aber keine Polungsangabe für das Einlegen der Batterien!

Abschließende Bemerkungen: Daß die Ricoh XR-2 über keine Memory-Einrichtung, also eine Speicherung der Belichtungszeit verfügt, ist für die sonst so gut ausgestattete Kamera zwar ein Minuspunkt; schwerer wiegt aber die Tatsache, daß der Anschluß für einen motorischen Filmtransport (Winder) fehlt. Das Nichtvorhandensein dieser heute fast schon selbstverständlichen Einrichtung für Kameras mit gehobener Ausstattung dürften der XR-2 einen schweren Stand gegenüber den Mitbewerbern verschaffen. Wer darauf jedoch keinen Wert legt, der bekommt mit der Ricoh XR-2 eine grundsolide, gut ausgestattete und ansprechende Spiegelreflex mit durchaus guten Meßdaten. Wichtiger Pluspunkt ist das K-Bajonett, worüber eingangs schon gesprochen wurde und das dieser Kamera Systemtreue und Problemlosigkeit bei der Auswahl der Objektive garantiert, neben dem Ricoh-Programm auch Fremdobjektive.

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