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Normtest
Rolleiflex SL 2000 F motor
Würfelspiel
Die Neugier ist riesengroß, bei Hobbyfotografen wie bei Profis. Sprengt doch die Rollei SL 2000 F alle herkömmlichen Vorstellungen darüber, wie eine Kleinbild-Spiegelreflexkamera auszusehen hat? Hochgesteckte Erwartungen bleiben da nicht aus. NORMTEST hat die SL 2000 F im Labor geprüft. Hier mußte sie wie jede andere Kamera zeigen, was sie kann.
Rollei geht mit der SL 2000 F motor formal und konstruktiv neue Wege. Dabei ist die neue Form das Ergebnis der technischen Konstruktionsmerkmale. Für die einzigartige Kombination von integriertem Motor, Wechselmagazin, Lichtschacht- und Fernrohrsucher bietet das würfelförmige Gehäusedesign die besten Voraussetzungen. Wer das Fotografieren mit "normalen" Spiegelreflexkameras gewohnt ist, muß sich beim Arbeiten mit der SL 2000 F erst einmal umstellen. Fotografieren kann man mit beiden Arten. Welche Lösung von der Handhabung her vorzuziehen ist, ist nicht Gegenstand einer NORMTEST-Bewertung. Hier muß jeder Fotograf nach seinem Geschmack entscheiden. Wir haben die SL 2000 F so genommen, wie sie ist, und sie so geprüft, wie alle anderen auch.
Funktionen
Während bei dem auf der photokina'78 erstmals gezeigten Prototyp der neuen Rollei noch (oder schon) von einer Mehrfachautomatik die Rede war, handelt es sich bei der SL 2000 F in der Form, wie sie jetzt in Serie gegangen ist, um eine Zeitautomatik mit Blendenvorwahl und der zusätzlichen Alternative einer Nachführmessung. Automatisches Blitzen mit TTL-Messung ist ebenfalls möglich mit dem Rollei Blitzgerät Beta 5 F. Bei normalem Automatikbetrieb kann die Belichtung über einen Belichtungskorrekturschalter oder den Memo-Schalter zur Meßwertspeicherung beeinflußt werden. Da neben der Belichtungssteuerung auch das Spannen des Verschlusses und der Filmtransport elektrisch durch den integrierten Motor betrieben werden, gibt es keine Kameraeinstellung, die ohne Batterien funktioniert.
Die SL 2000 F besitzt einen zentralen Ein-/Ausschalter mit drei Positionen: "I" für Einzelbildbelichtung, "C" für Serienbelichtung mit maximal 3 Bildern pro Sekunde, und "B" für Langzeitbelichtung.
Belichtungsmessung
Die Messung auf der Mattscheibe wird durch eine ausgeprägte Mittenbetonung charakterisiert. Zwei Silizium-Fotodioden messen im Bereich des in der Mitte des Sucherbildes erkennbaren dunkleren Rechtecks. Der Meßbereich von Lichtwert 1-18 entspricht dem bei Silizium-Elementen Üblichen. Das Einschalten der Messung erfolgt durch Druck auf einen der beiden elektrischen 2-Stufen-Auslöser. Die 1. Stufe des Einschaltens ist deutlich von der 2. Stufe, bei der ausgelöst wird, getrennt. Daher kann es kaum zu versehentlichen Auslösungen kommen. Eine Streulichtempfindlichkeit war beim Fotografieren mit dem Fernrohrsucher nicht festzustellen, wohl aber mit dem Lichtschacht, wenn die Motivhelligkeit gering ist. Dem kann jedoch durch Einschwenken der Sucherlupe weitgehend abgeholfen werden.
Zeitautomatik
Die automatische Zeitensteuerung arbeitet im Bereich von 1/1000 s bis 16 s. Dies geschieht aber nicht stufenlos, sondern in Sprüngen von 112 Lichtwertstufen. Die Zwischenzeit liegt dabei nicht genau bei 1/2 Stufe, sondern + 0,4 EV langsamer als die schnellere und - 0,6 EV schneller als die längere Zeit, also z. B. 1/125 + 0,4 EV und 1/,O - 0,6 EV. Das bedeutet auch, daß sich die Belichtungszeit bei Änderung der Filmempfindlichkeitseinstellung um 1 DIN nicht immer gleich mit ändert. Je nach Lichtverhältnissen variiert bei Veränderung der Empfindlichkeit um 1/3 DIN-Stufe die Belichtungszeit um 1/2 EV oder gar nicht. Die Belichtungsautomatik selbst arbeitet mit kaum zu übertreffender Genauigkeit, die Kurve im Diagramm entspricht fast der "ldeallinie". Ein zuerst geprüftes Testmuster aus der Vorserie wies den gleichen geradlinigen Verlauf auf, war aber insgesamt 1/2 EV-Stufe zu knapp justiert. Die Testkamera belichtete mit der Automatik auch noch 1/2000 S ohne nennenswerten Fehler, darüber hinaus sind sogar Zeiten bis 1/3ooo s (bzw. 1/4000 s bei Vorserienkamera) möglich, allerdings bei nachlassender Genauigkeit.
Bei Automatikbetrieb kann die Belichtung auf zwei Arten beeinflußt werden. Ein Belichtungskorrekturschalter auf der Oberseite der Kamera erlaubt die Überbelichtung von + 1/2, + 1 und + 2 EV und die Unterbelichtung UM - 1/2 und - 1 EV. Als zweite Möglichkeit steht der Memo-Schalter, zwischen Okular und Ein-/ Ausschalter, zur Verfügung. Damit kann der gerade gemessene, im Sucher angezeigte Wert gespeichert werden. Der Schalter bleibt auf "Memo" stehen und muß wieder zurückgestellt werden.
Nachführmessung/Verschlußzeiten
Entriegelt man den Verschlußzeitenring und dreht ihn auf eine der manuell einstellbaren Zeiten zwischen 1/1000 s und 16 s, so fällt auf, daß er nicht wie gewohnt einrastet. So können die gleichen Zwischenzelten eingestellt werden, die auch von der Automatik gesteuert werden. Die Kurve im Diagramm für die manuellen Verschlußzeiten weist einen ähnlich idealen Verlauf wie die Automatikkurve auf. Damit kann sowohl der Elektronik wie der Mechanik der des aus 14 Lamellen bestehenden Schlitzverschlusses ein hervorragendes Zeugnis ausgestellt werden. Die X-Synchronisationszeit ist Mit 1/94 s etwas länger als die angegebene 1/125 S, wie es bei den meisten Kameras der Fall ist.
Sucher/Anzeigen
Neue Wege geht Rollei auch mit dem Suchersystem der SL 2000 F. Der Fernrohrsucher an der Rückseite der Kamera erlaubt den horizontalen Einblick und liefert durch ein eingebautes Prisma ein aufrechtes und seitenrichtiges Bild. Das Okular besitzt eine, mit Absicht schwergängige, Dioptrieneinstellung. Diese ist stufenlos im Bereich von - 4 bis + 2 Dioptrien justierbar. Der Blick durch den Fernrohrsucher ist nur bei zugeklapptem Lichtschacht möglich. Der Blick in den Lichtschachtsucher liefert dagegen zwar ein aufrechtes, aber seitenvertauschtes Bild. Der freie Einblick mit beiden Augen in den Lichtschacht erlaubt in erster Linie eine sorgfältige Komposition des Bildaufbaus, zur Scharfstellung ist er weniger geeignet. Hierzu wird zweckmäßigerweise die Sucherlupe eingeschwenkt, die dann die einäugige Betrachtung des vergrößerten Sucherbildes im Lichtschacht erlaubt. In der Mitte des Sucherbildes befindet sich ein etwas dunkleres Rechteck. Dabei handelt es sich um die Fläche, aus der das Licht zur Belichtungsmessung ausgespiegelt wird. Dieses Rechteck markiert gleichzeitig auch die Mittenbetonung der Messung. In der Mitte des Rechtecks wiederum finden sich zwei Mikroprismen-Kreissegmente, getrennt durch eine sogenannte Zylinderlinse. Plastisch ausgedrückt es handelt sich um einen Diagonal Schnittbildindikator, aber mit zwei Schnittkanten.
Rechts und links neben dem Sucherbildfeld werden die Blende (1,4 bis 22) und die Verschlußzeit (1/1000 bis 16,+) über digitale Leuchtdioden angezeigt. Beim Blick durch den Fernrohrsucher links die Zeiten und rechts die Blenden, beim Lichtschachtsucher sind sowohl die Seiten vertauscht als auch die Zahlen selbst umgekehrt. Dabei sind sie nur bei der Betrachtung durch die Sucherlupe lesbar, nicht aber bei beidäugigem Einblick. Oben links (bei seitenrichtiger Betrachtung) im Sucher sitzt noch eine rote LED zur Batteriekontrolle. Wenn "B.C" nach der Belichtung bei Akku-Betrieb kurz aufleuchtet, reicht die Energie noch für mindestens 300 Aufnahmen. Vor der Aufnahme kann durch Einschalten der Kamera und von "Memo" die Batterie geprüft werden. Diese LED leuchtet auch bei Filmende auf.
Der Schachtsucheraufsatz selbst ist abnehmbar. Weitere Suchersysteme sind in Vorbereitung. Auch die Einstellscheiben können durch das Objektivbajonett gewechselt werden. Vier verschiedene stehen zur Wahl. Wechselmagazine. Derzeit konkurrenzlos im 24 x 36-Format ist die Rollei SL 2000 F mit ihren Wechselmagazinen. Diese ermöglichen es, bei nur einem Kameragehäuse, beliebig, z. B. auch mitten im Film, zwischen Filmen verschiedener Arten und Empfindlichkeiten zu wechseln. Dabei ist die Wechselkassette ein Kamera-Bauteil für sich. Die Empfindlichkeit wird logischerweise nicht mehr an der Kamera, sondern an der Kassette eingestellt. So ist die richtige Belichtung bei Kassettenwechsel ohne zusätzliche Verstellungen gewährleistet. Auch die Anzahl der Aufnahmen wird an der Kassette mit 20, 24 oder 36 gewählt und angezeigt. So stoppt der Filmtransport automatisch nach der letzten Aufnahme. Bei der Filmentnahme springt das Bildzählwerk automatisch auf "Null` zurück. Allerdings sind beide Einstellungen nicht arretiert, sondern rasten nur ein. Daher besteht die Gefahr unbeabsichtigter Verstellung.
An der rechten Seite des Wechselmagazins befindet sich ein Drehschalter mit 4 Positionen. Die "Nullposition" wird durch eine Filmschlaufe symbolisiert. In dieser Stellung kann der Kassetteneinsatz mit Patronenhalterung und Filmführung entnommen werden, unabhängig davon, ob das Magazin an der Kamera sitzt oder nicht. Eine zweite Position, markiert durch die gleiche Filmschlaufe in einem Rechteck, erlaubt das Abnehmen der Kassette von der Kamera. Das ist aber nur möglich, wenn zuvor der Lichtschutzschieber auch richtig eingeschoben wurde. So wird eine versehentliche Belichtung des Films vermieden. Der Kassettenwechsel geht schnell und unkompliziert vonstatten. Die beiden anderen Einstellungen "ME" für Mehrfachbelichtungen und "SE" für Einzelbelichtungen, können nur gewählt werden, wenn der Schieber herausgezogen ist. Zur Aufbewahrung des Schiebers dient ein separates Fach hinten am Wechselmagazin.
Direkt verbunden mit der Wechselkassette ist das Batteriefach, das in Form eines Deckels hinten angeklinkt ist. So muß beim Kassettenwechsel jeweils das Batteriefach ebenfalls von der einen Kassette zur anderen gewechselt werden. Die Alternative: zum zweiten Magazin ein zweites Batteriefach erwerben. Damit steht dann gleichzeitig ein Satz Reservebatterien zur Verfügung.
In das Batteriefach passen 5 Mignonzellen a 1,5 Volt oder die entsprechenden Akkus nach IEC-Norm. Im Handel sind jedoch vielfach Akkus mit einem breiteren "+"-Kontakt anzutreffen. Durch die schmalen Aussparungen für die Normkontakte, als Verpolschutz gedacht, erhalten diese anderen Akkus keinen Kontakt im Rollei-Batteriefach.
Bei vollen Batterien oder Akkus und Unterlast (Betrieb ohne Film) schlägt die Kamera manchmal nach, d. h., nach Verschlußaufzug und Filmtransport wird der Verschluß gleich wieder ausgelöst.
Blitzen
Neben dem Blitzbetrieb mit allen handelsüblichen Elektronenblitzgeräten über die"X"-Einstellung am Verschlußzeitenring bietet die SL 2000 F auch die Möglichkeit des Betriebs mit integriertem System. Mit dem Spezial-Blitzgerät Rollei Beta 5F verbleibt das Zeitenrad in Position "A". Die Synchronisationszeit wird bei erreichter Blitzbereitschaft automatisch eingestellt, die Blitzbereitschaft im Sucher angezeigt. Die am Wechselmagazin eingestellte Filmempfindlichkeit wird zum Blitzgerät übertragen. Die Blitzbelichtungsmessung erfolgt bei der SL 2000 F mit dem Beta 5F auf der Filmebene. Ist die richtige Lichtmenge erreicht, wird der Blitz abgeschaltet. Reicht die abgegebene Lichtmenge nicht aus, so warnt ein rotes Licht im Sucher nach der Aufnahme. Wird ausgelöst, bevor der Blitzkondensator aufgeladen ist, so wird mit der gemessenen Automatik-Verschlußzeit belichtet ohne daß der Blitz ausgelöst wird.
Sonstiges
Im Laufe des Tests fielen noch einige weitere Besonderheiten der SL 2000 F auf, die es verdienen, besonders hervorgehoben zu werden. So die arretierbare Abblendtaste zur Schärfentiefenkontrolle. Wird die Taste rechts unten an der Kamera neben dem Bajonett gedrückt, so schließt sich die Blende auf den eingestellten Wert. Auch nach dem Loslassen des Knopfes bleibt die Blende geschlossen. Erst ein zweiter Druck auf den gleichen Knopf öffnet sie wieder. Bemerkenswert: Die Belichtungsmessung funktioniert sowohl bei offener Blende wie auch bei gedrückter Abblendtaste. Das ist ein Vorteil gegenüber den meisten anderen Automatik-Spiegelreflexkameras, die zwar das Abblenden zu Schärfentiefenkontrolle ermöglichen, bei Messung mit abgeblendetem Objektiv aber falsche Werte liefern.
Die Verwendung von M42-Objektiven ist über Adapter bei Arbeitsblendenmessung ebenfalls möglich. Das Auslösen der SL 2000 kann wahlweise über den Auslöser rechts oder links am Kameragehäuse erfolgen ,je nach Kamera-Halterung oder Handposition. Normale Drahtauslöser können an diese Auslöseknöpfe nicht angeschlossen werden. Fernauslösung kann nur über einen elektrischen Kabelauslöser von Rollei erfolgen, der an die spezielle Kontaktbuchse unter dem linken Auslöser angeschlossen wird. Hier kann auch für die Zukunft angekündigtes Zubehör wie Intervallgeber (Timer) oder Kabellose Fernauslösung angeschlossen werden. Der Film wird in den herausnehmbaren Magazineinsatz eingelegt. Dies ist etwas umständlich und erfordert Übung. Denn der Film wird entgegen seiner Aufrollrichtung um den Einsatz an der Filmandruckplatte vorbeigeführt, wobei er noch unter einer Führungslasche her laufen muß. Dann ist er in eine halboffene Auffangspule mit 4 Schlitzen einzufädeln, die sich zum Straffen des Films nur um 1 Bild weiterdrehen läßt und dann über einen roten Extraknopf wieder entriegelt werden muß. Das ganze erinnert an die Prozedur, die Mittelformat-Fotografen von Hasselblad kennen. Wenn der Filmwechsel wirklich schnell vonstatten gehen soll, ist ein zweites, bereits geladenes, Magazin unbedingt erforderlich.
Positives gibt es noch über die großen Tragriemenösen und der breiten Riemen mit einer Art Karabinerhaken zu vermelden. Diese Art der Befestigung hebt sich wohltuend von dem sonst meist üblichen Gefummel ab. Auch die Rückspulkurbel ist angenehm groß geraten und erlaubt zügiges Filmaufwickeln. Immerhin ein Trost dafür, daß Rollei der SL 2000 F motor keine motorische Rückspulung spendiert hat, die einer Kamera dieser Preis- und Leistungsklasse gut zu Gesicht stünde.
Plus und Minus
Plus
sehr genaue Belichtungsautomatik
sehr genaue Verschlußzeitensteuerung
Wechselkassetten
2 Suchersysteme
definiertes Meßfeld im Sucher
Minus
Filmeinlegen umständlich
Filmempfindlichkeitseinstellung und
Bildzahlbegrenzung nicht arretierbar
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