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Artikel

1998

Kameras

Das neue Polaroid Image-System

Spiegelreflex adieu

Sofortbild Klappkamera mit Autofokus und integriertem schnelladendem Blitzlicht für Polaroid Image Packfilme. Die neuen Bilder haben rechteckiges Format und bieten durch neue Emulsionstechnologien bessere Farben und erhöhte Schärfenwirkung.

PLUS

Superschneller Blitz 

Ergonomische Form 

Einfache Bedienung

MINUS

Trotz ansprechendem Design ist die Polaroid Image noch immer zu groß 

Hoher Filmpreis 

Kein naturgetreues Spiegelreflexsucherbild

Ein neues, rechteckiges Format, verbesserte Schärfe und Farbqualität, ein neuentwickeltes Autofokussystem sowie eine hochmoderne, elektronische Meß- und Steuertechnik sind die wichtigsten Merkmale des neuen Image-Systems, von dem sich Polaroid den endgültigen Durchbruch der Sofortbildfotografie erhofft. Auch wenn es das Ende der Spiegelreflex-Sofortbildfotogratie bedeutet.

Vier Jahre lang haben die Entwicklungsingenieure von Polaroid nach neuen Technologien auf den Gebieten der Filmchemie, der Optik und der digitalen Logiksteuerung geforscht. Dabei hatten sie nur ein Ziel. Sie wollten einen Kamera herstellen, der man die vielen technischen Errungenschaften, die zu ihrer Realisierung nötig waren und die die Bostoner Konstrukteure zu Recht mit soviel Stolz erfüllen, nun wirklich nicht ansieht. Technik ist nach der Philosophie der Sofortbildspezialisten etwas, daß im verborgenen bleiben sollte, daß unsichtbar und unauffällig den Benutzer unterstützt. Das Ziel, eine Kamera zu entwickeln, die auf Knopfdruck in jeder erdenklichen Situation sofort gelungene Fotos liefert, scheint mit nur ganz wenigen Abstrichen erreicht.

Doppelte Belichtungsmessung

Worunter die Attraktion der Sofortbildfotografie bisher litt, waren die unhandlichen, wenig eleganten Kameras. Auch die neue "Image" von Polaroid ist alles andere als ein Westentaschenformat. Aber die sandfarbene Klappkamera aus schlagfestem Kunststoff liegt hervorragend in der Hand und läßt sich wie ein Feldstecher an das Auge nehmen. Trage- oder Bereitschaftstaschen erübrigen sich durch die praktische Klappkonstruktion, die im geschlossenen Zustand Objektiv, Autofokuselement, Fotozelle und Blitz schützt. Doch alle Äußerlichkeiten treten zurück, wenn es um das Ergebnis geht und auch das war in der Vergangenheit nicht immer berauschend. Im Gegenteil: Die vielen Fehlschüsse haben so manchem Fotofan die Freude am Sofortbild vermasselt. Denn Fehlschüsse sind in der Sofortbildfotografie ein teurer Spaß. Zweimal auf den Auslöser drücken kostet jedes Mal eine Schachtel Zigaretten oder ein Los in der Fernsehlotterie. Wenn auch das Fotografieren mit dem narrensicheren Polaroid Image System nicht billiger wird, so ist es mit Sicherheit erfolgreicher. Eine doppelte Siliziumfotozelle mißt zur Ermittlung der richtigen Belichtung durch separate grüne und schwarze Linsen sowohl das sichtbare als auch das infrarote Licht. Diese Helligkeitsdaten werden über elektronische Schaltungen mit den vom Autofokussystem ermittelten Entfernungswerten kombiniert, um die Lichtmenge für den Aufhellblitz zu bestimmen. Zur Bestimmung der richtigen Belichtung werden etwa 12% der Bildfläche herangezogen. Dabei wird das durch die grüne Linse einfallende sichtbare Licht etwas unterhalb der Bildmitte gewichtet, um etwa bei Landschaftsaufnahmen mit hellem Himmel Fehlbelichtungen zu vermeiden. Die Meßsysteme und die Steuerelektronik werden durch leichtes Antippen des Auslösers auf der Kameraoberfläche aktiviert.

Schnelle Blitzbereitschaft

Der nahezu ständig schußbereite Thyristorblitz wird automatisch beim Öffnen der Kamera beim Antippen des Auslösers und beim Einlegen des Filmes aufgeladen, so daß man keinen Schnappschuß vergaßt, nur weil der Blitz nicht schnell genug nachgeladen hat. Durch die Thyristor-Energiesparschaltung lassen sich die Ladezeiten bis auf 0,2 Sekunden reduzieren. Selbst bei der Abgabe der vollen Blitzleistung dauert der Ladevorgang nicht länger als 1,2 Sekunden. Die Reichweite des Blitzes liegt zwischen 0,6 und 4,6 Meter. Diese Zahlen kann man gleich wieder vergessen, weil sie im Kameracomputer gespeichert sind. Sobald die Reichweite über- oder unterschritten wird, leuchtet im Sucher links neben der digitalen Entfernungsanzeige eine gelbe Warnleuchte auf. Ein Vorzug der Blitzautomatik ist die Einbeziehung des vorhandenen Lichts in die Belichtung. Durch die automatische Wahl einer längeren Belichtungszeit bei Lichtverhältnissen, die einen Vollblitz erfordern, wird beispielsweise weitgehend vermieden, daß der Hintergrund zu dunkel wird.
Dennoch sollte man in geschlossenen, dunklen Räumen sein Motiv besser so anordnen, daß der Hintergrund nicht zu weit entfernt ist. Bilder an der See oder auf dem Gletscher werden durch die starke Reflexion des Wassers oder des Schnees oft zu knapp belichtet. In solchen Situationen kann mit einem Schiebeschalter am Kontrollzentrum auf der Rückseite der Kamera die Belichtung um etwa eine dreiviertel Blende nach oben oder unten korrigiert werden. Damit lassen sich allerdings nicht ein zu heller Vordergrund oder ein zu dunkler Hintergrund auf Blitzfotos ausgleichen. Hier handelt es sich um Helligkeitsunterschiede in der Beleuchtung, auf die eine veränderte Belichtung keinen Einfluß hat.

Übersichtliche Bedienung

Am übersichtlichen Kontrollzentrum lassen sich Ladezustand und die Anzahl der unbelichteten Bilder ablesen. Außerdem gibt es hier einen Schiebeschalter zur Abschaltung des Blitzes für Aufnahmen ohne Aufhellblitz und einen Schalter zum Ausschalten des Sonar-Autofokus, wenn durch Glasscheiben fotografiert werden soll. Hier würde sonst das von der Kamera abgegebene Hochfrequenzsignal zur Entfernungsermittlung schon von der Scheibe zurückgeworfen werden und zu einer falschen Scharfeinstellung führen. Bei abgeschalteter Automatik verwandelt sich der Autofokus in ein sogenanntes Fixfokus Objektiv, das im Bereich von 4,6 Meter bis unendlich scharf zeichnet. Darüber hinaus gibt es noch Schalter für Selbstauslöser, das akustische Warnsignal, Umschaltung der Entfernungsangabe von Fuß auf Meter und den Anschluß für den als Zubehör lieferbaren, drahtlosen Fernauslöser. Die Schalter sind mit einer weißen Linie versehen. In der Normalstellung befinden sich diese Linien alle auf einer Ebene, so daß sich mit einem Blick feststellen lobt, welche Manipulationen vorgenommen wurden. Ein Problem für unauffällige Schnappschüsse war oft das störende Geräusch des automatischen Bildauswurfs. Das ist bei der neuen Polaroid Image-Kamera zwar auch vorhanden, aber es läßt sich unterdrücken, indem man einfach nach der Aufnahme den Finger auf dem Auslöser lobt. Erst nachdem man den Auslöser freigibt, wird mit dem typischen Schnarren das Bild ausgeworfen. Bei Aufnahmen in der Kirche, wo die Andacht sonst gestört würde oder bei anderen feierlichen Anlässen wo das Schnarren des Bildauswurfs stören würde, erweist sich diese Sperre als ausgesprochen praktisch.

Effektvolle Filter

Um die Einsatzmöglichkeiten der Kamera noch zu erweitern, werden außer der Fernauslösung ein handliches Ministativ und ein von Cokin gefertigtes Effektfilterset angeboten. Das Filterset beinhaltet zwei Mehrfeld-Filter, einen Bewegungsfilter, einen roten Center-Spot und einen Sternenfilter. Der Einsatz der Effektfilter ist nicht ganz unproblematisch. Ihre Wirkung läßt sich nicht durch den Sucher kontrollieren, da es sich bei der Polaroid Image nicht um eine Spiegelreflex sondern um eine zweiäugige Sucherkamera handelt. Um etwa die Filterwirkung abzuschätzen, kann man das Motiv einfach durch den Filter betrachten. Für die Aufbewahrung der Bilder gibt es praktische Fotokassetten aus Plexiglas die bis zu zwanzig Bilder aufnehmen können. Neben dem neuen Rechteckformat und den verbesserten Farben sind die neuen Polaroid Image Bilder auch dünner geworden und lassen sich jetzt leicht in jedes Fotoalbum kleben, ohne daß dadurch der Einband gesprengt wird.
Der Image Film liebt lebendige, klare Farben. Ihm kann es gar nicht bunt genug zugehen. Für zarte, monochrome Pastellbilder, Regenwetter oder Aufnahmen bei bedecktem Himmel ist er eher schlecht geeignet. Doch der allergrößte Nachteil, den die Sofortbildfotografie in sich trägt, ist die Tatsache, daß der Fotograf selten ein Bild für sich behalten kann, weil natürlich jeder ein Foto möchte. Und zwar sofort. Ein Tip für Sparsame: Halten Sie ihrem Modell das unentwickelte Bild mit der Bemerkung "Schade nichts geworden" unter die Nase und stecken Sie es schnell ein. Doch wer einmal mit der Image fotografiert hat, wird sich so leicht nicht täuschen lassen: Denn Fehlschüsse sind mit ihr kaum möglich.

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