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Artikel
1998
Kameras
Yashica 230 AF
Nur eine mehr...
Seit Minolta mit den 1000er Autofokus-Modellen den erstarrten SLR-Markt wieder zum Laufen brachte, sind einige andere Hersteller den gleichen Autofokus-Weg gegangen, zuletzt Yashica mit der 230 AF. Bietet sie mehr als vergleichbare Konkurrenten?
Will man über eine Kamera praxisbezogen berichten, muß man ihre Konkurrenten kennen, um nicht über etwas in Entzücken zu geraten, was anderswo längst ein alter Hut ist. Die mir zur Zeit aus eigener Erfahrung bekannten Vergleichskandidaten sind: Minolta 7000, Nikon F-501 und Olympus OM-707.
Manches ist allen gemeinsam: das automatisch-motorische Filmeinlegen, der automatische Filmtransport nach jeder Aufnahme, der mit dem Auslöser kombinierte AF-Speicher, die Schärfepriorität bei Standard-AF, mittenbetonte Integral-Belichtungsmessung, DX-Kodierung, Belichtungsmeßwertspeicher, TTL-Blitzmöglichkeiten, mehrere Belichtungsprogramme, und bei allen wird der Autofokus in den Objektiven vom Motor der Kamera gesteuert. Doch in einigen Punkten - in der Praxis sehr wichtigen Punkten! hat die Yashica die Nase deutlich vorn.
Vielleicht kennen Sie den Unterschied zwischen einem Maulesel und einem Maultier nicht ganz genau, aber Sie wissen, daß es sich hier um eine überaus leistungsfähige Kreuzung aus Pferd und Esel handelt. Bei der Yashica 230 AF weiß ich nicht genau, ob Minolta als Vater oder Mutter eine Menge Details erfolgreich eingekreuzt hat, jedenfalls findet man, kennt man die Minoltas, eine deutliche Verwandtschaft, was für die Yashica gewiß kein Nachteil ist. Nachdem in COLOR FOTO 2/87 bereits ausführlich über die - bis dahin bekannte! Technik (inkl. Daten) dieser Kamera berichtet wurde, und nachdem es jetzt auch Prospekte beim Fotohandel gibt, möchte ich Ihnen hier nur berichten, wie sich mir die Yashica 230 AF in der Praxis darstellt.
Nachdem ich schon immer nach dem Prinzip lebe: erst die bittere Pille, dann den Himbeersaft, möchte ich mit dem beginnen, was mir das größte Manko dieser Kamera zu sein scheint. Man steckt in das Griffstück einen Lithium-Batterie-Block, den Sie auf dem Lande in gar keinem, in der Stadt nur in wenigen Geschäften bekommen. Nun reicht der Strom zwar für etwa 20-30 Filme, und da sich Lithiumbatterien praktisch nicht selber entladen, reicht der Sah für manche Fotografen vier Jahre lang, was wirklich genug ist. Vermutlich hat man bei Kyocera, dem Hersteller von Yashica und Contax, vornehmlich an solche Kunden gedacht. Diese Kamera ist aber, in manchen Anwendungsmöglichkeiten, auch für den Profi interessant, und dem sollte man - so schnell wie möglich - auch ein normales Griffstück für 4 normale 1,5 V Batterien oder Akkus anbieten!
Worin sich die Yashica 230 AF deutlich von ihren drei Mitbewerberinnen unterscheidet, und was zugleich echte Praxisvorteile bringen kann, sind die folgenden Möglichkeiten:
1. am Wichtigsten: sie hat, neben der üblichen Integral-Belichtungsmessung auch Spotmessung.
2. am Interessantesten: AF-Vorwahl: man stellt eine bestimmte Entfernung ein, und wenn das Motiv dort ankommt, löst die Kamera aus.
3. am Hilfreichsten: Verwendet man Blenden- oder Zeitautomatik, korrigiert die Kamera je nach gewählter Automatik! - Zeit oder Blende, das vermeidet Fehlbelichtungen.
4. am Intelligentesten: wird der Kontrast - z. B. bei Gegenlichtaufnahmen - zwischen Bildrändern und Bildmitte zu groß, stellt die Kamera automatisch von Integral- auf Spotmessung um.
Wichtig scheinen mir auch noch folgende Punkte zu sein: der lange Verschlußzeitenbereich von 16 Sekunden (Makroaufnahmen!), die von mir subjektiv bisher schnellste AF-Funktion, die allerdings noch von Normtest technisch belegt werden muß; das große, übersichtliche und aufgeräumt wirkende Display, das selbst Gegner dieser Informationsart überzeugen könnte; der zur Kamera mitgelieferte kleine Blitz, den man im Sucherschuh befestigt, wo er ständig bleiben kann und mit Blitzfolgen von 2 Sek. recht nützlich ist, zumal er sich auch dank TTL-Messung - als diskreter Aufhellblitz eignet. Eine Einschränkung gibt es hier allerdings: man sollte ihn nicht mit langen Objektiven im Nahbereich verwenden, weil dann das Objektiv in den Leuchtwinkel ragt und unten an den Aufnahmen abschattet.
Noch eine Besonderheit sollten Sie wissen: Die Informationsskala unter dem Sucherbild leuchtet automatisch, sobald das Umlicht schwach ist. Das aufgesetzte Blitzgerät deckt aber den Lichteinlaß ab so daß man bei hellem Licht die Skala nicht ablesen kann. Es wäre sinnvoller, wenn diese Anzeige bei aufgestecktem Blitz automatisch mit eingeschaltet würde. Aufhellblitz!
Wer mit allem Komfort, größerer Leistung und rotem Meßblitz auch bei Dunkelheit, fotografieren will, dem steht zusätzlich das Blitzgerät CS 250 AF zur Verfügung. Es gibt auch einen Konverter, der bei 1,6x die Verwendung vieler Yashica und Zeiss(!) Objektive mit AF erlaubt. Das große Erlebnis für mich ist die "Trap"-AF-Einstellung, die "Einfang"-Stellung: Sie schalten die Kamera auf N manuell ", stellen auf eine bestimmte Entfernung ein und - lösen aus, aber die Kamera reagiert erst, wenn dort auch wirklich was passiert. Verwenden Sie dabei noch einen normalen Drahtauslöser - Yashica sei Dank dafür! - und stellen ihn fest, liefert Ihnen die 230 AF eine Serie vom dortigen Geschehen, während Sie Ihren Kaffee trinken! Diese "Trap"-Möglichkeit ist einmalig und könnte allein für sich manchen Sport- oder Tierfotografen zum Kauf dieser Kamera zusätzlich veranlassen. Etwas ist dazu noch zu sagen: verwenden Sie möglichst offene Blenden, damit die Schärfentiefe nicht als "erkanntes Motiv" eine Auslösung bewirkt.
Es gibt auch einen Zwischenring für Nahaufnahmen, ein Makroobjektiv kann er nicht ersetzen, und hoffentlich gibt es bald eins mit 90 oder 100 mm.
Die viersprachige Bedienungsanleitung ist trotzdem instruktiv und verständlich, wenn Sie über einige sprachliche Fehler hinwegsehen. Offenbar sind die Japaner auch heute noch davon überzeugt daß außer ihnen niemand Deutsch kann, am wenigsten wir Deutschen selber.
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