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Artikel
Erfahrungsbericht
Mamiya NC 1000
Abmagerungskur für eine Spiegelreflex
So sehr behagt mir diese Economy-Entwicklung nicht: Als Resultat davon gibt es dann zwar abgemagerte und etwas preisgünstigere Modelle, die allesamt als neu gepriesen werden. Doch abgesehen von der Abmagerungskur ist dann gar nicht so viel Neues dabei.
Verpaßte Chancen
Wenn ein Hersteller schon eine neue Kamera entwickelt, dann würden sich viele Chancen bieten, bestehende Mängel oder bedienungstechnische Fragwürdigkeiten zu beheben. Meistens wären dafür nur Pfennigbeträge notwendig und fast immer würde sich der Endpreis der betreffenden Kamera höchstens um einige Märker "erhöhen". Doch diese Chance nimmt die Industrie nicht wahr. Dafür gibt es dann Kameras, bei denen etwas piepst (sehr wichtig für die BiIdgestaltung ... ) oder bei denen Mängel des angereicherten Basismodells unverändert übernommen wurden. Ähnliches kann man auch bei der neuen Mamiya NC 1000 feststellen. Sie ist das Economy-Modell (ohne Memo-Halter; keine austauschbaren Einstellscheiben) der NC 1000 S.
Mamiya NC 1000: Eine sehr kompakte, kleine und leichte (650 g) SLR mit preisgünstigem Standardobjektiv Sekor CS 1:2/50 mm, also nicht mit teureren Lichtstärken wie 1:1,4 oder 1:1,7 bei der NC 1000 S. Die neue NC 1000 soll bei besonderer Preisgünstigkeit (ca. DM 570,-) den Einstieg ins Mamiya-SLR-System erleichtern. Ob das die neue Mamiya tut, ist für mich ebenso fraglich, wie bei anderen Economy-Modellen anderer Hersteller, weil: Als Konkurrenz am Markt gäbe es hier zum Beispiel eine extrem preiswerte Asahi Pentax MV, eine sehr preisgünstige Olympus OM-1 oder viele andere Kameras, auch wenn die vielleicht keine Belichtungsautomatik haben. Ob der Markt, also der Verbraucher, ins Economy-Geschäft einsteigt, wird sich erst zeigen müssen.
Zwei 1,5-Volt-Batterien versorgen den elektronischen Verschluß. Im Deckel des Batteriefaches ist die richtige Polung vermerkt; keine Probleme beim Bafterie-Einlegen.
Features und Bedienung
Aber auch wieder der sattsam bekannte Deckel mit Münzschlitz. Ein Deckel, den man leicht verlieren kann, wenn wir die Batterien wechseln müssen. Warum gibt es keinen Deckel mit Scharnier-Anlenkung und mit Klauen-Verschluß per ausklappbarem Bügel, der uns die Münzen-Fummelei erspart? Orange aufleuchtende Batteriekontrolle mit deutlicher Anzeige.
Filmeinlegen: Konventionelles Einlegen mit mehrfach geschlitzter Aufwickelspule. Transportkontrolle nur möglich, wenn Bewegung des Rückspulknopfes beobachtet wird.
Rückspulung: Wie gewohnt mit Entriegelungsknopf am Boden der Kamera und mit ausklappbarer Rückspulkurbel - aber: Eine Pfeilmarkierung am Rückspulknopf fehlt. Diese Pfeilmarkierung würde auch die richtige Filmtransportkontrolle erleichtern.
Filmtransport: Transporthebel mit kurzem Weg von 130', kann auch in Einzelschritten betätigt werden. Kein Winder-Anschluß.
Abblendtaste: Gut zu bedienen und in griffgünstiger Position.
Objektivwechsel: Ober Mamiya-Bajonett und gut plazierter Entsperrtaste. Am Objektiv aber kein Griffring für Objektivwechsel und an Gehäuse bzw. Objektiv keine Tastmarkierung zur Erleichterung des Objektivwechsels. Die Ansatzpunkte sind nur rot markiert. Ein Tastknopf gehört heute einfach dazu.
Sucher und Fokussierung: Im Sucher wird per Zeiger die automatisch ermittelte Blende bzw. der manuell gemessene Blendenwert angezeigt. Schlechte Ablesbarkeit bei Dunkelheit oder gegen dunklen Hintergrund (warum keine LED-Anzeige?). Brillenträger können den Sucher nicht übersehen. Fokussierung über schrägen Schnittbild-Indikator, Mikroprismen-Ring oder über Mattfeld. Alle drei Einstellhilfen arbeiten sehr gut. Das gilt besonders für die Mikroprismen.
Okularverschluß: Notwendig für Aufnahmen vom Stativ und bei automatischer Belichtungssteuerung. Bei der NC 1000 wird das Okular mit dem Schutzdeckel des X-Mittenkontaktes verschlossen. Dazu soll dieser Deckel umgekehrt in das Okular geklemmt werden. Funktioniert nur mangelhaft - der Deckel sitzt lose in der Okularfassung, fällt sofort von selbst heraus.
ASA-Einstellung: ASA/DIN-Werte können von ASA 25 bis 3200/15 bis 36 DIN eingestellt werden. Belichtung messen und Belichtung steuern mit den heutigen hochempfindlichen Filmen kein Problem. Daher besonders interessant für SW-Spezialisten, die Hochempfindliche noch forciert entwickeln wollen.
Zwei getrennte Fenster zeigen DIN und ASA an. Zur Einstellung der Empfindlichkeit benötigt man allerdings nicht nur zwei Hände, sondern auch Zeit und Geduld und Fingerfummelei. Zuerst ist eine sehr schlecht zugängliche Entriegelungstaste zu drücken, dann muß das ASA-Einstellrad verdreht werden. Diese Lösung ist alles andere als einfach und schon gar nicht praxisgerecht.
Nebenbei bemerkt: Korrektur-Faktoren (bei automatischer Belichtung) gibt es bei der NC 1000 leider nicht. Sei manueller Belichtung liegen das Verschlußzeitenrad (am Gehäuse, neben dem Bajonett) und Blendeneinstellung extrem dicht beisammen - aber das scheint der Preis für die Miniaturisierung zu sein.
Verschluß, Belichtung, Auslösung, Belichtungsmessung
Belichtungsmessung, Belichtungssteuerung und Verschlußablauf funktionieren elektronisch, sind batterieabhängig. Bei Ausfall der Batterien kann nur mit B belichtet werden; bei jeder anderen Einstellung des Verschlußzeitenrades wird mit etwa 1/1000 sec belichtet. Das ist immerhin etwas, bringt aber im Ernstfall nur wenig, weil die 1/1000 in vielen Fällen viel zu kurz belichten würde (vor allem bei niedrig- und mittelempfindlichen Filmen). Eine weitere mechanische Festzeit von 1/125 oder 1/60 sollte einfach zur Verfügung stehen.
Belichtungsmessung: Ober CdS-System bei integraler Messung mit gemäßigter Mittenbetonung im Sucher. Schneller reagierende Silizium-Meßzellen gehören meiner Ansicht nach heute einfach zu einer Belichtungsautomatik dazu, würden vor allem im Bereich langer Meßwerte mehr Meßbereich und schnellere Anzeige bringen, weisen außerdem auf keinen Fall einen Memory-Effekt auf. Die integrale Bewertung mit Mittenbetonung ergibt bei den meisten Praxisfällen richtig belichtete Aufnahmen, vor allem bei Belichtungsautomatik.
Das Meßwerk wird durch Ausklappen des Transporthebels aktiviert: In dessen Zentrum springt ein Knopf hoch, eine rote Warnmarkierung erscheint. Durch Antippen dieses Knopfes mit roter Markierung schallten wir das Meßwerk aus, der Transporthebel klappt von selbst in Nulllage. Bei gespanntem Verschluß ist dann auch der Auslöser arretiert.
Fazit
Die Belichtungsautomatik und die Motivbewertung des Meßsystems haben SW-Filme und Diafilme sehr gut belichtet; auch dann, wenn sehr starke Motivkontraste vorhanden waren. Dieses automatische TTL-System arbeitet vollkommen unproblematisch und mit großer Sicherheit. Gezielte Bewertungen lassen sich mit Speicherschaltung realisieren. Wer individuell messen und einstellen will, schaltet auf Manuellbetrieb um, muß sich dann mit der besonderen Umständlichkeit dieses manuellen Kreuzkupplungsprinzips abfinden. Daß bei Belichtungsautomatik keine Korrekturfaktoren eingegeben werden können, halte ich für einen echten Praxisnachteil. Die Economy-Philosophie wurde hier zu weit getrieben.
Daß Miniaturisierung nicht unbedingt mit einfacher Bedienbarkeit gleichzusetzen ist, zeigt sich zum Beispiel bei der komplizierten ASA-Einstellung und bei den sehr dicht plazierten Ringen für Blende, ASA-Einstellung und Verschlußzeit. Bei automatischem Betrieb spielt das keine Rolle, bei manueller Steuerung greift man ständig zwischen Blendenring und Verschlußzeitenring herum. Sicher, daran wird man sich in der Praxis vielleicht gewöhnen können. Daß die neue NC 1000 sehr klein und leicht ist, kann heute nicht mehr als spezieller Vorteil vor der Konkurrenz gewertet werden.
Mit einer kürzesten Verschlußzeit von 1/1000 sec ist man auch für schnell bewegte Objekte gerüstet. Im Hintergrund steht natürlich noch das große und umfassende SLR-System von Mamiya, in das die NC 1000 voll integriert wurde. Wir haben es eben mit einem einfachen Baustein eines großen Systems zu tun.
Die konstruktive Konsequenz und die bemerkenswerte Bedienbarkeit der Mamiya-Mittelformat-Systeme ist im Fall der Kleinbild-Kamera NC 1000 nicht festzustellen. Hier scheinen also zwei völlig getrennt arbeitende Teams am Werk zu sein. Daß die neuen Economy-Modeile sich generell nicht durch neue Ideen auszeichnen, trifft allerdings nicht nur auf Mamiya zu, sondern auch auf die Produkte der Konkurrenz. Insgesamt. also eine Entwicklung so mancher verpaßter Chancen.
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