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1998

Vergleich 

Nikon L35 TW/AF / Fuji DL-300

Zwei interessante Kompakte aus gutem Hause

Daß der bundesdeutsche Fotohandel im vergangenen Jahr von diesen Kleinbild-Sucherkameras (so heißen die "Kompakten" inzwischen, weil sie zum Teil nicht mehr kompakt sind!) 1,16 Millionen Stück - ein Drittel mehr als 1985 verkauft hat, ist ein Beweis für deren Beliebtheit. Die Zielgruppe dieser Kameragattung reicht dabei vom unbedarften Anfänger bis zum Profi. Nicht nur wer unbeschwert fotografieren will, kommt mit diesen kleinen und einfachen Automaten zurecht; auch der engagierte Fotograf hat sie dabei, wenn er einerseits mal seiner ganzen Ausrüstung überdrüssig ist, andererseits nicht das Gefühl haben will, nackt zu sein und womöglich Wichtiges nicht im Bild festhalten zu können.

NIKON L 35 TW/AF

In der Packung finden Sie die Bedienungsanleitung, ein Heftchen ca. 10x15 cm groß. Sie wollen darin blättern, aber damit ist es nichts: Sie müssen ein gefaltetes Werk entfalten, das schließlich zu einem zweiseitig bedruckten Bogen 42x59 cm groß wird. Wollen Sie unterwegs mal schnell was nachschlagen, ist das schon ab Windstärke 2 nicht mehr möglich. Haben die profiverwöhnten Nikonleute wirklich keine Ahnung von dem, was ein Hobbyfotograf braucht? So, das wär's und was nun übrig bleibt, ist eine recht ansprechende Kamera, bei der "Automatik" großgeschrieben wird: Autofokus, Belichtung, Blitz mit Kontrolle, Auslösesperre, Filmeinfädeln und rückspulen, alles automatisch. Hinzu kommt noch die motorische Verstellung auf Weitwinkel (3,5/38 mm ab 40 cm) oder Tele 15,6/65 mm ab 1,3 Meter. Da man auch mit dem Weitwinkel nicht einmal den Maßstab 1:10 erreicht, kann von "Makro" kaum gesprochen werden. Mit einem Schieber machen Sie die Kamera aufnahmebereit, ein zweiter Schieber veranlaßt den Wechsel der Objektive, was weder schnell noch geräuschlos funktioniert, Ihnen jedoch die Aufmerksamkeit aller Beobachter garantiert. Natürlich hat man bei den ursprünglichen "Kompakten" den Wunsch nach längerer Brennweite und damit größerer Abbildung des Motivs gehabt, aber die Erfüllung dieses Wunsches hat nun auch leider! - die taschengerechte Kompaktheit ad absurdum geführt.
Der Sucher ist hell und angenehm klar, vor allem aber hat er den Vorteil, daß er automatisch mit dem Objektivwechsel auch das ganze Bildfeld größer oder kleiner sichtbar macht. Ebenso sichtbar ist die Mittelmarkierung des AF-Meßfeldes. Weniger sichtbar besonders bei hellem Außenlicht, sind am unteren Bildrand die Entfernungssymbole und der Zeiger dazu. Allerdings braucht man das auch gar nicht so genau zu sehen, weil die Kamera piept, wenn Sie zu nahe an Ihrem Motiv sind. Das Filmeinlegen entspricht dem inzwischen allgemeinen Standard, DX-codierte Filme stellen die Kamera selber richtig ein, andere werden als 100 ISO belichtet, womit Sie in der Praxis kaum was anfangen können. Beeinflussen läßt sich da gar nichts, und genau das entspricht wohl den Wünschen der Leute, die eine solche Kamera haben, und die Bedienungsanleitung vergessen wollen.
Der Blitz schaltet sich, wenn das Licht für eine Aufnahme nicht ausreicht, selbständig ein, womit die Kamera zusätzlich mögliche Fehler ausschaltet.
Ein Display auf der Kameraoberseite darf natürlich nicht fehlen; es zeigt Ihnen die Anzahl der gemachten Aufnahmen, die Batteriekontrolle Filmtransport und -rückspulung, den Lauf des Selbstauslösers, die ISO-Zahl des eingespulten Films und den (sehr praktisch!) Bereich, den der Blitz noch erfassen kann.
Die Bildqualität ist einwandfrei, was sich bei diesem Namen von selber versteht. So bietet diese Kamera durchaus Gutes, wenn auch in dieser Klasse nichts Ungewöhnliches.

DIE NEUE FUJI DL-300

hat sich das griffige und handliche Flair der ursprünglichen " Kompakten " bewahrt, man kann sie noch in die - wenn auch nicht in jede - Tasche stecken. Ansonsten entpuppt sie sich, bei näherer Betrachtung, als Einzelgänger im Pulk der Kompakten. Allerdings hat sie nur ein Objektiv, 3,5/35 mm, das sich auch nur bis 0,8 m über aktiven Autofokus einstellt.
Und nun erleben Sie die erste Überraschung: Sie wollen per Schieber die Rückwand öffnen, aber sie bleibt viertelgeöffnet stehen. Stecken Sie trotzdem ruhig die Filmpatrone mit 5 bis 6 cm Filmvorspann in das Fach und schließen Sie die Kamera. Da erschrecken Sie: die Kamera schnurrt und schnurrt! Sie starren auf das Display und sehen, wie sie den ganzen Film abspult, von der 1. bis zur 36. Aufnahme, und dann erst bleibt sie stehen. Im ersten Augenblick sind Sie empört: hat doch die Kamera Ihren ganzen kostbaren Film einfach durchgezogen, und jetzt müssen Sie versuchen, ihn nochmal zurück... halt! Das kommt davon, wenn man zu klug ist, um eine Anleitung (die übrigens vorbildlich ist!) zu lesen. Diese DL-300 macht nämlich was höchst Vernünftiges: sie spult tatsächlich zuerst den ganzen Film in sich auf und transportiert ihn dann Bild für Bild, belichtet in die Patrone zurück! Das hat nicht nur den Vorteil, daß bei einem versehentlichen Öffnen nur der noch unbelichtete Film verdorben ist, sondern auch...? Ich weiß nicht, wie gut Sie im Kopfrechnen sind, aber ich habe bei konventionellen Bildzählwerken oft gewisse Schwierigkeiten: da steht 17, - wieviel habe ich noch bis 36? Wir haben uns an dieses ständige Schnellrechnen gewöhnt, aber die nette DL-300 beweist daß es auch anders geht zeigt das Display 24, habe ich noch 24 Aufnahmen in der Kamera. Ist das nicht ebenso logisch wie bequem?
Steht das Zählwerk auf "0" können Sie die Patrone herausnehmen!
Der Blitz ist eingebaut, schaltet sich automatisch zu, wenn er bei schwachem Licht gebraucht wird, aber er springt dabei nicht aus der Kamera. Zusätzlich haben Sie die Möglichkeit, den Blitz abzuschalten, wenn Sie längere Verschlußzeiten und natürliche Beleuchtung wünschen. Oder Sie drücken bei Gegenlicht auf eine Taste und bekommen einen gut dosierten Aufhellblitz.
Ein grünes Signal neben dem Sucherokular leuchtet, wenn der Autofokus stimmt, und blinkt, wenn Sie zu nahe am Motiv sind. Es gibt einen nach vorn blinkenden! Selbstauslöser und über eine kleine Taste können Sie auch einen nur teilweise belichteten Film in seine Patrone zurückspulen.
Schwach sind diese 0,8 Meter als kürzeste Aufnahmeentfernung. Da macht das 35-mmObjektiv aus einem Hund eine Katze und aus einer Katze eine Maus. Fuji hat sich da zwar auch etwas einfallen lassen: einen Tele- und einen Nahvorsatz, die einigermaßen brauchbar funktionieren, aber damit müssen Sie schon wieder zwei Stücke zusätzlich mitnehmen und irgendwo unterbringen, und dann können Sie ja gleich... Nun, man muß immer mit irgendeinem Kompromiß leben, worunter ich beispielsweise verstehe, daß ich in erster Linie die kleine, handliche Kompakte zum überall mitnehmen haben will, selbst wenn ich auf das verzichten muß, was ich ja bei meiner Spiegelreflex gerade nicht immer mitschleppen will!

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