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1998

Color Foto-Börse

Die Klassiker im Mittelformat

Als echter Evergreen unter den Kamera-Oldies kann die Zweiäugige von Rollei gelten. Sie erfreut sich auf dem Gebrauchtkamera-Markt ungebrochener Beliebtheit. Die vielen Kleinanzeigen in der COLOR FOTO-Börse unter der Rubrik "Rollei" sind der beste Beweis dafür, stabile Preise des Sammlers Leid und des Verkäufers Freud.

Rollei will die alte Tradition der Zweiäugigen wieder aufleben lassen. Schon zur photokina '86 präsentierten die Braunschweiger ein weiterentwickeltes Modell der Kamera, die vor fast sechzig Jahren Ruf und Nimbus der Marke begründete. Doch die neue 2,8 GX, die in diesen Wochen auf den Markt kommt, wird wohl kaum trotz fortschrittlicher Innenmessung Begeisterung und Preise für die alten Modelle dämpfen.
Die Rolleiflex gehörte in ihrer Blütezeit zu den erfolgreichsten Kameras der Welt. Rund zwei Millionen Stück verließen die Franke & Heidecke Werkhallen, alle Varianten berücksichtigt. Entsprechend zahlreich ist ihr Angebot heute noch. Kaum eine Gelegenheiten-Ecke eines gröberen Fotohändlers ohne sie, kaum eine Fotobörse auf der nicht alle Modelle vertreten wären.
Schon vor dem zweiten Weltkrieg bekam die Rolleiflex ein spartanisches Schwestermodell, die Rolleicord, zur Seite gestellt, wegen ihres auffälligen Gehäusedesigns war sie damaligen Fotofans als "Tapeten-Rollei" ein Begriff. Die Vorkriegsmodelle, erkennbar an der Gravur DRP Deutsches Reichspatent sind ohnehin nur für Sammler interessant.
Als aktiver Liebhaber einer Rolleiflex sollte man lieber zu den ausgereiften und mit zahlreichen Detailverbesserungen versehenen Modellen der Fünfziger und Sechziger Jahre greifen. Aus der Zweiäugigen entstand etwa ab 1960 eine ganze Modellpalette. Rolleiflex T, Rolleicord Vb und die Spitzenmodelle 3,5 F und 2,8 F sind die wichtigsten, sie blieben offiziell bis 1976 im Programm. Die 2,8 F gab's solo noch länger.
Auf die zahlreichen Varianten wie Weitwinkel- und Telerollei oder Rolleimagic soll hier nicht weiter eingegangen werden, die "Viererbande" stellt ohnehin das Gros des Angebotes dar.
Als Flaggschiffe führen die Modelle 3,5 F und 2,8 F die Rollei-Mittelformat-Flotte an. Beide Modelle sind häufig mit einem gekuppelten Gossen-Belichtungsmesser hoher Empfindlichkeit ausgestattet, in den sich feste Filterwerte einsteuern lassen. Das Filmtastwerk erleichtert das Filmeinlegen und der Verschluß, ein Synchro Compur MXV ist vom Feinsten.
Die optische Ausstattung variiert. Bei der 2,8 F kommt entweder ein Planar oder ein Xenotar 2,8/80 mm zum Einsatz, bei der 3,5 F ist fast immer ein Zeiss Planar 3,5/75 mm anzutreffen. Zeiss-Objektive werden im Schnitt mit 100 Mark Aufpreis honoriert, eher Tribut an das Markenprestige, als an die optische Leistungsfähigkeit. Das Xenotar von Schneider vermag genauso zu überzeugen.
Bei dem populärsten Modell, der Rolleiflex T muß man Abstriche in Sachen Bedienungskomfort hinnehmen, nicht aber bei der Abbildungsqualität. Statt der getrennten Einstellung von Zeit und Blende über gekuppelte Rändelrädchen wie bei den F-Typen, muß der Fotograf den am Belichtungsmesser abgelesenen Lichtwert erst auf die Kamera übertragen. Das geschieht über einen Hebelmechanismus. Apropos Belichtungsmesser, dieser ist bei der Rolleiflex T falls vorhanden, mit zwei Meßbereichen versehen und rechtfertigt Preisaufschläge von bis zu 200 Mark.
Die Rolleicord, das Einsteigermodell, besitzt keine Schnellschaltkurbel. Filmtransport und Verschlußaufzug muß der Fotograf bei diesem Modell getrennt aktivieren ein Einbaubelichtungsmesser wurde nicht angeboten.
Dennoch ist die Rolleicord vom Prinzip her eine echte Rollei. Sie ist klein und handlich, dank der funktionalen Trennung von Aufnahme- und Sucherkamera sieht man das Motiv während der Aufnahme. Der Zentralverschluß läuft leise ab, ohne lästigen Spiegelschlag. All dies sind neben der soliden Verarbeitung Vorzüge, die offenbar immer mehr Gebrauchtkäufer zu schätzen wissen. Ein Verkäufer des angesehenen Kölner Fachgeschäfts Foto Brell meint zur Marktlage gebrauchter Zweiäugiger: "Eine Rolleiflex oder Rolleicord steht bei uns nicht lange im Schaufenster, auch jüngere Leute greifen gerne zu."

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