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Artikel
1998
Kameras
Pentax Zoom-70
Noch kompakt?
Kompakt bedeutet gedrungen, massiv, ist aber ein recht dehnbarer Begriff. So ist zwar eine Riesenschildkröte sicherlich ein kompakteren Tier als ein Maikäfer, läßt sich jedoch viel schwerer transportieren als letzterer. Es war, wenn ich mich recht erinnere, der Sinn aller ursprünglichen "Kompakt"-Kameras, dem dringenden Bedürfnis vieler Verbraucher nach einer kleinen, leichten Kamera, die man bequem in die Tasche stecken konnte, abzuhelfen.
Die ersten " Kompakten" entsprachen dem Wort auch und sorgten damit für eine fast bakterienhafte Verbreitung. Leider gerieten die Kamerahersteller und deren Konstrukteure in Entwicklungsräusche und versuchten, Eigenschaften in diese kleinen und bequeme Kameras zu integrieren, die man bisher nur bei einer Spiegelreflex suchte und - brauchte. Der Weg von der weltweiten bekannten und beliebten Minox zu den heutigen "Kompakt"-Modellen war kurz und ist - wie ich meine - falsch.
Sie können zum Beispiel eine Vivitar TW-35 und diese neue Pentax Zoom-70 wirklich nicht mehr in die Tasche stecken und kaum noch als Zweitkamera unbeschwert mitnehmen. Allerdings erfüllt sie dafür Wünsche, die vor allem jene Fotografen haben, die bereits fotografisch und ausrüstungsmäßig belastet sind. Es steht ihnen bei der Zoom-70 nicht nur - wie bei den heute schon "konventionellen" Kompakten! - das 35er WW-Objektiv zur Verfügung, sondern ein echtes Zoomobjektiv mit Brennweitenverdopplung, also 35-70 mm, motorisch und stufenlos. Das ist - fotografisch gesehen - eine sehr feine Sache, zumal der Sucher mitzieht und dabei obendrein eine geradezu vorbildliche Qualität hat und selbst Brillenträgern den Bildausschnitt einwandfrei zeigt.
Das Zoomen erfolgt, nicht ganz kirchenleise, über einen Schieber an der Rückseite. Ebenfalls rückseitig befindet sich der- leider nicht gesicherte! - Schiebeschalter zum Öffnen der Rückwand; Filmeinlegen und Transport zum ersten Bild erfolgt auf die heute übliche, automatische Art und Weise. Ungewohnt: die Filmpatrone liegt rechts. Ein geschützter Knopf im Kameraboden erlaubt vorzeitiges Entnehmen des Films, der nach jeder Aufnahme automatisch und überaus leise weitertransportiert wird: vorbildlich! Rechts oben auf der Kamera befindet sich die Auslösetaste, der Hauptschalter, der zugleich die Objektiv-Abdeckung betätigt, und ein kleiner, grüner Feststeller für Aufnahmen im "Nahbereich", in dem man immerhin einen normalen Briefbogen formatfüllend aufnehmen kann; auch unterwegs beispielsweise eine Speisekarte. Schließlich sehen Sie auf einem kleinen Display, ob sich ein Film in der Kamera befindet, ob er sich korrekt eingefädelt hat und die Zahl der belichteten Aufnahmen. Beim Rückspulen laufen die Zahlen rückwärts mit, und wenn Sie nach der letzten Zahl rasch die Rückwand öffnen, ist der Film noch nicht ganz in der Patrone verschwunden.
Selbstverständlich hat die Zoom-70 auch einen festeingebauten Blitz, der sich automatisch zuschaltet, falls das Licht zur Aufnahme nicht ausreicht; seine Bereitschaft wird mit Rotlicht neben dem Sucherokular ebenso angezeigt wie mit Grünlicht die Autofokus Funktion, die beim leichten Druck auf den Auslöser beginnt.
Links neben dem Objektiv entdecken Sie drei winzige Tasten: eine betätigt den Selbstauslöser, die zweite löst einen Aufhellblitz aus, wo die Kamera sonst nicht blitzen würde, und die dritte dient zur Belichtungskorrektur bei starkem Gegenlicht. Diese drei Tästleinchen a la Japan bereiten nur Violin- oder Gitarrenspielern kein Problem; zum Glück braucht man sie nicht oft.
Das Zoom Objektiv 3,5/35-6,7/70 mm ist ausgezeichnet, es steuert zugleich auch die Dosierung des Blitzes.
Die Filmempfindlickeit wird über DX-Kodierung (ISO 50-1600) eingesteuert, sie läßt sich nicht individuell verändern. Den Betriebsstrom bekommt die Pentax Zoom-70 - wie heute immer mehr Kameras aus einem sündhaft teuren Lithium Block, der andererseits den Vorteil hat, seine Spannung jahrelang unverändert zu halten und auch bei großer Kälte noch zu funktionieren. Er reicht für ca. 60 Filme (36) ohne Blitz, für ca.15 Filme mit halbem Blitzanteil. Man kann aber auch, wer das lieber möchte, vier Mikrobatterien 1,5 V verwenden.
Ob diese Pentax Zoom-70 eine echte Lücke füllt, die Lücke zwischen einer einfachen Spiegelreflex und einer wirklichen Kompaktkamera, wird sich zeigen: sie ist sozusagen ein Zwitter, und bisher hat man mit Zwittern, insbesondere was ihre Fortpflanzungsfähigkeit betrifft, noch keine sehr guten Erfahrungen gemacht. Ich wünsche dieser nicht besonders eleganten, aber höchst zweckmäßigen und leistungsfähigen Kamera, daß sie zur großen Ausnahme werde!
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