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Artikel

1998

Beratung

Sammlerkameras als Geldanlage

Spekulationsobjekte

Der Handel mit Antiquitäten floriert. Alte Uhren, alte Möbel, alte Gemälde haben Hochkonjunktur. Noch nie war der Markt so groß, waren die Preise so hoch. Das gilt auch schon für gar nicht so alte und beinahe alltägliche Automobile aus den Golden Sixties. Was den Oldtimer-Autos recht ist, sollte den Kameras billig sein? Doch es ist nicht alles Geld, was glänzt.

Welcher ambitionierte Fotograf, der schon einmal seine Spiegelreflexkamera zugunsten eines neuen, vermeintlich moderneren und besseren Kameramodells gewechselt hat, kennt es nicht? Das enttäuschte Gesicht, wenn der Fotohändler den Inzahlungsnahme-Preis für den alten Apparat nennt. Weniger als die Hälfte des Neupreises erzielen selbst tip top gepflegte Spiegelreflexkameras der neueren Generation. Die These von den Kameras als Geldanlage droht angesichts solcher Preisstabilität zur Farce zu verkommen.
Konkretes Beispiel: Beim Eintausch eines legendären, robusten und langlebigen SRT Modells von Minolta, die ein schonendes Bereitschaftstaschendasein fristete, gegen eine 7000 aus dem gleichen Hause werden dem Kunden ganze 200 Mark verrechnet. Mit Normalobjektiv versteht sich. Und dabei erfreuen sich die SRT's auch gebraucht -wie es ein Münchner Fotohändler bestätigte besonders in der letzten Zeit einer regen Nachfrage, die sich im Verkaufspreis von rund 300 Mark wiederspiegelt.

Leicas stehen hoch im Kurs

Leica-Besitzer und -Verkäufer sind da schon wesentlich besser dran. Während die alten Schraubleicas seit Jahren zwar stagnieren, erzielen die begehrteren M-Modelle stabile Kurse auf dem Gebrauchtmarkt. Als Geheimtip und echte Geldanlage für M-Fans galt jahrelang die M 5. Als Spitzenmodell einer Kameragattung war sie dank eingebautem Belichtungsmessers den Nachfolgemodellen überlegen, was sich bis vor kurzem noch im Preis niederschlug. Über 3000 Mark mußte der M5-Aspirant für eine neuwertige Kamera hinblättern. Erst nach dem Erscheinen der M6 1984 gaben die Preise nach, die M5 Hausse war beendet, der Wert pendelt sich bei 2800 DM ein.
Bestes Pferd im Stall der Nachkriegsleica-Sammler ist die Leicaflex SL 2 Mot in schwarz mit angesetztem Motor. Für diese rare Kombination in dem bei Sammlern beliebten neuwertigen Zustand müssen inklusive Objektiv rund 5500 Mark hingeblättert werden. Zum Vergleich: Der Neupreis komplett betrug 1976 ca. 4500 DM. Wer hingegen auf die neue Spiegelreflex-Generation bei Leitz setzte und sich eine R3 zulegte, sah sich über die Jahre hinweg als enttäuschter Spekulant. Selbst nach nunmehr sechsjähriger Präsenz der R4 klettern die Preise für eine R3 im Topzustand nicht über 1500 Mark. Im Vergleich zum Neupreis bedeutet dies einen Verlust von 500 Mark. Allenfalls die erste Germany Version erzielt noch ungefähr 2500 Mark, desgleichen die Safari Version, obwohl sie sicherlich nicht jedermanns Geschmack ist. Sondermodelle mit speziellen Gravuren, beispielsweise 100 Jahre Oskar Barnack, machen sich als Geldanlage durchweg bezahlt. Man handelt sich solide Wertbeständigkeit ein, ohne etwas zu verdienen. Gold-Ausführungen dagegen geben im Preis eher leicht nach, beim Verkauf ist mit geringfügigem Verlust zu rechnen.
Contax-Kameras - der alten Generation versteht sich - standen nicht nur zu Lebzeiten im Schatten der Leica. Auch das Sammelinteresse an ihnen ist geringer. Wenn sie auch in den letzten fünf Jahren eher durch eine gesunde Preissteigerung auf sich aufmerksam machen. So erzielt die Nachkriegs Contax IIIa mit Sonnar 2/50 mm im Top-Zustand durchaus 800 Mark, ohne allerdings 1953 wesentlich weniger in härtester DMark gekostet zu haben.
Die anderen Modelle aus dem Zeiss-Ikon-Nachlaß wie die wahrhaft königlichen Contarex haben nur einen sehr begrenzten Kreis von Liebhabern, das gleiche gilt auch für die sophisticated Meßsucherkamera von Voigtländer, die im glücklichen Ernstfall, nämlich mit dem Nocton 1: 1,5/50 mm, nicht mehr als 500 Mark bringt. Bei Privatverkauf versteht sich.
Als höchst lohnend erwies sich in den Sechziger Jahren der Kauf einer zweiäugigen Rolleiflex. Damals noch für wohlfeile 1200 Mark im Falle des Spitzenmodells 2,8 F zu haben, kostet sie heute nachdem sie eine Baisse erfolgreich hinter sich gebracht hatte, 1500-2000 Mark je nachdem, ob mit Planer (Carl Zeiss) oder Xenotar (Schneider-Kreuznach) bestückt. Selbst für abgewirtschaftete Modelle dieses robusten Typs mul3 noch ein Tausender hingelegt werden. Raritäten wie die Tele- oder Weitwinkel-Rolleiflex hingegen klettern (1a natürlich) dicht an die 3000 Mark Grenze. Jahrelang bestimmten nur deutsche Modelle den Sammlermarkt, heute dagegen steht mit der Nikon F ein legendärer Japaner schon erfreulich hoch im Kurs. 1000 Mark sind für ein gutes Exemplar fällig. Die Trauer der Nikon-Jünger über die neue F3 war anfangs so groß daß die F2 AS Photomic in Komplettausstattung über die 2000 Mark-Grenze schnellte. Doch die Zeit heilt alle Wunden, auch diese, weshalb der F2 AS-Kurs bis heute wieder leicht nachgab.

Wertbeständigkelt: ja, Geldanlage: nein

Kameras eignen sich nicht als Kapitalanlage wie Wertpapiere oder Goldbarren. Sie sind ein kreatives Werkzeug, das besser benutzt als damit spekuliert wird. Mehr als der Neupreis springt im Verkaufsfalle selten dabei heraus. Unter dem Aspekt der Wertbeständigkeit sind 1500 Mark - beispielsweise in eine über den COLOR FOTO-Kleinanzeigenteil gekaufte Rolleiflex 2,8 - bedeutend besser angelegt, als wenn der wertbewußte Fotograf den gleichen Betrag in eine neue Minolta 9000 steckt.
Wer allerdings das Argument der Wertbeständigkeit in die Kaufentscheidung seiner künftigen neuen Kamera einfließen läßt der ist mit Leitz zweifellos am besten bedient.

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