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Aufnahmesysteme mit motorischem Filmtransport
Leica M4-2
Meßsucher-Systemkamera mit motorischem Filmtransport
Es ist unbestritten: Der Name Leitz hat Weltgeltung. Damals wie heute. Auch eine Kamera, die den Namen Leica führt, gleich, um welche Leica es sich dabei handelt, übt in der gesamten fotografierenden Weit immer noch die gleiche Faszination aus wie vor Jahrzehnten. Der Name Leitz und Leica-Kameras stehen für Qualität und höchste Präzision. Daran konnte auch die Vielzahl hervorragender Kameras der in- wie ausländischen Mitbewerber nichts ändern. Das ist gut so, weniger aus nationalen Empfindungen als vielmehr aus dem Gedanken heraus, daß es jammerschade gewesen wäre, wenn ein Werk wie Ernst Leitz, Wetzlar das Schicksal so vieler anderer namhafter deutscher Kamerawerke erlitten hätte. Die weltweite Fotografie wäre ärmer geworden, um vieles ärmer sogar.
Warum eine Sucherkamera mit Transportmotor
Wenn ich heute nach all den Spiegelreflexkameras mit motorischem Filmtransport der letzten Monate eine Meßsucherkamera mit Winder vorstelle, so wird vielleicht mancher auf Grund des überreichen Angebotes an wirklich erstklassigen SLR-Kameras den Kopf schütteln und sich fragen: was soll's?
Vorsicht - wer das tut, der urteilt zu schnell, zu voreilig. Denn eine Kamera wie die Leica M4-2 gehört auch wenn sie keine Spiegelreflex ist - keineswegs zum alten Eisen. Das aufzuzeigen ist Sinn dieses Berichts, bei allen Vorteilen nämlich, über die SLR-Kameras für den Anwender verfügen, gibt es dennoch eine ganze Reihe von Pluspunkten, die die Leica M4-2 für sich als Meßsucherkamera sammeln konnte. Daß es jetzt zur Leica M4-2 auch einen Winder, einen sehr leise und sehr präzise arbeitenden motorischen Filmtransport gibt, macht sie noch interessanter - und nicht nur für die Profis, die sie sowieso durch all die Jahre hindurch schon von der typischen Leica-Konzeption her zu schätzen wissen. Aber zunächst noch ein paar informierende Bemerkungen zur Leica M4-2.
Das Leitzwerk in Canada: Es besteht seit 26 Jahren und hat sich inzwischen in der Fachwelt einen Namen gemacht. Die Leica M4-2 wird dort gefertigt, und wie mir die Verantwortlichen aus Wetzlar mitteilten, ist beabsichtigt, den M-Sektor und damit auch den Bau von Leica M-Kameras auf Dauer fortzuführen. Aus diesem Grund wurden alle hochmodernen Fertigungseinrichtungen und ein fester Stamm von Leitz-Mannen aus Wetzlar nach Canada verbracht. Das sind Investitionen, die sich kein Hersteller leisten kann und die nicht zu verantworten wären, wenn nicht gute Erfolgschancen bestanden. Sie bestehen, denn die Vorbestellungen auf die Leica M4-2 und die steigende Nachfrage nach derartigen Meßsucherkameras beweisen das. Der Grund: Immer noch gilt bei vielen Fotografen, die unter allen Bedingungen und in jedem Erdteil bei jeder Witterung und bei jedem Klima fotografieren und fotografieren müssen, der Leitsatz, daß eine rein mechanisch arbeitende Kamera ohne jede komplizierte Elektronik immer noch das robusteste und ausdauernste Gerät ist. das man einsetzen kann.
Zuverlässige Funktion bei jedem Klima
Genau diese Forderungen erfüllt die Leica M4-2 in kompromißlosester Weise. Um aber Mißverständnissen vorzubeugen - das bedeutet nicht, daß elektronische Kameras nicht vertrauenswürdig und dauerhaft wären, keinesfalls. Die Entwicklung zur Elektronik hin kann wegen der vielen damit verbundenen Möglichkeiten nur bejaht werden. Dennoch: auch andere Hersteller produzieren noch rein mechanische Kameras, die dann durch Zubehör erweitert und ergänzt werden können. Ein paar Beispiele, die für andere mit stehen mögen: Nikon F2, Canon F-1, sehr viele Kameras des Mittelformats. Auch sie haben motorische Filmtransporte, auch sie sind Systemkameras, die trotz fortschreitender Elektronik ihren Platz, ihre Wertschätzung und ihren Stellenwert auf dem Markt behaupten konnten. Sie alle haben sich seit vielen Jahren im härtesten professionellen Einsatz von Berichterstattern und Journalisten bewährt. Aber zurück zur Leica M4-2.
Motorischer Filmtransport an der Meßsucherkamera Leica M4-2 ein praktikables Zubehör: Der Winder macht die Leica M4-2 noch schneller. Wie jeder motorische Filmtransport schafft er die Möglichkeit, sich voll auf die Aufnahme und aufs Objekt zu konzentrieren. Gerade bei einer Meßsucherkamera eine sehr wichtige Sache. Ohne an dieser Stelle schon auf die Eigenart eines Meßsuchers besonders einzugehen, noch rasch zwei wesentliche Gründe: Das große Umfeld des jeweils zum Objektiv eingespiegelten Leuchtrahmens erlaubt auch bei Teleobjektiven ein blitzschnelles Erfassen des Aufnahmeobjekts und ein ebenso müheloses Verfolgen desselben. Außerdem bleibt das Aufnahmeobjekt auch während des Auslösens voll sichtbar, denn kein Spiegel klappt hoch und schwingt zurück. Der Leica-Winder schafft knapp zwei Bilder pro Sekunde, er hat keine Serienbildschaltung, sondern muß über den Kameraauslöser immer wieder neu betätigt werden. Damit scheidet die Leica M4-2 für schnelle Serien und Sequenzen zwar aus, aber ihr Einsatzbereich erweitert sich durch den motorischen Filmtransport eben doch erheblich. Außerdem ist oft die Schußbereitschaft der Kamera im richtigen Moment entscheidend, nicht die in viele Phasen zerlegte Bewegung eines Objekts. Hinzu kommt noch, daß sich auch schon mit 2 B/sec eine ganze Menge einfangen läßt, ich habe das schon in anderen Berichten demonstriert.
Technische Details des Leica-Winders M4-2: Sein Aufbau ist denkbar einfach, und damit folgt er dem bewährten. Konzept der Leica M4-2. An Bedienelementen weist er lediglich einen Ein/Aus-Schalter auf, der zugleich aber auch noch zur Verriegelung am Kameragehäuse dient. Das Batteriefach bildet den unteren Teil des Winders. Es wird montiert, in dem man es in die beiden Versorgungskontakte drückt und auf der anderen Seite mittels einer gut bedienbaren Rändelschraube festzieht. Das Batteriefach kann komplett vom Winder abgenommen werden, dadurch ist eine hervorragende Zugänglichkeit gesichert, die das Reinigen der Kontakte und das Einlegen neuer Batterien leicht macht. Und ganz wichtig: Das Batteriefach kann über ein Zwischenkabel als externe Stromversorgung des Winders benutzt werden, eine für die kalte Jahreszeit wirklich praktikable Sache.
Die Montage des Winders an die Kamera erweist sich als ebenso einfach, wie die des Batteriefachs an den Winder, das System ist dasselbe. Von hinten gesehen befindet sich links am Winder eine stabile, ins Gehäuse eingearbeitete Öse, die in einen Arretierungsstift der Kamera eingehängt wird. Dann den Winder kurz andrücken, der jetzt zugleich den Kameraboden der Leica M4-2 bildet (wichtig!). Den Arretierungshebel entgegen dem Uhrzeigersinn anziehen, fertig. Der Winder ist mit der Kamera verriegelt. Aber aufgepaßt - solange sich ein Film in der Kamera befindet, kann er nicht abgenommen werden, weil er den Kameraboden, der bei der Leica M4-2 zum Filmeinlegen seit jeher abgenommen werden muß, ersetzt. Aber auch bei leeren Batterien läßt sich die Kamera bei ausgeschaltetem Winder mühelos spannen, der Film transportieren. Soll der Film nach der letzten Aufnahme zurückgespult werden, so gibt es am Winder keinen Rückspulschieber, sondern es wird der Rückspulhebel am Kameragehäuse betätigt wie beim Betrieb ohne Winder. Als Stromquelle dienen dem Leica-Winder M4-2 vier Mignonzellen ä 1,5 Volt oder vier entsprechende NiCd-Akkus. Die Maße des Leica M4-2 Winders: Höhe (einschl. Akkugehäuse) 56 mm, Länge 138 mm, Tiefe 34 mm. Gewicht (ohne Batterien) 370 g.
Ein ausgesprochen leiser Filmtransport
Winder plus Kameraverschluß arbeiten ausgesprochen leise. Das ist schon fast als Tradition bei Leitz anzusehen, denn auch die Leica R3 Mot (siehe COLOR FOTO Heft 11/78) erwies sich als außergewöhnlich leise Kamera mit motorischem Filmtransport. Das ist bei ganz bestimmten Aufnahmen äußerst wichtig, z. B. während eines Konzerts, innerhalb von Kirchen etc.
Verwundert war ich, daß sich am Winder der Leica M4-2 kein Stativgewinde befand. Das, finde ich, sollte geändert werden. Erschrocken war ich ebenfalls, als sich die Kamera bei allzu hastigem Auslösen plötzlich "verschluckte". Das heißt, der Verschluß blockierte. Ich fragte sofort beim Werk in Wetzlar nach und erhielt die Antwort, daß ein solches Blockieren keinerlei Schaden im Innenleben der Leica M4-2 oder des Winders anrichtet. Gelöst wird die Blockierung ganz einfach, in dem man den Schnellschalthebei von Hand betätigt. Im übrigen: Man muß sich schon Mühe mit dem schnellen Finger geben, um eine solche Blockierung des Verschlusses absichtlich zu bewirken.
Dieser Bericht kann jedoch nicht abgeschlossen werden, ohne auf das Herzstück der Kamera, ihren Meßsucher näher ins Detail einzugehen.
Der Meßsucher der Leica M4-2: Es würde den Rahmen dieses Berichtes Übersteigen, eine detaillierte technische Erklärung zu versuchen, der Raum dazu steht nicht zur Verfügung. Aber soviel sei gesagt: Der Meßsucher weist auch gegenüber der sehr praktischen SLR-Kamera mit ihrem Reflexsucher einige Pluspunkte auf. Zunächst einmal ist er im Brennweitenbereich von 21 - 90 mm von nicht zu übertreffender Genauigkeit. Die Doppelkonturen in seinem zentralen Meßfeld sind auch unter schlechten Lichtverhältnissen klar erkennbar und lassen sich zum Scharfstellen leicht aufeinander vereinigen. Besonders für Fotografen mit nicht sehr guten Augen ein klarer Vorteil. Bei einer SLR-Kamera besteht immer die Gefahr, daß das Auge bei schlechten Lichtverhältnissen und bei kurzen Brennweiten (unter 35 mm!) "durchstellt", also den Scharfpunkt nicht findet. Besonders trifft dies für kontrastarm Objekte zu.
Große Meßbasis für genaues Fokussieren
Technisch lassen sich diese Unterschiede leicht erklären: Die effektive Meßbasis einer Meßsucher-Leica M4-2 ergibt sich aus dem Abstand der beiden Einstellfenster, der etwa 68,5 mm beträgt. Hinzuzurechnen ist der Vergrößerungsmaßstab des Suchers selbst, der den Faktor 0,7 hat, so daß sich eine effektive Meßbasis von etwa 48 mm ergibt. Die vergleichbare Meßbasis einer SLR-Kamera mit eingesetztem 50-mm-Objektiv beträgt 8 mm, also nur 1/6 davon. Die Meßbasis einer SLR-Kamera kann nur so groß sein, wie der Durchlaß des betreffenden Objektives bei einer Blende 5,6 groß ist. (Blende 5,6 deshalb, weil mit ihr der Meßwinkel der Einstellscheibe zusammenhängt.) Da die Meßbasis sich bei einer SLR-Kamera in Abhängigkeit zur Brennweite ändert, ergibt sich, daß die Scharfeinstellung einer SLR-Kamera erst bei Brennweiten Über 135 mm bzw. im Nahbereich genauer ist. Würde man an einer SLR-Kamera ein Objektiv wie das Noctilux 1:1/50 mm verwenden, das zu den Leitz-Objektiven der Leica M4 gehört und geradezu unglaublich Möglichkeiten bietet, dann würde das Einstellen bei einer SLR-Kamera außerhalb des Unendlichkeitsbereiches bei schlechten Lichtverhältnissen bestimmt problematisch. Denn bei seiner vollen Öffnung 1: 1 hat dieser Lichtriese nur einen Schärfentiefenbereich von ganzen 2 cm! Dies für unsere technisch interessierten Leser. Hinzu addiert werden müssen noch die weiter oben bereits erwähnten recht positiven Eigenschaften des Leica M4-2-Meßsuchers, und dann ergibt sich das Bild, daß es durchaus sinnvoll ist, eine solche Kamera samt Winder zu bauen, trotz und gerade des überreichen Angebotes an hervorragenden und vollelektronisierten SLR-Kameras. Daß diese Behauptung nicht aus der Luft gegriffen ist, das merkt man sehr rasch am Arbeiten mit der Leica M4-2 plus ihrem Winder. Wobei Übrigens der Winder, mit einen sehr griffigen Belag versehen, die Handlichkeit der Leica M4-2 durch Schwerpunktverlagerung noch erhöht.
Über die Leica M4-2 gäbe es für mich noch eine ganze Menge zu sagen, aber das würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen, dessen Hauptanliegen ja die Motorisierung der Leica M4-2 war. Dennoch einige Informationen des umfangreichen Zubehörsystems zur Leica M4-2 besonders zu ihren Objektiven.
Objektive und Spiegelvorsatz Visoflex 3 zur Leica M4-2: Neben dem erwähnten Noctilux 1:1/50 m bietet sich eine ganze Palette her vorragender Objektive zur Leica M4-2 an.
Riesenangebot von Brennweiten
Die für die Leica M4-2 verfügbaren Brennweiten reichen vom 21-Millimeter-Weitwinkel bis zum 800-Millimeter-Tele mit einer Öffnung von 1:6,3! In Canada wurden so berühmte Objektive wie das bereits erwähnte Noctilux 1:1/50 mm und das Apo-Telyt 1:3,4/180 mm entwickelt. An den Entfernungsmesser der Leica M4-2 kuppeln sich automatisch die Objektive der Brennweiten von 21 - 135 mm an, zu den Objektiven 35, 50, 90 und 135 mm wird automatisch der dazugehörige Leuchtrahmen in den Sucher eingespiegelt. Der Spiegelreflex-Ansatz Visoflex 3 bietet die Möglichkeit, die Leica M4-2 in eine SLR-Kamera mit motorischem Filmtransport zu verwandeln. Eine Sache, die Fotografen besonders im Makrobereich schätzen werden.
Comeback der Meßsucher-Kameras
Fazit. Der Leica M4-2 kann man eine gute Zukunft prophezeien. Sie erlebt in diesen Tagen ein weltweites come back. Ihre Robustheit und Zuverlässigkeit sind noch von anderen Leica M-Modellen her bekannt. "Die Leica" blieb im Inland wie im Ausland unvergessen. Ganz sicher wird man Leitz in Wetzlar und in Canada dafür sorgen, daß der Name "Leica" auch künftig von seinem Qualitätsanspruch nichts verliert.
Die neue Leica M 4-2 mit motorischem Filmtransport wird nicht zum interessanten Sammlerobjekt degradiert, wie von bösen Zungen behauptet wird. Sie wird die ideale Ergänzung der Ausrüstung vieler Profis werden und so manchen alten Leica-Fan immer wieder aufs Neue begeistern!
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