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Artikel

1998

Beratung

Welche Minox 35 wählen

Minimalprinzip

Minox hat sein Kleinbildprogramm neu geordnet. Die Minox 35 AL mit Fixfokusobjektiv rundet die populäre Modellreihe nach unten ab, während die 35 MB die Lücke zwischen GT und ML schließt. Die Programmautomatik-Kameras PE und PL laufen aus. Wer kennt sich angesichts der ähnlich klingenden Typenbezeichnungen und der äußeren Verwechselbarkeit der Kameras da noch aus? COLOR FOTO führt durchs Minox-Programm und vermittelt Entscheidungshilfe.

Große Verdienste um die Kompaktheit bei Kameras erwirbt sich seit Jahrzehnten die Firma Minox. Minox-Kleinstbildkameras mit dem Bildformat 8 x 11 mm begründeten den Ruf der kleinen, feinen Kameras made in Germany, eine Tradition, die 1974 zur photokina neue Bedeutung gewann. Da nämlich feierte die Minox 35 EL Premiere, unmittelbarer Urahn der heutigen GT und - wie sollte man es von Minox anders erwarten - kleinste Kleinbildkamera der Welt. Jahrelang blieb die Minox 35 zuerst als EL, ab 1979 als GL und 1981 als GT allein, doch dann 1982 gründete sie plötzlich eine Familie. PE, PL und GT hießen ihre Mitglieder. Die fotografisches Basiswissen erfordernde GT fand Ergänzung in den Modellen PL und PE, deren gemeinsames Merkmal eine unkomplizierte Programmautomatik darstellt. Der Fotograf braucht sich keine Gedanken mehr über korrekt vorgewählte Blenden zu machen, bringt sich aber auch um das Gestaltungsmittel der Schärfentiefe. Die Minox PE bekam nach dem Vorbild vieler Autofokus-Kompaktkameras einen eingebauten Blitz der die Kamera allerdings etwas unförmig machte und die dezente Minox-Linienführung verriet, vielleicht ein Grund für das eher zurückhaltende Kaufinteresse. Zur Photokina '84 lancierte Minox zum quasi 10jährigen Jubiläum der 35 das Spitzenmodell ML. Im Design leicht modifiziert, erhielt sie ein für ihre Größe einzigartig anspruchsvolles Belichtungsmeßsystem: Messung über Silizium-Fotodiode, Meßwertspeicherung und eine Gegenlichtkorrekturtaste lassen Fehlbelichtungen kaum noch eine Chance. Eine Programmautomatik machte die Kamera zusätzlich schnappschußsicher. Leuchtdioden im Sucher signalisieren die von der Kamera gewählte Verschlußzeit bei Zeitautomatik.
Und als i-Tüpfelchen dieser bemerkenswerten Konstruktion sorgt eine langlebige Lithium-Batterie für einen ausgeglichenen Energiehaushalt. Allen Minox-Kleinbildkameras, bis auf das neue Modell AL, ist die sehr gute optische Ausstattung mit dem vierlinsigen Color Minotar 2,8/35 mm gemeinsam.
Die Weitwinkelcharakteristik mit 63 Grad Bildwinkel bringt mehr aufs Bild und kommt dank von Natur aus großem Schärfentiefenbereich, all denen entgegen, die sich mit dem Schätzen der Entfernung schwer tun.

DIE NEUORDNUNG

So sah es bis jetzt bei der Minox 35-Familie aus. PL und PE starben dann plötzlich einen für Minox-Verhältnisse frühen Tod, sie werden allenfalls noch als Auslaufmodelle gehandelt. An ihre Stelle tritt die 35 AL, die vollends den Typus der unkomplizierten, superkompakten und darüber hinaus mit ca. DM 200 noch preiswerten Kamera repräsentiert. Mehr noch als bisher35 PL und PE ist die AL eine echte Alternative zur AF-Kompaktkamera, der sie in erster Linie ihr schönes Design und Ihre Kleinheit voraus hat. Optisch kann sie trotz Fixfokusobjektiv ganz gut mithalten, was unsere Testaufnahmen bewiesen. Anders als die Programmautomaten PL und PE ist die AL, ebenso wie ihre aufwendiger gebauten Schwestern, ein Zeitautomat. Die Blendenvorwahl geht über drei Wettersymbole. Wenn die von der Kamera zum jeweiligen Wettersymbol (Blendenbereich 4-22) gebildete Verschlußzeit länger als 1/30 Sek. ausfällt, blinkt es rot im Sucher. Die übrige Ausstattung der 35 AL macht keinesfalls den Eindruck eines Sparmodells. Gegenlichttaste, Selbstauslöser und Batterietest sind genauso vorhanden wie beim Flaggschiff 35 ML. Will der 35 AL-Besitzer seine Kamera mit einem Blitzgerät bestücken, so hat er keine Wahl. Für ihn hält die Minox nur das FA 35 mit Leitzahl 14 bereit. Es hat eine Reichweite von maximal 8 Metern bei ISO 400/27xGRADx. All diese beschriebenen Eigenschaften engen die Zielgruppe für die 35 AL schon ein. Mit dieser Kamera spricht Minox insbesondere fotografierende Anfänger an.
Die GT spielt den klassischen Part im Minox 35 Quartett. Sie verzichtet zwar auf die Belichtungsfinessen der teureren Schwestern ML und MB, wartet dafür aber in den Augen des Autors mit dem dank abgeschrägter "Dachpartie" eleganteren Design auf. Als bloßer Zeitautomat schert sie sich wenig um eine Programmautomatik, die in den Augen vieler ambitionierter Fotografen ohnehin einen Beigeschmack von Dilettantismus besitzt. Bewußtes Gestalten mit der Schärfentiefe ist bei der 35 GT kein Problem. Eine Schärfentiefenskala mit "Schnappschußmarkierung" (Schraubenvertiefung) stärkt die Achillesferse aller Minox 35-Modelle, nämlich das Fehlen eines Entfernungsmessers. Als besondere Finesse der 35 GT fällt dem versierten Fotografen die Langzeittauglichkeit der Kamera auf. Der Verschlußzeitenbereich erstreckt sich immerhin von 1/500 Sek. bis zu vollen 30 Sek. (bei ISO 25). MB und ML schaffen nur max. 4 Sek. Damit ist die 35 GT für Dämmerungsaufnahmen vom Stativ wie geschaffen. Mit knapp unter 300 DM bietet die 35 GT viel Fotografierspaß fürs Geld. Zwar entspricht sie nicht dem allerletzten Stand der Minox-Technik, dafür besitzt sie aber das vierlinsige Color Minotar, das den Schärfevergleich mit Spiegelreflexobjektiven unter normalen Bedingungen mühelos besteht. Die von vielen als antiquiert empfundene Meßnadelanzeige im Sucher erweist sich besonders bei kleinem Sucherfenster angenehmer als die Leuchtdiodenanzeige der teureren Schwestermodelle MB und ML. Ein Tribut muß bei der älteren GT allerdings gezollt werden: Die herkömmliche PX 27 Batterie hält bei weitem nicht so lange wie die 6Volt-Lithium-Energiequelle der hauseigenen Konkurrenz.
Für DM 50 Aufpreis im Vergleich zur 35 GT erhält der Minox-Freund das Modell 35 MB. Sie besitzt die belichtungstechnische Raffinesse des Spitzenmodells MB, sprich Meßwertspeicherung und wartet mit einer modernen haltbaren Energiequelle auf, verzichtet allerdings bewußt auf die Programmautomatik.
Noch ein Wort zur Zeitautomatik. Die Schärfentiefe läßt sich bekanntlich mit diesem Automatikmodus beeinflussen. Dies ist ein besonders wichtiger Aufnahmefaktor, denn gerade bei der weitwinkeligen Aufnahmecharakteristik des Objektivs erscheint eine Einbeziehung des Vordergrunds aus bildgestalterischen Motiven besonders wichtig und dieser darf oder soll auch mal unscharf sein.
Der Käufer einer rund 400 Mark teuren Minox ML kann sich glücklich schätzen. Er nennt das gesamte derzeitige Minox-Kompaktkamera know how sein eigen und profitiert bei Schnappschüssen zusätzlich von der Programmautomatik. Immerhin muß er für diesen Komfort schon einen Preis entrichten, für den man woanders eine ausgewachsene Spiegelreflexkamera bekommt. Die Kamera kommt deshalb meistens als Erstkamera mit Allroundqualitäten in Frage.

MINOX-35-ZUBEHÖR

AL-Fotografen müssen zum FA 35 greifen, ML- und MB-Freunde können sich entweder für das MF 35 ST oder das MT 35 entscheiden, beides Computerblitzgeräte mit Serienthyristor für schnelle Blitzfolge. Das MT 35 ist jedoch beinahe so groß wie die Kamera, bietet Leitzahl 26 (!) und besitzt einen Schwenkreflektor.
Das Blitz- Gerät mit entsprechender Designanpassung für die 35 GT heißt TC 35. Das FC 35 ST für die 35 GT entspricht dem Modell MF 35 ST für ML und MB. Für gelegentliches Blitzen bei Parties und Festen reicht das kleinere Computerblitzgerät voll aus. Mit dem immerhin Leitzahl 26 bietenden "großen" Blitz kann der Fotograf hingegen schon kreativ blitzen. Alle Minox-Blitzgeräte bis auf das FA 35 können an den Modellen 35 PL und PE verwendet werden. Auch das übrige Zubehör für die 35 Reihe kann sich in Qualität, Verarbeitung und Konstruktion sehen lassen. Geradezu genial mutet das kleine rund 50 Mark teure Taschenstativ an. Zwei Stativbeine samt Drahtauslöser stecken in der "Mittelsäule" des Mini-Dreibeins aus sorgfältig gefrästem Leichtmetall. Bereitschaftstasche und ganz besonders die Gürtel-Handtasche aus echtem Leder repräsentieren beste Feintäschnerarbeit und schützen die kleine Kamera wirksam. Skylightfilter und Graufilter besitzen eine eingebaute Sonnenblende.

FAZIT: JEDE MINOX FÜR IHREN ZWECK

Alle sehen nahezu gleich aus, alle sind aus stabilem, glasfaserverstärktem Kunststoff gefertigt alle haben dasselbe geniale Konzept, alle sind die kleinsten Kleinbildkameras der Welt. Wo liegt also da der Unterschied zwischen den vier Minox-Modellen? Ganz einfach: im Charakter. Die Minox AL wendet sich an Fotografen die mit ihrem Hobby gerade erst beginnen oder die möglichst unbeschwert Schnappschüsse auf Farbnegativfilm machen wollen. MB und GT sind, je nach Anspruch, ideale Zweitkameras zur Spiegelreflexausrüstung. Das gilt zwar auch für die ML, doch sie kann schon soviel, daß sie lieber die erste Rolle in der Hand des Fotografen spielt. 

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