← Zurück

Artikel

Normtest

Die Pentax 110 auto

Pocket-Reflex mit Wechselobjektiven

Sie war eines der Gesprächsthemen während der letzten photokina, die kleine Pocket-Pentax. Das besondere und neue an dieser Kamera ist die Kombination von einfacher Bedienung des 110-Kassetten-Systems mit den vielfältigen Möglichkeiten des Spiegelreflex-Systems. Absolut neu bei diesem Format ist die Verwendungsmöglichkeit von Wechselobjektiven, die bisher nur größeren Kameras vorbehalten waren. Sie eröffnen dem Benutzer neue Möglichkeiten. Vervollständigt wird das System durch einen ansetzbarem Winder und ein aufschraubbares Spezialblitzgerät.

Durch das Systemzubehör mehr als eine Spielerei

Die Pentax 110 auto wird zur Zeit ausschließlich als komplettes Set angeboten, das folgende Teile beinhaltet: Kamera mit Standardobjektiv 2,8/24 mm, Beutel, Weitwinkelobjektiv 2,8/18 mm, Teleobjektiv 2,8/50 mm, Winder, Blitzgerät AF 130P, Etui, Gegenlichtblenden für alle drei Objektive, fünf verschiedene Nahlinsen, vier Filter (UV und Skylight), Gehäuseverschlußdeckel und Stativadapter für das Teleobjektiv.
Das komplette Set kostet etwa 990 DM, die Kamera einzeln etwa 450 DM (lieferbar ab Ma1/Juni).

Die Objektive: Spezielles Pentax 110-Bajonett mit 80 Grad Drehwinkel. Das Standardobjektiv ist eine Konstruktion aus 6 Elementen in 5 Gruppen mit einem Bildwinkel von 47 Grad. Entfernungseinstellung von bis 0,35 m. Durchmesser 29, 6 mm, Länge 12,8 mm, Gewicht 13 g. Filterdurchmesser 25,5 mm. Das ebenfalls 6-Iinsige Weitwinkelobjektiv 2,8/18 mm hat einen Bildwinkel von 61,5 Grad. Entfernungseinstellung von bis 0,25 m. Durchmesser 34 mm, Länge 21 mm, Gewicht 28 g. Filterdurchmesser 30,5 mm. Das Teleobjektiv 2,8/50 mm ist eine 5-Iinsige Konstruktion mit einem Bildwinkel von 24 Grad. Entfernungseinstellung von - bis 0,9 m. Durchmesser 43 mm, Länge 27,2 mm, Gewicht 53 g. Filterdurchmesser 37,5 mm. Wird die Kamera (ohne Winder) mit dem Teleobjektiv am Stativ verwendet, ist der mitgelieferte Stativadapter anzuschrauben, da das Objektiv über die Kameraunterkante ragt. Eine Blende ist - durch den Programmverschluß der Kamera bedingt - in keinem Objektiv eingebaut. Das Fenster an der Entfernungsskala jedes Objektives ist zugleich die Schärfentiefenskala. Alle drei Objektive sind konventionell vergütet, also nicht SMC-beschichtet. Der Objektivwechsel ist einfach, doch könnte die Rotpunkt-Markierung am Objektiv deutlicher sein.

Automatische Einstellung der Filmempfindlichkeit

Belichtungsmessung: Integrale Messung, die bei beiden Prüfmustern allerdings stark nach oben verschoben ist. Das kann bei Aufnahmen im Querformat bei hellem Himmelslicht sehr leicht zu Unterbelichtungen führen. Der Punkt der größten Empfindlichkeit des Belichtungsmessers liegt etwa an der Oberkante des Schnittbild-Entfernungsmessers. TTL-Offenblendenmessung mit Sizilium-Zellen. Meßbereich LW 3-1 bei 100 ASA und Objektiv 2,8/24 mm. Die Einstellung der Filmempfindlichkeit er folgt automatisch, wenn die Kassette eingelegt wird. Da bei unterscheidet die Kamera nur zwischen den beiden Werten 1 0 ASA und 400 ASA. Zwischenwert sind nicht einstellbar, eine Korrektur ist nicht möglich. Da in der Gruppe der normalempfindlichen Filme die Palette von 18 DIN (z. B. Agfa CT 18 bis 22 DIN (z. B. Verichrome-Pan reicht, ist eine exakte Belichtung hier nicht möglich und reicht von eine ganzen Blende Unterbelichtung bis zu 1/3 Blende Unterbelichtung! Durch eine geschickte werkseitige Justierung (auf ca. 19 DIN) wird de Belichtungsmesser jedoch etwa ausgemittelt.
Eine grüne Leuchtdiode im Suche zeigt an, daß die Kamera mit 1/3 sec oder kürzer belichtet, eine gelb Leuchtdiode warnt bei längeren Zeiten. Das Aufleuchten einer de beiden Dioden zeigt gleichzeitig an daß genügend Batteriekapazität vorhanden ist. Durch leichten Druck auf den Auslöser wird der Belichtungsmesser aktiviert, ein separater Ein/ Aus-Schalter erübrigt sich. Weg des Auslösers zur Belichtungsmessung 1 mm, zur Auslösung 2 mm. Auslösedruck 2,5 N (250 Gramm). Ein Druckpunkt ist deutlich ertastbar.
Die Linearität der Programmautomatik ist sehr gut und bringt nur Abweichungen von ca. ± 1/6 Blendenstufen. Gemessen wurde die Linearität zwischen den praxisgerechten Werten EV 6 und EV 15, also 1/8 sec bei Blende 2,8 bis 1/350 sec bei Blende 9, bezogen auf die Filmempfindlichkeit 21 DIN. Das entspricht bei Filmen mit 27 DIN den Werten 1/750 sec bei Blende 13,5 bzw. 1/30 sec bei voller Öffnung Blende 2,8.
Die Umschaltung der Belichtungsautomatik auf die niedrigere oder höhere Filmempfindlichkeit erfolgt in die Kamera durch einen kleinen Kontaktstift, der in die Kerbe der Filmkassette eingreift. Dabei erfolgt die Umschaltung auf elektronischem Weg um zwei Blendenstufen und nicht, wie bei manch anderer Pocket, durch Vorschalten eines Neutralgraufilters. Gleiches gilt auch für den Betrieb mit dem Spezial-Elektronenblitzgerät.

Programmverschluß steuert Zeit und Blende

Der Verschluß:- Entgegen dem bei Spiegelreflexkameras üblichen Schlitzverschluß wird bei der Pentax 110 auto ein in das Gehäuse integrierter Hinterlinsen-Verschluß verwendet. Dieser sogenannte Programmverschluß arbeitet mit Zeit- und Blendensteuerung: sein Bereich erstreckt sich von 1/750 sec bei Blende 13,5 bis 1 sec bei Blende 2,8. Die langen Belichtungszeiten bis EV 8 werden stets bei offener Blende gesteuert, ab 1/60 sec schließt sich dann die Blende gemeinsam mit der immer kürzer werdenden Zeit. Bei dieser Verschlußart verzichtet man auf separat angeordnete Blendenlamellen. Die Funktion der Blende wird von dem sich mehr oder weniger weit öffnenden Verschluß übernommen. Eine leichte Innenverrundung der beiden Verschlußlamellen sorgt für eine einigermaßen runde Blendenöffnung, die bei kleinen Werten allerdings trotzdem sehr elliptisch ist. Diese Art des Programmverschlusses wird vorzugsweise bei der Konstruktion von Kompakt-Sucherkameras verwendet. Es handelt sich zwar um einen Zeit- und Blenden-Automat, beliebige Kombinationen, etwa kurze Zeit bei offener Blende oder lange Zeit bei geschlossener Blende sind nicht vorgesehen. Voraussetzung für die Funktion der Automatik ist auch, daß alle Wechselobjektive den gleichen Hinterlinsen-Durchmesser haben. Das schränkt die Möglichkeiten der Objektivkonstruktion stark ein. Durch die kameraseitige Festlegung der Blendenebene gibt es zumindest bei langen Brennweiten eine Einschränkung auf den Objektivtyp "Normalobjektiv mit Televorsatz". Auch Zwischenringe etc. können nicht verwendet werden. Nahlinsen verändern dagegen den Lichtaustritt nicht. Selbstverständlich ist es auch nicht möglich, Pentax-Kleinbild-Objektive über einen entsprechenden Adapter an der 110 auto zu montieren. Theoretisch ließen sich zwar Fremdobjeklive mit einer Anfangsöffnung f/2,8 anpassen, dabei ist aber zu berücksichtigen, daß die Hinterlinse neben dem schon besprochenen gleichen Pupillendurchmesser und nahe den Verschlußlamellen angeordnet sein müßte, um Vignettierungen zu vermeiden.

Kombination von Programmverschluß und Hilfsverschluß

Nach dem Druck auf den Auslöser laufen im Programmverschluß nacheinander folgende Vorgänge ab: 

Die beiden Verschlußlamellen schließen sich vollständig; 

der Spiegel klappt hoch, gleichzeitig klappt ein unter dem Spiegel angeordneter Hilfsverschluß nach unten weg (ähnlich dem Hilfsverschluß in der Hasselblad); 

der Programmverschluß öffnet sich auf den von der Automatik vorgegebenen Wert, die Belichtung des Films erfolgt; 0 Spiegel und Hilfsverschluß schließen den Film lichtdicht ab; 

der Programmverschluß öffnet sich wieder auf volle Öffnung f/2,8. 

Die Kombination von Hinterlinsen-Programmverschluß und Kameraverschluß ist neuartig und hochinteressant, wenngleich es vor über einem Jahrzehnt schon Zentralverschlüsse in Reflexkameras gab. Denken Sie nur an die Retina-Reflex, die Zeiss-lkon Contaflex oder an den einfachen Trommelverschluß der Exa von Ihagee.

Der Sucher: Fest eingebauter Pentaprismensucher von mäßiger Helligkeit, für Brillenträger nicht sehr gut überschaubar. Die Einstellscheibe besteht aus einer feinstgekörnten Mattscheibe mit querliegendem Schnittbild-Entfernungsmesser. Bei keinem der drei Objektive konnte eine Abdunklung eines der beiden Schnittbildkeile beobachtet werden. Einzige Information im Sucher ist - neben dem Entfernungsmesser - die rechts unten angeordnete Leuchtdiodenanzeige. Die grüne Diode leuchtet bei angetipptem Auslöser auf, wenn die Belichtungszeit über 1/30 sec liegt, also keine Verwacklungsgefahr besteht. Springt die Diode um auf die gelbe Markierung, liegt die Zeit über 1/30 sec, es sollte dann vom Stativ oder mit Blitzgerät fotografiert werden.

Belichtungsanzeige gleichzeitig Batteriekontrolle

Leuchtet auf Druck keine der beiden Dioden, sind die Batterien erschöpft. Am Okulareinblick ist eine Halterung für Augenkorrekturlinsen oder eine Augenmuschel angebracht, diese Zubehörteile sind aber noch nicht im Programm. Die Sucherbildvergrößerung beträgt 0,75 x, die Größe des Sucherbildes beträgt 11,6 x 14,7 mm. Der Sucher zeigt somit 64,7% vom Filmformat der Kamera bzw. 95,8% vom Dia. Dazu einige Erläuterungen: Nach DIN 4510 Bl. 1 und der Normempfehlung ISO/DR 1754 soll das Nennmaß für das Kamerafenster 12 x 17 mm betragen. Die Pentax 110 verfügt über ein Filmfenster mit den Abmessungen 13,6 x 19,4 mm. Nach DIN ist in den Printern der Kopieranstalten eine Maske mit den Abmessungen 12 x 15,3 mm montiert. Damit ergäbe sich im Sucher der Kamera ein Wert von 92,9%. Wer Pocket-Negative selbst vergrößert, hat also bedeutend mehr Negativ zur Verfügung, als der Sucher vorgibt.

Enerqieversorgung und Stromverbrauch: Zwei Silberoxid-Batterie a 1,5 Volt vom Typ G 13 steuern Belichtungsmesser und Programmverschluß. Die Batterien sind i einem praktischen Halter zusammengefaßt und bei geöffneter Rückwand zugänglich. Stromverbrauch für Messung und Auslösung: ca. 13, mA. Batterietest automatisch bei der Belichtungsmessung durch Aufleuchten einer der LED's.

Filmtransport in zwei Teilschwüngen

Weitere Ausstattung: Filmfenster an der Kamerarückwand mit Blick auf die Bildnummer auf dem Film Schutzpapier und auf die eingelegt Filmsorte. Schnellschalthebei, der i Ruhestellung an die Kamera geklappt ist, bei 60xGRADx in Arbeitsstellung, ist und den Film in zwei (!) Schwüngen mit je 145xGRADx transportiert. Drahtauslöseranschluß im Auslöseknopf; Anschluß für den Pentax-Winder 110. Schraubanschluß mit Spezialkontakt für das Blitzgerät AF 130P mit Umschaltknopf auf 1/30 sec Synchronzeit. Öse für die Trageschlaufe, seitlich am Boden Stativgewinde (bei Objektiv 50 mm Stativ zwischenstück erforderlich).

Der Pentax-110-Winder: Bestückt mit zwei 1,5 Volt Mignonzellen transportiert der Winder in Einzelschaltung nach Freigabe des Auslösers. Funktion mit allen Verschlußzeiten. Serienschaltung nicht möglich. Bei eingelegter Kassette transportiert der Winder automatisch bis zum ersten Bild, nach der letzten Aufnahme spult er den Film vollends in die Aufwickelkammer. Gewicht 112 g (ohne Batterien).

Das Spezialblitzgerät AF 130P: Automatik-Elektronenblitzgerät mit Leitzahl 13 (für 21 DIN). Arbeitsbereich 0,8 bis 4,6 Meter bei 21 DIN und 27 DIN. Betrieb mit zwei Mignonzellen ä 1,5 Volt. Manuellbetrieb nicht vorgesehen.

Bei Blitzbetrieb automatische Umschaltung

Sensor-Meßwinkel ca. 18xGRADx, Ausleuchtung ausreichend für das Weitwinkelobjektiv 18 mm. Blitzkapazität ca. 250 Aufnahmen mit Alkali-Mangan-Zellen. Blitzfolgezeit 7 sec, kein Seriencomputer. Testknopf kombiniert mit Bereitschaftsanzeigelampe. Gewicht 102 g (ohne Batterien). Die Montage erfolgt über den Spezialkontakt mittels Rändelmutter. Durch Schaltstift automatische Umschaltung des Verschlusses auf Blitzbetrieb. Die (leicht verlierbare) Abdeckung des Kontaktes an der Kamera kann an einem Halter am Blitzgerät aufbewahrt werden.

Abschließende Bemerkungen: In der gefälligen, unscheinbaren Pocket-Reflexkamera verbirgt sich eine Menge moderner Technologie. Die Pentax 110 auto ist nicht gedacht als Befriedigung für den Spieltrieb des Amateurs, wenngleich sie dazu ungemein reizt (bei angesetztem Winder nicht ohne Film spielen!). Die kleine Kamera ist durchdacht und mit dem angebotenen Zubehör durchaus als "Miniatur-System-Kamera" zu bezeichnen. Mit Winder ist sie "rechtsäugig" konstruiert und liegt sehr gut und bedienungsfreundlich in der Hand. Das große Handicap liegt bei dieser Konstruktion außer Kontrolle des Herstellers: bei der Weiterverarbeitung des belichteten Materials. Werden die Bilderfabriken diese Herausforderung annehmen und entsprechend hochwertige Vergrößerungen liefern? Möglich wäre es, die tägliche Praxis aber belehrt uns eines Besseren! Wer keine Scheu vor dem kleinen Format hat, wird gute Ergebnisse erzielen.

{ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}