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Normtest
Das Economy-Modell Nikon EM
Bei Fehlbelichtung piepts
Nikons Managern ist Umsatz natürlich wichtiger als lmage-Pflege. Deshalb brachte man statt eines lange erwarteten neuen "Flaggschiffs" eine preisgünstige Automatik-Spiegelreflex der 600 DM-Preisgruppe. Eine Kamera mit großem Namen zum kleinen Preis. Die Technik ist von ihrer Unkompliziertheit her auf den Erstkäufer einer Spiegelreflexkamera abgestimmt und man muß kein Prophet sein, um dieser Kamera einen großen Markterfolg vorauszusagen.
Die Technik bietet auf den ersten, oberflächlichen Blick keine Überraschungen, offenbart bei näherer Untersuchung dann aber ein Geheimnis, das auf eine in Entwicklung befindliche Mehrfachautomatik-Kamera hinweist! Einzelheiten dazu weiter unten im Text.
Ganze 595 Gramm (Gehäuse 460 Gramm) bringt die EM auf die Waage. Mit den Abmessungen 135 mm B x 86 mm H x 78 mm T zählt sie zu den leichtesten und kleinsten Spiegelreflexkameras der Kornpakt-Gruppe. Die EM ist eine elektronisch gesteuerte Kamera mit Zeitautomatik bei Blendenvorwahl.
Akustisches Warnsignal bei Fehlbelichtungsgefahr
Von den kleinen elektronischen Taschen- und Armbanduhr-Weckern her kennt man das durchdringende Piepssignal. Die Nikon EM pfeift, wenn die von der Kamera ermittelte Zeit länger als 1/30 sec beträgt und damit die Gefahr einer verwackelten Aufnahme besteht. Bei Bereichsüberschreitung, wenn der Meßwerkzeiger in den rot markierten Bereich über die 1/1000 sec ausschlägt, signalisiert der Piepston, daß die Blende auf einen kleineren Wert geschlossen werden muß, um eine Unterbelichtung zu verhindern. Ganz unbedarfte Anwender könnten mittels dieses Signals sogar hergehen und einfach solange am Blendenring drehen, bis der Signalton verstummt. Lediglich die Scharfeinstellung muß vorgenommen werden, ansonsten fotografiert man völlig unbeschwert! Objektive: Zur EM wurden neue Nikon-Objektive der Serie E entwickelt, die sich durch einfachere Konstruktion und besondere Kompaktheit unterscheiden. Die Objektive verfügen selbstverständlich über das Nikon-Bajonett und passen auch an alte anderen Nikon-Kameras mit AI-Blendenkuppung. Die bekannte Mitnehmer-Gabel der älteren Objektive fehlt allerdings.
Das Standardmodell Serie E 1,8/50 mm ist ein Sechslinser mit den Abmessungen von nur 63 mm x 33 mm und einem Gewicht von 135 g.
Das Weitwinkelobjektiv Serie E 2,5/ 35 mm ist als Fünflinser konstruiert und hat die Abmessungen 63 mm x 44 mm. Gewicht 160 g.
Das Teleobjektiv Serie E 2,8/100 mm ein vierlinsiges Kompaktobjektiv mit den Abmessungen 63 x 58 mm und einem Gewicht von 220 Gramm. Filteranschluß einheitlich 52 mm.
Alle drei Objektive sind mit der zweiten, kleinen Blendenskala für die Blendeneinspiegelung an anderen Nikon-Modellen ausgestattet. Sehr dürftig gestaltet ist beim Normalobjektiv die Meterskala, die nur wenige Werte eingraviert hat. Die exakte Scharfeinstellung sollte deshalb grundsätzlich im Sucher vorgenommen werden. Ob die gewählte Abstufung 35/50/ 100 mm sinnvoll und praxisgerecht gewählt ist, werden die Verkaufszahlen aussagen. Sinnvoller wäre sicherlich eine Kombination 28/50/135 mm gewesen, die dem momentanen Trend mehr entgegenkommen würde.
Selbstverständlich sind fast alle Objektive des großen Herstellerprogramms verwendbar, Also mehr als 45 Objektive, vom 2,8/6 mm Fisheye bis zum 11 /2000 mm Spiegellinsen-Supertele. Ausgenommen sind einige Spezialtypen, wie die beiden Fisheyes 5,6/6 mm bzw. 5,6/1 0 mm OP; einige Teles, die mittels der Fokussiereinheit AU-1 bedient werden; das 200er Medical und die Zoomobjektive ED 180-600, 200-600 und 360-1200 mm,
Doch wer diese Exoten verwendet, der hat sowieso einen anderen Nikon-Kamerapark Zuhause.
Verwendbar sind an der EM alle Nikon-Balgengeräte, Zwischenringe, Macro-Adapter und TC-Konverter.
Belichtungsmessung: Nikons Werbeaussage, daß der 12-mm-Kreis im Sucher auch exakt dem Meßfeld entspricht, ist hier nicht so direkt interpretierbar, wie das bei der Nikon FE der Fall ist. Aber die EM bietet trotzdem eine recht exakte Abgrenzung des Meßfeldes. Abgrenzen kann man es etwa mit der Größe eines Rechtecks, das die halben Seitenlängen der Suchermaske hat. Trotzdem ist der Mikroprismenkreis zur Definition der Zone der höchsten Meßempfindlichkeit des Belichtungsmessers ein ausgezeichnetes Hilfsmittel, Die Kamera arbeitet selbstverständlich mit Offenblendenmessung, als Lichtempfänger dient eine Silizium-Photodiode, die praktisch verzögerungsfrei reagiert. Die Anzeige erfolgt über den bewährten Zeiger im Sucher. Der Meßbereich des Belichtungsmesser reicht von EV 2 bis EV 18 (bei Film ASA 100 und Objektiv 1,8/50 mm). Links an der Vorderseite des Gehäuses befindet sich eine Korrekturtaste für Gegenlicht (ca. 2 Blendenstufen plus). Der Belichtungsmesser und die Verschlußsteuerung werden durch leichtes Drücken auf den Auslöser aktiviert. Die Stromversorgung bleibt nach kurzem Druck bis zur Aufnahme eingeschaltet und schaltet danach automatisch ab. Erfolgt innerhalb von 30 sec nach Antippen keine Auslösung, so schaltet sich die Stromversorgung selbsttätig ab und spart somit wertvollen Batteriestrom.
Keine Memotaste und keine Abblendtaste
Vermißt wird eine Memory-Taste zur Meßwert-Speicherung. Der Bereich des Belichtungsmessers umfaßt Filmempfindlichkeiten von ASA 25 bis ASA 1600 (15 DIN bis 33 DIN). Auch bei ASA 25 ist eine Pluskorrektur (Taste) noch möglich, was bei Kameras von Mitbewerbern durchaus keine Selbstverständlichkeit ist! Der Belichtungsmesser zeigt eine gute Linearität mit Abweichungen von nicht mehr als ± 1/4 Blendenstufen bei allen Filmempfindlichkeiten (ausgenommen Lichtwert 2 bei 100 ASA). An der unteren Grenze ist eine deutliche Tendenz zur Unterbelichtung feststellbar.
Sehr exakt ist die Linearität und Genauigkeit der Belichtungsautomatik, Sie bleibt (ausgenommen die 1/1000 sec) innerhalb einer Toleranz von ± 1/6 Blendenstufen. Bei langen Belichtungszeiten macht sich der Fehler des Belichtungsmessers bemerkbar, bei kurzen Zeiten ab 1/250 sec werden trotz richtiger Messung und Anzeige durch die Zeitensteuerung geringfügige Überbelichtungen registriert. Die Untergrenze des Belichtungsmessers liegt bei EV 2 (100 ASA), bei geringeren Helligkeiten hat die EM einen eingeengten Zeitbereich, bezogen auf höhere Empfindlichkeiten des Films. Diese Grenze wird durch steigende Unterbelichtung markiert.
Verschluß: Vertikal von oben nach unten ablaufender Metallamellen-Schlitzverschluß mit elektronischer Steuerung. Ausschließlich elektronisch gebildete, stufenlose Zeitenbildung von 1/1000 sec bis 1 sec. Mechanisch definierte Verschlußzeit ohne Stromverbrauch 1/90 sec + B. Weitere Verschlußdaten: Verschlußlaufzeit 7,1 msec, Verschlußoffenzeit 5,3 msec. X-Kontaktverzögerung 0,55 msec, Offenzeit abzüglich Kontaktverzögerung 4,7 msec. Mittlere Vorhanggeschwindigkeit 3,4 m/sec. X-Synchronzeit angegeben 1/90 sec, gemessen 1/81 sec.
Auslöser: Weich, mit sehr deutlich fühlbarem Druckpunkt, Weg des Auslösers zur Belichtungsmessung ca. 0,8 mm, zur Verschlußauslösung ca. 1,9 mm. Erforderlicher Druck zur Belichtungsmessung 2 N (200 g), zur Auslösung 4,8 N (480 g).
Selbstauslöser: Mechanisches Vorlaufwerk von ca. 6,5 bis 9 sec. Auslösung über den Kameraauslöser. Der Selbstauslöser ist in Ruhestellung als zusätzliche Griffunterstützung ausgebildet, er bietet einen guten Halt für den Mittelfinger. Das Vorlaufwerk arbeitet bei allen elektronisch gebildeten Zeiten und bei der mechanischen Zeit 1/90 sec. Beim Start des Selbstauslösers klappt der Spiegel extrem weich und kaum spürbar nach oben weg.
Der Sucher: Fest eingebauter Prismensucher mit der bewährten Nikon-Einstellscheibe Typ "K" mit Schnittbild-Entfernungsmesser, Mikroprismenring und feiner Mattscheibe. Das Sucherfenster hat die Abmessungen 33,2 x 22,0 mm und zeigt 84,6% vom Filmformat bzw. 90,6% vom Dia (Herstellerangabe 93%). Links innerhalb des Sucherfensters die Zeitenskala von 1/100 sec bis 1 sec mit roten Warnfeldern für Überbelichtung bzw. Unterbelichtung. Zusätzlich eine rote Leuchtdiode, die bei eingeschaltetem Blitzgerät SB-E aufleuchtet bzw. blinkt. Kein Okularverschluß, eine Abdeckung für das Okular (wichtig bei Aufnahmen mit Selbstauslöser) wird nicht mitgeliefert.
Auffallend geringer Stromverbrauch
Batterie und Stromverbrauch: Zwei Silberoxid-Batterien ä 1,5 Volt vom Typ G 13, die sehr praktisch in einem kleinen Batteriehalter aus Weichplastik untergebracht sind. Die Untergrenze der Batteriespannung für einwandfreies Arbeiten liegt bei ca. 2,4 Volt. Stromverbrauch für Batterietest 24 mA, für Verschlußbetätigung 11 mA, für Belichtungsmessung 2 mA und für Belichtungsmessung bei längeren Zeiten mit Warnton (siehe unten) 3 mA. Der Stromverbrauch ist vergleichsweise als sehr gering zu bezeichnen.
Weitere Ausstattung: Zwei wichtige Details sind hier vorab zu nennen: erstmalig wird in einer Kamera ein akustisches Warnsignal bei Fehlbelichtungs-Gefahr eingesetzt, das bei Überbeilchtungs-Gefahr oder bei Zeiten, die länger als 1/30 sec sind, durch einen deutlichen Piepston warnt. Das zweite wichtige Detail ist unauffälliger: ein kleiner Haken im Spiegelkasten des Gehäuses, in den ein entsprechender Finger am Objektiv eingreift und der Kamera die Anfangsöffnung des Objektives mitteilt. Bei der EM ist das nur für das automatische Blitzgerät SB-E wichtig, eröffnet dem Nikon-System aber insgesamt völlig neue Möglichkeiten: dieses zusätzliche Übertragungselement öffnet Nikon den Weg zum Bau einer Multimode-Kamera oder einer Kamera mit Blendenautomatik! Alle serienmäßigen Al-Objektive sind von Anfang an mit diesem Übertragungselement ausgestattet, das bisher ohne Funktion war.
Achtung: Fremdobjektive mit AI-Bajonett und ungerüstete ältere Objektive verfügen nicht über diesen zusätzlichen Stift! Wer zukunftssicher sein will, sollte darauf beim Kauf achten.
Bei geöffneter Rückwand schaltet die Kamera auf 1/90 sec
Die Nikon EM schaltet sich bei geöffneter Rückwand selbsttätig auf die manuelle Zeit 1/9, sec um und bleibt in diesem Schaltzustand, bis der eingelegte Film so weit transportiert wurde, daß das Zählwerk auf Bild 1 steht. Danach arbeitet die Kamera wieder mit Automatik. Ein Komfort, der das Filmeinlegen wesentlich vereinfacht. Besonderes Lob verdient auch der Schnellschalthebei. In Ruhestellung liegt er völlig flach am Gehäuse an und wird über ein Gelenk ausgeklappt. Er ist sehr leichtgängig und auf Anhieb sympathisch. Der Filmtransport kann auch in mehreren Teilschwüngen vorgenommen werden. Bei Betrieb mit dem Winder bleibt der Schnellschalthebel weggeklappt und stört nicht, was besonders von Brillenträgern als angenehm registriert wird. Unterhalb des Schnellaufzughebels ist der Umschalter für die Betriebsart "Automatik", die manuelle Zeit 1/9c) sec und "B" angeordnet, daneben die Batteriekontrolle (rote LED). Das Einstellrad für die Filmempfindlichkeit unter dem Rückspulknopf hat wie bei anderen Nikon-Modellen nur noch ASA-Werte, eine Rückwand-Sicherung fehlt. Die Rückwand ist mit einem Memohalter versehen und nicht abnehmbar.
Der Winder: Als "motorischen Schnelltransport MD-E" bezeichnet man bei Nikon diesen speziell für die EM konstruierten Winder. Einzel- und Serienaufnahmen bis ca. 2,3 Bilder pro Sekunde sind damit möglich.
Er ist problemlos ansetzbar und fügt sich organisch an das Kameragehäuse an. Als Stromquelle dienen sechs Alkali-Mangan-Zellen der Größe AAA. Diese Penlight-Batterien reichen für ca. 1500 Aufnahmen. Sie sind kleiner als die üblicherweise verwendeten Mignon-Batterien, kosten pro Stück ca. 2 DM und sind nur in einem gutsortierten Fachgeschäft erhältlich. Wer auf Reisen geht, tut gut daran, Ersatz mitzunehmen, da man diesen Batterietyp garantiert nirgends bekommt! Der Batterieschalter ist nur mit dem Fingernagel zu betätigen. Eine rote Kontrollleuchte signalisiert den Filmtransport, der Winder schaltet nach der letzten Aufnahme bei Überlastungsgefahr ab. Eine neue Variante ist die Griffleiste, die Kamera plus Winder gut und sicher in der Hand liegen lassen. Das Stativgewinde ist optimal in der Bodenmitte plaziert.
Beim Blitzen funktioniert der Computer nicht immer
Vollautomatik an: die Verschlußzeit der Kamera stellt sich bei Blitzbereitschaft selbsttätig auf 1/90 sec um, das Blitzgerät "liest" Filmempfindlichkeit und vorgewählte Blende ab und dosiert danach die Lichtmenge. Als Energiequelle dienen ebenfalls die kleinen AAA-Zellen.
Blitzbereitschaft signalisiert eine rote Leuchtdiode im Kamerasucher. Leuchtet sie dauernd, ist die Objektivblende richtig gewählt, blinkt sie dagegen, muß die Blende entsprechend der Tabelle auf der Geräterückseite gewählt werden. Doch diese Sache funktioniert nicht immer: bei stärkerer Aufblendung als nach Tabellenangabe warnt das Blitzgerät den Benutzer nicht durch Blinken, der Computer funktioniert nicht und führt zu totaler Fehlbelichtung. Beispiel: Einstellung 100 ASA, Blende 2 ergibt ca. 3 Blendenstufen Unterbelichtung! Das passiert auch, wenn das Meßauge abgedeckt wird (was in allen anderen Fällen zu Unterbelichtung führen würde).
Eine Einsteiger-Kamera in tadelloser Verarbeitung
Fazit: Nikon bietet mit dieser Kamera ein Einsteiger-Modell mit dem Image des Profi-Ausstatters. Die Kamera ist für problemlose Spiegelreflex-Fotografie hervorragend geeignet. Sie ist in allen Details tadellos verarbeitet und von den technischen Daten her überzeugend
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