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Artikel

2001

Kameras

Neuvorstellung: Nikon F80

Aufstiegsdroge

Mit der neuen F80 erreichen die Nikon-Kameras der Aufsteigerklasse ihre ultimative Leistungsstufe. Denn die Spitzentechnologie des Hauses wurde auf den Preis hin optimiert und in die F80 eingebaut. Und bei der Ergonomie hat man sich sehr erfolgreich bemüht, auf Infotainment ä la F50 oder F70 zu verzichten.

Dass Nikon sich mit der neuen F80 mehr Mühe gegeben hat als man es sonst bei einer 1000-Mark-Kamera erwarten kann, merkt man vor allem im Detail. Die pfiffigste aller Detaillösungen ist die neue Einstellscheibe, die sich auf Wunsch in eine Gitterscheibe verwandelt: Mit der Individualfunktion CSM 4-1 lässt sich die F80 so programmieren, dass eine Gitterstruktur auf die mit einem Polymer-Network überzogenen Vari-Brite Einstellscheibe projiziert wird. Diese geniale Lösung wird sicherlich auch anderen Herstellern als „Kopiervorlage" für zukünftige Entwicklungen auf diesem Sektor dienen. Denn eine Einstellscheibe mit Gitterstruktur bringt handfeste praktische Vorteile bei der Ausrichtung der Kamera (vor allem mit Weitwinkelobjektiven) und bei der Bildgestaltung. Die Vari-Brite Einstellscheibe kann aber noch mehr: Die AF-Messfelder und der Messkreis für die Mittenbetonung der Integralmessung werden normalerweise schwarz auf die Einstellscheibe projiziert. Je nach Umgebungslicht oder Kontrast wird die Farbe der Projektion automatisch in Rot umgewandelt, was die Ablesbarkeit deutlich verbessert.
Gut ausgestattet waren die AF-SLR-Kameras der gehobenen Mittelklasse bei Nikon schon immer, man denke nur an die F70. Nun sind sie mit der F80 auch gut zu bedienen. Denn anders als bei der F70 und F50 ist das Bedienungskonzept nicht an der Benutzeroberfläche von Computern orientiert. Statt Mäusekino und umständlichen Einstellebenen stehen dem Fotografen erfreulicherweise konventionelle Bedienelemente zur Verfügung, wie Einstellräder und Schalter. Die üppige Grundausstattung der Nikon F80 stammt, teilweise in abgespeckter Form, von der F100 und somit eigentlich von der F5.

Autofokus. Die Nikon F80 ist mit dem leistungsstarken Autofokus-Modul Multi-CAM 900 ausgestattet, das eine leicht abgespeckte Variante des Spitzenmoduls Multi-CAM 1300 aus der F5 und F100 ist. Die Zahl 900 beziehungsweise 1300 bezeichnet die Anzahl der CCD-Bildelemente. Beide Module arbeiten mit fünf AF-Sensoren. Die unterschiedliche Anzahl der Pixel ist darauf zurückzuführen, dass die F80 nur über einen zentralen AF-Kreuzsensor verfügt, während die F5 und die F100 mit drei horizontal angeordneten AF-Kreuzsensoren arbeiten. Die restlichen AF-Sensoren sind Liniensensoren. Durch die Größe und Anordnung der fünf AF-Sensoren entsteht bei der F80 ein großes AF-Messfeld von 13 x 7 mm, in dem auch außermittig platzierte Objekte erfasst und bewegte Objekte besser verfolgt werden können. Die fünf AF-Sensoren können manuell einzeln aktiviert werden (Einzelfeld- AF), und zwar mit einem großen, verriegelbaren Messfeldwähler auf der Gehäuserückseite, der sich mit dem rechten Daumen bedienen lässt. Für die automatische Messfeldwahl stehen zwei Betriebsarten zur Verfügung: Bei der AF-Dynamik wird, von einem vorgegeben AF-Messfeld ausgehend, das Objekt von AF-Sensor zu AF-Sensor verfolgt. Bewegt sich das Objekt aus dem aktiven AF-Messfeld heraus, startet der Kameracomputer in einer vorgegebenen Reihenfolge den Suchvorgang nach dem bewegten Objekt. Bei der entfesselten AF-Dynamik erfolgt die Wahl der AF-Sensoren sowohl bei statischen als auch bei bewegten Motiven automatisch, ohne dass ein bestimmter AF-Sensor als Ausgangspunkt manuell gewählt werden muss. Der Kameracomputer aktiviert automatisch den AF-Sensor, der die geringste Aufnahmeentfernung meldet, und speichert bei Einzel-AF die Schärfe. Wenn das Objekt das gerade aktive AF-Messfeld vor der Schärfespeicherung verlässt, führt die F80 die Schärfe anhand der Daten der anderen AF-Messfeldern nach. Der Ablauf der entfesselten AF-Dynamik ist bei kontinuierlichem AF identisch, mit dem einzigen Unterschied, dass die Schärfe grundsätzlich nicht gespeichert wird.
Neben den zwei üblichen AF-Betriebsarten: Einzel-AF mit Schärfepriorität und kontinuierlicher AF mit Auslösepriorität, ist die F80 mit dem Lock-On-System der F5 und F100 ausgestattet. Dadurch kann die F80 die Schärfe auch dann halten beziehungsweise nachführen, wenn das bewegte Objekt kurzzeitig hinter einem Hindernis verschwindet oder von keinem AF-Sensor erfasst wird.

Belichtung. Die Belichtungsmessung der Nikon F80 stammt in praktisch unveränderter Form von der F100. Es stehen drei Messarten zur Verfügung: 3D-Matrixmessung mit zehn Mess-Segmenten, mittenbetonte Integralmessung (75% Messgewichtung auf den 12-mm-Kreis in der Suchermitte) und Spotmessung mit einem Messfeld, das 1% der Bildfläche entspricht. Bei der 3D-Matrixmessung sind fünf der zehn Mess-Segmente an die fünf AF-Sensoren gekoppelt, so dass die Größe, Entfernung und Position des Hauptmotivs bei der Ermittlung der korrekten Belichtung berücksichtigt werden. Der Mikroprozessor der F80 kann aber mehr: Nach Analyse der aktuellen Daten wird ein passender Algorithmus für die Belichtungssteuerung aktiviert, der in den meisten Situationen zur korrekten Belichtung führt. Denn die in der F80 gespeicherten Algorithmen wurden anhand der Belichtungsdaten von 30 000 realen Motiv- und Belichtungssituationen errechnet: Die Daten von 30 000 tatsächlich gemachten Aufnahmen wurden in einer Datenbank erfasst und daraus die Software geschrieben. Bei der Spotmessung wird die Belichtung in einem Kreis von 4 mm Durchmesser ermittelt, wobei der Spot-Messkreis an den aktiven AF-Sensor gekoppelt werden kann.
Eine feine Sache ist die Anzeige der eingestellten Messcharakteristik auch in der Sucherleiste.
Die manuelle Belichtungskorrektur kann im Bereich von ±3 EV in halben Stufen erfolgen. Auch die Abstände der flankierenden Belichtungen bei der Belichtungsreihenautomatik können ebenfalls in halben Stufen im Bereich von ±2 EV eingegeben werden. Praxisgerecht und filmsparend ist die Option, nur zwei, statt wie üblich drei Aufnahmen mit der Belichtungsreihenautomatik durchzuführen.
Die TTL-Blitzsteuerung der F80 ist auf der Grundlage der F5 und F100 aufgebaut. Bei der 3D-Multi-SensorAufhellblitzsteuerung wird anhand von Messblitzen die Blitzbelichtung ermittelt. Der Blitzsensor ist in fünf Mess-Segmente aufgeteilt, die in Abhängigkeit vom aktiven AF-Messfeld unter Berücksichtigung des Dauerlichts gewichtet werden. Manuelle Blitzbelichtungskorrektur, Langzeitsynchronisation, Vorblitzfunktion zur Verringerung des „Rote-Augen-Effekts", Synchronisation auf den zweiten Verschlussvorhang und drahtlose TTL-Blitzsteuerung (mit SU-4-Adapter) sind ebenfalls möglich.
Die Ultrakurzzeit-Synchronisation und die automatischen Blitzbelichtungsreihen bleiben den Topmodellen F5 und F100 vorbehalten. Dafür hat jedoch die F80 etwas, was die Topmodelle nicht haben, nämlich einen eingebauten Kamerablitz mit Leitzahl 12 (bei ISO 100/21xGRADx) und Leuchtwinkel entsprechend der Brennweite 28 mm. Das Besondere an dem Kamerablitz ist die Tatsache, dass er ebenfalls mit der 3D-Multi-Sensor Aufhellblitzsteuerung arbeitet.
Die Belichtungsprogramme sind für die anspruchsvolle Fotografie konzipiert: Programmautomatik, Zeitautomatik mit Blendenvorwahl und Blendenautomatik mit Zeitvorwahl sowie manuelle Belichtungseinstellung. Die Programmautomatik ist „shiftbar", so dass durch Drehen des vorderen Einstellrades die Zeit-Blenden-Kombination bei gleich bleibendem Belichtungswert verändert werden kann. Dadurch ist auch in der Programmautomatik die Kontrolle über Blende und Verschlusszeit als Mittel der Bildgestaltung möglich. Die Markteinführung der Nikon F80 in Deutschland ist für Mai geplant. Sobald eine für Testzwecke freigegeben Kamera zur Verfügung steht, werden wir sie einem strengen Test unterziehen und in einer der nächsten Ausgaben darüber berichten.

FAZIT:

Wer sich für eine Nikon F80 entscheidet, verzichtet bewusst auf die Höchstleistung der F100. Dafür erhält man jedoch eine im Prinzip komplette Ausstattung in einer immer noch als hoch zu bezeichnenden technischen Ausbaustufe bei bemerkenswerter Alltagstauglichkeit. Und man spart dabei 1500 Mark, die sich z.B. in eine qualitativ anspruchsvolle Objektivausstattung investieren lassen.

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