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2000

Kameras Erster Test

Mamiya 7 II

Hubraum statt Spoiler

+ Großer, heller Sucher mit 60 mm Messbasis
+ Sehr gute Ergonomie bei akzeptablem Gewicht
+ Extrem leises, verzögerungsfreies Auslösen
+ Hervorragende Objektive
+ Panoramaset für Kleinbildfilm
+ Exzellenter Systemausbau für eine Sucherkamera
+ Sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis

-	Die kleinen Schwächen im Detail sind systembedingt und haften allen Messsucherkameras an.

Während bei so manchen Mittelformat-Herstellern die Innovationen wegen finanzieller Atemnot ausbleiben, bringt Mamiya mit schöner Regelmäßigkeit zu Ende gedachte Produkte auf den Markt. Das jüngste Beispiel ist die schlanke Messsucherkamera Mamiya 7 II für das „großhubige" 6 x 7-Mittelformat.

Wer den Quantensprung vom Kleinbild zum 6 x 7-Idealformat für höchste Abbildungsqualität wagt, muss leiden: Weil das 6 x 7-Format rund 4,5mal größer als das Kleinbildformat ist, fallen die Fotoausrüstungen groß und schwer aus, so dass man sich damit im Wortsinn abschleppen muss. Und dann kann es beim Auslösen passieren, dass durch den kräftigen Spiegelschlag Passanten erschrecken. Das muss aber nicht sein, denn zum Fotoglück gibt es die neue Messsucherkamera Mamiya 7 II. Bei Fotografen, die das kultivierte Auslösen und das „Leica-Feeling" im großen Mittelformat schätzen, führt bereits die erste Begegnung mit dieser faszinierenden Messsucherkamera dazu, dass sie überprüfen, ob ihr Kontostand diese Anschaffung erlaubt.

Ideale Kamera. Die Mamiya 7 II ist die ideale Kamera für die praktizierenden Qualitätsfanatiker unter den Reise- und Landschaftsfotografen. Denn sie eignet sich hervorragend für freihändiges Fotografieren, ist noch leicht zu transportieren und vielseitig in der Anwendung.
Auf den ersten Blick war die Aufgabe der japanischen Entwicklungsingenieure von betörender Schlichtheit: Eine bereits exzellente Kamera zu verbessern - in Wirklichkeit freilich eine der schwierigsten Aufgaben überhaupt. Und diese haben die Mamiya-Konstrukteure bravourös gemeistert. Beim Test des Vorgängermodells Mamiya 7 haben wir die umständliche manuelle Belichtungskorrektur bemängelt. Bei der neuen Kamera wurde der Hebel für die Einstellung der manuellen Belichtungskorrektur erheblich verbessert. Die als Druckknopf im Hebel angebrachte Arretierung wird beim Betätigen des Hebels automatisch gelöst und rastet nach dem Loslassen wieder ein. Der Korrekturhebel lässt sich mit genau dem richtigen Widerstand drehen und problemlos mit dem rechten Zeigefinger bedienen. Die Korrektur kann im Bereich von +/- 2 EV in Drittelstufen erfolgen, wobei die einzelnen Stufen genau gerastet sind.

Weitere Verbesserungen. Die weiteren Verbesserungen betreffen ebenfalls wichtige Details: Die Bedienung des Hilfsverschlusses für den Objektivwechsel wurde vereinfacht. Eine Sicherheitsvorrichtung verhindert das Abnehmen des Objektivs bei geöffnetem Hilfsverschluss, womit die versehentliche Belichtung des eingelegten Films durch das offene Filmfenster ausgeschlossen wird. Die Einspiegelung der Leuchtrahmen im Sucher erfolgt in einem gelborangen Farbton, der heller leuchtet und dadurch besser sichtbar ist. Eine zusätzliche, dritte Öse ermöglicht es, den Tragegurt so zu befestigen, dass die Kamera wahlweise in Hoch- oder Querformathaltung getragen werden kann. Eine griffsympathische und rutschfeste Gummiarmierung überzieht den Kameragriff und die schmale Gehäuseseite, was die Handhabung sicherer macht. Die Buchse für den Drahtauslöser befindet sich nicht mehr oben am Handgriff (wie beim Vorgängermodell), sondern unten auf der schmalen linken Kameraseite (alle Angaben beziehen sich auf die Querformathaltung in Aufnahmerichtung). Neu ist auch die Funktion für Mehrfachbelichtungen. Mit einer unterhalb des Schnellschalthebels angebrachten Taste kann der Filmtransport für beliebig viele Mehrfachbelichtungen entkoppelt werden. Zu den auffälligsten Neuerungen zählen freilich die zwei Farbvarianten (Champagner-Gold und Schwarz), in denen die neue Mamiya 711 erhältlich ist. Und weil Reise-, Landschafts- und Reportagefotografen ohnehin mindestens zwei Gehäuse benötigen, kann man sich die Entscheidung einfach machen, indem man beide Farbvarianten kauft.

Objektive. Die Objektive sind mit einem elektronischen Zentralverschluss ausgestattet, so dass sämtliche Verschlusszeiten (4 s - 1/500 s) blitzsynchronisiert sind. Das gilt sowohl für den Einsatz von Aufsteckblitzen als auch von Studioblitzanlagen.
Wie bei einer Messsucherkamera mit Zentralverschluss nicht anders zu erwarten, erfolgt das Auslösen sehr sanft und leise. Die Blende ist stets auf Arbeitsöffnung geschlossen, so dass sich nicht einmal der Prellschlag der Blendenlamellen bemerkbar macht. Für den Filmtransport ist nur eine 185xGRADx-Bewegung des Schnellschalthebels erforderlich. Durch Drehen der Andruckplatte können sowohl 120er als auch 220er Rollfilme verwendet werden. Ja, es ist sogar ein Adapterset für Panoramaaufnahmen auf Kleinbildfilm erhältlich, mit dem man echte Panoramabilder im Aufnahmeformat 24 x 65 mm machen kann. Eine Besonderheit für eine Sucherkamera ist das Sofortbildmagazin NPC ProBack für 6 x 7-Aufnahmen auf Sofortbildfilm. Eine ausgeklügelte rechteckige Linse aus speziellen Glasfasern „transportiert" das Bild aus der Filmebene der Mamiya 711 in die Filmebene des Polamagazins. Das Zubehör für die Mamiya 7 ist kompatibel, so dass auch der Nahvorsatz NK701 mit Abstandhalter und Nahlinse für das 80er Objektiv oder die Augenkorrektionslinsen, beziehungsweise das externe Batteriefach PE702, an der Mamiya 711 ohne Einschränkung verwendet werden können.
Zusätzlich zu den bewährten Objektiven Mamiya N 4,5/43 mm L, N 4/ 65 mm L, N4/80mm L und N4,5/150 mm ist ein neues Weitwinkelobjektiv erhältlich, das Mamiya N 4,5/50 mm L. Es hat einen Bildwinkel von 84xGRADx und entspricht der Kleinbildbrennweite 24 mm. Das Objektiv wiegt rund 450 Gramm und wird samt Aufstecksucher mit Wasserwaage und Sonnenblende für 3900 Mark geliefert.
Die Kamera liegt sehr gut in der Hand, die Bedienelemente sind dort Platziert, wo man sie als erstes sucht. Eine Reihe von eingebauten Sicherheitsvorkehrungen verhindern wirkungsvoll bestimmte Bedienungsfehler, wie Objektivwechsel bei offenem Hilfsverschluss, Auslösen bei geschlossenem Hilfsverschluss und so weiter.

Fazit. Die neue Mamiya 711 verbindet den Bedienungskomfort, den man von Kleinbildkameras her gewohnt ist, mit den überragenden Qualitätseigenschaften des 6x7-Mittelformats. Sie ist ideal für Outdoor-Fotografie auf höchstem Qualitätsniveau. Die Mamiya 711 hat durch eine reife Leistung voll überzeugen können und erhält die höchste COLOR FOTO- Auszeichnung, das Prüfsiegel hervorragend *****.

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