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Artikel
1998
Kameras
Fuji G617 / Linhof 612 PC
Zwei Giganten
Die Panoramakameras von Fuji und Linhof sind Spezialisten für "Breitwandaufnahmen", von denen nur wenige genügen, um einen kompletten Rundblick zu Gestatten. Für die Linhof stehen zwei Objektive zur Verfugung (5,6/65 mm und 5,6/135 mm), das 105-mm-Objektiv der Fuji ist fest eingebaut. Die Preise: Fuji ca. 6500 Linhof (m. Objektiv) ca. 6000 DM.
PLUS
Bezogen auf das Aufnahmeformat noch handlich
Eingebaute Wasserwaagen
Gute Auslöser (Fuji)
Sehr guter Sucher (Linhof)
MINUS
Kein Leuchtrahmensucher (Fuji)
Auslöser (Linhof)
Ein deutscher und ein japanischer Hersteller haben je eine Panoramakamera in ihrem Lieferprogramm. Sind diese schweren Geräte nur für Profis interessant, oder bringen Sie uns Hobbyfotografen auch Vorteile? Entscheiden Sie das nach der Vorstellung beider Modelle bitte selbst.
Eigentlich ist schon der Name von beiden Firmen recht ungeschickt gewählt, weil er allzu sehr mit der Vorstellung von " Panorama "-Bildern verbunden ist. Man kommt aber zunächst nicht auf den Gedanken, daß man mit diesen Geräten und Aufnahmeformaten (Linhof 6x12 cm und Fuji 6x17 cm!) auch noch ganz andere Aufnahmen von sehr reizvoller Wirkung gestalten kann, sogar - bzw. erst recht! - im Hochformat. Richtiger und vor allem mehr auf die universellen Möglichkeiten hinweisend wäre die Bezeichnung "Breitbild-Kamera ".
Breitwand-Effekt
Vielleicht erinnert sich mancher Leser an die Zeit, als im Kino die "Breitwand"-Filme kamen: man war fasziniert von der unmittelbar empfundenen Raumwirkung, und es gab viele Hobbyfotografen zu denen ich auch gehörte! die begeistert ihre Dias auf 17x34 "abklebten", um eine Breitwand-Projektion zu erzielen, wobei es tatsächlich nur eine Beschränkung des Filmformates war. Bei Panoramaaufnahmen größeren Formats kann man ebenso vorgehen: man kann jederzeit von 9x12cm-Bildern (Profikamera) die Hälfte abdecken, und - wenn das Aufnahmeobjektiv ein Weitwinkel war - die gleiche Wirkung erzielen, aber das wäre eine untragbare Filmverschwendung.
Der Hauptvorteil dieser beiden Kameras liegt darin, daß man auf normalem Rollfilm arbeitet, und so bei der Linhof sechs, bei der Fujica vier Aufnahmen auf einem 120er Film erhält. Bei Verwendung von 220er Rollfilm verdoppelt sich die Anzahl der Bilder bei beiden Modellen.
Sucherprinzip
Vom Aufbau her gleichen sich die beiden Kameras: es sind breite Sucherkameras, die man - mit entsprechend mehr Kraftaufwand! - wie eine KB-Kamera halten kann. Bei der Fujica ist der Sucher fest eingebaut, bei der Linhof wird er aufgesteckt. Das Sucherbild ist bei der Linhof mit Abstand besser.
Beide Kameras haben eine "Gehäuseauslösung", und hier liegt Fuji besser im Rennen: zwei Auslöser, einer oben und einer vorne, lassen sich butterweich betätigen. Der Auslöser von Linhof sitzt wie angeklebt als Fremdkörper vorn an der Kamera, ist schräg angeordnet und läßt sich nicht so weich betätigen, was die ohnedies bei beiden Kameras beträchtliche Verwackelungs-Gefahr noch vergrößert.
Es mag Athleten geben, die mit beiden Kameras aus der Hand" fotografieren können; ich hatte damit Schwierigkeiten, zumal man diese weitwinkeligen Objektive stark abblenden muß, etwa auf 11 um volle Schärfe über das ganze Bild zu bekommen und Abdunklung nach den Seiten zu verhindern. Gegen dieses naturbedingte Abdunkeln gibt es für beide Kameras entsprechende "Verlauf"- Filter, die nochmals eine bis zwei Lichtwerte schlucken. Fazit: Man arbeitet besser vom Stativ.
Wasserwaagen
Während das Objektiv 7,8/105 mm in die Fujica fest eingebaut ist, kann man die Objektive bei der Linhof wechseln, wobei entsprechende Sicherungen verhindern, daß der Film bei einem Objektivwechsel verdorben wird. Eine weitere Sicherung in dieser Kamera sorgt dafür, daß man nicht versehentlich auf den Objektiv-Abdeckschieber fotografiert. Im Ganzen macht die Technorama einen durchdachteren und technisch komfortableren Eindruck.
Bei beiden Kameras legt man den Rollfilm normal bis zu einer Startmarke ein, schließt das Gehäuse und transportiert auf Anschlag bis zum ersten Bild. Das ist bei der Fujica etwas einfacher, während man bei der Linhof ein etwas mühsames Einstellrad betätigen muß. Auch der große Schalthebel bei der Fujica war mir angenehmer als die Kurbel von Linhof.
Da es bei dieser Art von Aufnahmen besonders auf die waagerechte, bzw. senkrechte Ausrichtung der Kamera ankommt, haben beide eine "Wasserwaagen-Libelle", die man im Sucher beobachten kann. Bei der Fujica sitzt sie in dem monströsen Rahmen, der das Objektiv schützen soll; Linhof hat sie, günstig für Hoch- oder Queraufnahmen in den Sucher ständig sichtbar eingebaut. Da man bei beiden Objektiven den Verschluß vor der Aufnahme spannen muß, um auslösen zu können, sind auch beliebige Mehrfachbelichtungen - nach Lösen einer Sperre! - möglich.
Kopfstand
Ein weiterer Gesichtspunkt muß erwähnt werden. Während es Hobbyfotografen mit Vergrößerungsgeräten gibt, die Formate bis 9x 12 cm zulassen, sieht es bei den 6x17 Negativen schlechter aus. Man braucht ein Gerät, das 18x24 vergrößern kann!
Schließlich bietet die Linhof Technorama noch einen weiteren Vorteil: die Optik ist so ausgerichtet, daß zuviel Vordergrund von vornherein abgeschnitten wird. Für die meisten Querformataufnahmen ist das recht günstig. Will man aber gerade den Vordergrund, um etwa die enorme Schärfentiefe des Super-Weitwinkels von Linhof 5,6/65 mm auszunützen, stellt man die Kamera einfach auf den Kopf, wofür ein eigenes Stativgewinde vorgesehen ist.
Alles in allem scheint mir die Technorama für normale Anwender interessanter, zumal die Preise sehr nahe beieinander liegen.
Die Arbeit mit diesem Breitformat ist gefährlich: man wird sehr schnell süchtig nach diesen so interessanten Möglichkeiten und hat schlaflose Nächte, ob man künftig auch ohne eine solche Kamera überhaupt noch fotografieren mag.
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