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Alexander Borell Kommentar

Ricoh SLR-Kamera XR-2s

Solides - ohne technische Spielereien

Es geschehen immer noch Wunder, sogar bei der Fotoindustrie. Während die meisten Hersteller peinlich darauf bedacht sind, kein noch so kleines Teil so zu konstruieren, daß es irgendein anderes Fabrikat paßt, womit man nicht nur Fotoamateure vergrätzt, sondern auch die Händler zwingt - von deren guten Willen man schließlich lebt - jedes Objektiv mehrfach am Lager zuhaben, hat sich Ricoh zu einer Tat der Vernunft entschlossen. Die neue Serie der Ricoh-Kameras ist mit dem bereits bekannten -"K"-Bajonett ausgerüstet! Das bedeutet, daß man mit diesen Kameras nicht nur Ricoh-Objektive verwenden kann und muß, sondern daß auch alle Objektive mit dem "K"-Anschluß, also vornehmlich die Asahi-Pentax-Objektive, an diesen neuen Ricoh-Kameras verwendet werden können. Bei voller Automatikfunktion, versteht sich.
Und noch ein zweites Wunder ist geschehen: Während bisher japanische Fotofirmen ihre neuesten Produkte erst den Amerikanern zukommen ließen, bis sie endlich - meist noch unter anderen Bezeichnungen - auch bei uns zu haben waren, macht Ricoh es diesmal umgekehrt: die neuen Kameras werden zuerst hier in der Bundesrepublik eingeführt! Das ist der Firma Ricoh, die rund 8.000 Menschen beschäftigt, soviel wert gewesen, daß der oberste aller Macher persönlich nach Frankfurt geflogen kam, um seine neuen Produkte den Fachjournalisten vorzustellen. Das ist etwa so, wie wenn Herr Zahn nach Tokio flöge, um den Japanern Mercedes-Autos schmackhaft zu machen. Ich fühlte mich entsprechend geehrt und aß nicht nur den köstlichen, extra eingeflogenen rohen Thunfisch, sondern schluckte auch die neuen Kameras, welch Letzteres mir nicht einmal schwerfiel.
Das Spitzenmodell, die Ricoh XR-2s, hat alles, was man als Fotograf braucht, um damit nicht nur technisch einwandfreie, sondern auch relativ gute Bilder zu machen. Die Kamera für sich allein ist handlich und vor allem sehr übersichtlich. Sie läßt, als reiner Zeitautomat, keine technische Spielerei zu, dafür gibt sie dem weniger Geübten auch keine Rätsel auf, und man kommt mit ihr jederzeit auch ohne Bedienungsanleitung klar.
Das fängt bei der arretierten Filmempfindlichkeits-Einstellung in ASA an, die mittels "Override" (Korrektur nach Plus und Minus!) individuell abgestimmt werden kann, erstreckt sich über das verschließbare Sucherokular bis hin zu dem Verschlußzeiten- und Automatik-Einstellrad, das in "A"-Stellung einrastet. Der Auslöser - mechanisch (!) - arbeitet weich. Beim Druckpunkt wird die Belichtungszeit nach vorgewählter Blende gemessen und eingesteuert, und ein kleiner Knopf, verriegelbar, erlaubt problemlose Mehrfachbelichtungen.
Der Sucher hat Schnittbildentfernungsmesser, die Mikroprismen im Ring darumherum sind sehr fein. Die Skala für die Verschlußzeiten (manuell von 4 bis 1/1000 sec, mit Automatik von ca. 8 Sekunden an!) liegt rechts am Sucherbildrand, und der Zeiger ragt darüber hinaus, so daß er in den meisten Fällen gut sichtbar ist. Ein transparent-grüner Nachführzeiger zur manuellen Einstellung (Automatik abgeschaltet) erinnert an die Nikkormat EL. Ober dem Sucherbild sind die eingestellten Blenden ablesbar. Die Belichtungsmessung reicht von Lichtwert 0 bis 17 bei 100 ASA. Für diese Kamera ein recht großer Umfang. Der angelegte Schnellschalthebei blockiert alle Funktionen, erst in ausgeschwenkter Stellung gibt er die Funktionen frei. Der Batteriezustand kann mittels Taste überprüft werden. Vervollständigt wird sie mit dem automatischen Computerblitzgerät Ricoh XR Speedlite 240, dem zu jeder Filmempfindlichkeit eine Blende zugeordnet ist. Die Blitzbereitschaft wird, tatsächlich einmal wirklich deutlich, von einer roten Leuchtdiode angezeigt, die sich nicht im Sucher unter anderem Gefunkel verbirgt, sondern die am Sucherokular außen sitzt.
Natürlich gibt es auch einen Winder zu dieser Kamera, mit Handgriff gekuppelt, der wahlweise auf Einzelbild und Serie umgestellt werden kann. Die XR-2s dürfte mit 1,7-Objektiv für etwa DM 600,- zu haben sein, und damit jedem Fotografen, der sich ernstlich um die SLR-Fotografie bemühen will, das Argument der Unerschwinglichkeit nehmen. Hier stößt Ricoh, angefangen mit dem Modell KR-5 zu ca. DM 350,- bis hin zur XR-2s in ein Preisgebiet vor, das anderen Bewerbern das Grausen lehren könnte. Trotzdem hat man bei dieser Kamera keinen Augenblick lang das Gefühl, etwas "Billiges" der Hand zu haben.

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