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Artikel

1998

Normtest

Yashica 230 AF

Der Schärfen-Fallensteller

Die Yashica 230 AF ist eine Spiegelreflexkamera für das Kleinbildformat und bietet neben der Schärfenautomatik noch verschiedene Belichtungsautomatiken, einen eingebauten Motor, TTL-Blitzmessung und -steuerung (gegebenenfalls mit entfernungsabhängiger Blendenwahl). Sie bietet sowohl dem Anfänger als auch dem fortgeschrittenen Hobbyfotografen die Möglichkeit, schnell und sicher zu technisch gelungenen Bildern zu kommen.

PLUS

Präziser Autofokus 

Spotmessung zuschaltbar

Schärfenfalle 

Immer-dabei-Blitz

MINUS

Kleine Tipptasten 

Batterie, die schwer zu bekommen ist

Mit der Yashica 230 AF kommt nun auch der Hersteller mit einer Autofokus-Spiegelreflexkamera auf den Markt, der schon zur photokina '84 eine AF-SLR unter der Hand zeigte, sie aber dann noch nicht in Serie gehen ließ. Die Yashica 230 AF bietet prinzipiell auf dem Sektor nichts neues, sondern lehnt sich stark an Minolta an, aber sie hat einige pfiffige Ausstattungsdetails aufzuweisen, die ihr einen durchaus eigenen Stellenwert im AF-SLR-Angebot zuweisen. 

Auffälligstes Merkmal der Yashica 230 AF ist zweifelsohne das kleine Blitzgerät, das seinen Platz auf dem Sucherprisma hat, über das er nach oben zwei, nach vorne um drei Zentimeter hinausragt. Ohne den Miniblitz ist etwas anderes auffällig, die Ähnlichkeit mit jener Kamera, die den Autofokus-Boom auf dem Spiegelreflex-Sektor startete, mit der Minolta 7000. (Natürlich ist auch die Yashica 230 AF eine Autofokus-Spiegelreflexkamera für das Kleinbildformat 24x36 mm). Der Eindruck der Ähnlichkeit zwischen dieser Yashica 230 AF und dem Urvater der AF-SLR-Kameras hat verschiedene Ursachen: Da ist der kräftig ausgebildete Handgriff auf der rechten Seite, der für ein angenehmes Handling sehr viel wert ist, da ist der LCD-Bildschirm als Informationszentrale (ebenfalls rechts) und da sind die kleinen Tipplasten links vom Prisma. Daß auch hier bei aller Ähnlichkeit Unterschiede bestehen fällt erst auf, wenn man die Minolta 7000 neben die Yashica stellt, das aber soll das Thema eines anderen Berichtes in einem der nächsten Hefte sein. Schauen wir uns die Yashica 230 AF diesmal für sich genommen an.

GEHÄUSE: HANDLICH

Die Yashica 230 AF ist vom Gehäuse her nicht besonders aufregend. Der große Handgriff wurde schon erwähnt, er bietet auf der oberen Seite dem elektromagnetischen Zwei-Stufen-Auslöser Platz und der mit "P" bezeichneten Taste, die alle Funktionen der Kamera in eine Grundstellung zurückbringt, wenn ein unerfahrener Fotograf sich "verfahren" hat. Hinter dem Auslöser ist als inzwischen bekannter Ersatz für ein Wählrad ein Schiebeschalter zu finden, der solo betätigt werden muß, um Verschlußzeit, Blende oder Programmverlauf zu ändern. Um andere Faktoren einzustellen, muß gleichzeitig eine der Tipplasten gedrückt werden, die links vom Sucherprisma zu finden ist.

AUTOFOKUS: SPASS MIT DER SCHÄRFENFALLE

Ist dies die Taste "AF", so hat der Fotograf die Wahl unter zwei Autofokus-Steuerungen wenn der AF-Umschalter neben dem Kamerabajonett auf "AF" steht, und unter zwei hinteren Fokussierarten, wenn der AF-Umschalter auf "MF" gestellt wurde.
Die beiden ersten werden im Display mit "AF" und "CAF" angezeigt. AF steht für den normalen AF-Betrieb, das heißt, der Fotograf visiert das Motiv an, wobei eine Markierung im Sucher hilfreich ist, tippt den Auslöser an und aktiviert dadurch die Schärfenautomatik, die soweit möglich die Schärfe einstellt. Im Sucher leuchtet nun das OK. Zeichen der AF-Einrichtung auf und durch Durchdrücken des Auslösers bis zum ersten Druckpunkt wird die Entfernungseinstellung gespeichert. CAF steht für den Autofokusbetrieb mit Schärfenachführung, das heißt, die Schärfe wird solange immer wieder neu eingestellt, bis ausgelöst oder die Einstellung durch Druck auf die Speichertaste links vom Objektiv festgehalten wird. Steht der AF-Umschalter auf "MF", so kann sich der Fotograf zwischen manueller Fokussierung und der Arbeit mit der "Schärfenfalle" entscheiden. Will er von Hand die Schärfe einstellen, so weisen ihm zwei Pfeile in der Sucheranzeige den richtigen Weg, solange dies möglich ist. In der Funktion "Schärfenfalle" wird dagegen nicht die Fokussierung des Objektivs an die Entfernung des Motivs angeglichen, sondern die Kamera wartet, bis sich das Motiv in der richtigen Entfernung befindet und löst dann aus. Zu diesem Zweck wählt der Fotograf natürlich zunächst die richtige Entfernung am (sehr schmalen) Fokussierring des Objektives vor. Da während des "Schärfenfallen"-Betriebs der Auslöser gedrückt gehalten werden muß, empfiehlt sich der Einsatz des passenden Fernauslösers, ein normaler Drahtauslöser paßt leider nicht. Ist in dieser Betriebsart der Motor auf Dauerlauf geschaltet, so fotografiert die Yashica 230 AF solange weiter, bis sie keine Schärfe im Bereich des Meßfeldes mehr feststellen kann. (Motorstellung "C" plus "AF" bringt einen langsamen Motorlauf, da vor jeder Aufnahme die Entfernung neu gemessen und eingestellt wird, "C" plus "CAF" bringt die volle Transportfrequenz von 1,8- Bilder pro Sekunde, wobei alle Bilder mit der Entfernungseinstellung gemacht werden, die vor der ersten Aufnahme festgelegt wurde.)
Die Messung der Einstellgenauigkeit der Schärfenautomatik ergab ein Bild, das von anderen AF-Kameras her gewohnt ist. Die Einstellgenauigkeit nimmt mit zunehmender Entfernung ab und nutzt es so aus, daß die Ausdehnung der Schärfenzone mit zunehmender Entfernung zunimmt. Bereits bei ganz offener Blende des Testobjektivs Yashica AF 1,8/50 mm lagen alle Abweichungen innerhalb der Schärfenzone. Die - wie gesagt unerheblichen - Abweichungen tendieren meist zur größeren Entfernung.
Die Dauer der automatischen Scharfstellung (von unendlich auf kürzeste Entfernung) liegt bei den Lichtwerten 15 und 10 (entsprechend Blende 5,6 und 1/1000 Sek. bzw. 1/30 Sek. Sek.; bezogen auf ISO 100/21xGRADx) knapp unter einer Sekunde und nimmt bei LW 5 (entsprechend Blende 5,6 und 1 Sek., ISO 100/21xGRADx) auf 1,76 Sekunden zu, immer noch eine sehr gute Zeit, da unter den gleichen Umständen auch das manuelle Fokussieren selbst bei einem geübten Fotografen länger dauert. Interessant ist bei beiden Messungen daß sowohl die Einstellgenauigkeit als auch die Einstelldauer nicht (oder nur ganz unerheblich) vom Kontrast abhängig sind, solange ein Mindestkontrast vorhanden ist. (Das Schärfenmeßsystem der Yashica AF 230 beruht auf Kontrastvergleich mit CCD-Zellen im Kameraboden.)

BELICHTUNG: TENDENZ ZU KNAPPEN WERTEN

Ist es die Taste "MODE", die anstelle der AF-Taste gleichzeitig mit dem Schiebeschalter betätigt wird, so wird die Belichtungssteuerung gewählt, und zwar entweder Blendenautomatik, Zeitautomatik oder Programmautomatik.
Die Zeitautomatik nach Blendenvorwahl (im Display durch "Av" angezeigt) arbeitet im Bereich von 16 Sek. bis zur 1/2000 Sek. Das ist weder in Hinblick auf die längste noch auf die kürzeste Zeit etwas besonderes, reicht aber für praktisch alle Aufnahmen aus, die man sich vorstellen kann. Für Blendenautomatik nach Zeitvorwahl (Anzeige "Tv" ) steht derselbe Zeitenbereich zur Verfügung, wurde er dort aber stufenlos ausgenutzt, so muß man sich für die Zeitenvorwahl mit den ganzen Stufen begnügen (plus 1/90 Sek.).
Sowohl Zeit- als auch Blendenautomatik arbeiten mit "Override". Kann bei Zeitautomatik zur vorgewählten Blende keine längere oder kürzere Zeit eingestellt werden, so verändert die Yashica 230 AF die vorgewählte Blende solange, bis eine korrekte Belichtung möglich ist. Der Absicht des Fotografen wird dadurch Rechnung getragen, daß die Blende zum Einsatz kommt, die seiner Vorwahl unter den gegebenen Bedingungen am nächsten kommt. Analog verfährt die Kamera, wenn bei Blendenautomatik zur vorgewählten Zeit keine passende Blende gefunden werden kann. Zeit- und Blendenautomatik erwiesen sich in der Messung als wenig streuend. Die größten Abweichungen von jeweils -1/2 Blendenstufe können im Dia zwar sichtbar werden sind aber nur als Ausnahmen festzustellen; daß beide Automatiken insgesamt zur knapperen Belichtung tendieren kommt dem Geschmack vieler Diafotografen entgegen, die eher auf satte Farben Wert legen. (Auch wenn bei Blendenautomatik die Zeit durch die Override-Funktion nachgeführt wird bleibt die Abweichung der Belichtung vom Soll mit einem Maximalwert von -2/3 Blendenstufen innerhalb der DIN festgelegten Toleranzen). Als Alternative zur Zeit- oder Blendenautomatik bietet die Yashica 230 AF eine Programmautomatik, die so ausgelegt ist, daß sich der Programmverlauf normalerweise automatisch an die Brennweite des Objektivs anpaßt. Dies geschieht, wie bei solchen Programmautomatiken üblich, in drei Schritten: das Normalprogramm wird für den Bereich zwischen 35 mm und 85 mm Brennweite eingestellt, das Teleprogramm für die längeren und das Weitwinkelprogramm für die kürzeren Brennweiten.
Den Unterschied zwischen den Programmen macht die Lage des "Knickpunktes" aus, ab dem die Programmautomatik Verschlußzeit und Blende zur Belichtungssteuerung heranzieht, was mit einem Objektiv wie dem 1 :3,5-4,5/28-85 mm etwa so aussieht, daß im Weitwinkelbereich die offene Blende erst bei etwa 1/40 Sek. erreicht wird, um bei schlechten Lichtverhältnissen zum Schuß kommen zu können, daß aber im Normalbereich bei 1/125 Sek. und im Telebereich schon bei 1/250 Sek. der Fall ist. Die brennweitenabhängige Programmautomatik soll bei Weitwinkelaufnahmen eine große Schärfenzone und im Telebereich größtmögliche Sicherheit gegen Verwackeln bringen.
Die getestete Normal-Programmautomatik gab erst bei geringen Lichtwerten (unter 7) zu Beanstandungen Anlaß denn dort erreicht die Abweichung Maximalwerte von -2/3 Blendenstufen, was auf Diafilm zur sichtbaren Unterbelichtung führt, während im Bereich höherer Lichtwerte Abweichungen im Bereich von -1/6 Blendenstufe bis -1/3 Blendenstufe vernachlässigt werden können.
Um auch brennweitenunabhängig einer größeren Schärfenzone oder der Vermeidung von Verwackelung den Vorzug geben zu können, kann jedes Programm geshiftet werden. Mit anderen Worten: innerhalb eines zur Filmempfindlichkeit und Motivhelligkeit passenden Lichtwertes kann jede mögliche Zeit/Blendenkombination gewählt werden. Eine weitere Variante der Belichtungssteuerung ist die manuelle Einstellung von Zeit und Blende nach Nachführmessung.

BELICHTUNGSMESSUNG: GENAU DURCH SPOTMESSUNG

Die Genauigkeit, mit der eine Belichtungsautomatik arbeiten kann, hängt wesentlich auch davon ab, wie genau der Verschluß ist und wie präzise die Belichtung im Vorfeld der Aufnahme gemessen wird. Der Verschluß der Yashica 230 AF - vertikal ablaufend, elektronisch gesteuert, gibt zu keinen Klagen Anlaß. Die Meßwerte sind fast deckungsgleich mit den Sollwerten. Auch in punkto Belichtungsmessung ist die Yashica 230 AF lobenswert.
Die Integralmessung ist deutlich mittenbetont, die Spotmessung sehr schon eng, daß auch kleine Motivteile präzise angemessen werden können.
Allerdings bleibt es nicht immer bei der Meßmethode, die der Fotograf vorgewählt hat, die Yashica 230 AF bietet auch hier eine Override-Funktion. Wird bei der Integralmessung festgestellt, daß die Bildmitte dunkler ist, als der Bildrand, so schaltet die Kamera automatisch auf Spotmessung, um hier ein besseres Ergebnis zu erzielen. Umgekehrt schaltet die Yashica von Spotmessung auf Integralmessung, wenn sich der Bildmittelpunkt als zu dunkel für eine korrekte Belichtung erweist.
Die Spotmessung - sie wird am Hauptschalter gewählt, Position AEL - mit einer Speicherung des Meßwertes verbunden, eine von der Canon T70 her bekannte und durchaus praxisnahe Lösung.
Darüber hinaus ist die Yashica 230 AF im Rahmen der heutigen AF-SLR-Kameras normal ausgestattet: Eingabe der Filmempfindlichkeit über DX-Codierung oder manuell, motorischer Filmtransport vorwärts mit Einzelbild- und Serienschaltung (Serie = 1,8 Bilder pro Sek.), motorischer Filmtransport rückwärts (muß manuell gestartet werden) Korrekturfaktoren in Drittelschritten von +4 bis -4 Blendenstufen und die TTL-Blitzmessung und -Steuerung mit dem Aufsteckgerät CS-250 AF (mit Rotblitz zur Unterstützung der Schärfenautomatik) und mit dem Miniblitz CS-110 AF die beide noch eine Besonderheit aufzuweisen haben.
Wird die Kamera mit Programmautomatik oder Blendenautomatik zum Blitzen benutzt, wird nach der Leitzahlrechnung die Blende passend zur automatisch gemessenen Entfernung eingestellt, die Synchronzeit von 1/90 kommt ebenfalls automatisch hinzu.
Alles in allem ist die Yashica 230 AF - besonders mit dem Blitz CS-110 AF - eine sehr gelungene Kamera, mit der Yashica- und Carl Zeiss-Objektive mit Yashica/Contax-Anschluß per Adapter als Autofokus-Objektive verwendet werden können und für die sogar ein AF-Zwischenring zur Verfügung steht.

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