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Artikel
1998
Normtest
Rolleiflex 3001
Immer noch ungewohnt
Die Rolleiflex 3001 wurde zur photokina dieses Jahres als Ergänzungsmodell zur 3003 präsentiert. Für die 3001 wurde auf einige Ausstattungsmerkmale der 3003 (Lichtschachtsucher, Dioptrienausgleich) verzichtet, dafür wurde der Preis auf immer noch beachtliche 1900 DM gesenkt. Die 3001 bietet Zeitautomatik manuellen Belichtungsabgleich, TTL-Blitzsteuerung und einen eingebauten Motor. Es stehen 39 Objektive aus den Häusern Rollei und Carl Zeiss mit Brennweiten von 15 mm bis 1000 mm zur Verfügung.
PLUS
Wechselmagazin
TTL-Blitzsteuerung
Abblendtaste
Kabelanschluß für Blitz/Blitzanlage
MINUS
Streuung in der automatischen und manuellen Belichtungssteuerung
Sucher (schlecht überschaubar)
Rollei bleibt sich treu und hält auf dem Sektor der Kleinbild-Spiegelreflexkameras an der Würfelform fest, der es bisher nicht vergönnt war, sich durchzusetzen und populär zu werden. Die neueste Rollei in der ungewohnten Form hört auf den Namen Rolleiflex 3001 und wurde für COLOR FOTO im unabhängigen Testinstitut NORMTEST gründlich untersucht.
Die Rolleiflex 3001 sticht aus der fast schon unüberschaubar gewordenen Masse an Kleinbild-Spiegelreflexkameras hervor. Das würfelförmige Gehäuse teilt sie mit nur zwei anderen Kleinbild SLRs, und diese beiden (Rolleiflex 2000 F und Rolleiflex 3003) sind mit ihr eng verwandt.
Form: Gewohnheitssache
Das würfelförmige Gehäuse ist für den, der von Anfang an damit arbeitet, kein Problem. Wer allerdings von einer herkömmlichen Spiegelreflex auf die Rolleiflex 3001 umsteigt, muß sich umgewöhnen. Zum Beispiel daran, daß man die Rolleiflex nicht einfach so hält, sondern daß man mit der Hand in eine Trageschlaufe schlüpft, die an der rechten oberen Kante der Kamera befestigt ist. Automatisch landet dabei der rechte Zeigefinger auf dem elektromagnetischen Zweistufenauslöser.
Am Druckpunkt, den man leicht ertastet und dessen Erreichen durch ein deutliches Knacken angezeigt wird, wird das Belichtungsmeßwerk eingeschaltet, drückt man den Auslöser weiter durch so wird der Ablauf des Metall-Lamellenverschlusses gestartet.
Vor dem Auslöser liegt das große und griffig gerändelte Verschlußzeiten- und Betriebsartenwählrad. Es läßt sich in den Stellungen "A" (Zeitautomatik) und "X" (Blitz) arretieren. Um es - ohne Rastungen - weiter zu drehen auf eine der 10 weiß gravierten kurzen Verschlußzeiten 1/1000 - 1/2 Sek.) oder eine der grün gravierten, langen Verschlußzeiten (1-16 Sek.) muß der Entriegelungsknopf neben dem Einstellrad gedrückt werden. Das letzte Bedienelement auf der Oberseite ist der Wählschalter für Belichtungskorrekturen von +2 bis -1 Blendenstufen, was sich neben anderen modernen Kameras eher mager ausnimmt, für die allermeisten Fälle aber ausreichend ist. Soll die Belichtung stärker von der abweichen, die die Kameraautomatik für richtig hält, so kann problemlos auf die manuelle Zeitenwahl zurückgegriffen werden.
Der Hauptschalter sitzt unterhalb des Auslösers auf der Rückseite des Kamerabodys. Hier wird die Kamera ein- und ausgeschaltet und gewählt, ob der eingebaute Motor mit Einzelbildschaltung ("I«) oder Serienschaltung ("C" = 3 Bilder pro Sekunde) arbeiten soll.
Dazu kommt die "B"-Einstellung. Links davon ein weiterer Drehknopf, an dem die Belichtungsspeicherung und der Selbstauslöser (Vorlaufzeit 10 Sek.) aktiviert werden können, und an dem die Leistungsfähigkeit des Akkus geprüft werden kann, der die Kamera mit Strom versorgt. Allerdings sind hier Mißverständnisse möglich: die Prüf-Leuchtdiode leuchtet sowohl bei vollem als auch fast schon leerem Akku auf. Der Knebelschalter ersetzt gleichzeitig noch den Feststeller eines Drahtauslösers. Stellt man den Hauptschalter auf "B", den Knebelknopf auf "memory" und löst dann aus, so bleibt der Verschluß offen, bis der Knebelschalter auf "O" zurückgestellt wird.
Sucher: unübersichtlich
Wiederum links von diesem Schalter findet man den Fernrohrsucher, durch den der Blick auf die Mattscheibe fällt. Das Sucherokular ist mit einer Gummi-Augenmuschel versehen, die sich nur umklappen, nicht aber abnehmen läßt. Der Suchereinblick ist den Rollei-Ingenieuren leider weniger gelungen, besonders Brillenträger haben Schwierigkeiten, Sucherbild und Sucheranzeigen gleichzeitig zu sehen wenn die Augenmuschel ausgeklappt ist, ist das schier unmöglich. Hinzukommt, daß die Sucheranzeigen aus sehr kleinen roten LED-Zahlen bestehen, die zu erkennen schwer fällt.
Links vom Sucherbild sind die Verschlußzeiten angeordnet, rechts die Blendenwerte. Dazu kommt die Anzeige für das Überschreiten des Meßbereichs, der sich von LW 1 bis LW 18 erstreckt lalle LED blinken), sowie die Blitzbereitschaftsanzeige und eine Anzeige, wenn die Blitzbelichtung nicht ausgereicht hat. Weiterhin wird angezeigt, ob in die Belichtungsautomatik eingegriffen wird.
Auf der linken Kameraseite sind der Blitznippel und der Blitzschuh (außer dem Zündkontakt zwei weitere Kontakte für die TTL-Blitzsteuerung) sowie der Anschluß für die Fernbedienung zu finden, an der Frontseite links und rechts unter dem Objektiv die Objektiventriegelungstaste und die Abblendtaste, die auch gedrückt werden muß, wenn man von der Arbeitsblendenmessung Gebrauch machen möchte.
Magazin: nützlich
Alle anderen Einstellelemente gehören nicht zum eigentlichen Kamerakörper sondern zum Wechselmagazin und zum Energieteil mit den Akkus. Das Wechselmagazin ist neben der Würfelform und wichtiger als diese - etwas besonderes der Rolleiflex 3001 (sowie 2000 F und 3003). Es kann durch einen Schieber lichtdicht abgeschottet werden wodurch es möglich ist, das Magazin mit einem nur teilweise belichteten Film vom Kamerabody abzunehmen, ohne daß ein Bild verloren geht. Wer oft mit verschiedenen Filmmaterialien parallel arbeitet (Farbe- und Schwarzweiß-, Umkehr- und Negativfilm) wird das Magazin, sonst Kameras für größere Formate vorbehalten, zu schätzen wissen. Um das Magazin abnehmen zu können, muß ein Schalter auf der rechten Seite auf das Magazinsymbol ausgerichtet sein. In dieser Schalterstellung kann auch der Filmeinsatz entnommen werden.
Um nur den Film einzulegen
bzw. aus dem Magazin herauszunehmen ist es allerdings zu umständlich, den Hebel auf das Magazinsymbol zu stellen, denn das geht vernünftigerweise nur, wenn der Schieber eingesetzt ist. Für den Filmwechsel allein wird der Schalter auf den stilisierten Filmeinsatz ausgerichtet, und der Einsatz kann jederzeit aus dem Magazin genommen werden.
Es verlangt einen Blick in die (sehr gute) Bedienungsanleitung, wenn man den Film das erste Mal einlegen will, denn die Filmführung ist sehr ungewöhnlich. Der Film wird fast um die Filmandruckplatte herumgewickelt. Die Aufwickelspule ist recht gut gelöst, obwohl es sich in einer motorisierten Kamera wie der Rolleiflex 3001 anbieten würde eine Gummiaufwickelspule zu verwenden und das Filmeinlegen zu vereinfachen, das aber auch mit der jetztigen Ausstattung gut vonstatten geht. Der eben erwähnte Hebel weist zwei weitere Stellungen auf, mit denen man die normale einmalige Belichtung eines Bildes ("S.E.") oder die Mehrfachbelichtung ("M.E.N) wählt. Die Filmempfindlichkeit wird - DX-Abtastung ist nicht vorgesehen - in Drittelstufen von ASA 25 bis ASA 6400 von Hand am Magazin eingestellt, also dort, wo es wichtig ist, damit man nicht bei jedem Magazinwechsel die Filmempfindlichkeit umstellen muß.
Das Empfindlichkeits-Einstellrad befindet sich auf der linken Magazinseite unter dem Bildzählwerk, das bis 72 zählt (leider gibt es nur einen Kleinbildfilm dieser Länge, den Ilford-Winder-Film).
Belichtungssteuerung: unregelmäßig
Die Rolleiflex 3001 ist ein Zeitautomat, an dessen Objektiv der Fotograf die Blende vorwählt, und der die Verschlußzeit im Bereich von 16 Sek. bis zur 1/1000 Sek. nachführt. Die Verschlußzeiten werden (mit einer merkwürdigen Ausnahme bei 1 Sek., wo die Abweichung fast 0,3 Blendenstufen beträgt) sehr genau eingehalten. Im Zusammenspiel von Belichtungssteuerung, Verschlußzeit und Blende kommt es dann aber zu leichten Unregelmäßigkeiten. Die Belichtung schwankt bei der getesteten Kamera und läßt auf eine starke Streuung der Zeiten schließen. Daß der Meßwert bei der längsten Zeit (16 Sek.) außerhalb der Toleranz und bei 8 Sek. an der Grenze des Toleranzbereichs liegt, sollte nicht überbewertet werden, stört im Gesamteindruck aber doch. Ab 1/4 Sek. sind die Abweichungen dann geringer als 1/3 Blendenstufe und damit auch beim Gebrauch von Diafilm unbedenklich. Mit Negativfilm sind die Belichtungsschwankungen ohnehin ohne Bedeutung. Auch wenn man die Belichtung von Hand abgleicht, ergibt sich ein ähnliches Bild.
Für die Arbeit mit entsprechenden Blitzgeräten und dem SCA Adapter 356 ist die TTL-Blitzmessung möglich, bei der über einen eigenen Sensor das von der Filmoberfläche reflektierte Blitzlicht gemessen und der Blitz von der Kamera aus gesteuert (d. h. rechtzeitig abgeschaltet) wird, während der Blitz umgekehrt die Kamera auf Synchronisationszeit (1/100 Sek.) umschaltet, wenn Blitzbereitschaft erreicht ist.
Im Ganzen: ungewohnt
Die Rolleiflex 3001 ist eine ungewöhnliche, mit 1900 DM teuere und interessante Kamera, die unter Rollei-Freunden und Freunden des Besonderen sicher ihre Anhänger finden wird. Bestseller zu werden, dürfte allerdings auch dieser Rollei versagt bleiben.
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