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Artikel

1998

Kameras

Olympus OM-707

Kein modischer Schnickschnack?

Die Olympus OM-707 ist eine Autofokus-Spiegelreflexkamera die das bekannte Olympus-Bajonett mit geringfügigen Modifikationen beibehält. Die Belichtung wird durch eine Programmautomatik vorgenommen, die sich automatisch der Brennweite des angesetzten Objektivs anpaßt, auch wenn die Brennweite bei Zooms geändert wird. Die OM-707 verfügt über einen eingebauten Motor für Bildfrequenzen von 3 B/Sek., und mit dem Handgriff Power Flash Grip 300 über einen eingebauten Blitz. Dazu kommt eine LCD-Anzeige außen auf der Kamera.

PLUS

Schnelle und genaue automatische Scharfstellung 

Genaue Belichtungsautomatik

MINUS

Langsamer Motor

Sucheranzeigen schlecht zu sehen

Manuelle Scharfstellung umständlich

Im Gegensatz zu einigen anderen Autofokuskameras, die auf der photokina zwar gezeigt wurden, vorerst aber nicht lieferbar sind, ist die OM-707 bereits im Handel. Ist sie ein Einsteigermodell von Olympus in den AF-Trend, oder ist sie eine Kamera für Einsteiger in die SLR-Fotografie?

Am interessantesten an dieser OM-707 ist die Tatsache, daß es sie überhaupt gibt. Olympus, immer schon bekannt für hochmoderne und praxisbezogene technische Entwicklung - denken Sie z. B. an die richtungweisende Einführung der Belichtungsmessung auf der Filmoberfläche! Olympus also bestätigt mit dieser AF-Kamera, daß man Autofokussysteme ernst nimmt und nicht für modischen Schnickschnack hält. Es erübrigt sich ohnehin, über Wert oder Unwert dieser neuen "Selbstscharfsteller" zu diskutieren: in zwei Jahren werden sie ebenso selbstverständlich sein wie Zeitautomaten.

ERKLÄRBARE GEHÄUSEGRÖSSE

Wer Olympus-Kameras kennt ist im ersten Augenblick über die OM-707 im Zweifel: ist diese gewichtige Kamera noch eine Olympus, zumal der Batteriegriff mit dem eingebauten Blitz ein ziemlicher Kloben ist? Aber dann denkt man nach: eine Motorkamera mit Blitz? Die ist woanders ja auch nicht klein und leicht; und eins der üblichen Blitzgeräte ist nicht nur schwer und sperrig, man hat es in entscheidenden Situationen auch meistens - anders als das Kleine im Griff der Olympus OM-707 - nicht dabei. Mit diesem eingebauten Blitz - der auf Tastendruck herausspringt, falls Sie diese versenkte Taste überhaupt erwischen! - bietet die OM-707 also den Komfort, den man von Kompaktkameras längst gewöhnt ist. Die Reichweite dieses winzigen Blitzes ist für die meisten Aufnahmen ausreichend: bei 100 ISO leuchtet er 6 m weit, bei 200 ISO kommt er auf 9 m und bei 400 ISO reicht er schon 12 m weit.
Und weil wir gerade von Filmempfindlichkeiten sprechen: auch hier gleicht diese Kamera den beliebten Kompaktmodellen für DX codierte Filme. Bald wird es keine anderen mehr geben! Sie stellen sich selber und automatisch auf die richtige Empfindlichkeit ein, so daß die üblichen Fehlbelichtungen, die durch Vergeßlichkeit entstehen, ausgeschlossen sind. Andererseits gibt es keine Korrekturmöglichkeit, aber wer korrigiert schon Filmempfindlichkeiten, wenn er unbelastet von Technik nur Interesse an richtig belichteten und scharfen Bildern hat? Die DX-Einrichtung erkennt die Filmempfindlichkeiten von ISO 25 bis ISO 3200 und das ist auch genug.

OHNE SCHÄRFE KEIN BILD

Um scharfe Bilder zu bekommen, muß man bekanntlich die Entfernung richtig einstellen, was bei AF-Kameras entfällt: die stellen selber scharf. Die OM-707 hat hier noch eine weitere Sicherung: wenn das System nicht "scharf" meldet, löst die Kamera nicht aus. Die OM-707 arbeitet hier nicht nur sehr präzise, sondern auch überaus schnell wobei die AF-Objektive beim Einschalten der Kamera automatisch auf unendlich eingestellt werden. Dieses Rückstellen auf Unendlich entspricht in etwa einem Eichen der Kamera, damit sie "weiß" wo's losgeht. Nach der erster Aufnahme rechnet sie allerdings ab der letzten eingestellten Entfernung.
Die Gemessene Entfernung wird dann festgehalten, "gespeichert", damit Sie Ihr Bild in Ruhe komponieren können. Dies geschieht, wenn die Kamera auf "Einzelbild" programmiert ist; stellen Sie "Serie" ein, fährt der Autofokus ständig mit und erlaubt so auch Aufnahmen von bewegten Motiven. Dies alles ist so einfach, daß selbst zerstreute und untechnische Personen keine Fehler machen können.

BRENNWEITENGERECHTE PROGRAMME

Sie stehen mit der OM-707 auch nie vor der Qual einer Wahl: welche Blende, welche Verschlußzeit, welches Programm. Sie hat nur eins, wenn auch ein recht raffiniertes, das sich selbständig den Brennweiten und damit den fotografischen Erfordernissen anpaßt. Bei Weitwinkel dominiert die Schärfentiefe, also die kleine Blende, im normalen Bereich ist auch das Programm eine "normale" Zeit/Blendenkombination, und bei langen Brennweiten wird die jeweils kürzeste Belichtungszeit gewählt. Auch dies verhilft technisch Unbegabten zu perfekten Aufnahmen.

UMSTÄNDLICHER SCHÄRFENSCHIEBER

Es gibt auch eine Möglichkeit manuell scharf zu stellen, aber die sollten Sie gleich vergessen: diese Einstellung ist nur mit Motor über einen Schieber auf der Kamerarückseite möglich, und wenn Sie den betätigen, können Sie in dem ausgezeichneten Sucher mit wachsender Spannung verfolgen, wie Sie die Schärfe einmal zu weit, dann zu nahe einstellen. Aber wozu sollte man auch eine Kamera mit einem so hervorragenden AF-System unbedingt von Hand scharfstellen?

HILFE FÜR DEN AUTOFOKUS

Bei schwachem Licht aber, oder in völliger Dunkelheit, ist die OM-707 sogar Ihrem Auge weit überlegen. Sie schickt einen roten "Meßblitz" aus orientiert sich an ihm und Ihre Aufnahme wird selbst dann scharf, wenn Sie vorher im Sucher nur ahnten, was sie überhaupt aufnehmen wollen. Hier ist diese Kamera anderen Modellen überlegen, für die man erst ein Blitzgerät aufstecken muß, um einen Meßblitz zu erzeugen. Einfach ideal für Leute, die technisch unbelastet auch dann noch perfekte Aufnahmen machen wollen, wo andere gar nicht mehr zu fotografieren versuchen.

SUCHER MIT KLEINEN MÄNGELN

Über den Sucher ist einiges zu sagen. Vor allem zeigt er Ihr Motiv besonders hell und deutlich, das kleine Rechteck in der Mitte der Einstellscheibe (die man weder auswechseln kann noch muß!) gibt an, worauf Sie einstellen bzw. wo Sie die gestochene Schärfe haben werden. Hier müssen Sie - wie bei allen AF-Systemen! - ein wenig üben weil dort ein leichter Kontrast im Motiv sein muß, damit der Autofokus die Entfernung erkennen kann. Die Backe eines Menschen macht ihn hilflos, aber der Kontrast eines Augenwinkels genügt ihm schon. Links - nicht sehr glücklich ins Sucherbild ragend - befindet sich ein schwarzes Feld, in dem Sie über grüne Leuchtdioden Informationen über gefundene Schärfe, Belichtungszeit und Blende erfahren bzw. signalisiert bekommen, wenn die Verschlußzeiten länger werden und Sie lieber blitzen sollten. Diese Informationen haben nur den Nachteil, daß man sie bei einem sehr hellen Motiv nicht erkennt. Aber wozu auch? Bei hellem Licht macht die OM-707 ohnedies alles richtig. Bei schlechtem Licht sehen Sie alles, auch das Blitzsymbol, das flackert, wenn Sie geblitzt haben und der Blitz richtig belichtet hat.
Die Meßwerte holt sich die Kamera von der Filmoberfläche direkt, ob mit oder ohne Blitz aber das berühmte Muster auf dem Verschlußvorhang, typisch für Olympus, gibt es nicht mehr: die OM-707 arbeitet mit einem grauen vertikal ablaufenden Lamellen-Metall-Verschluß!

DISPLAY UND VIEL ZU KLEINE TASTEN

Einen Teil der notwendigen Daten finden Sie auf dem inzwischen üblichen "Display", das z. B. nach Einschalten der Kamera kurzfristig die ISO-Zahl und den Zustand der Batterien meldet, um dann zu zeigen, daß der Film richtig eingelegt ist, daß die Kamera ihr Standardprogramm macht und wieviel Bilder Sie bereits belichtet haben. Mit dem gleichen Schieber, mit dem Sie die Entfernung manuell kaum einstellen können, läßt sich das Programm in Richtung Blenden- oder Verschlußzeit-Priorität verschieben. Aber wozu braucht man das, wenn man schon eine Kamera hat, die alles von selber richtig macht?
Man kann sogar, so wenigstens behauptet das Olympus, über einen weiteren Druckschalter an der Kamerarückseite die Belichtungswerte speichern; man muß dazu aber ein trainierter Pianist sein, um mit einem Finger diesen Knopf, mit einem anderen den Auslöser zu betätigen, und für einen Assistenten reicht der Platz nicht.
Bleiben wir bei der Musik: Sollten Sie Violine oder Gitarre spielen, sind Ihre Fingernägel zu kurz, um die drei Drucktasten auf der linken Kameraseite zu betätigen, mit denen Sie von Einzelbild auf Serie, auf Fremdblitz, und von AF auf "manuell" umstellen können. Zur Not können Sie das jedoch auch mit einem rechten Finger tun, falls Sie sich dort einen intakten Fingernagel pflegen. Übrigens gibt es auch rechts über dem Hauptschalter ein solches Tästelein, das die Kamera, falls irgendwie spezialverstellt, wieder sofort auf "normal" schaltet.
Die gesamte Elektrizität bezieht die Kamera aus vier Batterien, Typ AAA, die im Handgriff stecken, und die für etwa 200 Aufnahmen ausreichen.

AUSBAUFÄHIG

Selbstverständlich spult die OM-707 den Film automatisch ein und spult ihn motorisch zurück in die Patrone. Sollten Sie sich unbedingt mit raffinierter Blitztechnik belasten wollen, können Sie zusätzlich das Blitzgerät F 280 erwerben und aufstecken: Sie erzielen damit Ergebnisse, die bisher nirgendwo möglich waren und stoßen in professionelle Anwendung vor, womit Sie jedoch den ganzen Charme dieser so einfachen und großartigen Kamera zerstören, die Sie als Anfänger oder Aufsteiger von der Kompakt- in die Spiegelreflex-Klasse davor bewahrt, sich mit Ihren Aufnahmen zu blamieren. Die bisherigen Zuiko-Objektive passen ins 707-Bajonett und machen die Kamera zu einem Zeitautomaten bei vorgewählter Blende. Im Sucher wird dabei aber absolut nichts angezeigt.
So ist diese OM-707 wohl beides: ein Einsteigermodell für Hobbyfotografen, aber auch ein Einsteigermodell von Olympus in die AF-Fotografie. Es würde mich gar nicht wundern, wenn es über kurz oder lang eine OM-909 gäbe, bei der jeder engagierte Fotograf dann auch eine ganze Menge Möglichkeiten mitgeliefert bekommt, eine Menge falsch zu machen.

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