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Artikel
1998
Marktübersicht
Spiegelreflexkameras unter 400 DM
Beschränkung auf das Wesentliche
Neben sogenannten Hoch-Technologie-Spiegelreflexkameras vom Schlage einer Canon T 90 oder Minolta 9000 haben die Einsteigermodelle bis 400 Mark noch weiterhin ihre Berechtigung auf dem Markt. Die Zahlen der Nürnberger Gesellschaft für Kommunikationsforschung (GfK) beweisen dies: Immerhin rangiert Praktica, als typischer Vertreter dieser Klasse, vom Marktanteil her auf Platz vier gleichauf mit Olympus (Stückzahlen 1985). Was sich sonst noch an der Basis tut, das lesen Sie hier.
Die Billigklasse ist offenbar für die großen und prestigeträchtigen japanischen Marken nicht mehr interessant. Tummelten sich Anfang der achtziger Jahre noch Kameras wie eine Nikon EM, eine Minolta SRT 100 X, eine Minolta XG-1, Pentax MG oder eine Canon AV-1 in dem Marktsegment um 400 Mark, so registrieren Preislisten-Analytiker heute nur noch die Pentax K 1000 als Repräsentant der sogenannten "Großen Fünf". Daß die billigste Pentax-SLR noch aus einer anderen Kamerawelt stammt, sieht man ihr deutlich an. Schwer und groß kommt sie daher. Sie feierte bereits 1975 mit der K-Serie Premiere Pentax erster Bajonett-Baureihe. Erst später ging man bei Asahi-Optical daran, kleine und handliche Kameras (ME, MX) zu bauen.
NUR NOCH PENTAX
Doch abgesehen von einer gewissen Unhandlichkeit kann der Fotograf der Pentax K 1000 kaum etwas vorwerfen. Sie beschränkten sich in puncto Ausstattung auf das Wesentliche, nimmt dies aber manchmal allzu wörtlich. Eine vollmechanische Nachführkamera, der Belichtungsmesser ist mit Verschlußzeit und Blende gekuppelt, der Belichtungsabgleich erfolgt über Meßnadel und Suchermarkierung, braucht ansonsten nicht viel, um gut zu funktionieren. Konzessionen an den Preis machte Pentax bei fehlenden Details wie Selbstauslöser und Abblendtaste, nicht aber bei der Verarbeitungsqualität. Verschlußaufzug, Filmtransport und Auslösung funktionieren leise und geschmeidig. Es entsteht ein Qualitätsgefühl, daß der Marktführer in dieser Klasse, Praktica vom größten deutschen Kamerahersteller Pentacon nicht in dem Maße bieten kann. Frei nach dem Motto "rauh aber herzlich" absolvieren die fünf Kameras aus Dresden ihren Dienst im Interesse des Bildes.
M-42 LEBT!
Speziell bei den Modellen mit M-42 Schraubverschluß wird der Fotograf nicht im unklaren gelassen, daß hier robuste Mechanik am Werk ist. Doch dem Bild ist es einerlei, wie es zustandekommt und die sehr gute Bildqualität der geprüften Prakticas versöhnt ebenso wie das äußerst umfangreiche Zubehör sowohl für die M-42 Typen als auch für die beiden B-Bajonett-Kameras. Wegen des geringen Mehrpreises sollte der Praktica-Liebhaber bei den Bajonett-Kameras der BC-1 den Vorzug geben. Sie verfügt über eine Abblendtaste und über manuell einstellbare Zeiten zusätzlich zur Zeitautomatik. Bei den bewährten Schraub-Prakticas, die in der Hand liegen wie ein Stück Metall, gebührt der MTL 5 B die Palme der Auserwählten.
Die antiquiert erscheinende Meßnadel im Sucher informiert präziser darüber, wie weit der Fotograf bei der Einstellung vom Belichtungssoll entfernt ist, als die Leuchtdioden der MTL-50. Beide Kameras profitieren von der neuen deutlich heller gewordenen Einstellscheibe. Lobend erwähnt werden muß im Falle Praktica generell die ausgezeichnete Qualität der Bedienungsanleitung. Speziell Spiegelreflex-Anfänger finden hier Rat für die Tat.
Im Angebot der Billig-Spiegelreflexkameras bilden die Mechaniker eine klare Mehrheit, obwohl sie in der Produktion zum Teil deutlich aufwendiger sind als elektronisch gesteuerte Kameras. Selbst die so prestigeträchtige 2000stel Sekunde, bei Leitz erst jetzt wieder mit der Leica R 5 (Gehäusepreis ca. 2900 Mark) eingeführt, ist bei den in der 400 Mark-Klasse verwendeten Copal-Verschlüssen kein Problem. Yashicas Erfolgsmodell in USA und Italien, die FX-3 trimmten die Kyocera-Ingenieure mit der jüngsten Modellpflege auf diesen High-Tec-Wert. Zeit und Blende gleicht der Fotograf über LED's ab, und wer dem Million-Seller (weltweit über vier Millionen verkaufte Exemplare) zu mehr Prestige verhelfen will, dem steht dank des großen Yashica/Contax Bajonett die lichtstarke Carl Zeiss-Objektivpalette zur Verfügung. Weniger Objektivauswahl, vor allem bei unabhängigen Herstellern hat der Fuji STX-2 Benutzer. Die Fuji ist ansonsten eine brave, ziemlich groß geratene Kamera mit Nachführ-LED's und Verschlußzeitenanzeige im Sucher.
Kompakte Außenmaße und die Verwendung von Kunststoffen am Gehäuse kennzeichnen die Yashica als modernen Vertreter der Spiegelreflex-Einsteigerklasse. Dies gilt auch für das Markenkonsortium Exakta, Carena, Cosina und Revue (SC-4). Bei den acht Kameras dieser sogenannten Vertriebsmarken stehen drei Grundmodelle Pate die hier der Einfachheit halber nach dem Urtyp Exakta benannt werden sollen, nämlich Exakta HS-1, HS-2 und HS-4. Die Exakta HS-1 (baugleich mit der ausschließlich über Porst vertriebenen Carena CX-300) ist eine kompakte Einsteigerkamera mit mechanisch gesteuertem Verschluß und Belichtungsabgleich über Leuchtdioden. Von der Grundkonzeption her identisch präsentiert sich die HS-2 (baugleich mit Cosina CT 1 und Revue SC-4), sie bietet jedoch zusätzlich einen Selbstauslöser und die schnelle Zeit 1/2000 Sek. Gänzlich anders, nämlich als elektronisch gesteuerter Zeitautomat kommt die Exakta HS-4 daher (baugleich mit der Carena CX-500 und der Cosina CT 9). Diese Kamera überzeugt durch Handlichkeit, gepaart mit leichter Bedienbarkeit.
Ebenso wie bei den Prakticas BC A und BC 1 sowie bei der Ricoh KR l0x genügt es, den Verschlußzeitenknopf auf "auto" bzw. "A" zu stellen, um für die meisten Fotografiersituationen insbesondere mit dem von der Kundschaft dieser Kameras gerne eingesetzten Farbnegativfilm zu gelungenen Aufnahmen zu kommen. Lediglich bei Gegenlicht oder besonders kontrastreichen Motiven ist eine Korrektur erforderlich. Bei den Zeitautomaten BCA, BC-1 und Ricoh KR l0x geschieht dies über einen Belichtungskorrekturschalter in plus zwei bis minus zwei Blendenstufen. Bei den anderen Automatikkameras Exakta HS-4 und Konica TC-X passiert es über einen Eingriff in den "Manualmodus".
Die Konica TC-X erlaubt sich als einzige Kamera mit einer Blendenautomatik aufzuwarten. Eine Lösung, die nicht nur originell ist, sondern auch ihre praktischen Vorzüge gerade für Anfänger hat. Der häufigste aller Fotografierfehler, das Verwackeln, wird durch die vorgewählte Verschlußzeit erfolgreich bekämpft. Vor einer versehentlich falsch eingestellten Filmempfindlichkeit bewahrt die DX-Abtastung, von Filmhersteller Konica erstmals bei einer Spiegelreflexkamera eingeführt. Auch das Kunststoffgehäuse zeugt von konstruktivem Mut, ist aber sicherlich nicht jedermanns Sache. Auf die DX-Abtastung verzichtet selbst das jüngste Ricoh Kind, die KR 10x, sonst läßt ihre Ausstattung jedoch keine Wünsche offen. Stichwort: Elektronik mit Maß und Ziel (Meßwertspeicherung!). Sie stellt in der 400-Mark-Klasse ein besonders empfehlenswertes Angebot dar. Um die Qual der Wahl bei den Einsteiger-Spiegelreflexmodellen zu erleichtern, sei noch gesagt, daß der Ausbaufähigkeit der Erstausrüstung bei Pentax, Praktica und Yashica kaum Grenzen gesetzt sind. Auch der Wiederverkaufswert ist bei Markenkameras einfach höher. Für jeden Anwendungsbereich gibt es bei diesen Herstellern die erforderlichen Geräte und Objektive. Dies gilt mit Einschränkungen auch für Ricoh, während bei Exakta und Co. in diesem Punkt dem experimentierfreudigen Fotografen Enthaltsamkeit auferlegt wird. Zwar existieren Zoomobjektiven von 28-500 mm und zwei Blitzgeräten, für Spezialitäten ist jedoch kein Spielraum. Doch das universelle K-Bajonett spielt den Retter in der Not. Es ist der Schlüssel zum großen Angebot an Pentax-Objektiven, Balgengeräten und Zwischenringen.
Apropos Angebot: Um die Einsteiger-Spiegelreflexkameras besser von gleich teuren Autofokus-Kompaktkameras abzugrenzen, nutzen einige Anbieter in sogenannten Set-Offerten die Spiegelreflex-Fähigkeit aus, das Objektiv wechseln zu können. Sie bestückten die Einsteigerkamera gleich mit einem Zoom 35-70 mm, statt mit dem üblichen Normalobjektiv aus. Lediglich fünfzig Mark Aufpreis verlangt Miranda-Geschäftsführer Gruschke für seine Exakta und Cosina-Modelle und die Käufer greifen in der überwiegenden Mehrzahl zu. Bei Porst gibt es neben einschlägigen Zoom-Offerten eine Einsteiger-Kombination mit einem Blitzgerät. Revue wertet die betagte ML (baugleich mit der Praktica MTL 5) mit einer ordentlichen Universaltasche, einem Film, Sonnenblende und UV-Filter zum Komplettpreis von 249,DM auf. Etwas mehr kostet Zoom-Luxus bei der Yashica FX-3. Das Set-Angebot mit dem 3,5-4,8 35-70 mm liegt bei 500 Mark. Da lohnt es sich doppelt, bei solchen Angeboten zuzugreifen und neben dem brillanten Suchereinblick im Vergleich zur gleich teuren Autofokus-Kompaktkamera auch noch die Möglichkeit der stufenlosen Brennweitenvariation in der Bildgestaltung zu genießen. Ganz zu schweigen von dem guten Gefühl, auch durch eigenes Geschick wesentlich zum guten Bildergebnis beizutragen.
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